Elsa hatte ihm zugehört, an die Stelle gebannt von dem Zauber, den die dämonische Leidenschaftlichkeit eines Willens auf das Gemüt eines anderen Menschen, auf Augenblicke wenigstens, immer zu üben vermag. Jezt riß sie sich empor, ver stört, zitternd, in unbeschreiblicher Aufregung.
Er aber fiel vor ihr auf die Knie und hielt sie am Gewande fest.
„ Elsa!" seine Stimme hatte einen tiefen unsagbar melodischen Klang, der vom Herzen kommt und zum Herzen geht. " Ich liebe dich, wie dich noch nie ein Mann geliebt hat, noch jemals einer lieben wird, und glaube mir, so hat sich auch noch kein Mann um ein Weib gequält, abgezehrt, gepeinigt! Elsa, sei mein! Vorerst nur aus Mitleid, nur aus Erbarmen vorerst, bis jenes allgewaltige Gefühl auch dich ergreifen wird, bis deine Liebe sich an der meinigen entzündet. Dünkt es dir denn unmöglich, mich als deinen Gatten zu lieben? Ich bin jung, man sagte mir, ich sei auch schön. Ich bin es jezt nicht, ich bin versengt, zerstört, aber ich werde es wieder sein; schöner, herrlicher, kraftvoller als je wird mich deine Liebe machen, und in voller Männlichkeit, strahlend von meinem unendlichen Glück will ich dich in die Arme schließen. Ich werde dich hinführen, wohin du willst, und will dich mit dem Luxus einer Königin umgeben. Ich will selbst nur dein Sklave sein, nur dir angehörend, nur lebend durch dich, für dich!"
Seine Stimme wurde hell und jubelnd. Er hatte sich von den Knieen erhoben und er hielt ihre Hände fest und zog sie an sich heran, er wollte sie an sein Herz drücken, und sie sollte ihm nimmer, nimmer entrissen werden. Sie aber stößt einen Schrei aus.
„ Lassen Sie mich, ich will nicht!"
-
Sie hat ihn zurückgestoßen und stürzt nun gegen das Fenster. " Sobald Sie es wagen mir nahe zu kommen, springe ich hinaus. Ich bin frei! Sie werden mich nicht bezwingen, nicht im Glauben, nicht in der Liebe!" Er stand regungslos, aber jede Muskel bebte an seinem
Körper.
Sie können mich verstoßen, Elsa, aber sie töten mich." Sie sah ihn an mit großen empörten Augen. Sie sind ein Mann, wollen Sie Betrug für Wahrheit tauschen, wollen Sie ein Weib haben, das einen andern liebt!?"
Ein Stöhnen entrang sich seiner Brust. Ich wußte es!"
Dann erhob sich die schlanke Gestalt in ihrer vollen Höhe und
wie befehlend streckte er die Hand gegen die Tür aus.
„ Gehen Sie, Elsa, und da Sie nur den eigenen Augen
464
sich befanden, unterlagen dieser neuen und heftigsten Erschütterung, sie sinkt lautlos zusammen.
Der Fall wurde gehört. Arnold hatte sich von Helenens Armen losgemacht und beide eilen nun mit einiger Bestürzung in das anstoßende Gemach. Sie finden Elsa am Boden hin gestreckt, bewußtlos. Er nimmt sie wie ein Kind in seine Arme und trägt sie in den Salon.
Er legt sie auf den Divan und kniet vor ihr.„ Elsa, Elsa!" ruft er außer sich.
Sein eigenes Herz belehrt ihn, was in dem ihren vorge gangen, und wieder befindet sich dies junge eifersüchtige Herz in einem Irrtum. Niemals hat er sie treuer und zärtlicher geliebt, als in dem Augenblick, wo ihm all der sinnliche Reiz eines anderen Weibes so verführerisch nahe getreten war. Gr zieht ihren Kopf an seine Brust, an sein pochendes Herz, sie muß es doch fühlen, daß es nur für sie schlägt, und er streicht über ihre Haare, über ihre Wangen und seine Blicke tun, was sein Mund nicht wagt, sie küssen ihr Augen und Mund. Angstvoll ruft er um Wasser.
Helene hatte bereits nach einem Fläschchen Eau de Cologne gegriffen und bringt es.
„ Ueberlassen Sie Elsa mir," sagte sie wie in Empörung. Alles an ihr war verwandelt, ihre Haltung, ihre Farbe, ihr Ton.
Arnolds Zartgefühl hatte sie vor einer Erniedrigung zu bewahren gewußt und sein Feingefühl hatte das ihrige geweckt.
Er hatte ihr gesagt, daß er von ihr scheide für immer, aber dies hatte nichts Verlezendes für sie gehabt, und es war etwas Reinigendes in ihr aufgestiegen, etwas von der Demut eines Kindes, das mit guten edlen Worten zurechtgewiesen wird und nun darüber weint.
Als er sich aber erhob und ihr die Hand bot, als der Augen blick des Scheidens gekommen war, der gefährlichste für ein aufstürmenden Verlangen, einmal noch, ein leztesmal an seinem Weiberherz, der es fast immer schwach findet, da erlag sie dem Halse zu liegen. Elsas Dazwischentreten hatte ihr die selige Harmonie des Augenblicks gestört, alles in eine schrille Disso
nanz verwandelt.
Jezt, wo er einer andern gegenüber seine Reserve aufgegeben, wo ihm alle Bedenken geschwunden waren, wo er, aller diese Form vergessend, sich im Innersten bewegt zeigte, von LeidenEine, jezt erst empfand sie die tiefe Demütigung, die ihr ges worden. Sie hatte ihm ihr Herz geoffenbart und fand sich nun
trauen wollen, suchen Sie den, den Sie über alles lieben, in verschmäht, verstoßen um dieser andern willen. Helenens Armen."
Er war beiseite getreten, ihr den Weg freigebend.
Sie stürzte an ihm vorüber und gegen die Tür; wie von Furien getrieben stürzte sie vorwärts. Sie rannte durch die Flucht von Zimmern, immer die Türen aufreißend, die Cölestin hinter sich geschlossen hatte.
Jezt ist sie in dem Gemache vor dem Salon, die Tür dahin
„ Gehen Sie," rief sie, als er seinen Kopf noch tiefer gegen Elsas Gesicht neigte, hatte er doch mit Entzücken bemerkt, daß ihr die Farbe zurückkehrte, und damit auch ein Schimmer des
Bewußtseins.
" Ich befehle es Ihnen," fuhr sie nachdrücklicher fort,„ oder wollen Sie einer Bewußtlosen gegenüber den Kühnen spielen?" Sanft legte er Elsa in die Kissen zurück und erhob sich;
ſteht offen und sein helles Licht fällt durch dieselbe. Schon ist ſie die
sie an der Schwelle und hält hier inne. Sie sieht Helene und Arnold, die sich soeben vom Sopha erheben und nun einander gegenüberstehen. Sie sieht ihre Tante in einer Gemütsbewegung, die sie noch nie an ihr gesehen. Ihre Wangen flammen in
Klingel erfaßt und läutete heftig.
Dann stellte sie sich, gleichsam zu Hut und Schirm, vor
Elsa hin.
einem dunklen Purpur, und in den hellen Augen stehen Tränen, nach England, nun gehen Sie mit Gott und beunruhigen Sie " Ich muß Sie bitten, sich zu entfernen, Doktor. Sie wollen die sie vor ihm nicht zu verbergen sucht, ihre Haltung hat uns nicht weiter." Sie versuchte zu lächeln,„ nun ja, Sie sind etwas demütigendes, das sie verjüngt und sie fast mädchenhaft uns nun einmal gefährlich, uns beiden! Aber Sie haben es ihr abgewendet, Helene zugeneigt. Er spricht mit ihr, flüsternde haben, und Sie nannten sich selbst einen Mann ohne Namen, Helene bleibt einen Augenblick ohne sich zu regen, dann kannt, daß eine Frau ihr Schicksal an das Ihrige knüpfe, denn ohne Stand, ohne Vermögen, Sie haben die Unmöglichkeit er plözlich breitet sie die Arme aus und fliegt ihm an den Hals, Ihre Zukunft ist mehr denn ungewiß, sie ist voll Gefahr und und wie sie ihn umschlingt, bricht sie in ein lautes schluchzendes Verderben. Könnten Sie Elsa gegenüber anderer Meinung sein? Im Gegenteil!" Ihr Ton wurde höhnisch. Ich dächte doch, Elsa wendet sich ab, sie wollte nichts weiter sehen, sich still größere Vorsicht und Reserve auferlegen, und hier mein Herr, Elsas Jugend und Unerfahrenheit müßten Ihnen eine noch weit entfernen, aber ihre Nerven, die in so hochgradiger Aufregung gebietet es Ihre Ehre, daß Sie fortan ihr nicht mehr nahe treten."
Weinen aus.