es auf dem jungen Gesichte und ihr Anzug war nett und kleidsam; man konnte erraten, daß auch hier eine wohltätige Hand im Spiele war.
„ Wir kaufen ein," flüsterte sie ganz rot und erhizt und mit einer gewichtigen Miene, denn so etwas war ihr in ihrem Leben noch nicht passirt.
..Für meine Reise," fügte Valentin fröhlich hinzu; ,, du weißt doch schon, daß ich mich einschiffe."
,, Wenn wir nur schon das Gewand hätten," bemerkte Eva, wobei sie verstohlen und mit einem halben Seufzer nach dem Laden zurückblickte. Er braucht jezt ein Herrng'wand, natürlich, und dort hängt eins, ein nobles, das ihm wunderschön passen tät, aber der Preis, der ist g'salzen, und sie lassen nicht nach, obwohl ich's dem g'sagt hab', daß der Valentin damit bis nach Amerifa geht, und daß sie damit eine Ehr' aufheben fönnten."
,, Und Sie schicken ihn also wirklich fort, den Valentin?" fragte Arnold, den ihre hausmütterliche Vorsorglichkeit zu einem Lächeln reizte.
Sie nickte zutraulich und indem sie den Arm ihres Geliebten an sich drückte:
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, Aber er muß mir wieder kommen, ganz g'wiß, das hab' ich ihm gleich g'sagt und er hat mir's auch heilig versprochen, mir und der Elsa."
,, Ich hab' mich gleich zwei Dirndlu auf einmal verschreiben müssen, zwei allerliebsten zwar, aber"- die Wangen des jungen Arbeiters wurden rot ,, ist's nicht eine Schand', daß ein Kerl wie ich von zwei Frauenzimmern sich muß protegiren lassen, um vorwärts zu kommen?"
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,, Geh, Valentin," verwies die Everl ,,, red' nicht so wüst daher, sie ist unsere Freundin, und du wirst ihr mit der Zeit alles wieder zurückzahlen."
,, Ja, das hoff' ich, na, ihr sollt was erleben, ich will mich ordentlich tummeln, ich werd mich nicht schonen bei der Arbeit, denn jezt hab' ich eine Aussicht und ein Ziel und übers Jahr sind wir zwei schon verheiratet und die glücklichsten Leut' auf der Welt. Na Schorschel," fügte er gutmütig tröstend hinzu, ,, ich will schon dafür sorgen, daß du mitsammt unserer Alten bald nachkommst, und die Elsa kommt auch und" er legte die Hand vertraulich auf Arnolds Schulter ,, ich wüßte dann noch einen, der am besten tät, wenn er ebenfalls dem alten Europa den Rücken zeigte, wie?"
Arnold reichte ihm die Hand.
,, Mein lieber Valentin, ich habe in diesem alten Europa noch einiges zu tun und Georg wird wohl auch ausharren müssen." ,, Schau!" rief Everl in dem Augenblick, in dem sie Valentin anstieß und dann hastig und wiederholt mit dem Finger rückwärts nach dem Laden deutete. Er hat mir zugewinft, er ruft uns zurück, er hat halt doch ein Einsehen, aber jezt gehen wir
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nur gleich, sonst vergeht es ihm wieder." Sie drängte Valentin, der nur noch einige Worte mit Arnold und Georg wechselte, die heute stattfindende Volksversammlung betreffend, dann trennten sie sich und er trat mit seiner Everl in den Laden des Konfektionärs.
Es war fast Mittag geworden, als Arnold nach Obergau
fuhr und in der Villa Dönhof zu der von Sr. Exzellenz dem
Grafen Falkenau gewünschten Unterredung eintraf.
Er ward in den Salon geführt und fand sich hier einer
Es entging indes Arnold nicht, daß ihn die Dame, wenn auch verstohlen, mit einer gewissen neugierigen Aufmerksamkeit betrachtete. War denn das, was er litt, ihm auf die Stirne geschrieben? Er glaubte doch völlig Herr feiner selbst zu sein, oder war ihr sonst etwas in seiner Physiognomie aufge fallen?
" Ich bedaure", sagte sie, nachdem wieder eine Pause ein getreten war, daß Sie mit einer Fremden vorlieb nehmen müssen, die in keine der Beziehungen eingeweiht ist, in welche Sie zu meinem Manne getreten sind. Auch meine Schwägerin und mein Sohn Hugo, die Sie beide kennen, sind vom Hause abwesend."
Er antwortete mit einer Phrase.
Sie firirte ihn wieder und sagte dann rasch, gleichsam von Innen gedrängt:„ Unsere Familie ist heute Morgens durch eine Nachricht allarmirt worden, die Hugo gestern von der Soirée der Fürstin mitgebracht. Es zirkulirte daselbst das Gerücht, Helene Falkenau habe sich mit Baron Reinthal verlobt".
Arnold verneigte sich statt jeder Antwort.
Sie wandte ihm die großen grauen Augen zu und sagte mit herber Offenheit:
„ Wir können es nicht glauben, und wollen es nicht glauben, und so ist mein Mann als das Oberhaupt der Familie, zu Helene geeilt, um sie über diese Gerüchte zu befragen, und zu hindern, daß sie zur Wahrheit werden".
Wieder machte sie eine Pause und sezte dann resolut hinzu: Sie stehen dem Baron sehr nahe, Sie werden mir sagen können, was davon zu halten ist".
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" Frau Gräfin, ich stehe keineswegs dem Baron so nahe, um über so intime Vorfälle unterrichtet zu sein".
Sie sah ihn falt an und sagte schroff:
" Ich kenne genau das Verhältnis, in dem Sie zu ihm stehen, und kenne es seit langen Jahren, er ist Ihr Vater." Mein Erzeuger, Frau Gräfin ".
"
" Sie unterscheiden fein, aber Sie haben Recht, er ist Ihr Erzeuger, nur Ihr Erzeuger, denn an dem Vaternamen hängen so viele Pflichten, und er bedeutet einem Kinde das Wohlwol lendste und Zärtlichste von seiner ersten Erinnerung an- diese Bedeutung kann er Ihnen nie gehabt haben".
Er sah sie erstaunt an.
aber
Sie aber, als spräche sie ein Langzurückgehaltenes mit tiefinnerlicher Ueberzeugung plözlich aus:
„ Er hat den Vaternamen und die Liebe eines Sohnes nic verdient. Trennen Sie Sich von ihm!"
Das ist bereits geschehen".
" Wie, Sie hätten Sich von ihm losgesagt, und dauernd?"
„ Für immer".
Sie hob die Augen gegen Himmel und faltete die Hände. „ Gott du bist gerecht!" Dann wendete sie sich dem jungen Manne zu, und indem sie ihm in das blasse, edle Antliz sah, das sie vom ersten Augenblick an sympatisch berührte, sagte sie fast feierlich:„ hier leitet Sie eine höhere Macht, gehorchen Sie dieser inneren Stimme. Und nicht wahr, von dem Augen blick, wo Sie Sich von ihm lossagten, trennten Sie Sich auch von seinen Anschauungen und Prinzipien? Sie sind frivol und Gerechtigkeit walten zu lassen, denn sie unterlegen all ihren mit denen zu verbinden, die allein imstande sind, Recht und Bestrebungen die sicherste Grundlage, den wahren Glauben." Und als Arnold dieser Exaltation der glaubensstarken Frau Sie empfing ihn mit gemessener Höflichkeit, die von Ver- gegenüber stumm blieb, faßte sie seine Hand, und in einem vorwurfsvollen aber mütterlich warmen Ton, wie er diesem fort:„ Mein Mann hat die besten Absichten mit Ihnen, er Sie, kunft bereiten. Haben Sie daher Vertrauen zu ihm und zu der von Jugend auf allein gestanden, der den Segen des Fas milienlebens immer entbehren mußte, Sie sollen von nun an wie ein lieber Sohn in unserem Hause aufgenommen sein".
Dame gegenüber, die ihm bisher fremd geblieben war, es war Gräfin Marie von Falkenau.
legenheit nicht frei war.
Sie bat ihn, die Abwesenheit ihres Gatten zu entschuldigen,
der in einer unaufschiebbaren Angelegenheit nach Solenbad ge=
fahren sei, aber nicht zögern werde zurückzukommen und ihn
ersuchen lasse, ihn hier zu erwarten.
Sie wies auf ein Etabliſſement in der Nähe des Fensters.
Sie sezten sich einander gegenüber. Ihr steifes faltes Wesen und sein düsterer Ernst begünstigten keineswegs die Konversation, sie stockte in jedem Augenblick.