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sehen sind, bedecken den salzhaltigen Erdboden und machen das Terrain beinahe unpassirbar: denn sie sind so leicht an die Erde befestigt, und so spiz und anklebend sind die Dornen, daß sie bei der geringsten Berührung sich in so großen Haufen an die Füße des Wanderers oder an die Beine des Pferdes klammern, daß diese förmlich von der stechenden, beschwerlichen Masse eingehüllt werden; große, wunderbar geformte Echinofafteen, zusammengehäufte Massen von Mamillarien, als ob ganze Fuder auf einem Flecke aufgestapelt wären, geben der Hochebene ein trauriges, wüstenähnliches Aussehen; die festlich säulen oder kandelaberartigen Careen mangeln dagegen hier, sind aber desto häufiger auf steinigen, trockenen, baumlosen Bergabhängen. Die Agaven gedeihen noch gut, und die 5 bis 6 Meter hohen Blumenſtengel sind die einzig hervorragenden Pflanzenerzeugnisse in der Landschaft. Der Wassermangel ist in diesen Gegenden groß; die feuchte Luft des atlantischen Meeres, welche beim östlichen Passatwind über das Land geführt wird, scheidet ihre ganze Wassermenge auf der östlichen Seite der Kordilleren aus, deren Spizen hoch über den niedrigen Wolfengürtel ragen. Selbst in der Regenzeit ist die niederfallende Wassermenge gering. Die wenigen flachen Wasserbassins, welche man auf der Hochebene zerstreut findet, trocknen in der dürren Zeit größtenteils aus, und das Wasser ist ge= wöhnlich brach oder ganz salzig. Deshalb ist der Anbau des Bodens beinahe unmöglich; die äußerst spärliche Bevölkerung, welche über den ungeheuren Flächenraum sporadisch verteilt ist, und deren Wohnungen in der Nähe einer wasserhaltigen Stelle aufgeschlagen sind, baut ein wenig Gerste, Kartoffeln und Agaven, deren Saft beinahe während des ganzen Jahres ihr einziges Getränk ist. Viehzucht ist die wichtigste Erwerbsquelle der Bevölkerung, und sie ist von großer Bedeutung, denn das Areal ist von so geringem Werte, daß ein Besiz von 50 Leguas Land zu dem Gewöhnlichen gehört. Das Vich, welches auf diesen großen Flächen sich selbst überlassen ist, vermehrt sich stark, und es gibt Meiercien, welche auf ihrem Grunde 20 bis 30.000 Stück Hornvieh, Pferde und Maulesel zählen. Große Verluste entstehen indessen, wenn die Wasserstellen bei anhaltender Dürre austrocknen und das Vieh dann vor Durst umkommt. Bekannt ist es, daß das vom Durst geplagte Vieh selbigen an saftigen, schleimigen Kakteen zu stillen sucht, nach dem die Dornbündel mit den Hufen abgeschlagen sind, aber dies ist doch nur ein unvollkommenes Surrogat für das Wasser. Reiche Mineraldistrikte grenzen gegen Norden an diese Hochebenen, so bei Mazagil und Saltillo ; die Bearbeitung hat die reichste Ausbeute gegeben, aber dessenungeachtet war sie nicht vorteilhaft, da die Bedürfnisse für den Minenbau, Lebensmittel, Holzwerk, Kohle u. dergl. aus sehr entferntliegenden, üppigen Gegenden per Achse herbeigeführt werden mußten. So wenig verlockend ist die Region des ewigen Frühlings Meritos.
Ju Südamerika rechnet man zu dieser Region die peruanischen Hochebenen( Punas) von 12 bis 13 000 Fuß Höhe, welche sich zwischen der westlichen Kordillerenkette und der östlichen damit parallellaufenden Andeskette erstrecken. Diese Punaregion wird darauf in der weiter ausgebreiteten bolivischen Hochebene fortgesezt. Die Temperatur in dieser Region ist rauh und kalt; der Sommer, welcher so genannt wird, weil es
alsdann seltener schneit, hat gewöhnlich eine Nachttemperatur von-5° R., gegen Mittag steigt die Temperatur bis zu
ein schnelles Austrocknen der Haut zeigt. Auf allen Körperteilen, welche der Einwirkung der Luft ausgesezt ist, wird die Haut pergamentartig, es entstehen tiefe Risse, aus welchen das Blut hervordringt, und alsdann folgt ein starkes Aufschwellen der Teile. Besonders erduldet der Reisende große Leiden, wenn die Lippen und die Augenlider auf diese Weise angegriffen werden; zuweilen ist das Aufschwellen der gesprungenen, blutenden Augenlider so groß, daß Blindheit erfolgt.
Diese Gegenden bieten ein trauriges Ansehen dar, der Baumwuchs mangelt gänzlich; man findet nur eine spärliche Buschvegetation von Ratanjabüschen und Duenjua hier und dort; magere, braungelbe Gräser von winterlichem Aussehen in isolirten Haufen, niedrige, trockene, buschartige Korbblumen, gelbliche, mit Dornen versehene Echinokakteen bilden die Hauptzüge in der Vegetation, deren gleichförmiges, trauriges Aussehen kaum durch die großblühenden Kalceolarien, blauen Gentianen, wohlriechenden Verbenen, niedrigen Kreuzblumen u. dergl. unterbrochen wird, welche man wohl hier findet, die aber größtenteils von verwelften Gräsern eingehüllt sind. Die spärliche Indianerbevölkerung, welche die Punaregion bewohnt, baut ein wenig Gerste, die jedoch niemals reif wird, sondern grün abgeschnitten als Pferdefutter benuzt wird. Der sogenannte Maka, eine noch nicht näher bekannte Pflanze, wahrscheinlich ein Trapaeolum, dessen Knolle von der Größe einer Kastanie, und die von süßlichem Geschmack ist, ist die einzige angebaute Nahrungspflanze. So dürftig die Pflanzenwelt auf diesen Hochebenen ausgestattet ist, so hat doch gerade hier die größte Anzahl von Südamerikas großen pflanzenfressenden Säugetieren ihre Heimat, denn das Lama und die damit nahe verwandten Arten, Hua nucu und Vicunja , leben in der trockenen Zeit, wenn die Kor dilleren und Andesabhänge zugeschneit sind, in zahlreichen kleinen Herden auf den Punaebenen. Man bekommt einen Begriff von der Anzahl dieser Tiere durch Garcilaso de la Vegas Be richt über die großen Jagden, welche die Inkakönige in Punas veranstalteten und wobei oft 40 000 Tiere der genannten Art zusammengetrieben wurden.
Aus diesem zweiten kleinen Bilde von der sogenannten Re gion des ewigen Frühlings wird auch hervorgehen, daß, wenn der Frühling nicht von der belebenden Ueberzeugung einer Sommer- und Herbstperiode begleitet würde, aller Zauber schwände.
Von diesen hochliegenden Gegenden wenden wir uns nun zu dem tropischen Tieflande Amerikas , um das Aussehen der Landschaft im Frühlinge zu betrachten. Wir verlegen die Szene nach der Ostküste Mexikos .
Die Zeit der Nordweststürme ist gegen Schluß des Fes bruars vorbei; sie führten an die Küste feinen Regen mit sich, sondern höchstens falte, feuchte Nebel. Der Urwald ſteht grün wie immer, und eine allgemeine Verjüngung des Pflanzens wuchses findet nicht statt. An manchen Waldbäumen sieht man reise und unreise Frucht zusammen mit ungeöffneten Blumen knospen und entfalteten Blumen, sowie auch alte und fürzlich aufgeschossene Blätter.
Nur indem man auf die einzelnen Züge in dem organischen Leben achtet, bemerkt man, daß es Frühling ist. Die Maha gonibäume haben die alten Blätter abgeworfen und treibent junges, lederfarbiges Laub; die großen, holzartigen Kapseln springen auf und fallen zur Erde, indem der geflügelte Same weit und breit vom Winde zerstreut wird. Des Waldes zahl reiche Kopalbäume beginnen mit grünlichen und weißen Blumen zusammengesezte Blumenbüschel. zu blühen. Die Palmen öffnen ihre Blumenscheiden und treiben Die Vanille, deren Frucht kürzlich in den Küstenwäldern eingesammelt wurde, beginnt wieder zu blühen; die parasitischen Tillandsien und Orchideen
+ 9° R. Im Winter ist die Nachttemperatur gewöhnlich O oder+ 1° R., der Mittag zeigt+ 7° R. Uebrigens ist es noch besonders schwierig, die Mitteltemperatur anzugeben, weil die Winde plözliche und sehr bedeutende Veränderungen in dem Gange der Temperatur herbeiführen. Wenn diese von den schneebedeckten Gipfeln der Kordilleren wehen, so können einige Stunden eine Veränderung von 18 bis 12° R. herbeiführen. stehen in dieser Zeit im reichsten Flor. In den Indianer dörfern finden wir einen Teil merkwürdiger Pflanzenformen versammelt, an welchen die Verjüngung des Frühlings sich dent von plözlichen, großen Temperatur- lich zu erkennen gibt. Die Indianer haben ein großes Juter esse für schöne oder merkwürdig geformte Pflanzen, welche sie zu religiösen Zwecken, hauptsächlich zu Opfern auf den Altären
Kalte West- und Südwestwinde streichen beinahe während des
ganzen Jahres über die diese mit Heftigkeit wehen und veränderungen begleitet
sehr schmerzvolle sogenannte Chunu hervorgebracht, der sich durch