Ganzen hat es gute Dienste getan, hat eine Menge von Vorurteilen wegräumen helfen und hat im Volke weithin erst Sinn und Interesse für Kulturgeschichte geweckt. Man kann sagen, daß Kolb mit seinen beiden Werken, seiner Kulturgeschichte und seinem Handbuch der vergleichenden Statistit, sehr wichtige Dienste für die Hebung der allgemeinen Volksbildung geleistet, indem er dem Volfe diese beiden wichtigen Wissenszweige durch populäre Darstellungen eröffnete und zugänglich machte.
Auch in der Impffrage nahm Kolb Stellung und zwar gegen den Impfzwang. Sein fleißig gesammeltes Material über die Wirkungen des Impfens war immer, sobald es in die Deffentlichkeit kam, von durchschlagender Wirkung.
Eine sehr interessante literarische Fehde hatte Kolb in der Affaire Kaspar Hauser durchzufechten. Wer Kaspar Hauser , dieser in Nürnberg 1828 so mysteriös zum Vorschein gekommene und 1833 zu Ansbach eben so mysteriös ermordete Mensch gewesen, das ist heute noch nicht definitiv festgestellt, wenn schon eine ganze Literatur über den seltsamen Findling erschienen ist. Der berühmte Kriminalist Feuerbach vertrat nämlich die Meinung, Kaspar Hauser sei der angeblich verstorbene älteste Erbprinz des Großherzogs Karl Ludwig von Baden und dessen Gemahlin Stephanie, einer Adoptivtochter des ersten Napoleon . Indessen ward Hauser nach seinem Tode einfach für einen Betrüger erflärt. Kolb griff nun, gestüzt auf Feuerbach und auf genaues Studium der offiziellen Akten, diese Meinung mit Glück an und brachte so viel Material bei, daß es heute als festgestellt gelten darf, daß Kaspar Hauser kein Betrüger war. Damit Damit ist freilich das Geheimnis seiner Herkunft nicht entschleiert. Kolb erfuhr die heftigsten Angriffe in dem Buche des ham burgischen Oberstaatsanwalt Mittelstädt, die er übrigens in der Frankfurter Zeitung " mit Glück zurückwies. Man fann sagen,
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daß Kolb die Kaspar Hauser - Affaire ihrer Aufklärung näher, überhaupt so nahe gebracht hat, als es auf Grund des ihm zugänglichen Materials möglich war. Bis jezt weiß man eben noch nicht, wer und was Kaspar Hauser war. Für den, der sich in dieser Sache unterrichten will, ist die einschlägige Literatur sehr interessant.
Kolb war bis in seine lezten Tage tätig für die Interessen der Gesammtheit. Man braucht seine speziellen Parteianschauungen nicht zu teilen und kann doch von hoher Achtung erfüllt sein vor diesem reichen, taten- und arbeitsvollen Leben und vor diesem männlichen, stolzen und unbeugsamen Karakter, der die große Niederlage seiner Partei überstand, ohne sich im mindesten in der Bahn, die er sich einmal vorgezeichnet, beirren zu lassen.
Es ist heute doppelt wichtig, dem Volke das Bild eines selbständigen und reinen politischen Karakters vorzuführen, um so mehr, als wir in einer Epoche leben, da die persönliche Selbstsucht tief in die Politik eingedrungen ist und heute so leicht die Entschlüsse der Parteimänner bestimmt. Das Bild eines ehrenhaften politischen Karakters, gleichviel welcher Schattirung der wahrhaft freisinnigen Richtungen er angehört hat, wird immer dazu dienen, im Volke die politische Selbständigkeit und Ehrenhaftigkeit zu stärken.
Es lichtet sich immer mehr, das schon sehr zusammengeschmolzene Fähnlein der Männer, die im Frühjahr 1848 eine furze Spanne Zeit die Geschicke Deutschlands zu lenken in der Lage waren. Sie haben von der Geschichte ihr Lob und ihren Tadel, beides nach Verdienst empfangen, wie dies allen Par teien nach dem Abschluß ihres Wirkens zuteil werden wird. Wohl wenige aber konnten sich am Abend eines arbeitsvollen Lebens mit solcher Befriedigung wie der alte Kolb von Speyer sagen, daß ihr Wirken nicht umsonst gewesen.
Eine kleine Erzählung von Hans Flux.
„ Hier ist's wahrhaft prächtig! Wie werde ich es da auf dem dumpfen und langweiligen Bureau des Hauptzollamts aushalten
können!"
So sprach zu sich selbst ein junger Mann, der am Ufer des Bodenssee's lustwandelte, just wo sich die weißen Ufergebäude des alten, hübschen und behaglichen Städtleins U. erheben.
Es war in der Tat ein prächtiger Anblick. In den Strahlen der Frühlingssonne glizerte und blinkte die weite Fläche des See's wie geschmolzenes Silber. Eine Menge von Dampfern,
Segelschiffen, Fischernachen und Kähnen belebte den Wasser spiegel, der rings von saftigem Grün oder von dunklen Waldeshöhen umsäumt war. An den Usern erhoben sich, weithin ſicht bar, die weißen Gebäude der Städte und Dörfer und hinter
ihnen die rebenreichen Höhen, wo der Seewein wächst, der an manchen Stellen viel besser ist, als sein Ruf. Ernst und gewaltig ragten im Hintergrund dieses Panoramas die schneegekrönten Häupter der Alpen empor, vor allen der doppelzackige
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Herr Magnus- so wollen wir unseren jungen Freund nennen war soeben erst in dem alten Städtlein angekommen, wo er seinen dauernden Aufenthalt nehmen sollte. Aber statt
auf dem Hauptzollamt zu U. ausgemacht, wo er drei Jahre als Volontär zu arbeiten habe, während welcher Zeit ihm eine fleine Unterstützung zufließen solle. Nach drei Jahren werde er, wenn er fleißig gewesen, definitiv mit 600 Mark jährlich angestellt werden und wenn er ferner fleißig sei, könne er es in seinem Leben sogar bis zum Zollamtskontrolleur mit 1800 Mart Gehalt bringen.
Dieser jähe Sturz in die Tiefe brachte den jungen Magnus an den Rand der Verzweiflung. Er dachte daran, sich für die Fremdenlegion in Algier anwerben zu lassen. Allein„ einer, der dabei gewesen," erzählte ihm Dinge, die ihn davon alsbald sagte sich Herr Magnus,„ so können es auch einheimische sein." „ Soll ich einmal mit Kabylen fämpfen," Er beschloß also vorläufig als Volontär – in Preußen ſagt einmal anzunehmen und sich bei dieser Gelegenheit mit dem man Supernumerar die Kanzleistelle auf dem Hauptzollamt schönen Bodensee und dem Leben und Treiben dort bekannte machen. Mit der glücklichen Sorglosigkeit der Jugend hoffte er auf einen günstigen Zufall, der seine Situation zum beffern
wenden würde.
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So war Herr Magnus an einem Sonntag Vormittag im
daß die Schönheit des See's ihn heiter stimmte, blieb er ziem wunderschönen Monat Mai in U. angekommen und lustwandelte
lich nachdenklich.
Er war vor acht Tagen von der Hochschule gekommen, allwo
I am Ufer des See's. Heute wollte er noch mit vollen Zügen er ein fleißiger, aber auch flotter und lustiger Student gewesen. Bann des Hauptzollamts begeben. Das wollte ihm garnicht ste die Luft der Freiheit einatmen; morgen follte er sich in den die fallen. Er war ja noch so jung und lebenslustig. Da türmte
Die Mittel für seine Studien brachten einige Verwandte zu
ſammen, die gern einen pictistischen Teologen aus ihm gemacht
hätten. Als sie sahen, daß er dazu nicht veranlagt war, zogen sie ihre Hand von ihm ab, und er war genötigt, die Hochschule zu verlassen, da es ihm gänzlich an Mitteln fehlte. Man sagte ihm, daß er zu hoch hinaus wolle und daß, wer nichts habe, sich den Verhältnissen fügen müsse. Deshalb habe man für ihn cine Stelle als„ Kanzleigehilfe", wie der offizielle Titel lautete,
Bureaux der Beamten lagen auf der Seeseite.
" Da kann man vom Schreibtisch aus den See und die
"
Wie werde ich es