man auf den Tongainseln seine Ehrerbietung beweist, beschreibt Cook folgendermaßen: Kam ein Untertan, seine Huldigung dar zubringen, so hielt der Häuptling seinen Fuß empor wie ein Pferd, und der Untertan berührte die Sohlen mit seinen Fingern, wodurch er sich gleichsam unter die Fußsohle seines Gebieters stellte. Jedermann schien das Recht zu haben, auf diese Art seine Ehrerbietung zu beweisen, und zwar, so oft es ihm gefiel. Das hatte zurfolge, daß die Häuptlinge förmlich müde wurden, ihre Füße zur Berührung empor zu halten, und schon beim bloßen Anblick eines loyalen Untertanen Reißaus nahmen." Uebrigens sind auch die Araber und Türken sehr höfliche und

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ehrerbietige Leute, denen eine große Zahl von Begrüßungs­formeln zur Verfügung steht. Oft hörte ich in egyptischen Bazars den Bewillkommungsgruß Saláhm il Allah oder Na­hardac saïd( ,, Gott zum Gruß" oder Gesegnet sei dein Tag") 1. dergl. und beim Abschied des Käufers sarána el jiht( Deine Rückkehr ist erquickender Regen).

Auch ich will jezt Abschied nehmen von den freundlichen Lesern und werde mich freuen, wenn es darunter einige leichter belehrender Unterhaltung besonders Geneigte gibt, welche mein Wiedererscheinen auch als erquickenden Regen" betrachten möchten.

Die Umgestaltung des Menschengeschlechts, insbesondere durch Krankheitsprozesse.

Bon E. Klebs in Zürich . ( Aus: Nord und Süd", 1884, Februarheft.)

Der Reiz, welchen die Betrachtung der Naturvorgänge auf den denkenden Menschen ausübt und der in der neueren Zeit zu vielseitiger Teilnahme der Gebildeten auch außerhalb der Kreise der Naturforscher geführt hat, beruht natürlich auf sehr verschiedenen Gründen. Einmal hat man der höheren Geistes: und Gemütsbildung einen wesentlichen Anteil an dieser hervor stechenden Eigenschaft modernen Lebens zuschreiben wollen, allein es hat große Zeitperioden höchster geistiger Kultur gegeben, in denen der Mensch teilnamlos denjenigen Naturerscheinungen gegenüberstand, welche jezt jedermann bewundert. So ist es ja bekannt, daß unsere Alpen bis auf die Zeit Albrecht von Hallers cher ein Gegenstand des Schreckens waren, während sie jezt der Wallfahrtsort aller mit Glücksgütern Gesegneten und die stille Sehnsucht Derer sind, welche das Schicksal in dieser Beziehung weniger begünstigte.

Wir wollen hier nicht die verschiedenen Motive darlegen, welche diese sommerliche Völkerwanderung veranlassen; es sind ihrer so zahlreiche, wie Sand am Meer, und würden wir jeden einzelnen dieser Wanderer befragen und seine Absichten und Gründe mikroskopisch untersuchen können, so erschauten wir wohl eine verwirrende Fülle einzelner Motive. Eines aber dürfte bei den meisten derselben vorhanden und in mehr oder minderem Grade maßgebend sein, das gesteigerte Interesse an den Natur­vorgängen durch die tiefere Naturerkenntnis. Diese, eine Frucht der modernen Naturforschung, belebte die Natur und brachte sie unserem Verständnis näher, indem sie das Werden der Natur­dinge und den Zusammenhang der Naturvorgänge flarlegte. Indem der finnende Geist des Menschen allüberall den Spuren der wunderbarsten Ordnung und Gesezmäßigkeit in der Natur begegnet, erhebt und vertieft ihre durch die Wissenschaft ge= läuterte Betrachtung das Gemüt, glättet dem Bekümmerten die Stirn und senkt auch in verderbte und schuldbeladene Seelen einen Strahl des Trostes.

So hat die moderne Naturforschung für Tausende und Aber­tausende das Gleiche geleistet, was die Glaubenslehre, die Re­ligion, sich zur Aufgabe gesezt. Es ist eine völlig unwahre Behauptung, eine Erfindung übereifriger Glaubensstreiter, daß die Naturforschung eine Feindin der Religion sei; im Gegenteil sicherte sie die Grundlage der lezteren, indem sie das unumſtöß­liche, gefezliche Walten der Naturfräfte kennen lehrte, dem blinden Zufall jede Einwirkung auf Erscheinungen und Ereig nisse absprach und die Unvergänglichkeit jeder Leistung dartat. Mögen auch große Gebiete der Naturvorgänge unsere Ein­sicht noch gänzlich verschlossen, andere kaum erst in ihren ersten Umrissen zugänglich geworden sein, so liegt doch kein Grund zu der Annahme vor, daß diese Gebiete anderen Gesezen unter worfen seien, als den bekannten; im Gegenteil hat die Ver­wendung bekannter Naturgeseze mächtige Hilfsmittel zur Auf­flärung unbekannter Vorgänge geliefert. Wir dürfen somit die wohlberechtigte Ueberzeugung hegen, daß jedes Naturding, indem es den gleichen Gesezen unterworfen ist, ein erreichbares Objekt

unserer Erkenntnis darstellt. Wir brauchen demnach nicht, auch den höchsten Problemen gegenüber, mit du Bois- Reymond ein demütiges ,, Ignorabimus"( Wir werden nicht wissen) zu unterschreiben, sondern wir sind verpflichtet, die Metode der Naturforschung in dem ganzen Umfang des menschlichen Er­kenntnisvermögens in Anwendung zu bringen.

Wenn ich nun auch in dieser Besprechung keineswegs beab­sichtige, die höchsten und tiefsten Fragen, zu denen die Natur­forschung anregt, zu behandeln, so schien es mir doch notwendig, die Bedeutung und die Wirksamkeit der gebotenen Hilfsmittel darzutun, bevor wir ihre Anwendung in einem speziellen Falle versuchen.

In feinem Zweige der Naturwissenschaften ist eine solche Erinnerung an die Gleichartigkeit der natürlichen Grundgeseze notwendiger als in der Patologie, der Lehre von den Krank­heiten. Aus dem praktischen Bedürfnisse erwachsen und lange Beit demselben ausschließlich dienend, hat dieselbe erst spät sich auf den rein wissenschaftlichen Standpunkt erhoben, auf welchem nicht so sehr der unmittelbare Nuzen, als vielmehr die Auf­klärung einer Naturerscheinung das Endziel der Forschung bildet. Aus diesem Grunde sind auch die Folgezustände krankhafter Prozesse, ihre Beziehungen zu anderen Erscheinungen im Tier­und Pflanzenleben noch keineswegs erschöpfend dargestellt worden, und soll hier der Versuch gemacht werden, die Wirkung der= selben nach einer Richtung zu beleuchten, welche bisher noch wenig Beachtung gefunden hat.

Bevor auf diesen Gegenstand eingegangen wird, muß indes mit wenigen Worten das Wesen der Krankheitsprozesse erläutert werden, über welches vielfach unklare Vorstellungen bestehen. Daß dieselben nicht, wie man zuerst annahm, gleichsam per­sönliche Wesen darstellen, welche in dem normalen Organismus sich entwickeln und seinen Bestand bedrohen, ist selbstverständ­lich; ebensowenig aber genügen zu ihrer Erklärung die Lebens­vorgänge des Organismus selbst. Eine Abweichung von dem Normalen in dem Bau oder der Leistung eines Teiles kann bestehen, ohne daß wir damit den Begriff der Krankheit ver­binden; auch ein Blinder oder Lahmer kann sich der besten Ge­sundheit erfreuen.

In diesen Fällen ist die Krankheit, wie wir sagen, abge­laufen und hat bleibende Veränderungen hinterlassen. Der Vorgang, welcher zu denselben führte, dagegen, die Krankheit, ist ein Kampf des lebenden Organismus mit äußeren Schäd lichkeiten. Da diese lezteren nun, wie die Forschungen der neuesten Zeit ergeben haben, vorzugsweise, in den weitaus wichtigsten Fällen organisirter Natur sind, dem Pflanzen- oder Tierreich angehören, so sind die Krankheitsprozesse im wesent­lichen als Beispiel oder Einzelfälle jenes großen Kampfes um das Dasein" aufzufassen, welchem wir die Zerstörung, aber auch die Weiterentwicklung aller lebendigen Wesen verdanken.

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Krankheit sezt sich demnach aus zwei verschiedenen Reihen von Erscheinungen zusammen, der krankheitserregenden Einwir­