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neigt. Krummer Tannenast!" schnarrt es hinter mir. Aber die Augen, grünlich, hämisch, lauernd wie Augen des Katers, der sich zum Sprung auf das spielende Vöglein rüstet! Zwei Johanniswürmer, du Schafskopf!" Und auf der anderen Seite lauert einer, hat einen mächtigen Buckel, den dicken Kopf auf den Schoß geneigt. Erlen­busch!" Aber die Nägel an den Zehen! Dehnen sich fußlang vor ihm am Boden hin! Blätter des Sumpflattich3!" Nein, es ist ein Verzauberter, ein Prinz vielleicht! Siehe, wie ihm Diamanten vom Kleide tropfen, Perlen in tausendfachem Glanze vom Haupte rieseln! Kleine Waldquelle, die dort vom Felsen fällt!"- Es ist Elfenkönigs Gebiet, dort das Portal seines Wunderschlosses. Deutlicher schimmert der Eingang. Ausgang aus der Schlucht." Zwei Gnomen halten Wache, an die Pforte gehockt! Weidenstümpfe." Rings her quirit es, wiegt sichs, weiße Gewänder flattern, zärtliche Mädchenarme winken! Nebelfezen um die Stämme der Tannen. Der Kerl ist total ver­rückt!" murmelt der Begleiter, dessen Gefühllosigkeit mein Blut erregt. Horch, die Musik im Schloß, das Geräusch eines Festbankets! Die Erlenblätter rascheln im Abendhauch." Und da warnt einer den Wächter auf der Zinne, daß sich Sterbliche nahen dem Elfenschloß: Recke den Kopf! Wecke, wecke, wecke die Garrrde!- ,, Wiesenfrösche dort in der Niederung." Trunt! Trunk! Trunk! ruft eine durstige Ritterkehle im Banketsaale! ,, Eine Unke im Sumpfe dort!"- Daß du verdammt wärst mit deiner Katederweisheit, rief ich hinter mich, beeilte meinen Schritt, um des mürrischen Lehrmeisters ledig zu werden, und trat durch das Felsinportal, weil ich mutig allen Gefahren im Zauberschlosse trozen wollte in die breit vor mir gelagerte Land­schaft. In der Nähe rieselte ein Wiesenbach seines stillen träumerischen Wegs. Felder vom Korne schwellend wiegten sich um mich her und die würzige Blüte des Roggens füllte die weiche Luft. Oben hing bie silberne Mondscheibe und mühte sich vergeblich, durch das Blätterdach zu lugen, welches die Erlenbüsche über den spielenden Bach gewoben, der wie ein launischer eigenwilliger Knabe tat, immer tollend, immer schwazend, immer tänzelnd. Wo ein Zweig sich zum Wasser bog, hob er sich und holte sich einen flüchtigen Kuß. Wo ein Stein ihm im Wege lag, fing er zu schäumen und zu zanken an. Plözlich ward es stiller, das feuchte Kind. Es schien vom Spiel einschlafen zu wollen, und unhörbar schlich seine Welle zwischen den Ufergräsern hin. Der Mond wob Silberfäden durch das Laubwerk der überhängenden Erlen= büsche, und wiegte, wo feine Blätter wehrten, sein eitles Narcissusantliz auf dem Wasserspiegel. Und reger wards in den Lüften über mir, und auf des Mondstrahls goldener Leiter stiegen viel tausend helle zierliche Ge­stalten zur Erde nieder mit geschäft'gem Tun. Und nun begann ein wundersames Werk. Da ballten sie, die stillen Juweliere, den nächtgen Tau zu Tropfen, hängten sie an Halmesspizen auf, die, so beträuft, wie trunkene Becher hin und wieder schwankten; schmückten damit als wie mit Brautgeschmeid auch schlafende Blumen, ihre Freundinnen. Und andere Schaaren flogen über Felder voll üppigen Korns und weheten geschäftig den giftigen Mehltau von den schweren Aehren, und wo die Loh' pestatmend und erstickend, an böser Sternen tückischem Strahl gebraut, um, wie die Schlange ihr Opfer, Gesträuch und Bäume tötend zu umwinden, da schlossen sich die Wesen eng zusammen und breiteten die Flügel drüber hin und schüzten mit dem Flügelschirm die Früchte. Und tausend andere trugen Farb und Pinsel und huschten emsig durch Gestrüpp und Dorn und malten dort noch einem Erdbeer­lein die Wange rot, daß es dem artigen Knaben am Morgen aus dem Busch entgegen glüh, und tupften hier noch eine Rose schnell, daß sie bereit sei, früh die volle Brust der Müllerin zum Kirchengang zu schmücken. Auch schleppten andere sich mit Honigkrügen und gossen alle Blumenkelche voll. Aus Eimerchen, gefüllt mit süßer Würze, besprengten sie die Gräser und besorgten, sowie ein Wirt, durch seiner Gäste Reih'n hindurchschreitend leere Gläser wieder füllt, so jene im großen Gasthaus der Natur für Meister Wurm den Tisch und für Frau Biene. Doch wie der Schaar der Männer und der Frauen zur Sommerszeit, wenn sie die Wiesen mähen, hinauf aufs Feld ein Haufe Kinder folgt, mit müßgem Spiele sich im Grase tummelnd, wenn jene rührig bei der Arbeit stehn, und wie der Drohnen faules Volk im Stock: so trieb sich hier ein loses Völkchen um, mutwilliger Spiele froh, die schelmischen Nachzügler jener segenstreuenden Schaaren. Im Nebel quirlend webten sie behend sich Kappen daraus und Mäntel toll geformt, phantastische Gebilde, die den Blick des Wandrers äffen und vom Wege locken. Und wieder andere flochten bunte Bilder aus luftgem Traumzeug und ver­senkten sie tief in den Fluß, daß sie des Träumers Auge betört hinab= ziehe in die grünen Wellen. Haben Sie keine Prise?" fragte der Lange, Graue hinter mir und steďte seine eminent lange Nase über meine Schulter. Ein brauner Schnupftabakstropfen hing an ihrer Spize und blizte im Mondlicht. Eh' er auf meinen Rock fiel, machte ich eine Wendung und erwiderte kurz und bündig: Nein. Der Nebel steigt von den Wiesen auf, man wird sich einen Schnupfen holen bei alledem." Holen Sie Sich ihn! rief ich ärgerlich und schritt weiter. Zwischen den Büschen ward es lebendig. Reiterinnen in blankem Har= nisch, den funkelnden Helm auf fliegenden Locken zogen über die nebelnden Wiesen hin. Löwen sprangen ihnen zur Seite wie Rüden dem Jäger­zug." Ist denn das möglich, daß es schon 1 Uhr vorbei ist?" Bunte Papageien schaukeln sich auf den Aesten und jeder plappert ein anderes Märchen aus Inderland; seltsame Vögel schwirren durch die duftende Luft. Schlösser nicken von Bergeshöhen, aus Glas und Krystall gebaut. Hören Sie, über eine gute Taschenuhr geht gar nichts.

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Ich wache alle Morgen mit dem lezten und sechsten Turmglockenschlage auf, und da bringt mir das Mädchen auch pünktlich, feine Minute später, den Morgenkaffee, und so weiß ich immer, woran ich mit der Zeit bin." Aus den Schießscharten gucken kleine Zwerge mit großen Wackelköpfen, Fontänen gehen unten im Tal spazieren, aus ihren Röhren sprudeln funkelnde Blumen in die Luft. ,, Sie irren Sich wiederum, mein Bester. Zwei dralle Dorfmägde spülen ihre schmuzige Wäsche am Bache dort." Ein Konzert von Düften wallt durch die Luft, die Natur ein einziges Orchester um mich her vom Wurm hinauf bis zum Sonnenball, der durch den Weltraum donnert. Kohlen­oryd Gas, wie die Spektralanalyse für uns entdeckt hat." Ich werde toll! Milliarden von Genien tummeln sich müßig in diesem Aeter, ist denn keiner, der mich von diesem Gewäsch erlöse? wäsch? Ha gut, daß Sie mich dran erinnern: ich muß morgen meine Hemden zur Waschfrau schicken ausgezeichneter Shirting." Voller Wut sah ich mich nach einem Entrinnen um. Im Hollunderbusche schluchzte eine Nachtigall ihre langgezognen Schmerzen in die nahende Morgenluft. Mein Begleiter machte seine kurze Pfeife zurecht und fing an mit Stein und Stahl zu hantiren. Aber der Schwamm wollte nicht fangen. Rosig spielten die ersten, kaum geborenen Morgensonnenlichter im Laubdom über mir. Von ihrem Golde gleißte die stille Welle des Baches. Der ersten Aesung nach, auf den dampfenden Rand des Waldes zu, wiegte sich lautlosen Flugs die Mandelkrähe. Auf der Chaussee drüben fnarrte ein Fuhrmannswagen.- ,, Der Kerl muß Feuer haben. Guten Morgen!" rief der Graue und stapfte mit seinen langen Beinen durch das taufeuchte Gras auf den Wagen zu. Ich war ihn los, aber mich fröstelte. Mir war wie einem Ballgast, der aus den traulichen Festräumen, wo blaue Augen locken und roter Wein in geschliffenem Glase funkelt, hinausgetreten in die Morgenluft. An die blaue Blume dacht' ich wieder daheim, als ich den Erlebnissen der Nacht nachsann. Unsere Schriftsteller gedenken ihrer, wenn sie von der Romantif reden. Woher haben sie diesen Ausdruck? Literarisch läßt sie sich zuerst nachweisen in dem Romane Heinrich von Ofterdingen " von Harden­berg( Novalis ). Da spielt sie die Rolle jene Wunderblume Mit ihrem Kelch so tief,

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In dem das Zauberwesen Der deutschen Dichtung schlief

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wie ein späterer Dichter sie interpretirt hat. Aber gefunden hat sie noch niemand. Auch Novalis sah sie nur im Traume, und als er sich bückte, um sie zu pflücken, verwandelte sich der Blumenfelch in ein süßes Mädchenantliz. Die blaue Farbe hat es uns angetan, das Ewige, das Mystische, das Unbegreifliche kleidet sich in ihre Livree. Sie ist das Sinnbild der beiden Unendlichkeiten, die unser Leben einschließen, der Unendlichkeiten nach vorn und nach rückwärts. Nimm ein Boot am Golfe von Neapel und fahre hinaus in die Wasserwelt, nach Capri zu. Der blaue Himmel hebt sich über dir, eine unmeßbare Höhe. Tie blaue Meerestiefe senft sich unter dir, und dein Auge ermißt den Grund nicht. Nur die Welle, über die dein Boot gleitet, ist Gegenwart, das Boot dein Leben.

Auch die Slaven haben einen Wytus von der blauen Blume, die versteckt in den Gräsern der Steppe sich dem Wanderer nur durch den süßen Geruch verrät. Viele haben nach ihr gesucht, viele suchen noch heute. Aber wehe dem, der sie jemals fände! Es hätte die Wirkung auf ihn, wie das verschleierte Bild zu Sais auf den Jüngling: aller Farben und Blüten entkleidet sah er die Schöpfung vor sich liegen, und was ihm ein schöner, süßer Mädchenleib früher geschienen, stellte sich ihm dar als ein wüster Haufe von Knochen, Muskeln, Fasern und Sehnen. Für alle kindlich unbefangenen Gemüter und das waren die echten Dichter von Aubeginn und immerdar gilt, was der Tichter sagt:

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Nur der Jrrtum ist das Leben Und das Wissen ist der Tod.

Unsere Illustrationen.

Der heimkehrende Soldat.( Seite 561.) schöner Tag, wenn endlich der Soldat ins Leben heimfehrt." Wenn aber die Heimkehr unter Umständen, erfolgt, wie sie unser Bild zeigt, so hat die Schönheit eine sehr häßliche Narbe. Die Sache ging nämlich so zu. Unser Held, der schon mehrfach blessirt worden war, aber sich immer wieder auf­gerafft hatte, fonnte den Strapazen des Feldzugs nicht länger Wider­stand leisten. Der böse Typhus packte ihn mit eisernen Krallen, wäh­rend er mit wenig Kameraden in einem feindlichen Dorfe lag. Als die andern weiter marschirten, blieb er allein zurück und die Dörfler waren menschlich genug, sich des Hilflosen zu erbarmen. Viele Wochen hielt ihn ein schweres Fieber umfangen, er schwebte zwischen Leben und Tod, und der Arzt schüttelte immer bedenklicher den Kopf. Aber die Jugend wurde schließlich doch Herr über die Krankheit und der Sensen­mann mußte fnurrend von dannen ziehen. Doch es dauerte lange Zeit, bis er sich soweit erholt hatte, daß er an die Heimreise denken fonnte. Längst war der Frieden geschlossen und der Name unseres Helden stand in der Liste der Vermißten. Sein junges Weib, die schöne Magdalena, harrte bei der Rückkehr der Truppen mit Sehnsucht ihres Gatten, denn sie war ein rechtschaffenes Weib und hatte ihn aufrichtig