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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
aufgezogenes Weckerwerk unter die Glocke einer Luft pumpe bringt und die Luft hierauf verdünnt, so wird der Schall mit der zunehmenden Verdünnung schwächer, bis das Ohr keinen Ton mehr vernimmt, während das Auge den Hammer an der Glocke fort arbeiten sieht. Läßt man hierauf die Luft allmälig wieder in die Glasglocke eintreten, so vernimmt man deutlich ein fortwährendes Anschwellen des Tones, bis er die volle Stärke wieder erreicht. Durch den leeren Raum pflanzt sich also der Schall nicht fort, weil das leitende Mittel fehlt.
Jeder Körper, der einen Schall erzeugt, befindet sich, wie gesagt, in schwingender Bewegung. Wenn die Saite einer Violine ertönt, so kann man ohne besondere Kraftanstrengung ihr Hin- und Herschwingen um ihre Ruhelage sehen. Bei anderen festen Körpern, z. B. einer Glocke, ist die Schwingung nicht ohne Weiteres wahrzunehmen. Wenn man aber etwa au eine Käseglocke ein an einen leichten Faden befestigtes Korffügelchen von der Größe einer Linse hält, so wird man es beim Erschallen des Klanges lebhaft hin- und hertanzen sehen. Wasser in einem Glase, das zum Klingen gebracht wird, geräth durch die Schwingungen der Wand in sichtbare Bewegung. Aber nicht nur feste Körper schallen, sondern auch flüssige und luftförmige. Wer kennt nicht das Sausen des Windes oder das Rauschen des Wassers? Im ersten Falle ist die Ursache die Schwingung der Luft, im zweiten die des Wassers.
Doch schon haben wir vom Rauschen, Sausen, Klingen und Tönen gesprochen, Alles als Arten des Schalles. Wie viel Schallarten giebt es denn überhaupt und wodurch werden sie unterschieden? Man fennt nur zwei Arten, die Geräusche und die Töne. Auf die Eigenart der Töne fomme ich später
zu sprechen; ich will sie jetzt nur insoweit betrachten, als sie zum Verständniß des Wesens des Schalles nothwendig sind. Geräusche sind das Sausen des Windes, wendig sind. Geräusche sind das Sausen des Windes, das Brausen und Heulen des Sturmes, das Plätschern des Negens, das Rasseln des Wagens, das Rollen des Donners, das Knallen der Pistole u. A. m. Der Unterschied zwischen Geräusch und Ton liegt in der Art der Schwingungen, die der Körper erfährt, welcher das Geräusch oder den Ton von sich giebt.
Das Wort Schwingung rührt von der Hin- und Herbewegung des Pendels her. Betrachten wir, um über die Schwingungen etwas Klarheit zu bekommen, die Pendelbewegung daher etwas näher.
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Wenn man ein Pendel( etwa eine an einem Faden hängende Kugel) aus seiner Ruhelage bringt und es dann losläßt, so strebt es, durch die Anziehungskraft der Erde gezogen, wieder in seine Ruhelage zurückzukehren. Es bleibt aber nicht an der Stelle stehen, wo es sich zuerst in seiner Ruhelage befand, sondern bewegt sich über sie hinaus, und zwar ebensoweit über sie, als es vorher ge hoben wurde, kurz, es schwingt um seine Ruhelage hin und her und zwar was wohl zu beachten was wohl zu beachten iſt ist-zu beiden Seiten derselben gleich hoch. Wenn nicht der Widerstand der Luft und die Reibung im Aufhängungspunkte des Pendels wären, so würde es, einmal in Bewegung gefeßt, unaufhörlich schwingen. So aber werden die Schwingungen immer kleiner und kleiner, bis das Pendel wieder ruht. Eine einfache Schwingung ist ein hin- oder Hergang, eine Doppelschwingung ein Hin- und Hergang. Ich sagte, die Schwingungen würden immer fleiner, bis fie ganz aufhören. Dabei zeigt sich die Eigen thümlichkeit, daß wohl die Schwingungsweite oder der Schwingungsbogen( so nennt man den Hin- und
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Hergang, seiner räumlichen Länge nach gemessen, da er einen Theil eines Kreises, einen Bogen, zeigt) kleiner werden, aber die Dauer der Schwingung( der Hin und Hergang nach der zeitlichen Länge gemessen) immer dieselbe bleibt. Die Zeitdauer der Schwingung wird vielmehr von der Länge des Pendels beeinflußt. Je länger der Pendel, desto langsamer seine Schwingung.
In ganz derselben Art wie die Bewegungen des Pendels erfolgen auch die Schwingungen schallender Körper. Wenn man die Saite einer Violine mit dem Finger anschnippt, fönt ste. Sie schwingt äußerst schnell um ihre Ruhelage, so schnell, daß wir die zeitlich aufeinanderfolgenden Stellungen der Saite gleichzeitig, d. h. die Saite in Form einer Spindel erblicken, deren Längsare die Saite in ihrer Nuhelage darstellt. Wer es nicht glaubt, daß die Saite in Bewegung ist, der lege auf sie kleine Papierschuizel( Papierreiterchen). Diese werden beim Tönen der Saite herabgeworfen. Allmälig werden, wie beim Pendel, die Schwingungsbogen der Saite kleiner, die Spindelfigur schmäler, bis wir nur eine Und in Linie( die Saite in ihre Ruhelage) sehen. diesem Augenblick hat der Ton zu schallen aufgehört. Aber troß des kleiner werdenden Schwingungsbogens ist der Ton derselbe geblieben, d. h., daß seine wie beint Schwingungsdauer unverändert blieb Pendel. Nur die Stärke des Tones nahm ab, weil die Schwingungsweite( Amplitude heißt der wissenNur wie schaftliche Ausdruck) kleiner wurde. beim Pendel, das, je länger, desto langsamer schwingt -schwingt die Saite, je länger sie ist, um so langsamer. Darum fann man auch die Schwingungen einer langen Baßgeigenfaite besser beobachten, als die einer kurzen Violinsaite. ( Fortseyung folgt.)
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Ein Muttergottesbild in der Neuen Welt! Was sollen wir mit dem alten Heiligenbild? Will der Redakteur uns katholisch machen? Wie paßt das in ein Unterhaltungsblatt für die heutige Arbeiterschaft? Nur gemach, lieber Leser, lies erst den trefflichen Artikel von Dr. John Schikowski und Du wirst Dich nicht mehr ereifern. Wir wolien Dir im neuen Jahre die wichtigsten Epochen deutscher Kunst in einzelnen hervorragenden Vertretern vorführen, damit Du einen Ueberblick und Einblick in das Werden der Kunst erhältst, und da mußten wir eben am Anfang beginnen. Und den Anfang der Kunst bildete im deutschen Mittelalter, dem religiösen Geiste der Zeit entsprechend, eben die religiöse Malerei. Aber auf den Stoff kommt es hier ja garnicht an. Was Du lernen sollst, das ist das Wie der Kunst, d. h. Du sollst sehen lernen mit den Augen des Künstlers, der das Bild geschaffen hat, und begreifen, warum das Madonnenbild für jene Zeit, da es entstand, ein Meisterwerk war. Darum lies und sperre die Augen auf!
E. St.
Der Streikredner.( Zu dem Bilde auf Seite 5.) Ja, das ist er, wie er leibt und lebt, der klassenbewußte Arbeiter der Großstadt, den die Noth denken und handeln gelehrt hat. Wie er hoch oben auf dem Gerüst steht, mit der nervigen Rechten den Laternenpfahl umflammernd, die Linke, zur Faust geballt, vorgestreckt, mit Donnerstimme das Losungswort des Tages hinabschleudernd in die dumpfbrandende Masse, die, Kopf an Kopf gedrängt, den ganzen, weiten Plaz bedeckt und, athemlos emporlauschend, jeden Satz der Rede des geliebten Genossen bald mit brausendem Zuruf, bald mit emporgeredtem Arm bekräftigt. Noch ist die Sache nicht entschieden. Unter den vielen Tausenden, die sich hier zusammenfanden, giebt es auch unsichere Kantonisten, ja, Verräther an der guten Sache. Sie suchen zu randaliren; sie stecken den Finger in den Mund und pfeifen. Aber was hilft es? Der Mann dort oben weiß zu gut, daß er nur das ausspricht, was die Anderen denken, und darum findet er jegt im entscheidenden Augenblick auch das rechte Wort. Welches Wort? Nun, das wahre Wort von der Einigkeit, die stark macht, von der Macht der geeinten Arbeiterschaft, von dem harten Joch des Kapitals,
Hus dem Papierkorb der Heit.
von dem färglichen Hungerlohn, von den darbenden Frauen und Kindern und von der günstigen Lage des Augenblicks und der Nothwendigkeit, das Eisen zu schmieden, so lange es warm ist. Ich glaube, bevor er seine Rede geendet hat, ist die große Frage des Tages entschieden: Streifen! Streifen! erschallt es tausendstimmig über die Dächer der Großstadt hin.
Der naturwissenschaftliche Beobachter.
In der Akkumulatorenfabrik von Gülcher in Berlin wird ein Akkumulator hergestellt, dem alle Uebelstände der bisher angewandten Akkumulatoren fehlen. Vornehmlich soll neben dem verringerten Gewichte seine Leistungsfähigkeit bedeutend größer sein, als die der früheren Akkumulatoren. Er besteht aus einem Gewebe, dessen Kette Bleidrähte, dessen Schuß feine Glaswolle ist. Die Bleidrahtenden sind an einen Bleirahmen angegossen. Drei Größen werden von dem neuen Akkumulator hergestellt.
Zur Messung der Schallstärke ist von Henry ein Apparat, Audiometer, konstruirt worden.
Ein Stück des Bielaschen Kometen von 4,090 kg Gewicht wird nach den„ Annalen des Wiener Hofmuseum" von dem Mineralogen Hidden in Newark U. S. untersucht.
Seit 1862, wo Prof. Auwers in Berlin durch Berechnung das Vorhandensein eines dunklen Begleiters des Eternes Procyon( im kleinen Hunde) feststellte, bemühten sich die Astronomen, diesen aufzufinden. Auf der LickSternwarte ist er( nach 34 Jahren) von Prof. Schäberle als Stern 13. Größe, 41/2 Bogensekunden vom Hauptsterne entfernt, gefunden worden.
Das Oberberganit in Bonn läßt Proben von Quarzit gestein aus dem Taunus , in dem bei der ersten Untersuchung ein Goldgehalt gefunden wurde, noch einmal untersuchen. Man ist auf das Ergebniß gespannt.
Der„ Globus " berichtet aus Valparaiso eine tragikomische Geschichte. Nach Falbscher Voraussage war für den 23. März 1896 ein besonders kritischer" Tag an
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gesagt. Seit dem 13. März fanden einige Erdbeben, dort nichts Seltenes, statt. Diesmal griff eine förmliche Panik um sich. 5-10 000 Flüchtige machten sich aus den Städten und Thälern auf, um sich auf die Berge zu retten und von dort aus den vorausgesagten Untergang zu sehen. Der 23. fam, aber Alles blieb ruhig. Nach diesem Fiasko wird wohl der„ Meteorologe" Falb sein Ansehen verlieren in Chile .
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Edison soll ein Verfahren, Bilder auf weite Entfernungen zu reproduziren, so vervollkommnet haben, daß es möglich ist, mit ihnen Skizzen auf die größten Entfernungen hin dem Original getreu wiederzugeben.
Dr. Edington aus Capstadt hat nach dem„ Reut . Bur." den Rinderpestmikroben entdeckt. Hippokrates.
Räthsel- Ecke.
Bilder Räthsel.
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Auflösung des Räthsels in Nr. 52, Jahrg. 1896: Augenzeuge.
Nachdruck des Jnhalts verboten!