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Aber ich mache keinen Spaß nicht so?"

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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

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,, Nun, natürlich ist es so und wir machen auch feinen Spaß. Aber was willst Du damit?" Was giebts? Was geht uns das an?"

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Weil es so ist, werden wir ihnen einen be­rühmten Namen geben!"

Keiner sprach ein Wort. Aller Gesichter waren fragend auf Karl gerichtet. Was für ein Näthsel mag das sein? Wo sollte man einen berühmten Namen borgen? Und wer wird ihn borgen?"

Karl ließ sich nieder und sagte: Nun, ich habe Euch eine vollkommen ernste Sache vorzu­schlagen. Ich glaube, es ist der einzige Weg, uns vor dem Armenhause zu retten, und ich bin feſt überzeugt, es ist ein sicherer Weg. Ich gründe, meine Meinung auf vielfache und festgestellte That­sachen in der menschlichen Geschichte. Ich glaube, mein Vorschlag wird uns Alle reich machen."

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Reich? Du hast Deinen Verstand verloren." ,, Nein, ich hab' nicht."

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N- ein; zum Mindesten nicht ga­ Nicht ganz? Nun, seht Ihr nicht? Der Mann stirbt nicht wirklich; er wechselt seinen Namen und verschwindet; wir begraben eine Puppe und weinen dabei, und die ganze Welt hilft uns. Und ich-"

Ater er konnte nicht beenden. Alle brachen in ein schallendes Hurrah aus, sprangen auf, rannten im Zimmer herum und fielen einander in freudiger Verzückung um den Hals.

Stundenlang besprachen wir den großartigen Plan, ohne hungrig zu werden, und zuleßt, nach­dem alle Einzelheiten zur Zufriedenheit arrangirt waren, zogen wir Loose, und Willet war der Aus­erwählte auserwählt, zu sterben, wie wir es nannten. Darauf suchten wir alle jene Dinge zu­sammen, von denen man erst dann scheidet, wenn man sie für späteren kontmenden Reichthum ein­zusetzen hofft- Andenken, Tändeleien und der= gleichen dieses versesten wir und hatten gerade genug, um uns ein bescheidenes Abschieds- Souper und Frühstück zu ermöglichen, ein paar Francs für

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Ja, Du hast Du hast Deinen Verstand die Reise übrig zu behalten, ein Bündel Rüben zu verloren."

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Was nennst Du reich?"

" Bunderttausend Francs auf Jeden!"

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, Er hat seinen Verstand verloren. Ich wußte es." " Ja, er hat! Die Entbehrungen sind zu viel für Dich gewesen und-"

,, Karl, Du mußt eine Pille nehmen und direkt 31 Bett gehen!"

,, Macht ihm erst einen Umschlag feinen Kopf ein und dann-"

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kaufen und eine Kleinigkeit für Millet, um einige Tage leben zu können.

Den nächsten Morgen, in aller Frühe, gleich nach dem Frühstück, machten wir Drei uns auf den Weg, natürlich zu Fuß, Jeder von uns ein Duzend Weg, natürlich zu Fuß, Jeder von uns ein Dußend von Millets Bildern tragend, mit der Absicht, sie feil zu halten..

Karl ging nach Paris , wo er sich vorgenommen bindet ihm hatte, zuerst Millets Ruhm aufzubauen und Alles für den kommenden großen Tag vorzubereiten. Claude und ich sollten uns trennen und über Frank­ reich zerstreuen.

,, Nein, bindet seine Fersen; sein Kopf ist schon seit einigen Wochen nicht richtig- ich habs bemerkt." ,, Seid still!" sagte Millet mit scheinbarer Strenge, ,, und laßt den Jungen sagen, was er zu sagen hat. Na, nun komm heraus mit Deinem Projekte, Karl. Was ists?"

" Zur Einleitung möchte ich folgende Thatsache aus der menschlichen Geschichte feststellen, nämlich: daß das Verdienst vieler großer Künstler nicht eher anerkannt wurde, bis dieselben verhungert waren und starben. Das ist so oft passirt, daß ich so fühn bin, ein Gesez darauf zu gründen. Dieses Gesez ist, daß das Verdienst jedes großen, un­bekannten und vernachlässigten Künstlers nach seinem Tode anerkannt werden muß und wird und seine Bilder dann einen hohen Preis erzielen. Mein Projekt ist also das: Wir müssen Loose ziehen, Einer von uns muß sterben!"

Die Bemerfung fiel so ruhig und unerwartet, daß wir beinahe vergaßen, aufzuspringen.

Dann folgte noch einmal ein wilder Ausbruch von Rathschlägen medizinischer Art, Karls Geistes­zustand betreffend, aber er wartete ruhig, bis sich die Heiterfeit etwas gelegt hatte, dann fuhr er mit seinem Projekte fort:

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Ja, Einer von uns muß sterben, um die Anderen zu retten und sich selbst. Wir wollen Loose ziehen. Der Eine, welcher das Loos gezogen hat, soll berühmt werden und wir Alle reich. Seid doch still jetzt seid still; unterbrecht mich nicht, ich sage Euch, ich weiß, was ich will. Da habt Ihr meine Idee. Während der nächsten drei Monate soll Derjenige, welcher sterben muß, malen, was das Zeng hält und seinen Vorrath so viel als möglich vergrößern- feine Bilder, o nein! Entwürfe, Studien, Theile von Studien, ein Dußend Pinselstriche an jedem bedeutungslos natürlich, aber von ihm, mit seinem Namen darauf; er mache fünfzig am Tage, aber jedes muß eine von seinen Eigenthümlichkeiten und seiner Manier enthalten, leicht erkennbar als die seinige. Derartige Sachen verkaufen sich, wißt Ihr, sie werden zu fabelhaften Preisen für die Museen der Welt gesammelt, nachdem der Mann todt ist; wir wollen sie in die Mode bringen! Und während der ganzen Zeit müssen wir Anderen be= schäftigt sein, die Kränklichkeit des Mannes in der Welt zu verbreiten, Paris und die Händler auf­merksam machen Alles Vorbereitungen zur fommenden Katastrophe, wißt Ihr. Wenn Alles in vollem Gauge ist, sprengen wir die Nachricht von jeinem Tode unter fie und machen ein richtiges Be­rabniß. Habt Ihr mich jetzt verstanden?"

Nun, es wird Sie überraschen, zu hören, wie leicht und bequem die Sache ging. Ich wanderte zwei Tage herum, ehe ich mein Geschäft begann. Daun fing ich an, eine Villa an der Peripherie einer großen Stadt zu zeichnen, weil ich den Eigen thümer an einer oberen Veranda stehen sah. Er fam herunter, mir zuzusehen ich dachte mirs, daß er es thun würde.

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Ich arbeitete schnell, weil ich beabsichtigte, sein Juteresse wach zu halten. Gelegentlich feuerte er einige fleine Ausrufe der Anerkennung ab, und nach und nach wurde er ganz enthusiasmirt und sagte, ich wäre ein Meister.

Ich legte meinen Pinsel weg, griff in meine Mappe und holte einen Millet heraus; indem ich Mappe und holte einen Millet heraus; indem ich auf den Namen in der Ecke zeigte, sagte ich stolz: " Ich seze voraus, daß Sie das fennen? Nun, er war mein Lehrer! Ich sollte meinen, daß ich mein Handwerk verstehen muß!"

jeden Tag ein Bild, und versuchte nie zwei los zu werden. Ich sagte immer zu meinen Kunden

Ich bin ein Narr, Bilder von François Millet überhaupt zu verkaufen, denn der Mann lebt keine drei Monate mehr, und wenn er gestorben ist, werden seine Bilder nicht für Geld und gute Worte zu haben sein."

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Ich that Alles, was ich konnte, diese Sache so weit als möglich zu verbreiten, um die Welt auf das Ereigniß vorzubereiten. Ich muß mir auch etwas bei der Sache zu Gute halten, denn unser Plan, die Bilder zu verkaufen war der meine. Ich schlug es vor, als wir den letzten Abend über unserem Feldzugsplan brüteten, und wir kamen alle Drei überein, daß es versucht werden sollte, ehe wir etwas Anderes anfingen. Es ist uns Allen geglückt. Ich ging nur zwei Tage zu Fuß, Claude auch zwei, denn wir fürchteten Beide, Millet zu nahe bei seiner Heimath berühmt zu machen. Aber Karl lief nur einen halben Tag, der schlaue, ge= wissenlose Hallunke, von da an reiste er wie ein Herzog.

Hin und wieder seßten wir uns mit einem kleinen Verleger in Verbindung und brachten einen Artikel in die Presse. Der Artikel kündigte nicht die Ent­deckung eines neuen Malers an, sondern es ging daraus hervor, daß Jedermann François Millet kannte; er wurde in keiner Weise gelobt, sondern es war nichts weiter als ein Wort über den gegen­wärtigen Zustand des Meisters", das manchmal hoffnungsvoll, manchmal zweifelnd ausfiel, aber immer mit einer Färbung, die das Schlimmste ver­muthen ließ, endeie. Wir unterstrichen stets diese Stellen und schickten sie den Leuten, die Bilder von uns gekauft hatten.

Karl war bald in Paris und betrieb die Sache im großen Stiel. Er befreundete sich mit einem Kor­respondenten und verbreitete die Nachricht, Millets Zustand betreffend, über England, den ganzen Kon­tinent, Amerika , kurz aller Orten.

Sechs Wochen nach unserem Auszuge trafen wir Drei uns in Paris , machten ein Weile Halt, und ließen uns von Millet einen Vorrath neuer Bilder kommen. Das Geschäft ging jezt so gut und Alles war so vorbereitet, daß wir sahen, es würde ein unverzeihlicher Fehler sein, jetzt nicht ohne Besinnen loszuschlagen. Darum schrieben wir Millet, er solle zu Bett gehen und so schnell als möglich dahinsiechen, denn wir möchten gern, daß er in zehn Tagen stürbe, wenn er bis dahin damit fertig würde.

Dann rechneten wir zusammen und fanden, daß wir Drei fünfundachtzig kleine Bilder und Studien verkauft hatten, und sechsundneunzigtausend Francs

Der Mann schwieg, ganz schuldig und verwirrt dafür aufzeigen konnten. Karl hatte den letzten und aussehend.

Ich sagte traurig:" Sie wollen doch nicht vor­geben, die Chiffre François Millets nicht zu kennen?"

Natürlich kannte er sie nicht; aber es war der dankbarste Mensch, den man je gesehen, dafür, daß es ihm so leicht gemacht wurde, sich aus einer un­bequemen Situation zu ziehen.

Er sagte: Nein, was Sie da sagen! Das ist ein Millet? Wahrhaftig! Ich weiß nicht, woran ich eigentlich dachte. Natürlich besinn' ich mich darauf."

Das Nächste war, daß er das Bild kaufen wollte; aber ich sagte, daß, obgleich ich nicht reich wollte; aber ich sagte, daß, obgleich ich nicht reich sei, ich doch nicht so arm wäre. Trotzdem ließ ich es ihn zuletzt für achthundert Francs haben. Achthundert!"

Ja, Millet würde es für eine Schweinskarbonade verkauft haben. Und ich bekam achthundert Francs für das kleine Ding. Ich wünschte, ich könnte es zurückbekommen für achttausend. Aber die Zeit ist vorbei. Ich machte ein sehr hübsches Bild von dem Hause des Mannes und wollte es ihm für zehn Francs anbieten, aber das war nichts. Da er er­fahren hatte, daß ich der Schüler eines solchen Meisters war, so verkaufte ich es ihm für hundert. Ich fandte die achthundert Francs noch von dieser Stadt aus direkt an Millet und zog den nächsten Tag wieder weiter.

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Aber ich ging nicht zu Fuß nein. Ich fuhr. Ich bin seitdem immer gefahren. Ich verkaufte

brillantesten Verkauf von Allen gemacht. Er ver­faufte den Angelus" für zweittausendzweihundert Francs. Wie wir ihn verherrlichten! nicht ahnend, daß der Tag kam, an dem Frankreich um seinen Besiz kämpfen, aber ein Fremder es für fünfmal­hunderttausend Francs erobern würde.

Diesen Abend hielten wir ein großartiges Cham­pagnersouper ab und den nächsten Tag machten sich Claude und ich auf, Millet in seinen lezten Tagen zu pflegen und unbequeme Schnüffler vom Hause zu halten. Bulletins wurden täglich an Karl nach Paris zur Veröffentlichung an die verschiedenartigsten in­und ausländischen Blätter geschickt. Das traurige Ereigniß trat schließlich ein, und Karl war zur Zeit da, um uns bei der Erfüllung der letzten traurigen Zeremonien behilflich zu sein. Sie erinnern sich des großartigen Begräbnisses, und was es für ein Aufsehen machte auf dem ganzen Erdenrund, und wie die Größen beider Welten kamen, um ihre Trauer auszudrücken.

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Wir Vier immer noch unzertrennlich- trugen den Sarg und erlaubten Niemand, uns zu helfen. Nun, wir thaten recht daran, denn es war nur eine Wachspuppe darin, und alle professionirten Sarg­träger würden sich über das Gewicht beschwert haben. Ja, wir Vier, die einstmals Noth und Entbehrungen zusammen getheilt hatten, trugen den Sa Welche Vier?" Wir Vier denn Millet half mit, seinen eigenen Sarg zu tragen. Unkenntlich gemacht, natür­

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