Die Freue Wel

Nr. 21

Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Die Mutter.

Von Giosuè Carducci .

ie fah gewiß der rosige Morgen schon,

Wenn auf das graue Held er die Schnikfer

Die unbeschuhten Schriffe lenken

[ treibt,

Rasch durch des duftenden Heues Feuchte.

Und Mittags dann zum Acker hinabgebeugt Die breiten Schultern, hörten am Wege sie Mit den Cikaden in die Wette Singen die weißlich bestäubten Ulmen.

Und hob die hohe Bruft von der Arbeit sie Thr braun Gesicht, die goldigen Flechten auf, Hat deiner Abendsonne Heuer

Tief die Gestalt ihr gefärbt, Toscana.

Dun schwingt die starke Mutter ihr starkes Kind, Schon an den nackten Brüften gesättiget, Und schwingt es hoch in lühem Plaudern, Während das Knäblein die hellen Mugen

Unter dem Holdatenkönig.

A

Von Dorothee Goebeler.

Heft in der Muffer Augen geheftet hat. Sein kleiner Körper zappelt, die Finger streckt Es suchend nach ihr aus, und lachend Giebt sich die Mutter ihm hin in Liebe.

Anlacht sie rings ihr häusliches Tagewerk, Don grüner Halde winken die schwankenden Kornfelder, und der Bchse brüllt, es Kräht auf der Tenne der Holze Haushahn.

50 will Matur den Starken, die ihrethalb Die Ruhmeslarven, welche die Menge liebt, Verschmähn, mit heiligen Gesichten Stärken die Seelen, o Adriano.

50 haft du, trenger Künstler, dem Marmorblock Vertraut der Bukunft edelste Hoffnungen. Wann wird die Arbeit Freude werden? Wann sich die Liebe gesichert fühlen?

Wann wird zur Sonne blickend ein freies Volk, Ein Volk von Starken, sprechen: leuchte nicht Bu müßiggang und Fürstenkriegen, Nur zu der redlichen, frommen Arbeit!-?

m 4. August 1688 herrschte im altersgrauen Schlosse zu Berlin - Cölln eitel Jubel und Lust. Sophie Charlotte , die geistreiche Freun­din des großen Leibniz, hatte ihrem Gatten den ersten Sohn geboren, den neuen Erben für die Krone Brau­denburg. Abergläubisch, wie die meisten seiner Zeit­genossen, ließ der Vater, damals noch Kurfürst Friedrich III. , dem Neugeborenen von einem Astrologen das Horoskop stellen, und die Verheißungen des Stern­Der Prinz sollte deuters flangen garnicht übel. allerdings niemals einen Sohn sein eigen nennen, dafür aber im Jahre 1720 eine Heldenthat voll­bringen, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte.

Schade, daß die Prophezeiungen des Weisen von Berlin - Cölln gerade in umgekehrter Weise in Erfüllung gingen. Der Sohn der philosophischen

Königin hinterließ eine zahlreiche Nachkommenschaft und hat in seinem ganzen Leben keine einzige Helden­that vollbracht, ausgenommen etwa, daß er seine Fran, Kinder, Diener und Unterthanen prügelte, so oft sich nur Gelegenheit zum Prügeln bot.

Denn jener Knabe, der im Jahre 1688 zum ersten Male das Licht der Welt erblickte, war kein Geringerer, als der nachmalige König Friedrich Wilhelm 1., der Fürst, den die Geschichte furzweg den Soldatenkönig nennt.

Die lange und oft auch recht langweilige Regenten reihe der Hohenzollerndynastie hat kaum einen psycho­logisch interessanteren Charakter aufzuweisen, als diesen zweiten Preußenkönig. Man weiß eigentlich nie, ob man den Mann verachten oder belächeln soll. Der eisernen Strenge, mit der er bei seinem Regierungsantritt dem Lotterleben des verkommenen Berliner Hofes kurzweg ein Ende machte, seiner Sittenreinheit und bürgerlichen Einfachheit kann man eine gewisse Anerkennung nicht versagen, die bei

1897

( Aus dem Italienischen übersekt von Paul Heyse .)

spiellose Brutalität, mit der er jeder fünstlerischen Bestrebung entgegentrat, seine Rohheit, sein schmutziger Geiz, seine Grausamkeit, die nicht selten zur Bestia­lität ausartete, überhaupt die ganze verworfene Niederträchtigkeit, die aus unzähligen seiner Thaten spricht, haben ihm indessen für immer den Stempel des von Grund auf bösen und bösartigen Menschen aufgedrückt.

Seine schlechten Eigenschaften zeigten sich schon sehr früh. Seine Erzieherin, Frau von Montbeil, hatte besonders unter seinem Troß zu leiden. Als er einst zur Strafe kein Frühstück erhalten sollte, fletterte der kaum Sechsjährige auf die Fenster­brüstung und drohte der Gouvernante, sich die drei Stock hinabzustürzen. Seine Mutter verzog ihn außerdem noch in jeder Weise; was sie an seinem Charakter nicht verdarb, verdarb seine Großmutter, die Kurfürstin von Hannover .

Als erster Erzieher des jungen Königssohnes fungirte der Generallieutenant Graf Alexander von