Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

weiter heißt, als daß man einen Gegenstand, der 100 Meter entfernt ist, jezt so groß sieht, wie er aus 1 Meter Entfernung sich zeigt.

Die Leistung eines Fernrohres besteht aber nicht nur in der Vergrößerung, sondern, was ebenso wichtig, auch in der Erzeugung einer größeren Helligkeit des Bildes, da hiervon die raumdurchdringende Kraft abhängt. Ein Fernrohr nimmt nun genau so viel Mal mehr Licht auf als das unbewaffnete Auge, als die Quadratfläche des Objektives die der Pupillen­öffnung übertrifft. Hieraus ergiebt sich, daß z. B. ein Fernrohr von 1 Zoll Deffnung za. 45 mal mehr Helligkeit empfängt als das Auge und dem entsprechend weiter den Raum durchdringt.

In der Herstellung derartiger Fernrohre und Spiegelteleskope hat man es nun in neuerer Zeit unendlich weit gebracht und einzelne fonstruirt, welche eine nahezu 10 000fache Vergrößerung gewähren, allerdings nur für Firsterne und Nebelflecke mit unerschöpflicher Lichtfülle; die mit schwachem, reflet­tirtem Lichte leuchtenden Planeten und Nebenplaneten gestatten längst nicht derartige Vergrößerungen; unt bei diesen erheblich weiter zu kommen, muß die Technik hinsichtlich der Herstellung möglichst großer Linsen und Spiegel erst noch Fortschritte machen.

Außer dem Fernrohre ist seit 1861, seit der Entdeckung der Spektralanalyse durch Bunsen   und Kirchhoff, noch das Spektroskop von höchster Wich­tigkeit für die Erforschung des Weltalls geworden.

Dasselbe beruht auf folgenden Verhältnissen: Läßt man weißes Licht durch ein Glasprisma( dreiseitig flach geschliffenes Glas) fallen, so entsteht, wenn man das­felbe auf einem weißen Schirme auffängt, ein far­biges Lichtband, das Spektrum, beim Sonnenlicht ge­bildet aus den bekannten Regenbogenfarben.

Ein solches Spektrum besitzt nun je nach der Lichtquelle ganz verschiedene Eigenschaften.

Gehen nämlich die Lichtstrahlen von einem glühenden, festen Körper aus, so entsteht ein kon­tinuirliches Band oder ein Spektrum, in welchem die Regenbogenfarben ohne irgend welche Unterschiede ineinander übergehen.

Ist dagegen die Lichtquelle ein leuchtendes Gas, so entsteht ein sogenanntes Linienspektrum, d. h. ein Spektrum, welches nur aus einzelnen hellen, durch dunkle Zwischenräume getrennten Linien besteht.

Anzahl und Lage dieser Linien ist nun für jeden Grundstoff verschieden und derart charakteristisch, daß man aus der Beobachtung dieses Spektrums mit ans Unglaubliche grenzender Genauigkeit die in den leuchtenden Gasen enthaltenen Grundstoffe er­mitteln fann, mag die Lichtquelle auch noch so weit entfernt sein.

Geht nun aber das Licht eines glühenden, festen Körpers, bevor es unser Auge erreicht, durch eine nicht selbstleuchtende, nicht glühende Gasmasse, so absorbirt fie diese, d. h. bringt zum Erlöschen die Lichtstrahlen, welche sie selbst im glühenden Zustande aussenden würde.

Die entsprechenden farbigen Linien werden in diesem Falle ausgelöscht und erscheinen an ihrer Stelle im Spektrum dunkle Querlinien, sogenannte Ab­sorptionslinien.

Auf diese Weise, untersucht man das Licht der Sterne und Weltennebel, läßt sich daher nicht nur erkennen, ob das Licht des leuchtenden Körpers durch eine Gasschicht gegangen, bevor es zu uns gelangte, sondern die Streifen geben auch den genauesten An­halt über die chemische Zusammensetzung dieser Gas­masse und des leuchtenden Körpers.

Eine geringe Verschiebung dieser Streifen nach der einen oder der anderen Seite von ihrer eigent­lichen Lage giebt nun außerdem Aufschluß darüber, ob die Lichtquelle sich uns nähert oder sich entfernt.

Der ganze Apparat zur Vornahme derartiger Untersuchungen heißt nun, wie erwähnt, Spektroskop; ein genaueres Eingehen auf die Konstruktion der verschiedenen Formen desselben ist hier nicht am Orte.

Es war zum Verständniß der folgenden Artikel unbedingt erforderlich, die optischen Verhältnisse einer allgemeinen Betrachtung zu unterwerfen, und möge daher dieses zur Entschuldigung dienen, falls der eine oder andere Leser das gewählte Thema etwas nüch­tern finden sollte.

Die Gefährlichkeit der Schmaroker.

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Von Heinrich Vogel.

chmarozer nennen wir die Menschen, Thiere und Pflanzen, welche aus dem Lebenssaft anderer Lebendiger ihre Nahrung ziehen. Es giebt große, kleine und sehr kleine Schmaroßer oder Blutsauger. Welche die schlimmsten unter ihnen sind, darüber kann man streiten, aber schlimm sind sie alle. Das Blutsaugen ist auch nicht der einzige Schaden, den die Schmaroßer denjenigen Wesen zufügen, von deren Lebenssaft sie sich nähren und mästen. Indem ein Insekt ein Opfer nach dem anderen überfällt, Gesunde und Kranke durcheinander, bleibt an seinem Saugstachel, wenn es diesen in die Haut eines Kranken gebohrt hat, auch Krankheits­keim oder Ansteckungsstoff haften, und wenn es dann mit demselben Saugstachel einen Gesunden sticht, um sein Blut zu saugen, so impft es damit auch die Keime der Krankheit auf den Gesunden über. Simonds, Uffelmann und Professor Flügge in Bres­ lau   haben nachgewiesen, daß Fliegen auf diese Weise Cholerabazillen auf Gesunde übertrugen und die­selben angesteckt haben. Spillmann, Haushalter und Hoffmann haben nachgewiesen, daß Fliegen Tuberkel­bazillen von dem Auswurf Tuberkulöser auf Gesunde übertragen haben. Eiternde Augenentzündung ist ebenfalls durch Fliegen übertragen worden. A. Laveran weist in Contributions à l'étude des boutons de Biskra, Rev. dermatol. 1880 nach, daß eine Hautkrankheit, die Blattern von Biskra  , durch Fliegen übertragen wird. Die lebertragung der Räude der: Schafe durch Insekten ist ebenfalls festgestellt. Jedes Jahr bringt neue Beweise solcher Uebertragung von ansteckenden Krankheiten durch Ungeziefer. Henry Morau hat in der ,, Revue rose" 95, I., pag. 42, mitgetheilt, daß Wanzen das Krebenfretagium auf weiße Mäuse übertragen haben. Einem russischen Arzte, Tifin in Odessa  , fiel, wie er in der ,, Medi­cine moderne" mittheilt, die Verbreitung auf, welche der Rückfalltyphus dort von einem Asyl aus ge­nommen hatte. Zuerst erkrankte daselbst ein Matrose, der sich vorher im Hafen von Jaffa   aufgehalten hatte. Da die Zeit, die zwischen dieser Epoche und der Zeit des Ausbruchs der Krankheit lag, genau der Inkubations( Ausbildungs-) Periode des Rückfall­typhus entsprach, so war zu vermuthen, daß der typhus entsprach, so war zu vermuthen, daß der Kranke in Jaffa   angesteckt worden war. Zehn oder zwölf Tage nach diesem ersten Fall zeigten sich zwölf Tage nach diesem ersten Fall zeigten sich andere analoge, und den folgenden Monat wurden die Fälle von Rückfalltyphus in Odessa   noch häufiger; es entstand eine Epidemie, welche 10 000 Menschen ergriff. Die Mehrzahl der Erkrankten waren Leute, ergriff. Die Mehrzahl der Erkrankten waren Leute, welche in Herbergen, Nachtasylen und ähnlichen Orten nächtigten. Auch der zuerst erkrankte Matrose hatte in einem solchen Asyl übernachtet. In dem selben waren, wie in den meisten derartigen An­stalten, Unmassen von Wanzen vorhanden. Da die Ansteckung des Rückfalltyphus stets durch das mit Spirochäten beladene Blut geschieht, brachte dies Tifin auf den Gedanken, daß durch die Wanzen die Krankheit verbreitet worden sei, deren Ansteckungsstoff in den schlecht genährten und im Uebrigen herunter­gekommenen Bevölkerungsschichten einen sehr geeig­neten Nährboden gefunden hatte. Kommt ein Erkrankter in ein solches Asyl, so saugen die Wanzen mit seinem Blute, welches die Spirillen des Rückfalltyphus, die Spirochäte Obermeiers, enthält, auch diese mit ein und es bleiben davon auch an ihren Saugwerk­zeugen hängen. Kommen sie dann auf einen ge= sunden Schlafenden und stechen diesen an, so kann eine regelrechte Ueberimpfung der Spirochäten auf diesen stattfinden. Die Wanze braucht sogar nur über denselben zu laufen, der Schläfer zerdrückt sie bei einer Veränderung seiner Lage und kraßt sich, so kann ebenfalls eine Uebertragung durch eine Strap­wunde erfolgen. Tifin wollte sich durch eine ab­sichtlich in ähnlicher Weise herbeigeführte Ueber­tragung von der Möglichkeit derselben überzeugen. Er ließ Wanzen hungern, bis sie ganz platt und blaß waren, brachte sie dann mittelst eines Schröpf= kopfes auf einen an Rückfalltyphus Erkrankten. Nach­dem sich hier die Wanzen vollgesogen hatten, wurden

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sie zerdrückt und das Blut derselben unter dem Mikroskop untersucht. Es enthielt stets Spirochäten, noch nach achtzehn Stunden. Nun war nur noch die Virulenz oder Ansteckungskraft dieser Spirochäten festzustellen. Tikin injizirte dieses Wanzenblut einem ganz gesunden Affen. 64 Stunden nach der In­okulation zeigte das Blut des Affen Spirochäten und erkrankte derselbe an allen Symptomen des Rückfalltyphus. Dadurch waren die Wanzen als An­steckungsträger erkannt, und es ist nicht zu bezweifeln, daß sie ebenso wie anderes Ungeziefer: Flöhe, Läuse und Fliegen, auch ähnliche Ansteckungskrankheiten verbreiten. Bei Verbreitung des Sumpffiebers hat sich erwiesen, daß die Moskitos eine ähnliche, aber nicht ganz dieselbe Rolle spielen, wie die Wanzen. Die Mostitos, werden nur an sumpfigen und an Wasser gelegenen Orten gefährlich, und nur da findet man in ihrem Blut die Träger der Krankheit, die Haematozoën. So ist nach A. Lamborn: La dé­struction des monstiques Revue scientif. 1890, pag. 480, in Konstantine in Algier   das Sumpffieber in dem unsauberen Thal des Numel sehr häufig, verschwindet aber im oberen reinlichen Theile der Stadt, ebenso in Bona und nach Mendrini: Guida igienica di Roma, Rom   1896, in dem inneren Theile von Rom  , die frei von Moskitos sind. Die Bodendrainage, die das Fieber unterdrückt, bringt auch die Moskitos zum Verschwinden. Die Fieber beginnen mit der Zeit, wenn die Moskitos am häufigsten sind; in der übrigen Zeit lassen sie nach. Man weiß, daß es in sumpfigen Gegenden gefähr= lich ist, bei offenem Fenster zu schlafen, und daß man am besten vor den Moskitos geschützt ist, wenn man des Abends die Fenster schließt. Während der Nacht ist man am meisten der Ansteckung mit Sumipf= fieber ausgesetzt, während der Nacht suchen auch die blutgierigen Moskitos ihre Beute auf. In fumpfigen Gegenden ist es gefährlich, auf dem Erdboden zu schlafen, und man hat bemerkt, daß in den Häusern die oberen Etagen gesünder sind, als die im Parterre oder in der ersten Etage belegenen. Die Moskitos verbreiten sich hauptsächlich auf der Erde. Die Prädisposition( Geneigtheit) zu Sumpffieber ist um so größer, je zarter und feiner die Haut ist; Kinder haben deshalb stets von den Moskitos am meisten zu leiden, auch vom Sumpffieber werden sie am ehesten ergriffen. Die Neger, deren Haut dick und widerstandsfähig ist und die den Stichen der Mos­titos wenig ausgesetzt sind, erfreuen sich auch einer bemerkenswerthen Immunität gegen Sumpffieber. Dieselben zeigen sich nicht in Gegenden, in denen sich Schwefelgruben befinden, wie D'Abbadie in der Acad. des sciences vom 15. September 1882 mit­theilte, und es wird empfohlen, große Feuer anzu­zünden, wenn man gezwungen ist, die Nacht in sumpfigen Gegenden zuzubringen. Durch die schwef= lige Säure und durch den Rauch der Flamme werden eben die Moskitos getödtet und erstickt.

Allerdings finden sich auch Moskitos zuweilen massenhaft in Gegenden, die frei sind von Sumpf­fieber; das beweist nur, daß der Moskito nicht durch sich selbst gefährlich ist, sondern nur der Träger des Krankheitskeimes ist und daß dieser an bestimmte Dertlichkeiten gebunden ist, nämlich an sumpfige. Nicht alle sumpfigen Gegenden zeigen Sumpffieber, wird es aber in solche Gegenden verschleppt, so er= hält es sich dort. hält es sich dort. So waren die sehr sumpfigen Gegenden auf den Inseln Bourbon und Réunion  bis vor Kurzem vollkommen frei von Sumpffieber, bis es durch einige indische Arbeiter dorthin ver­schleppt wurde; seitdem erhält es sich dort. Die Moskitos müssen also den Ansteckungsstoff, die Haematozoën, erst im Wasser finden und aus dem­selben aufnehmen, ehe ihre Stiche das Sumpffieber verbreiten können. Andererseits scheint der Genuß dieses infizirten Wassers an sich noch nicht im Stande zu sein, das Sumpffieber direkt auf den Menschen zu übertragen, wie Reynald Roß( Proceedings of the South Indian Branch Brit. med. Assoc. vom 17. Dezember 1895) gezeigt hat. Noß ließ einen Mann eine kleine Menge Wasser trinken, in dem ein paar mit Sumpffieberblut vollgesogene Mos­kitos gestorben waren, nachdem sie ihre Gier darin abgesezt hatten( ein Versuch, zu dessen Wiederholung