dem Gemälde von Franz Stuck .

Sechs Wochen darauf kam ich auf den Bahnhof der Nikolajewski- Eisenbahn, um mich von Wjera vor ihrer weiten Reise zu verabschieden. Gleich nach der Trauung hatte man Bawlenkow mit einer Schaar anderer Sträflinge nach Sibirien transportirt. Sie hatten einen großen Theil des Weges zu Fuß zurückzulegen. Nun war auch für Wjera die Zeit ge­kommen, sich auf den Weg zu machen, und mit ihrem Maun an Ort und Stelle zusammenzutreffen. Sie reiste nicht allein; mit ihr fuhren noch zwei Frauen die Tochter der einen und der Mann der anderen waren unter den Verschickten. Natürlich benutten sie die dritte Klasse, aber das war noch eine sehr luxuriöse und bequeme Reise im Vergleich zu dem, was sie später erwartete. Damals ging die Eisenbahn nur bis zur Grenze des europäischen Rußland ; dann mußten sie mit Telegas oder im Schlitten fahren. Im günstigsten Fall, das heißt, wenn sich gar kein Hinderniß auf der Reise einstellt, mußte die Reise zwei, drei Monate dauern.

Und was erwartet sie bei der An­funft...?

Aber alle Drei schienen daran nicht zu denken; alle Drei waren sorglos, und auf ihren Gesichtern lag eine feier­liche Freude.

Die ungewöhnliche Erregtheit, in der sich Wjera die erste Zeit nach ihrem fühnen Schritt befand, hatte sich gelegt, sie ging wieder in sich und wurde von Neuem jenes stille, verschlossene Mäd­chen, das ich früher fannte. Sie war blos ein wenig schmächtiger geworden und schien älter; aber die blauen Augen blickten noch immer muthig und fühn nach vorwärts und es war außerordent­lich rührend anzusehen, mit welcher zärtlichen Fürsorge sie ihre beiden Reise­genossinnen, insbesondere die ältere, um­gab. Diese Drei verband offenbar eine enge Freundschaft; jene Freundschaft, welche blos gemeinsames Unglück zu gründen vermag.

Auf dem Bahnhof versammelte sich eine große Menge; Viele kamen aus bloßer Neugierde, Viele aus Theil­nahme; und wer Verwandte oder Freunde in Sibirien besaß, wollte ihnen durch die Abreisenden einen Gruß oder eine Nachricht senden. Die Polizei war selbst­verständlich stark vertreten.

Mir gelang es kaum, mit Wjera einige Worte zu wechseln, da sich um sie Alles schaarte. Aber als das letzte Glockenzeichen ertönte und sich der Zug in Bewegung setzen sollte, streckte sie mir aus dem Fenster die Hand zum Abschied heraus.

In diesem Augenblick stellte ich mir das Schicksal, das dieses herrliche, junge Geschöpf erwartet, vor, mir wurde so schwer in der Seele und Thränen strömten aus meinen Augen.

"!

Weinst Du um mich?" fragte Wjera mit einem hellen Lächeln. Ach, wenn Du wüßteſt, wie ich, im Gegen­theil, Euch Alle bedauere, die Ihr zurückbleibet!"

Das waren ihre letzten Worte.

Stoßfeufzer eines Bathsherrn. D Weisheit, rüste mich mit Kraft, Daß meine Stimme Nußen schafft In Kirche, Schul' und Staate; Und da mein Wissen Stückwerk ist, So gieb, daß ich zu aller Trist Das Beste wenigstens errathe. P. W. Hensler.