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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
wunderung kein Wort mit mir. Ich setzte mich neben meinen Retter und versicherte ihm auf sein fortwährendes Fragen, ob ich auch wirklich ein ehr licher Kerl wäre, wohl noch dreißig bis fünfzig Mal, daß ich ein ehrlicher Kunde sei.
„ Es giebt zu viele Schubiafe!" sagte er zum Pennebos.
„ Na und ob!" sagte dieser und lächelte so niederträchtig boshaft, als sei er felsenfest überzeugt, daß ich meiner Verpflichtung nicht nachkommen würde. ( Fortsetzung folgt.)
Wanderungen durch Beit und Raum. Raum.
Don Th. Overbeck.
X..
Vagabunden des Weltalls.
ährend langer Zeiten, etwa bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts hincin, ward in wissenschaftlichen Kreisen durchweg als feststehende Tha sache betrachtet, daß das Weltall , benn auch die einzelnen Systeme und Körper im Laufe der Zeiten langsamen Veränderungen unterworsen seien, dennoch im Großen und Ganzen stabil ( feststehend, unerschütterlich) sei und daß gewalt ame Katastrophen, z. B. Kollisionen oder Zusammenstöße zweier Weltkörper, völlig unmöglich wären.
Ju erster Linie stigte sich diese Anschauung auf die augenblickliche Stabilität unseres Sonnens, stems, dessen Glieder in dera. tigen Bahnen sich bewegen, daß Kollisionen völlig ausgeschlossen erscheinen.
Man vergaß jedoch hierbei, daß selbst erständlich alle diejenigen Elemente bezw. Weltkörper, welche gefahrdrohende Bahnen ursprünglich verfolgten, sich selbst durch Kollision und darauf folgende Vereinigung mit dem Gegner oder auch durch Verstäubung in alle Winde, bald vernichten und ausmerzen mußten, so daß schließlich nur eine Zahl harmloser Genossen übrig blieb.
Man kann diesen einfachen Vorgang völlig richtig einen Kampf ums Dasein im Weltenraume nennen.
Die jetzige Stabilität unseres Sonnensystems ist daher nicht etwa ein Wunder, das Werk eines allweisen Schöpfers, sondern lediglich die selbstverständliche Folge höchst einfacher Verhältnisse.
Die Teleologie( 3weckmäßigkeitslehre, Weltanschauung, nach der Alles von vornherein vorbedacht und zweckmäßig eingerichtet sein soll) ist demnach auch hier wie allerorten in einer ganz gewaltigen Selbsttäuschung befangen; lediglich die absolute Kentnißlosigkeit ihrer Anhänger erklärt derartige Fehl= schlüsse.
Unterstützt ward diese irrige Anschauung durch die pratische Beobachtung, welche Katastrophen in dieser oder jener Weise nicht zu entdecken vermochte.
Aber auch das bisher negative Resultat der direkten Beobachtung ist völlig bedeutungslos wegen der Kürze der Beobachtungsdauer, denn knapp zweihundert Jahre Observation kann man als zuverlässig betrachten, und was besagt eine solche winzige Zeit spanne gegen das Alter der Weltförper!
An Spuren ehemaliger Katastrophen fehlt es doch schon in unserem Planetensystem nicht, wie wir im vorigen Artikel gesehen haben.
Besonders lehrreich ist die abnorme Rotation des Uranus , welche nur durch einen tangentialen, ge= waltigen Stoß auf die Polarregion dieses Weltförpers erklärlich ist, welcher eine derartige Wendung des Balles erzwang, daß die Uranuspole bis über die Lage der ehemaligen Aequatorebene hinaus ver= legt wurden.
In grauer Vorzeit muß diese Uranuskatastrophe stattgefunden haben, zu einer Zeit, als die Monde noch nicht e istirten und der Weltförper im Wesentlichen noch einen glühenden Gasball darstellte.
Ob nun ein sich mit dem Uranus rereinigender Gasball, mit Kollision erzeugender, gefahrdrohender Bahulage, oder ein Riesenmeteor die Ursache der Kenderung des ursprünglichen Zustandes war, entzieht sich natürlich jeder Beurtheilung.
Zwei Gattungen von Stoffanhäufungen giebt es nun, welche bis auf einzelne ihrer von der Sonne eingefangene Mitglieder im Gegensatz zu den stabilen Weltförpern scheinbar regellos das All durchsti eifen als richtige Vaga un en, die Kometen und die Meteore, lettere je nach ihrer scheinbaren Größe Feuerkugeln oder Bolide und Sternschnuppen genannt.
Kometen, jene meistens unerwartet aus dem Dunkel des Alls auftauchenden nebelartigen Gebilde, die größeren meistens mit einem einfachen oder auch mehrfachen Schweif versehen, sind schon seit den ältesten Zeiten beobachtet worden.
Die ältesten Peobachtungen von Kometen rerdanken wir den Chinesen, die eine sorgfältig auf gestellte Liste besitzen, welche Eduard Biot aus der Sammlung von Wa- tuan lin bekannt machte.
Dieselbe umfaßt in zwei Abschnitten die Stellung aller Kometen von dem Jahre 613 1 or unserer Zeitrechnung bis zum Jahre 1644 nach derselben.
Doch auch die flassischen Völfer der Mittelmeerländer hinterließen Berichte über erschienene große Kometen.
Schon die Chaldäer lehrten, daß die Kometen aus großer Ferne auf langer, geregelter Vahn periodisch aufstiegen; Xenofrates und Theon, der Ale andriner, nannten sie wandernde Lichtwolfen, Aristoteles brachte sie in eine sonderbare Verbindung mit der Milchstraße , welche nach seiner Ansicht eine sich selbst entzündende, leuchtende Masse ausschied, aus welcher Kometen entstanden, und er betrachtete die Milchstraße als einen großen Kometen, welcher sich immer von Neuem erzeugte.
Die meisten Kometen erfüllen ganz riesenhafte Räume und sind hinsichtlich ihres Nauminhalts die gewaltigsten Körper unseres Sonnensystems zu nennen.
Wenn in dieser Hinsicht auch bei älteren Berichten mancherlei Uebertreibungen mit unterlaufen mögen, so fehlt es doch auch aus neuerer Zeit nicht an Belegen für ihre mehrfach fast unglaubliche Größe.
Der Schweif des Kometen von 1861 erreichte 3. B. eine Länge von 40 Millionen, der des Donatischen Kometen von 1858 eine von 80 Millionen, und der des Kometen von 1843 entwickelte sich an 20. März sogar bis zu 300 Millionen Kilometern.
Auch ihre Lichtstärke ist oft erstaunlich. Mögen auch die Schilderungen einiger älteren Schriftsteller, nach denen Kometen nicht nur den Glanz des Mondes, sondern sogar das Licht der Sonne verdunkelt haben sollen, sich deutlich als llebertreibungen kennzeichnen, so bleibt aber trotzdem noch die immense Lichtstärke mancher zu bewundern.
Sind doch in unserem Jahrhundert schon zwei Kometen erschienen, welche am hellen Tage dicht Kometen erschienen, welche am hellen Tage dicht neben der Sonne mit freiem Auge zu sehen waren, es sind dieses der bereits erwähnte von 1843 und der Komet von 1882.
Nicht alle Kometen zeigen den imposanten Schweif. Den fleineren, nur im Teleskope sichtbaren, fehlt er meistens ganz; diese bestchen fast ausnahmslos nur aus dem helleren Kern( Nucleus), welcher jedoch auch zuweilen fehlt, und dem diesen umhüllenden fugelförmigen Dunstmantel( Roma). Die größeren mit unbewaffnetem Auge sichtbaren dagegen sind stets mit Schweif versel; en.
Mit größerer Annäherung an die Sonne erzeugt die gewaltige Sonnenstrahlung in den Kometenkernen die stürmischsten Umwandlungen, welche das Bild der Kerne oft schon in wenigen Stunden vollständig verändern.
Allem Auscheine nach spielen elektrische, durch die nahe Sonne ausgelöste, gigantische Kraftentwickelungen bei diesen wilden Konvulsionen und der Schweifbildung eine erhebliche Rolle.
Das Spektroskop wies Kohlenwasserstoffe, also die Grundlage der Jette und Dele, in den Kometenkernen nach, dann aber auch metallische Dämpfe, in erster Linie das Natrium.
Die Bahnen der Kometen um die Sonne weichen nun ganz erheblich von den Bahnen der Planeten ab.
Während letztere nahezu frcisförmig sind, be= wegen sich die Kometen zum Theil in Riesenellipsen, manche vermuthlich sogar in parabolischen Bahnen.
In lezterem Falle, bei parabolischer Bahn, wird der Komet vermuthlich nie wieder zur Sonne zurück
kehren, sondern in andere Fisternsysteme hinüberschweifen, bei elliptischer Bahn dagegen nach bestimm ten Zeiten wiederkehren.
Natürlich hat bei der Schwieri feit der Peobachtung we'tgestreckter, anscheinend parabolischer Kometenbahnen nicht mit Sicherheit ermittelt werden können, ob die Bahu thatsächlich eine Parabel bildet, oder ob der Komet nicht doch nur eine unendlich weit gezogene Ellipse durcheilt. Aus verschiedenen Gründen ist jedoch als wahrscheinlich zu betrachten, daß es wirklich unter den Kometen umherschweifende Exemplare giebt, welche den Weltenraum durchirren und abwechselnd in den Bereich verschiedener Fir sterne gelangen, hierbei schließlich ihre Selbstständigkeit einb Bend, vielleicht gar der Vernichtung durch Vereinigung mit anderen Weltkörpern verfallend.
Einige vollenden ihren Umlauf in wenigen Jahren, z. B. der nach dem Astronomen Eufe benannte, welcher in 3310 Jahren zur Sonne zurückfehrt und nur etwa bis zur 1 fachen Marsweite von der Sonne sich entfernt, andere dagegen tauchen auf schwindelude Jernen in das Dunkel des Aus.
So vollendet nach Eufes Verechnung der schöne Komet von 1680 seinen Umlauf um die Sonne in 8800 Jahren, nähert sich zur Sonnennähe der Sonnenoberfläche bis auf 232 000 Kilometer( etwa 30 000 Meilen, steht also der Sonne noch erheblich näher als der Mond der Erde ) und entfernt sich alsdann innerhalb 4400 Jahren bis auf 126 800 Millionen Kilometer, also bis auf die 28fache Entfernung des Neptun .
In dieser Sonnenferne strahlt die Sonne ihm nur noch wie ein heller Firstern, etwa wie der Sirius, eine Erwärmung und Beleuchtung ist also kaum noch wahrnehmbar, zur Zeit der Sonnennähe dagegen erhält er das 25 800fache des Lichtes, der Wärme und der chemischen Kraft, welches unsere Erde empfängt. Es herrscht also danu auf ihm cine Size, welche den Schmelzpun't unserer schwerflüssigsten Metalle mehrere tausendmal übersteigt.
Im Perihel( Sonnenmähe) durcheilt er in einer Sefunde 530 Kilometer, würde also in 40 Sekunden den Erdäquator umkreisen, während er im Aphele ( Sonnenferne) nur noch mit einer Geschwindigleit von 4 Metern in der Sekunde dahinschleicht.
So gewaltig nun die räumliche Ausdehnung dieser wunderbaren Gebilde zur Zeit der Sonnennähe, so gering ist ihre Masse, welche, selbst bei den größten, gegen die Masse der Erde gerechnet, nahezu verschwindet.
Im Allgemeinen würde also eine Begegnung, ein Zusammenstoß mit einem Kometen für die Erde, als Gesammtheit aufgefaßt, ziemlich harmloser Natur sein, wenigstens, was den Schweif anlangt, und ist thatsächlich unsere Erde in diesem Jahrhundert zweimal durch Kometenschweife hindurch gegangen.
Ein Zusammentreffen mit dem Kerne, dem eigentlichen Körper der Kometen dagegen würde, wenn auch gefahrlos für die Erde als solche, doch für die direkt betroffenen Theile ihrer Oberfläche durchaus nicht harmlos sich erweisen, sondern durch das Herabstürzen großer Mengen von Meteorsteinen und Meteoreisen äußerst gefährlich für die Lebewelt der in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete werden.
Der berühmte Italiener Schiaparelli wies nämlich nach, daß Kometen und Meteoriten gleicher Natur und die Kometenkerne lediglich Schwärme zahlloser Meteore sind, also das Weltall durcheilende Heere von Stein- und Eisenbrocken darstellen.
Bei den gewaltigen Konvulsionen, welche in den Kometenfernen in der Sonnennähe durch die Sonnenwirkung hervorgerufen werden, trennen sich stets zahllose solcher Brocken von dem Hauptschwarm, zerfiel ja sogar der Bielasche Komet unter den Augen der Astronomen in den Jahren 1845 und 1846 in zwei nahezu gleiche Theile und verschwand dann im Jahre 1852 völlig, ebenso trennte sich in ähnlicher Weise von dem Kometen Coggia im Juni 1874 ein großer Theil des Schweifes ab.
Durch diese Zerstreuungsvorgänge füllt sich die ganze Bahn eines Kometen nach und nach mit Trümmern, bildet also schließlich eine die Sonne umspannende Elipfe, zusammengesezt aus zahllosen dahinschießenden Meteoren.