Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
sie das Ozon, das von dem gen öhnlichen Sauerstoff sehr abweichende Eigenschaften besitzt und Sauerstoff in chemisch verdichteter Form darstellt. Je nach der Gruppirung der Kohlenstoffatome zum Molekül, stellt sich dieser als gewöhnliche Stohle, oder als Graphit, oder als Diamant dar. Der Bau des Moleküls bestimmt also ebenso wie die Art der Atome, die Eigenschaften des Stoffes. Von der Art der Bewegung dieser Atome im Molekül ist der Aggregat= zustand eines Körpers abhängig. Diese Bewegung ist am schwächsten in den festen und am lebhaftesten in den gasförmigen Körpern. Bei der Bildung der festen und flüssigen Körper kommt zu der chemischen Verbindung der Atome zu Molekülen noch die festere oder lockerere Bindung der einzelnen Moleküle untereinander, der Cohäsion. Aber die Wärme überwindet, wenn sie eine gewisse Kraft erreicht hat, die Wirkung der Cohäsion, die festen Körper schmelzen und die flüssigen verdampfen, und die von der Cohäsion befreiten Gasmoleküle und Atome sind dann bestrebt, sich möglichst voneinander zu entfernen. Daß sie sich trotzdem nicht in den leeren Weltraum stürzen, wird durch die Anziehungskraft der Erde bewirkt. Bei einer gewissen Steigerung der Wärme wird auch die Verbindung der Atome zu Molekülen aufgehoben. Wasserdampf, durch weißglühende Röhren geleitet, zerfällt in seine Bestandtheile: Wasserstoff und Sauerstoff.
Die molefulare Bewegung oder Energie wird also durch Wärme bedingt. Wo die molekulare Bewegung ganz aufhört, muß also ein Kältepunkt erreicht sein, der als unterste Grenze der Temperatur nicht weiter erniedrigt werden kann. Man hat den= selben durch Rechnung auf 273° C. festgestellt und absoluten Nullpunkt genannt. Ob man denselben je wirilich erreichen wird, ist ungewiß; ziemlich nahe ist man ihm indeß schon gekommen. Die Krakauer Chemiker Wroblewsfi und Olczewski haben bei ihren Versuchen, Argon und Helium zu verdichten, die Temperatur bis auf 256° C. er= niedrigen fönnen.
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Die Wärme, die erfordert wird, um ein Pfund Eis zu schmelzen, würde, mechanisch angewendet, ausreichen, um es ungefähr 35 Kilometer hoch zu heben. Zur Verdampsung dieses Wassers ist noch eine fiebenmal größere Wärmemenge nöthig. Die fo zur Sprengung der Cohäsion verbrauchte Wärme bleibt im Körper gebunden und wird als latent bezeichnet. Sie wird bei Verflüssigung des Dampfes und beim Gefrieren des Wassers wieder frei.
Die Wärme ist also die Herrin über den Aggregatzustand, aber bis zu einem gewissen Grade wird ihre Wirkung durch die Cohäsion aufgehoben. Unterstützt kann die Cohäsionskraft durch mechanischen Drud werden. Während im Iuftleeren Raume Wasser schon bald über 0° N. siedet, kann durch erhöhten Druck der Kochpunkt des Wassers bis auf 412° C. getrieben werden. Mit Hülfe des mechanischen Druckes kann man also eine Gasart schon bei einer höheren Temperatur als ihrem gewöhnlichen Siedepunkte zu Flüssigkeit verdichten. Aber es giebt, wie Andrews* gezeigt hat, eine Grenze der Tempe ratur, über die hinaus auch der allerſtärkste Druck nicht im Stande ist, das Gas in den tropfbar flüssigen Zustand überzuführen. Kohlensäure fann bei einer Temperatur über+ 31° C. bei keinem noch so starken Druck verflüssigt werden. Diese Temperaturgrenze nennt man die kritische Temperatur für das betreffende Gas, und den Druck, der bei dieser Temperatur zur Verflüssigung nöthig ist, seinen kritischen Druck. Kritische Temperatur( T). und kritischer Druck( P) sind für die einzelnen Körper sehr verschieden. So ist für
Aethylen
T
P
310 77 Atmosph.
Kohlensäure
Stickoryd
+100 51 930
"
71
"
Grubengas 820 55
"
Sauerstoff
- 1180
50
"
Kohlenoxyd
"
"
Stickstoff
-
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1410 35 1460 35 Wasserstoff-2400 Unter einem Drud von 77 Atmosphären kann man also Kohlensäure noch bei 31° C. in flüssigen
* Spr.: Aenndruhs.
Zustand überführen; bei gewöhnlichem Luftdruck muß dieselbe aber auf dieselbe aber auf-80° C. abgekühlt werden, um tropfbar flüssig zu werden. Sauerstoff muß auch unter einem Druck von 50 Atmosphären noch auf -118° C. abgefühlt werden, um in den tropsbar flüssigen Zustand überzugehen. Bei gewöhnlichem Luftdruck ist sogar dazu eine Abkühlung auf-182° C. nothwendig.
Zur Erzielung so niedriger Temperaturen hat man sehr uniständliche Wege einschlagen müssen. Flüssige Kohlensäure erhält man ja auch ohne große Flüssige Kohlensäure erhält man ja auch ohne große Abkühlung unter genügendem Druck, und beim Verdunsten flüssiger geht ein Theil derselben in schneeartige, feste Stohlensäure über. Läßt man diese feste Kohlensäure, mit Aether vermischt, verdunsten, so sinkt die Temperatur auf-110° C. Bei dieser Temperatur kann man Stickoryd unter entsprechendem Druck verflüssigen. Läßt man dieses dann in luftverdünntem Raume verdunsten, so erreicht man eine Temraraturerniedrigung, bei der man Sauerstoff und Stickstoff verflüssigen kann, und durch Verdampfen des letzteren in geeigneten Apparaten gelang es Olczewsky, auch Wasserstoff zu einer farblosen Flüssigkeit zu verdichten.
Professor Liude in München hat einen anderen Weg gefunden, um Sauerstoff und Stickstoff zu verdichten. Er setzt die Luft zunächst einer bedeutenden Compression( Zusammenpressung) aus, läßt das komprimirte Gasgemenge dann plötzlich in einen luftverdünnten Raum treten, wodurch seine Temperatur wesentlich fällt, komprimirt es dann in seinem sehr sinnreich konstruirten Apparate von Neuem, läßt es wieder in luftverdünnten Raunt und fährt mit dieser Arbeit so lange fort, bis die zur Verflüssigung && erforderliche niedrige Temperatur erreicht ist. gelingt ihm so, die Luft tiloweise als flare, bläuliche Flüssigkeit zu erhalten, die allerdings sauerstoffreicher als die atmosphärische Luft ist, weil Sauerstoff sich schneller verflüssigt als Stickstoff und dieser wieder schneller verdunstet. Man kann auf diese Weise ziemlich wenig Stickstoff enthaltenden flüssigen Sauerstoff erhalten. Diese für die Wissenschaft hoch bedeutsame Errungenschaft fand auch bald praktische Verwendung.
Die Luftschiffer fonnten früher über eine gewisse Höhe nicht steigen, wenn auch die Ballons sie höher getragen hätten, weil die dünne Luft in den höheren Schichten nicht mehr so viel Sauerstoff bietet, wie der menschliche Organismus zum Athmen und zum Leben braucht. Indem man Sauerstoff in Stahlflaschen komprimiren fonnte, 1000 ober 500 Liter Sauerstoff in einer Flasche, konnte man sich so viel Sauerstoff mit in die höheren Luftschichten nehmen, um auch dort davon genügend zum Athmen zu haben. Man füllte den Sauerstoff nach Bedarf in Gummiballons ab, die mit einem Mundstück versehen sind, und mit deren Hülfe man wissenschaftliche Beobach tungen in Höhen anstellen konnte, in denen sonst fein lebendes Wesen eristiren könnte.
Aber nicht nur in den höchsten Luftschichten fand sich Verwendung für den komprimirten Sauerstoff, auch in den Tiefen der Erde diente er bald dem gleichen Zwecke. Die Verdrängung der atmosphä= Die Verdrängung der atmosphä= rischen Luft, speziell des Sauerstoffs, durch giftige Gase und infolgedessen stattfindende Explosionen sind in Kohlenbergwerken leider oft die Ursache von außer ordentlich schweren Unfällen, und während der technische Betrieb der Bergwerke eine außerordentliche Vervollkommnung erreicht hat, bleibt die Beseitigung schlechter und die Beschaffung guter Athemluft, troß vieler zu diesem Zweck konstruirter Apparate, die schwächste Seite der Bergindustrie. Das Vordringen nach den Explosionsherden oder den mit Schwaden angefüllten Certern und das Retten der Verunglückten ist den Rettungsmannschaften deshalb oft unmöglich. Als nun die Technik dahin gelangte, Sauerstoff in fomprimirtem Zustande in handlichen Stahlflaschen zu dem verhältnißmäßig niedrigen Preise von zirka 1 Pfg. pro Liter liefern zu können, entschlossen sich einige Bergwerksverwaltungen, Apparate mit solchem komprimirten Sauerstoff für vorkommende Unfälle borräthig zu halten, um mit denselben dann die Nettung von Menschenleben zu ermöglichen. Zuerst geschah dies meines Wissens auf den Besizungen des
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Erzherzogs Friedrich in Desterreichisch- Schlesien , wo auf allen Betriebsstellen Stahlflaschen mit komprimirtem Sauerstoff vorräthig gehalten werden und schon mehrfach zur Verwendung gekommen sind. Auch auf der Gabrielenzeche, dem Hoheneggerschacht und dem Franziskaschacht in Karwin , auf der fiskalischen Grube König" in Neunkirchen , auf Zeche Shamrock in Herne und in den fiskalischen Gruben in Königshütte hat man dieselben probirt und auch im Ernstfall angewendet. Bei den Rettungsarbeiten wendet man statt der großen Stahlflaschen tragbare Apparate mit komprimirtem Sauerstoff an, wie sie von Schwann und neuerdings von Walcher& Gärtner konstruirt worden sind. Der Walchersche Pneumatophor" besteht aus einem luftdichten Athmungsbentel von 0,25 qm Größe, in dem sich eine kleine Stahlflasche befindet, die bei 100 Atmosphären Druck 60 Liter Sauerstoff enthält, und eine Glasflasche in einer Blechhülse, die mit 400 ccm Natronlauge gefüllt ist, und ein großmaschiges Barchentnez, das beim Gebrauch des Apparates die ausgeflossene Natronlange aufsaugt und eine große. Absortionsoberfläche für die ausgeathmete Kohlensäure darbietet. Die Stahlflasche und die Natronlaugenflasche fönnen von außerhalb des Athmungsbeutels in ThätigDas Ein- und Ausathmen feit gesetzt werden. geschieht mit einem ventillosen kurzen Athmungsrohr, wobei die Nase zugeklemmt wird. Bei vorhandenem Rauch erhalten die Augen noch Schutzbrillen. Der zirka 32 kg schwere Athmungsbeutel wird voru auf der Brust getragen und läßt die Arme frei. Zur Beleuchtung verwendet man kleine eletrische Handlaternen, wenn es nicht rathsam ist, als Indifator für Schlagwetter und Kohlensäure Sicherheitslampen zu benutzen. Diese Apparate haben vor den v. Bremerschen Taucherapparaten und den Müllerschen Rauchhauben, die die Verliner Feuerwehr bei Kellerbränden benutzt, und denen mittelst eines Schlauches Athemluft von außen zugepumpt werden muß, den wesentlichen Vorzug, daß man mit ihnen auf jede Entfernung vordringen kann, von der Thätigkeit der Pumpmannschaft und dem Zustande des Schlauches unabhängig ist und sie viel schneller in Thätigkeit setzen kann. Die Handhabung des Pneumatophors ist sehr einfach, besonders wenn die Rettungsmannschaften sich damit schon geübt haben, was daher sehr zweckmäßig ist. daher sehr zweckmäßig ist. Man hängt den Beutel um, zertrümmert durch Eindrehen einer Schraube die Natronlaugenflasche, die dann das Barchentnetz be= feuchtet, nimmt das Mundstück aus Hartgummi in den Mund, läßt Sauerstoff nur bis zur mäßigen Spannung des Beutels ausströmen und setzt die Nasenklemme und event. die Schußbrille auf. Wie lange der Apparat reicht, hängt davon ab, eine wie starke Ausströmung des Sauerstoffes nothwendig war, und dies von der größeren oder geringeren Anstrengung bei der Rettungsarbeit. Er reicht wenigstens eine halbe Stunde, bei geringer Anstrengung aber bis 12 Stunden. Da man bei der Rettungsarbeit die Zeit nicht genau abschäßen kann, ist es zur Sicherung des Arbeiters zweckmäßig, demselben einen zweiten Apparat auf dem Rücken mitzugeben. Sobald er dann merkt, daß der erste Apparat erschöpft ist, öffnet er den zweiten und weiß, daß es dann Zeit ist, den Rückweg anzutreten. Auf dem Franziskaschacht in Karwin verweilte ein Steiger mit einem Pneumatophor ohne Schaden eine Stunde in einem abgedämmten Brandfelde, dessen Wetteranalyse 5,1 Prozent Kohlensäure, 65 Prozent Methan, 24, Prozent Stickstoff und 5,1 Prozent Sauerstoff ergab, in dem also ein Mensch nicht fünf Minuten hätte leben können. Außer den von ihnen selbst benutzten Athmungsbeuteln werden die Rettungsmannschaften, von denen immer mindestens zwei bis drei zusammen vorgehen sollten, noch solche für aufgefundene bewußtlose Verunglückte mitnehmen müssen, denen sie die Athmungsrohre, ehe sie sich mit ihnen auf den Weg an die Oberfläche machen, in die Nase klemmen, da sie im Munde von den Bewußtlosen leicht zertissen werden können. Es kann auch bei leicht zertissen werden können. einer Gru enkatastrophe nöthig sein, Absperrungen 31 machen, Wetterthüren zu schließen, vielleicht auch Separatventilationen( Lutten oder Scheider einzurichten. Auch zur Vornahme solcher Arbeiten genügt
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