Die eue Welt

Nr. 47

Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Ex steht ein goldnes Garbenfeld, Das geht bis an den Rand der Welt. Mahle, Mühle, mahle!

Erntefied.

Von Richard Dehmel .

Es stockt der Wind im weiken Land, Viel Mühlen tehn am Himmelsrand. Mahle, Mühle, mahle!

Es hält die Nacht den Sturm im School, Und morgen geht die Arbeit Ios. Mahle, Mühle, mahle!

Das Messer mit dem beinernen Griff.

Von Charlotte Nisle- Klein.

( Fortsetzung.)

as Messer, das schöne Messer! Mein Messer - ich hielt es wohl verborgen. Stets trug ich es bei mir. Allem nach hatte der Alte sein Abhandenkommen nicht bemerft, denn bei der Zeugenvernehmung war stets nur von dem ge­stohlenen Gelde die Rede gewesen. Auch in den Zeitungs­berichten war das Messer mit feinem Worte erwähnt worden. Ja, ich hatte Glück, Glück wie immer.

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Das Messer gefiel mir mit jedem Tage besser. Wenn ich so Nachts im Bette lag und Emil und mein Vater von dem Leben drüben" sprachen, drückte ich es an die Brust; fest hielt es meine kleine Faust umspannt.

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Wie würden die Indianer schauen! Drüben wollte ich es meinem Vater zeigen. Eine eigene Scheu hielt mich ab, dies jezt schon zu thun. Aber drüben!" Ja, dann würde ich es ihm unter die Nase halten; und ich freute mich schon auf sein Lachen; ich hörte ihn sagen: Schau, schau, die kleine Kanaille hat auf eigene Hand Geschäfte gemacht." nein, nein, besser, ich behielt mein Geheimniß für mich. Mein Vater hätte mir am Ende das Messer genommen, oder mich ge= zwungen, es in den Fluß zu werfen, wie die schöne eiserne Kassette.

Aber jetzt?

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Nein, erst in Amerika !

Es ging mir aber doch jedesmal ein Stich durchs Herz, wenn ich meinen Vater zu Emil oder der Hausfrau sagen hörte:" Das Gute ist, daß man uns nie was nachweisen kann, sollten wir aber

1897

Es kommt ein dunkles Abendroth, Viel arme Leute schrein nach Brok. Mahle, Mühle, mahle!

Es fegt der Sturm die Felder rein, Es wird kein Mensch mehr Hunger schrein. Mahle, Mühle, mahle!

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Aber ich konnte es nicht übers Herz bringen. Mein Messer, und dann ach was! dunimes Zeug! Ich hatte Glück, und das ist bei Allem die Hauptsache; dies wußte ich. Mir founte nichts passiren.

Der Geheimpolizist hatte nach einiger Zeit seine Besuche eingestellt; wir athmeten auf; wir fühlten uns wie von schwerer Last befreit.

Seither waren zwei Monate verflossen; mein Vater sah keinen Grund mehr ein, die Abreise länger zu verschieben.

Wir bezogen ein anderes Quartier, ganz in der Nähe des Bahnhofs. So lange das Haus polizeilich beobachtet worden war, hatte mein Vater nicht ge­wagt umzuziehen, geschweige denn abzureisen; jetzt wollten wir aber nimmer länger zögern; in aller Stille wurden die Vorbereitungen getroffen.

Ab und zu begab sich mein Vater in den Schnaps­laden, um der Frau Grüße und Bestellungen von Emil zu überbringen. Die Beiden hielten ihre Zusammenfünfte bei uns ab. Sie trafen sich alle Wochen ein Mal, an dem Abend, an welchem Emil frei hatte.

Immer noch viel zu oft für Emil, der täglich ungeduldiger zu werden begann. Seine Alte da­gegen zappelte vor Verliebtheit, während die Fanny bisweilen bösen Eifersuchtsanfällen unterlag; sie führte dann schreckliche Szenen auf, heulte, zornige Thränen liefen ihr über die frischen Wangen, sie tobte, stampfte; ihr hübsches Gesicht verzerrte sich, und sie überhäufte den Emil mit Insulten.

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Mochten dieser und mein Vater sie auch noch so oft versichern, es sei kein wirklicher Grund zur Eifersucht vorhanden, es half nichts. Im Gegen­theil, sie wurde nur noch wüthender. Einmal legte

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Ein ungeberdiges, wildes Ding. Mir gefiel sie aber, für mich hatte sie etwas Flottes.

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Für Emil und meinen Vater waren dies feine

angenehmen Zustände. Staube zu machen. unter den Füßen.

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Hohe Zeit, sich aus dem Uns Allen brannte der Boden

Vor der Alten hielten wir dies Vorhaben ängst­lich verborgen.-Sie an der Nase herumzuführen war gerade feine große Kunst, ein paar süße Worte von Emil, einige Küsse weiter, und sie versant in einen Taumel und sah und hörte nicht, was um sie vorging. Mein Vater schwazte ihr vor: die Klugheit geböte, noch ein paar Wochen mit der Ab­reise zu warten. Und damit ihr Mann, der schon einige Male über ihr langes Ausbleiben Fragen gethan, feinen Verdacht schöpfe, fein Mißtrauen in ihm aufsteige, wäre es rathsam, daß sie und Emil höchstens alle vierzehn Tage zusammenkämen.

Emil widersprach; das halte er nicht aus, wenig­stens ein Mal die Woche müsse er mit seinem Weiberl zusammen sein an seinem freien Abend. Die ganze Zeit arbeiten, und in den paar Freistunden sein Liebstes nicht umarmen dürfen, das sei mehr, als man von ihm verlangen könne.

Mein Vater redete ihm hierauf sehr ernsthaft zu; es wäre ja nur noch furze Zeit, er solle doch vernünftig sein, bald gäbe es keine Trennung mehr, und dergleichen.

Der Frau standen vor Nührung die Thränen in den Augen." Oh, Geeemil, es muß ja sein,

so füge Dich eben; schwerer als mir fann es Dir nicht fallen. Später werde ich Tich tausendfach

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Ihr Eeeemil, ihr süßer Geeemil; in lester Zeit ein bißchen nervös gewesen. Daher er hatte sie doch recht lieb ja, ja! er war eben Herz; ihr schöner junger Schaz!- sein oft so eigen faltes Wesen. Das trene gute

entschädigen." sollten wir aber dennoch unvorhergesehenes Pech haben, dann leugnen, sie sich sogar auf den Fußboden; sie war zufällig leugnen, immer leugnen; die Kassette ist gut auf­gehoben, die kann uns nicht verrathen. Man muß nur feft bleiben."

Bei solchen, oft wiederholten Worten wurde mir doch manchmal abscheulich bange zu Muthe, so daß ich einige Male fest entschlossen war, das Messer in den Fluß zu werfen.

zu gleicher Zeit gekommen, als man die Alte er­wartete und wollte der mit ihrem Körper den Weg versperren: Jest lasse sie sich nicht länger belügen, man habe ja das Geld, sie dulde das Verhältniß mit dem alten Saumensch nimmer ihr sei Alles Wurst. Und sie zerzauste sich die schwarzen, dichten Haare vor Aerger und Wuth.

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Der Tag der Abreise war nun festgesetzt; die Fanny hatte, wenn auch grollend, der Vernunft nach­gegeben und Emil eine lezte Zusammenkunft mit