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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Essen Sie a Supp'n?" erscholl es von draußen. Wie entzückende Musik erklangen mir diese Worte. " O ja, wenn Sie so gut sein wollen..." Ich hörte, wie die Frau fich entfernte, und ich ließ mich auf die Pritsche nieder, beseelt von der herrlichen Hoffnung au eine warme Suppe.

Huh, wie kalt es in dem Loche war! Ein Ofen stand drin, doch seine Kacheln hatten die Temperatur des Cises. Nach der Feuchtigkeit der Wände zu ur­theilen, hatte er seit Jahren seinen schönen Beruf nicht erfüllt.

Das Gefängniß war offenbar an den Schuppen angebaut worden und hatte jedenfalls keine großen Baukosten verursacht. Drei niedere Wände und ein schräges Dach! Die Längsmauer gegenüber der Eingangsthür war so niedrig, daß ich mit den Kopfe an das Dach anstieß. Nach dem Hof zu befand sich ein kleines Gitterfenster, durch das man ein Stück Scheune und, wenn man auf die andere Seite trat, ein Stück Himmel sah. Auf der Pritsche lagen ein schmutziges Strohkissen und eine rauhe Filzdecke; die Unterlage fehlte. Ich hatte also das Vergnügen, auf hartem Holze zu schlafen. Was thats! Die Hauptsache, daß ich unter Dach war!

Ich vernahm Stimmen und Schritte. Der Schlüssel fuarrte im Schloß und die Thür ging auf. Die Frau trat ein, mit beiden Händen eine Schüssel dampfender Suppe tragend, und hinter ihr erschien als Beschüßer ein junger Gefell   in langen Stiefeln und blauer Schürze.

Aus diesem Werdeprozeß ergiebt sich, worauf hier hingewiesen werden muß, daß die äußeren Planeten die ältesten sind und daß, je näher der Weltförper der Sonne, desto geringer das Alter des­selben ist.

Nach der Absonderung des Mars   ließ die sich konzentrirende Sonne nun einen Nebelring hinter sich, welcher nach seiner Zusammenballung eine Kugel ergab, die, wie die Entfernung des Mondes von der Erde beweist, ursprünglich einen Durchmesser von über 750 000 kilometer( etwa 100 000 Meilen) besessen haben muß.

Die leichtbewegten, erhizten Gasmassen dieser Kugel gestatteten auf der letzteren nochmals die Bil­dung eines relativ gewaltigen Ringes, welcher, zer­reißend und sich aufrollend, einen neuen Weltförper, einen Nebenplaneten, unseren Mond, ins Dasein rief, der nunmehr, getrennt von seiner Mutter Erde, seine eigenen Wege ging, dabei wegen seiner geringen Masse seiner Erzengerin bald in der Entwickelung vorauseilte und daher, wie wir schon früher sahen ( vgl. Unser Mond, Nr. 28 S. 219), heute bereits auf dem Friedhofsstadium angelangt ist, während unsere Erde, wenn auch nicht mehr feuriger Jugend­fraft, so doch immer noch der Kraft des reiferen Alters sich erfreut.

Anfänglich durchleuchteten Erde und Mond mit blendendem Lichte gemeinsam das All, außer dem Lichte noch Wärme und chemische Energie in ge­waltigen Mengen ausstrahlend, hierbei jedoch infolge

Sie stellte die verheißende Schüssel, in der schon der resultirenden Abkühlung sich fortdauernd zu der Löffel steckte, auf die Pritsche.

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Essen Sie schnell!" bat sie freundlich in ihrem Dialeft. Es ist verboten, daß ich hier herein­komme, und ich darf Ihnen nichts geben, aber Sie erfrieren ja, wenn Sie nichts Warmes bekommen." ( Fortsetzung folgt.).

sammenziehend und verkleinernd und dadurch die Erde und Mond trennende Kluft vergrößernd.

Der kleinere Mond erlosch aber bald, während die achtzig Mal schwerere Erde vermuthlich sogar noch einer höheren, lebenden Welt des Mondes als zweite Sonne leuchtete.

Genau dieselben Erscheinungen, welche wir zur Jeztzeit auf der Sonne beobachten, bot derzeit auch die Erde, natürlich in kleineren Dimensionen.

Wanderungen durch Beit und Raum. Jestzeit auf der Sonne beobachten, bot derzeit auch

Don Th. Dverbeck.

XI.

Das Sonnenstadium der Erde und die Entstehung des Urojeans.

in Weltuntergang, endend mit der feurigen Auflösung zerfallender, während nahezu un­endlicher Zeit bestandener Sternsysteme in Atome, hatte vor Aeonen Theile des Raumes, der endlosen Leere, bis auf schwindelnde Entfernungen mit Gasballungen erfüllt, welche, in furchtbarster Gluth befindlich, das All durchleuchteten und fernen, noch lebens räftigen Welten als schimmernder Nebelfieck fich zeigten( vgl. Das Werden im Weltall  , Nr. 18 S. 139).

Die im Univerfum nie ruhenden Kräfte schufen nun während gewaltiger Zeiträume aus diesem Gluth­chaos durch Konzentrirung des Stoffes an einzelnen, weit voneinander entfernten Punkten eine Anzahl glühender Niesennebelbälle, darunter einen mit einem Durchmesser von 10 000 Millionen Kilometern, welcher gleich allen anderen Urnebelbällen infolge ungleich mäßiger Vergrößerung und Ballung rotirend ward und in einer Zeit, entsprechend etwa 60 000 unserer jezigen Erdentage( Umlaufszeit des Neptun  ), einmal eine Drehung um seine Achse vollendete.

Die fortdauernde Ausstrahlung von Wärme in den endlosen und eisigen Weltraum erzeugte natur­gemäß eine Abkühlung des Balles, verbunden mit einer Verkleinerung seines Durchmessers, Beschleuni­gung des Umschwunges und schließlich die Abtrennung eines rotirenden Nebelringes in der Aequatorialregion.

Unvermeidlich sich ergebende Ungleichhei: en dieses Ringes schufen jedoch bald Verdickungen an irgend einer Stelle und bedingten Zerreißung desselben, welcher sich nun zur Kugel ballte und als Planet ( Neptun  ) den sich zusammenziehenden Zentralball an der Stelle des früheren Ringes umkreiste.

Der gleiche Vorgang wiederholte sich mehrfach in Intervallen; der leuchtende und glühende Sonnen­ball verkleinerte sich mehr und mehr, von Zeit zu Zeit Ringe abstoßend, welche sich ebenfalls zu Planeten gestalteten.

Allmälig verdichtete sich der Gluthgasball zu einer Kugel geschmolzener Metalle und Gesteine, auf deren Oberfläche schwimmende, täglich sich meh­rende Schollen in Erstarrung übergehender Massen den Erkaltungs- und Erhärtungsprozeß einleiteten.

An den Polen  , den Punkten langſamſter Rotation, bildeten sich naturgemäß die ersten großen Ansamm­lungen solcher Schollen und wuchs von hier aus die feste Erbrinde dem Aequator zu, schließlich bei Be­rührung der Nord- und Südkap: e die Kugelschale der noch rothglühenden Erdoberfläche schließend.

Hiermit war der Zustand erreicht, den ver muthlich augenblicklich noch die Riesenwelten Jupiter und Saturn repräsentiren.

Bei dem schlechten Wärmeleitungsvermögen er­starrter Felsmassen erlosch die äußere Rothgluth jedoch sehr schnell, die den Luftfreis erhizende, strahlende Wärme ward abgeschnitten, und nachdem dieser Punkt erreicht, sank in verhältnißmäßig furzer Zeit die Temperatur der weit ausgedehnten Lufthülle durch Ausstrahlung in den Weltraum ganz erheblich.

Die sofortige und direkte Folge waren gewaltige Niederschläge des bis dahin lediglich in der Atmosphäre in Dampfform enthaltenen Wassers.

Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende dauernde, permanente, mit mächtigen elektrischen Entladungen verbundene Wolfenbrüche stellten sich ein, ein siedender Ozean, dessen Niveau mit dem ununterbrochenen Uebergange neuer Wasserdampfmassen in den tropf­bar flüssigen Zustand langsam stieg, umfluthete den Erdball.

Siedendes Wasser ist aber eins der stärksten Lösungsmittel und dürfen wir uns daher diesen Ur­ozean nicht als eine flare, kochende Fluth vorstellen, sondern wenigstens anfänglich als eine dünne, infolge des derzeit höheren Luftdruckes hochgradig überhigte Schlammmasse, deren Wasser noch dazu durch reich­lich beigemengte mineralische Säuren, Salpeter-, Salz-, Schwefel- und Kohlensäure, in höchstem Grade zerstörend auf die Unterlage gewirkt haben muß.

Gleichzeitig riß fortwährend die noch dünne Erd­fruste infolge der zunehmenden Erkaltung, gleich den erfaltenden Lavaströmen der Jezztzeit oder den Eis­flächen der Ströme und Seen bei sinkender Tem­

peratur, unter rollendem Donner nach den ver­schiedensten Nichtungen große Spalten hinterlassend.

Die innere Gluth stieg tausendfältig empor und ein wüthender, noch heute nicht ganz beendeter Kampf zwischen dem Feuermeere des Erdinnern und dem freien, durch die, die heutige weit übersteigende Mond­und Sonnenfluth durchwühlten Wasser der Ober fläche tobte.

Daß ein solcher Herenkessel, wie ihn die Erd­oberfläche in dieser ersten Zeit nach der Bildung der Felsenrinde unseres Planeten darstellte, noch röllig ohne eine Welt von Lebewesen war, ist wohl kaum nöthig zu bemerken.

Für den Aufschwung des Stoffes zu einem höheren, organischen Leben war die Zeit noch nicht gekommen, die höchsten Leistungen desselben bestanden noch lediglich in der Einleitung chemischer Prozesse und der Schaffung der verschiedenartigsten Kristall­formen, leßtere zu betrachten als llebergänge von der unorganischen zur organischen Welt, als die Vorläufer des selbstbewußten Lebens; bilden doch die von runden Flächen begrenzten Krystalle des Kohlenstoffes, des Diamanten, ein direktes Ver­bindungsglied zwischen den geradflächigen Krystallen der sonstigen Mineralien und den ebenfalls gleich den Diamanten rundflächigen Krystalloiden, welche vielfach im Inneren lebender Thiere und Pflanzen sich finden.*

Niemals später entwickelte die Natur derartige Energie zur Schaffung immer neuer Verbindungen und Ablagerungen.

In feiner jüngeren Bildung finden sich z. B. Bergkrystalle von solchen Dimensionen wie in den Urgesteinen der Erde, in erster Linie in alten Granit­massen, welche lettere man bis jeßt, da keine älteren Gesteine bekannt sind, als die erste Urrinde des Erd­balles betrachtet.

Gigantisch sind die Ablagerungen von Granit, Gneis, Glimmer- und Thonschiefer, welche diese ersten Zeiten schufen.

Die Mächtigkeit der Basis, des Urgranits, ist unbekannt, da letterer in vertikaler Richtung, dem. glühenden Erdkern zu, noch nie durchbrochen werden fonnte, weder durch relativ wenig tiefe Bergwerfe noch durch tiefe Bohrungen in dem Felsenkern der Erde.**

Der auf dem Granitmassive ruhende Urgneis, das Produkt der Zerstörung des Urgranits, der bis jetzt bekannten ältesten Grdrinde seitens des be­schriebenen, kochenden Ozeans dagegen ist genauer bekannt und erreicht derselbe vielerorten eine Mächtig­feit von über 10000 Metern in vertikaler Richtung.

Dieser Gneis besteht genau aus denselben Stoffen wie der Granit, im Wesentlichen aus Quarz, Feld: Spath und Glimmer, wodurch er als Produkt der Zerstörung des Granits sich erweist.

Während aber der Granit aus diesen Stoffen in groben Brocken und krystallisirtem Zustande zu­sammengesezt ist und völlig ungeschichtet erscheint, zeigt der Gneis dieselben Materialien zerrieben und in meistens ursprünglich horizontalen, parallelen Schichten abgelagert, hierdurch deutlich auf die nivel­lirende Thätigkeit des Wassers hinweisend, und sich als Wasserbildung kennzeichnend.

Steine spätere Felsenbildung erreicht die Mächtig­keit dieses Urgueises, selbst nicht die diesen auf­lagernden gewaltigen Schichten von Glimmer- und Thonschiefer, welche zusammen bis etwa 6000 Meter Dicke aufweisen und ihre Entstehung der Auflösung, Auslaugung und Zerschlämmung der älteren Ge­bilde seitens eines, wenn auch noch sehr warmen, so doch nicht mehr in dem Maße wie früher über­hizten Ozeans verdanken.

Natürlich war die plutonische und vulkanische Thätigkeit des Erdballes auch in diesen späteren Zeiten, gegen die Jeztzeit gerechnet, noch von ge= waltiger Ausdehnung und Energie, aber inımerhin war der allgemeine Riesenkampf erheblich abgeschwächt.

* Derartige Krystalloide, und zwar aus Eiweißstoff be­stehend, entdeckte zuerst der Anatom Reichert im Jahre 1849 im Körper des Meerschweinchens.

** Die tiefsten Bohrlöcher sind die von Sperenberg   ber Berlin  , 1064 Meter, Temperatur 46,50 C., und Schlade­ bach   bei Leipzig  , 1392 Meter, Temperatur 49° C.