Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Welche Zeiträume erforderlich waren, um die Ablagerungen der erwähnten Urgebirge* zu schaffen, entzieht sich natürlich jeder genaueren Beurtheilung; als sicher aber ist anzunehmen, daß diese chaotische Periode, wie man so sagt, eine halbe Ewigkeit gedauert hat.
Allerdings besigen wir in der Abplattung der Polarregionen der Erde ein uraltes, von der Natur selbst ausgefertigtes Dokument, welches gewisse Berechnungen über das Alter des Erdmassivs bis zur Gegenwart zuläßt, aber dennoch können auch die unter Zugrundelegung dieser Verhältnisse ermittelten Werthe nur auf eine sehr allgemeine Gültigkeit Anspruch erheben.
Es ist ganz selbstverständlich, daß die durch Achsendrehung hervorgerufene Abplattung nur so lange veränderlich war, wie der Erdförper in weichem, bildsamem Zustande sich befand.
Wir können daher die thatsächlich heute borhandene Abplattung als das direkte Resultat der zur Zeit der Oberflächenerfaltung und Erstarrung wirksamen Rotation betrachten, nicht aber als das Erzeugniß der jezigen; die heutige Notation würde, falls die Erde noch weich oder flüssig wäre, nicht eine Abplattung von za. 300 der Drehungsachse, wie sie thatsächlich vorhanden ist, sondern nur eine solche von 1600 erzeugen.
Hieraus ergiebt sich, daß die Erdumdrehung zur Urzeit erheblich schneller als heute gewesen sein, also die Tageslänge von weit geringerer Dauer gewesen sein muß.
Eine hemmende Ursache des Erdumschwunges haben wir bereits früher( vgl. Unser Mond und Merkur und Venus) in der gegen die Kontinente brandenden Fluthwelle kennen gelernt, welche nachweislich seit 2000 Jahren die Tagesdauer um etwa 1/85 Sekunde verlängert hat.
Unter Zugrundelegung dieser Verhältnisse ergiebt aber die Berechnung, welche auszuführen hier natürlich zu weit führen dürfte, daß die Zeit, zu welcher sich die Erdabplattung firirte, also die Zeit der ersten Oberflächenerstarrung, etwa vier Milliarden ( 4000 Millionen) Jahre zurückliegt!
Wo bleiben bei solchen Zeiträumen die za. 6000 Jahre, welche die Theologie unserer Erde als Alter anweiſt?
Allerdings bieten die erwähnten Berechnungen nur Annäherungswerthe, denn einerseits verringert sich das Resultat durch die infolge der schnelleren Erdrotation der Vorzeit und der damals noch größeren Mondnähe gewaltigere Fluthwirkung, andererseits vergrößert sich dasselbe dadurch, daß zur Urzeit wahrscheinlich größere Kontinente noch fehlten und das feste Land ursprünglich nur Inselland von geringer Ausdehnung war, also der Fluthwelle Angriffspunkte mangelten.
Aber auf einige hundert Millionen Jahre mehr oder weniger kommt es bei solchen ungeheuren Zeiträumen auch nicht an.
Trotz des zu jener Zeit weit größeren Durch messers des Sonnenballes waren die aus dem dampfenden Ozeane emportauchenden, mit Geysern ( heißen Springquellen) und gewöhnlichen heißen Quellen übersäten Jujeln dennoch in tiefe Dämme rung gehüllt, denn die weit ausgedehnte Lufthülle war von gewaltigen Wasserdampfanhäufungen und endlosen Wolken vulkanischer Asche erfüllt, welche einen für den Lichtstrahl undurchdringlichen Schleier während langer Zeiträume bildeten.
Einen gewissen Ersaz boten nur die an unzähligen Orten aus hohen und niederen Berggipfeln, sogar vielfach aus dem Meere emporlodernden, vulkanischen Feuer.
Die Luft selbst war mit metallischen und schwefligen, von den Vulkanen und Lavaströmen aus= gestoßenen Dämpfen, sowie gewaltigen Kohlensäuremengen verunreinigt, also ebenfalls noch ungeeignet, einer Lebewelt ein Dasein zu ermöglichen.
Langsam erst verringerte sich die Zahl der Vulkane und der das Emporsteigen der inneren Erdgluth
* In der Geologie versteht man unter„ Gebirge" nicht nur eine Ansammlung von größeren Höhen, sondern auch die Felsmassen selbst, auch wenn dieselben in ganz ebenem Lande befindlich sind.
ermöglichenden Spalten und sank damit die Siedetemperatur der Ozeane auf eine Stufe, welche dem Eiweißstoff gestattete, ohne zu gerinnen, sich dauernd zu erhalten, also auf etwa 40° C.
Damit war aber die Welt in ein neues Zeitalter übergetreten, das Licht der Sonne drang sieg= reich vor und das erste Morgenroth verkündete nicht nur den neuen Tag, sondern auch das jetzt allerorten aufteimende Leben.
Ein Outlaw."
Von Julius Schwarten.
u den kulturentlegenſten Einöden des wilden Westens" gehören auch jene unermeßlichen Landstrecken, die von den röthlich- gelben Fluthen des Rio Grande und des Colorado - Flusses nothdürftig durchwässert werden. Hier weidet auf unabsehbaren Llanos der Vaquero( berittener Hirte) zahlreiche Heerden halbwilder Rinder, und in den oft seltsam zerklüfteten Basaltmassen mit ihren tiefen Schluchten und schwer zugänglichen Höhlen sucht der Outlaw seine letzte und gewöhnlich sichere Zuflucht. Meistens gesellt er sich vorläufig zu dem einsamen Heerdenhüter, der ihn den Spähern nie zu verrathen pflegt, denn besondere Umstände zwingen ihn, dem Geächteten wohl oder übel ein Verbündeter zu sein, indem er ihm Obbach in seiner Hütte giebt und ihm von seinen Vorräthen mittheilt. Würde er neben dem Wirth auch noch den Spion machen wollen, so wäre sowohl sein wie auch der anderen Vaqueros Leben der Nache aller Outlaws verfallen.
Im Gebiete des Gila- Flusses hatten wir etwa zwanzig Stationen mit je einem Vaquero, und die Entfernung zwischen einigen von ihnen betrug etwa drei bis vier Meilen, teine waren jedoch näher als zwei. Unsere Hacienda( Landgut mit Viehhaltung) lag ungefähr drei Meilen vom Gila- Fluß entfernt, lag ungefähr drei Meilen vom Gila- Fluß entfernt, hatte Verbindung mit der kalifornischen Küste und war mit Vorräthen wohl versehen. Alle Monate wurde von denselben ein beträchtlicher Theil auf zwei Wagen nach den verschiedenen ,, estaciones" gebracht.
Als einer der ,, administradores"( Verwalter). unseres weitläufigen Betriebes hatte ich jede Woche wenigstens einmal jede ,, estacion" zu besuchen und über den Zustand der Heerde zu berichten. Was nun die Beziehungen zwischen den Administratoren und den Outlaws anbetraf, so waren sie zwischen ihnen selten besonders freundschaftlicher Art, denn die Ersteren brachten die Streifer oft auf die Spur der Letzteren, und mancher Inspektor in der Runde war schon auf dem Ritt aus dem Bügel gestürzt, von einem Schuß aus dem Dickicht oder einer Schlucht her getroffen.
Bei der Gelegenheit, von der ich zu schreiben im Begriff bin, hatte ich einen Ritt von etwa sechs Meilen gemacht, um Station Peña( Penja gespr.) zu erreichen, die am Abhange einer Hügelfette lag, die wiederum eine weitreichende Ste penfläche durch zog. Am Fuß des Hügelgeländes schlängelte sich ein kleiner Bach entlang, an dessen Uferseite die Hütte stand. Der Vorrathswagen war hier vor einer Woche gewesen und hatte Alles in Ordnung gefunden. Ich erreichte die Hütte eines Nachmittags dicht vor Sonnenuntergang und fand den Vaquero im Begriff, sie zu verlassen. Auf mein Befragen erzählte er, daß ihn vor zwei Tagen einige Outlaws besucht hätten, von denen der Eine ihn als einen Zeugen erkannt habe, der vor etwa drei Jahren in San Diego ( Kalifornien ) ungünstig über ihn ausgesagt. Der Umstand, daß der Va uero damals unfreiwillig hatte Zeuge sein müssen, habe ihm das Leben erhalten, doch sei ihm von den Dreien be fohlen, diese Gegend für immer zu verlassen. Eine Mißachtung dieses Befehls würde seinen Tod bedeutet haben. Er mußte also weg, und ich übernahm die Aufsicht, bis vom nächsten Rancho( Randscho gefpr.)** ein neuer Vaquero geschickt sein würde.
Um das später Folgende besser zu verstehen, muß ich zuvor bemerken, daß, während die meisten * Geächteter, außer dem Gesetz Stehender. Viehhaltung.
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Hütten anderer Stationen auf natürlichem Erdboden standen, diese eine sich etwa drei Fuß über demselben erhob und einen Fußboden von gespaltenen Pfählen hatte. Die Erhöhung war infolge der gelegentlichen Ueberschwemmungen des Vaches vorgesehen und von einem Hirten, der sich früher einmal in der Tischlerei versucht hatte, in seinen Muße stunden aufgebaut worden. Als ich mein Abendessen zubereitet und verzehrt hatte und mich an der warmen Feuerstelle ausstrecken wollte, um einige wohlthuende Züge aus der Pfeife zu nehmen, hörte ich die Hunde in einer Weise anschlagen, die mir fund that, daß Fremde sich näherten. Ich hielt es für das Beste, eine gute Miene aufzustecken und warf die Thür weit auf, indem ich ausrief, ob vielleicht Jemand Obdach wünschte. Fast in dem= selben Augenblick schritt ein Mann aus der Dunkelheit hervor, begrüßte mich mit einem furzen Guten Abend!" und folgte mir in die Hütte. Ich schloß die Thür und sah ihn, mich umwendend, vor dem Feuer stehen. Sofort erkannte ich ihn als einen langgesuchten Verbrecher, berüchtigt unter dem Namen ,, Big- Bob"( eigentlich:" Dicker Robert"), der schon seit zwei Jahren hier herum sein Wesen trieb und auf dessen Einfangung ein Preis von tausend Dollar gesetzt war. In der Hand hielt er die lange, schwere Büchse und an seinem Gürtel hingen zwei Revolver und ein Jagdmesser. Er war ein Mann von nahezu vierzig Jahren, mußte etwa seine hundertsiebzig bis hundertachtzig Pfund wiegen, und es bedurfte nur eines Blickes, um zu sehen, daß Alles an ihm Muskel und Sehne war. Er hatte einen kurzen Nacken, Unterkiefer gleich einer Bulldogge und ein Gesicht, wie man es bösartiger wohl selten sieht.
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" Freut mich, Eure Gesellschaft zu haben", sagte ich, zugleich einige Scheite Holz aufs Feuer werfend. Werd' Euch' nen Mund voll Essen in ein oder zwei Minuten besorgen. Sieht aus, als ob es heut Nacht Sturm gäbe."
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Wo ist Antonio"( der verfehmte Vaquero), brummte er, als ich ihm den Kaffee zubereitete. " Hat die Station verlassen, wie ihm befohlen!" Und Ihr seid ein Inspektor?"
„ Ja, ich kam gerade heute Abend und werde bleiben müssen, bis ein Mann herausgeschickt sein wird."
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Allerdings, ich entsinne mich Eurer, Giles Werner; wie fonntet Ihr es wagen, hierher zu kommen?"
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, Ein Mann, der sich nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, kann in diesem Lande gehen, wohin er will," erwiderte ich gelassen, indem ich ein Stück Fleisch zum Kochen aufsetzte.
Mag sein," fnurrte er, die Büchse an die Wand lehnend und sich vor dem Feuer niederseßend; ,, habt aber wohl den Antonio zugleich beauftragt, die Häscher zu benachrichtigen, daß wir hier herum wieder aufgetaucht seien.
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" Haltet mich nicht für einen Thoren," erwiderte ich. Es ist Pflicht des Inspektors, nach der Heerde zu sehen. Es ist Aufgabe des Sheriffs, die Outlaws einzufangen. Jeder bei seinem Leisten, hätte ich mich mit der Streiferei eingelassen, so würden einige von Euch es längst herausgefunden haben."
" Mag sein, mag sein," murmelte er, und ich bemerkte, daß seine Züge sich ein wenig aufhellten und seine Stimmung eine etwas bessere zu werden schien.
Ich machte ihm ein Abendbrot, so gut, wie ich es selber gehabt hatte, und fein Wort wurde gewechselt, während er aß. Ueberhungrig schien er nicht zu sein. Nach dem Essen reichte ich ihm Pfeife nebst Tabak und meine Flasche Num. Er nahm einen mäßigen Schluck, zündete die Pfeife an und rauchte eine Weile schweigend vor sich hin. Er schien nachzugrübeln. Düſter blickte sein Auge und hart war der Klang seiner Stimme, als er plößlich sagte: „ Ich würde ein anderer Mann sein, wenn man mich etwas besser behandelt hätte, als ich hier und da den Ansatz machte, wieder ein ehrlicher Kerl zu werden.. Wenn ich daran denke, wie sie mich gejagt und gehezt gleich einem wilden Wolf, dann möchte ich Jeden tödten, der mir in den Griff kommt."