Nr. 2
Bllustrirte Unterhaltungsbeilage.
. Was will der Tag?
Von Erich Schlaikjer.
Was will der Tag? Will er im West verglimmen? Will meiner Jugend schon der Abend sinken? Trüb- grauen Rauch sieht bang das Auge schwimmen, Und Tiefen, die das Licht des Lebens trinken.
Wird es schon Zeit? Ich bin noch nicht am Ziele, Da erst die Jugend mir noch kaum entbrannt. Soll ich am Wege sterben, wie so Viele? Verscharrt, verlassen, nur vom Sturm gekannt?
Vom Sturm, der irr hin durch die Steppe brauset, Mein Wegefreund in mancher guten Nacht, Die ich, von Einsamkeit so tief umgrauset, Gewandert durch die wilde Wetterschlacht!
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Ich ging allein ich war ja stets verlassen! Ich mied der Städte eng umzirkte Mauern, Wo Bürger wohnen in den schmalen Gassen, Die stumpf und träge ums Erwerben trauern. Die Steppe war mein Freund, die menschenleere! Wenn Mondschein seinen Silberzauber spann, Im zarten Duft verflog des Körpers Schwere, Durch lichten Hether Märchenzauber rann.
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Drum traf ich oft in solchen hellen Nächten Zigeuner, die ums Feuer sich geschaart, Die rothen Wein aus Lederbechern zechten, Verwegne Lust und Schönheit kühn gepaart!
So tranfen wir, bis wild die Stirne flammte, Die jähe Hand des Gürtels Messer zog- Manch junges Blut zum frühen Tod verdammte Der böse Stahl, da uns der Weinrausch trog. Was soll das Blut? Das Leben frech genießen! Manch schwarze Dirne stimmte blizend ein: Verspritztes Blut soll nimmer uns verdrießen, Heiß soll die That und heiß die Liebe sein! Manch schwarzer Dirne hab' ich schon umfangen In süßer Nacht den kazenweichen Leib, Bis uns vom Kuß der Athem schier vergangen Und bebend kam die Flüsterbitte: bleib!
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Ich ging und ging. Mich trieb ein irres Wandern Durch Graus und Nebel weiter durch den Tag. Nun fand ich Ruh. Weit hinten schon die Andern, Mit denen ich am Lagerfeuer lag.-
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Nun fand ich Ruh! Was soll denn jetzt das Grausen, Das trüb und bang durch meine Seele friert? Konnt ich nur leben auf der Steppe draußen? Und ist es Glück, das hier den Tod gebiert?
( Fortsetzung.)
Sauline fing jest an, von ihren eigenen Angelegenheiten zu sprechen, sie erzählte, wie einsam und traurig der letzte Winter für sie gewesen sei, die Mutter wochenlang bettlägerig, dazu fein Geld im Hause, kein Mann in der Nähe, der ihnen geholfen hätte. Sie selbst durch die Pflege des Kindes abgehalten, viel zu schaffen. Und zu alledem habe er nichts mehr von sich hören lassen. Was er denn eigentlich gehabt habe gegen sie, verlangte das Mädchen von Neuem zu wissen. Er wich der Antwort aus, fragte seinerseits, warum sie
denn gar nicht mehr aufs Rittergut zur Arbeit ge= gangen sei.
Das habe seinen Grund, erklärte sie, und sprach auf einmal mit gedämpfter Stimme, als fürchte sie, das Kind könne etwas verstehen. Der Eleve dort habe sich Unanständigkeiten gegen sie erlaubt, deshalb sei sie lieber aus der Arbeit fortgeblieben, obgleich sie den Verdienst schwer vermißt hätte.
Gustav horchte auf. Das war ja gerade die Geschichte, über die er gern etwas Genaueres er= fahren hätte. Mit diesem Eleven nämlich hatte man ihm das Mädchen verdächtigt. Er forschte weiter: Was hatte sie mit dem Menschen gehabt, wie weit war er gegangen?
Pauline zeigte sich im Innersten erregt, als diese
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1898
Dinge zur Sprache kamen. Sie sprach in den schärf= sten Ausdrücken über den jungen Herrn, der seine Stellung ausgenugt hatte, ihr in zudringlicher Weise Anträge zu machen. Mehr noch als ihre Worte ſagten es ihm ihre Mienen und die ganze Art, in der sie sich äußerte, daß sie ihm treu geblieben sei.
Gustav ließ ihr seine Befriedigung durchblicken, daß nichts an dem Gerede sei. Nun erfuhr sie erſt, daß er darum gewußt habe. Deshalb also hatte er mit ihr gegrollt! Wer hatte sie denn nur ihm gegenüber so angeschwärzt?
Er sagte ihr nur, daß er's gehört hätte von „ den Leuten". Daß die Verdächtigung aus seiner eigenen Familie gekommen, welche sein Verhältniß mit Pauline niemals gern gesehen hatte, verschwieg er.