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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

hundertundsiebzig Flecken und Dörfer, achtundzwanzig Mühlen und dreiundzwanzig Hämmer wurden in diesem Markgräflerkrieg" den Nürnbergern aus geraubt und verbrannt, alle Weiher und Teiche ab­gegraben und dreitausend Morgen Wald eingeäschert. An den unglücklichen Landbewohnern, Mann und Weib, Kind und Greis, wurden von den entmenschten Striegsknechten, deren Ideal Albrecht war, die bestialischsten Greuelthaten verübt.

In ähnlicher Weise suchten Albrechts und des Grumbachs Mordbrennerbanden Bamberg und Würz­ burg   heim.

Nach siebenwöchentlicher Belagerung mußte Nürn berg sich dem Fürstenbund gegen Kaiser und Reich anschließen, auf Schadenersatz verzichten, 200 000 Gulden Kriegskosten zahlen, 6 schwere Geschiiße und 400 Zentner Pulver liefern; es hatte einen Verlust, den die Einen auf 1800 000 Gulden, Andere gar auf 2 500 000 Gulden schäßen.

Wider Recht und Gesetz, wider Landfrieden und faiserliche Reichsgewalt, wider seine eigenen Bundes­genossen trat so dieser deutsche   Reichsfürst alle Grund­fäße der Gerechtigkeit und Menschlichkeit mit Füßen. Dazu verbot in heller Herzensangst der Nath von Nirnberg allen seinen Unterthanen, lebles über den Markgrafen zu reden.

Um Neste der dem Bischof auferlegten Kriegs­entschädigung einzutreiben, ging dann Albrecht selbst nach Würzburg  , in gleicher Weise Religion und Freiheit" vertheidigend. Dann wurden Mainz  , Worms   und Speier   furchtbar gebrandschazt. Als Frankfurt   von den Bundesfürsten freigegeben wurde, nannte Albrecht dies, Verrätherei deutscher Nation"; allein, es zu bewältigen, auszurauben und zu brennen gelang ihm nicht. Er verlegte nun den Schauplah seiner Heldenthaten nach Trier   und in das Land zwischen Mosel   und Saar  , überall Schutt und Asche hinter sich lassend auf seinem Wege zum Heere des Königs von Frankreich  .

Inzwischen hatte der Kaiser die erzwungenen Verträge Albrechts mit Bamberg  , Würzburg   und Nürnberg   für ungültig erklärt. Albrecht konnte nicht erlangen, was er von Frankreich   begehrte, an das eben Metz   vom Adel verrathen und verkauft worden war. Und das Merkwürdige geschah: der Kaiser nahm Albrecht wieder in Gnaden auf, die Zwangs­verträge Albrechts wurden für rechtskräftig erklärt und er selbst trat in kaiserlichen Dienst. Nun kämpfte der Mann, der Nürnberg   der Achselträgerei beschuldigt hatte, wieder gegen seinen guten Freund, den König von Frankreich  , wobei er auch den Herzog von Aumale gefangen nahm, der dann um schweres Geld ausgelöst werden mußte.

" Der heillose Landfriedensbrecher und Mord­brenner", wie Kaiser Karl   vor Kurzem noch Albrecht genannt hatte, konnte aber in kaiserlichen Diensten auch nicht hindern, daß Meß bei Frankreich   verblieb. Der Markgraf wurde mit hohem Lobe, einem Schuld­brief für rückständigen Sold auf 45 000 Thaler und einem Pensionsbrief auf 5000 Thaler entlassen.

Gegen Bamberg   ziehend, hielt er sich schadlos durch rasende Brandschaßung. Dann begann der Tanz wieder mit Nürnberg   in der altbeliebten Weise des Plinderns, Sengens und Brennens auf dem offenen Lande, wobei er das Landvolk mit Weib, Kind und Vieh in die Orte treiben und es ver­brennen ließ.

Der ohnmächtige Kaiser konnte dem armen Frankenland nicht helfen, aber das Reichskammer­gericht entschied zu Gunsten Bambergs, Würzburgs und Nürnbergs  , und König Ferdinand, Moriz von Sachsen, die fränkischen Bischöfe, der Herzog von Braunschweig   und Abgesandte Nürnbergs   hielten zu Eger Rath, wie dem fürstlichen Uebelthäter Albrecht das Handwerk zu legen sei.

Der wandte sich nun nach Norden und setzte sein Handwerk in Thüringen   und Braunschweig   fort. Bei Sondershausen  ( 9. Juli 1553) ward er von seinem ehemaligen Freund Moris von Sachsen besiegt, welcher seinerseits in der Schlacht fiel. Mit Nürn  berger Geld wurden die Söldner des Braunschweigers bezahlt, die zu Albrecht übergehen wollten, nun aber diesen bei Stauerberg, südlich von Braunschweig  , schlugen. Inzwischen fielen die Nürnberger   in sein

Erbland ein. Er warb in Thüringen   neue Mann­schaften und nahm Hof. Von da eilte er auf sein Raubnest, die Plassenburg  .

Die Braunschweiger Landsknechte rückten an und Albrecht wurde in des Reiches Acht erklärt. Als dieser die Botschaft davon erhielt, rief er höhnisch und mit wahrem Galgenhumor aus:

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Acht und aber( noch einmal) Acht macht sech zehn! Wir wollen sie fröhlich und in Freuden mit einander vertrinken! Je mehr Feind, je mehr Glück!"

Ganz geheuer war ihm dabei jedoch nicht, wie der Schluß eines für den Charakter Albrechts kenn­zeichnenden Tagesbefehls an seinen Hauptmann Hieronymus Stöckel auf Hohenlandsberg beweist, in dem es heißt:

" Ihr wollt auf fünftigen Christtag oder um Mitternacht, wenn die Pfaffen zur Mette gehen, ein zehn oder zwanzig Ort gen Windsheim  , Ips­hofen und den Grund nach Kizingen hinab in Brand stecken, und wenn sie in der Mette oder ob dem Christ­braten sizen, wollet Ihr ihnen ein Feuer anzünden, daß die Kinder im Mutterleib einen Fuß nach sich ziehen oder auch beide! Und wir wollen, ob Gott  will(!), hierum auch nit säumen und ihnen zu Neujahr auch ein zwanzig Feuer anzünden; es hilft den Vertrag sehr fördern. Es thut sonst kein Gut mehr!"

Weiter wurde dem wackeren Stöckel befohlen, fleißig auf den Straßen zu wegelagern und zu rauhmorden: Je mehr Silberkuchen, desto besser! Wenn man mich verdirbt, so sollen andre Leute auch nichts haben!" meinte der erlauchte deutsche Reichsfürst Albrecht.

Sein Schicksal war aber besiegelt. Die Nürn­ berger   nahmen die Bergschlösser auf dem Nauhen Kulm und auf dem kleinen Kulm, Schloß Hohen­landsberg nahmen die Bundestruppen, endlich, am 22. Juni, fiel auch der letzte feste Platz, die Plassen burg  . Auf der Haide zwischen Volkach   und Kizingen wurden die letzten Reste der Albrechtschen Krieger zersprengt, er selbst floh zu seinem lieben Freunde, dem König von Frankreich  , von dessen Hof aus er vergebliche Versuche machte, wieder eine Rolle in Deutschland   zu spielen.

1556 ward auf dem Regensburger Reichstag  heiß um die Angelegenheiten Albrechts gerechtet, wobei er mit freiem Geleit selbst seine Sache führen wollte, aber nicht hinkam. Krank, infolge seines wüsten und wilden Völler- und Landsknechtslebens, suchte er in Wildbad   im Schwarzwald   Erholung. Vergebens; in einer Sänfte brachte man ihn nach Pforzheim   auf das Schloß des Markgrafen von Baden- Durlach  , wo er am 8. Januar 1557, ver­lassen von allen ehemaligen Bündnern, starb wie er gelebt hatte. Hans Sachs   hat seine Himmelfahrt", d. h. ironisch seinen Einzug in die Hölle der Tyrannen Phalaris  , Nero, Heliogabal   usw., in bitter ver­wünschenden Versen besungen.

Im Mausoleum der fränkischen Hohenzollern  aber, in der Kirche des Klosters Heilsbronn, liest man die prächtig geschichtsfälschende Grabschrift: ,, Hier liegt begraben der durchlauchtige, hochgeborene Fürst, Herr Albrecht der Jüngere, Markgraf zu Brandenburg  , der deutsche  , streitbare Held, der um die Freiheit deutscher   Nation männlich gestritten.(!!)"

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Gerichtsrath Johnmann.

Novelle von G. Macasy.

( Fortsegung.)

ie Räthin mußte viele Wochen das Bett hiiten. Sie hatte schwere Verlegungen und war in Lebensgefahr. Ein dunkles Gerücht von dieser Katastrophe ging in der Stadt umher. Aber Niemand erfuhr etwas Bestimmtes. Aus dem Haus­arzt des Nathes, dem Doktor Grau, war nichts herauszubekommen, und auch die alte Marie ver­weigerte den Hausleuten gegenüber jede Auskunft.

Als die Räthin aufstand, war es ihr, als sei Etwas in ihr geborsten, als sei das Leben aus ihr gewichen. Langsam, sehr langsam erst erholte sie sich, und es vergingen Jahre, bevor die Schrecken jenes Tages in ihrer Erinnerung verblaßten.

Aber auch der Rath war nun ein Anderer ge= worden. Scheu und schleichend ging er umher, wich jedem Menschen aus und zuckte bei jedem Geräusche zusammen. Er hatte Furcht: vor den Anderen und mehr noch vor sich selbst. Das Grausen vor dem unheimlichen Gast in seiner Brust war sein steter Begleiter. Er sah gespenstig aus. Sein graues, spärliches Haar stand in starren Borsten empor, seine Wangen waren eingefallen, sein Körper geknickt, seine Augen hatten bald einen schreckhaft großen, bald einen scheuen, lauernden Blick, der unſtät umherirrte. Seine Finger zuckten nervös, als suchten sie sich stets nach Etwas auszufrallen so machte er den Eindruck eines bösen Geistes, der wie Gift über dem Leben der Anderen lagert.

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Im Amte dagegen reckte er sich auf. Dort wurde er souverain. Die Furcht verschwand und machte einem hohnlachenden, grinsenden Selbstbewußtsein Plazz. Dort entwickelte er nun eine grauenhafte Thätigkeit, dort schuf er sich eine neue Freude, eine Entschädigung für sein eigenes, tiefes Glend. Ob­wohl er einen höheren Rang als Gerichtspräsident in der Provinz hätte erhalten können, verzichtete er darauf und behielt seinen Posten als Untersuchungs­richter, den man ihm um so bereitwilliger ließ, als er für den erfahrensten und gewandtesten dieses Amtes galt.

Und nun fing er zu quälen an. Nicht wie früher, sondern viel ärger. Er quälte die Opfer, die ihm schon wehrlos überliefert waren. Er quäfte sie, nachdem sie sich schon verloren gaben und die lezte, allerlegte Rettung in dem Geständnisse ihrer That sahen. Er verhinderte dieses Geständniß und schob es hinaus. Heimlich und unvermerkt bot er Denen, die an feinen Ausweg mehr glaubten, eine Handhabe, eine Hoffnung. Er ließ sie aufathmen, ließ sie zur Besinnung kommen. Dann übergab er sie der Einsamkeit der Untersuchungszelle. Dort mochten sie nachdenken, dort mochten sie hangen zwischen Zweifel und Hoffnung, in hülfloser, ohn­mächtiger Ungewißheit. Mit wundem, krankhaft erregtem Gehirnt mochten sie dort suchen,- suchen nach einem rettenden Wort, suchen nach einem ent­lastenden Moment, das nicht da war, das ihnen aber wie eine gleißende Fata Morgana vor Augen schwebte.

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Und immer wieder trieb er dieses gräßliche Spiel mit Menschenqual und Menschenpein. Und je feiner, je subtiler und harmloser es schien, je mehr es aber schmerzte und folterte, desto wilder war seine Freude. Insgeheim nannte er dieses versteckte und von Nie­mandem geahnte Spiel die Seelenfolter". Bis, zum Wahnsinn trieb er damit die gehezten, seiner Grausamkeit preisgegebenen Unglücklichen. In der Seelenfolter fand er Zerstreuung und Erlösung von dem unheimlichen Gast seines Inneren. In der Seelenfolter fand er eine Ablenkung und Beschäftigung seines krankhaft überreizten Gehirns.

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In seinem Hause aber lastete eine schwiile, lauernde Ruhe, eine Ruhe wie vor einem bangen, erwarteten Ereigniß, eine Ruhe, die den Frieden vergiftete und die Herzen krank und elend machte.

Die Gatten gingen schauernd und furchtsam an­einander vorüber. Sie belauschten sich gegenseitig und warteten auf irgend ein achtlos hingeworfenes Wort, das wie Zündstoff in die gefährliche, ruhende Masse gefallen wäre. Sie belauerten ihre Blicke und Bewegungen und hatten Beide die stumme, stets zur Vertheidigung bereite Furcht.

Ein tödtlicher Haß hatte sich um ihre Seelen gezogen, ein Haß, der auch die letzten friedvollen und weichen Gefühle verzehrte. Sie waren Naub­thieren gleich, die sich messen mit gieriger, funkelnder Erwartung, die ihre Kräfte kennen und die wissen, daß ihre Kräfte gleich sind.

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Unter dieser schweren, bleiernen Nuhe wuchs Gertrud auf. Sie hatte keine Ahnung von dem, was vorgegangen war. Nur das dumpfe, das ge= waltsam Regungslose fühlte sie und meinte, es müsse so sein. Es lagerte auf ihrem ganzen Jugend­leben, schwer, traurig, ohne Frende, ohne Sonnen­glanz und Lebenslust.

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