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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
find nur 3,8 Meter ein rechteckiger Tunnel gebaut, in welchem die zweigleisige Bahn fährt; an den Stationen hat man einen direkten Zugang zum Perron, sodaß die kostspieligen Aufzüge nach Londoner Muster fortfallen; daher stellten sich die Anlagekosten nur auf 1,7 Millionen Mark pro Kilometer. Es ist klar, daß die Sicherheit bei den elektrischen Bahnen, die auf ihren eigenen, von anderen Verkehrsmitteln nicht benutzten Schienen fahren, eine außer ordentlich große ist; denn die Signalgebung kann automatisch von den aus- und einfahrenden Zügen selbst besorgt werden. Schnelligkeit und Sicherheit, das ist es, was der moderne Verkehr verlangt. Daher werden unzweifelhaft die elektrischen Hochund Unterpflasterbahnen die Wunderbauten bilden, in denen die Menschen des 20. Jahrhunderts mittelst der Zauberkraft der Elektrizität von einem Orte zum anderen befördert werden.
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Aus dem Papierkorb der Zeit.
Zu unseren Bildern. In Ritter, Tod und Teufel " und dem Portrait des Nürnberger Patriziers Hieronymus Holzschuer bringen wir unseren Lesern diesmal zwei Proben aus dem schier unerschöpflichen Kunstschatz eines unserer größten, älteren deutschen Meister: Albrecht Dürers.
Im Jahre 1471 zu Nürnberg als Sohn eines aus Ungarn eingewanderten Goldschmieds geboren, fam Dürer durch das Gewerbe seines Vaters schon frühzeitig in enge Beziehung zur Kunst, wandte sich jedoch 1486 von dem väterlichen Beruf ab, um in allerhand Zeichnungen und Kupferstichen seine Berufung für höhere Aufgaben zu befunden.
Nach einer vierjährigen Wanderschaft, die den späteren Meister bereits mit Vertretern der italienischen Renaissance bekannt werden ließ, schloß dieser im Jahre 1494 ein Ehebündniß mit Agnes Fey, der Tochter eines wohlhabenden Bürgers seiner Vaterstadt.
Ziehen wir hier zunächst nur den äußeren Lebensgang Dürers in Betracht, so ist als wichtigstes Ereigniß der Folgezeit die Ende 1506 unternommene Reise nach Venedig zu erwähnen, die auf die weitere Entwickelung des Nürnberger Malers, Zeichners und Kupferstechers bon nachhaltigem Einfluß war.
Aber nicht nur mit den Italienern, auch mit den Niederländern seines Jahrhunderts kam er in innige Berührung.
Um ein von Kaiser Maximilian ihm ausgeworfenes Gehalt auch nach dessen Tode weiter zu erhalten, suchte Dürer im Juli 1520 die Niederlande auf, wo der spanische Karl V. damals verweilte, und aus dem Tagebuch des Meisters erfahren wir, daß ihm hier, und besonders von Antwerpener Künstlern, eine ehrenvolle Aufnahme zu Theil ward.
Den Rest seiner Tage verbrachte Dürer in seiner Vaterstadt, wo er am Todestage Raffaels, am 6. April 1528, die Augen schloß, die seinen deutschen Zeitgenossen und Nachfahren eine neue Welt ersehen hatten.
Die Größe und Bedeutung eines solchen Künstlers im Rahmen eines kurzen Bildertertes auch nur flüchtig zu sfizziren, ist selbstverständlich ein Ding der Unmöglich feit, und so wollen wir uns heute nur mit einigen Worten über das eine der von uns wiedergegebenen Bilder, das: Ritter, Tod und Teufel , begnügen.
Im Jahre 1513 als Kupferstich gearbeitet, ist es aus zahlreichen Reiter- oder eigentlich Pferdestudien hervor= gegangen, die zunächst nur auf ein genaues Erfassen der thierischen Anatomie gerichtet waren.
Später erft, als persönliche Erfahrungen, u. A. der Tod der Mutter, den zu grüblerischer Einkehr in sich selbst veranlagten Künstler auf das Gebiet der damals viel berbreiteten Todtenbilder und Tänze lenkten, bekam der auf stolzem Thier einhertrabende Ritter den gespenstischen Allbezwinger Tod und den an Phantasien der Apokalypse erinnernden Teufel zu Begleitern.
Und doch, trotz der düsteren Stimmung des Bildes und der pessimistischen Phantasie, die es erzeugte, dürfen wir nach der ganzen Art der fräftigen, lebenbejahenden Natur Dürers annehmen, daß dieser in der Figur seines eifengepanzerten Ritters nicht einen Todtgeweihten, sondern im Gegentheil einen sieghaften Helden vor uns hinstellen wollte.
Und so könnte man mit Fug und Recht unter das Bild die Verse seßen, die der große Schweizer Dichter Conrad Ferdinand Meyer in seinem Huttens lezte Tage" diesen dem Dürerschen„ Nitter, Tod und Teufel" gegenüber sprechen läßt.
Bon Tod und Teufel nämlich sagt sein Hutten dort: Dem garft'gen Paar, bavor ben Männern graut, Hab immerbar ich fest ins Aug' geschaut. Mit diesen beiden starken Knappen rett'
Ich auf des Lebens Straßen allezeit,
Bis ich den einen awing mit tapfrem Sinn
Und von dem andern selbst bezwungen bin.
Hus dem Notizbuche eines Betrachtenden.
Bon Scotus.
Es giebt auch jetzt noch Historiker, welche uns glauben machen wollen, daß die Geschichte der Menschheit eine ganz klare und durchfichtige Reihe von Begebenheiten sei, in der es keine Lücken gäbe und keine unerklärten Thatsachen. Aber es ist freilich eine billige Art, so in die Vergangenheit zu schauen; zu dieser Methode gehört wenig Scharfsinn und sie ermöglicht es vor Allem, mit spielendem Anstand über die gefährlichsten und wundesten Punkte in der Entwickelung der Menschheit hinwegzukommen. Wer aber die Tausende von Irrthümern auf allen Gebieten des Lebens betrachtet, unter denen jetzt noch der weitaus größte Theil der Menschheit zu leiden hat, der muß sich doch fragen: wie viel von all dem Glend und all der Noth auf Erden ist nicht gerade einer verfehlten Entwickelung in der Vergangenheit zuzuschreiben? Und verfolgt er mun diese Wege zurück, so muß er zu ganz anderen Schlüssen und Urtheilen über so manche einstige„ Kulturthaten" kommen und er- verliert vielleicht einen großen Theil der Achtung vor Dingen, die ihm früher hoch und heilig erschienen. Die Aufgabe des Historikers sollte es sein, dies darzulegen. Aber die Wenigsten haben den Muth zu einer solchen ernsten Analyse.
Bis zur Gegenwart herab waren es immer die herrschenden Gesellschaftsklassen, die die Morallehre und moralische Gesetzgebung handhabten, und man fann heute genau verfolgen, wie sie diese handhabten. Es war nicht Moral für sich, sondern Moral für die Unterdrückten, die sie lehrten. Gerade Diejenigen, welche die Moralgesetze vorschrieben, erklärten sich selbst in erster Linie für frei von diesen Gesezen. Man denke an die Inquisition , man denke an die Moral des Jesuitenthums. Die Moral war für Jene ein gutes Mittel, jeden Vortheil über die Unterdrückten zu erhalten, sie zu Boden zu drücken, ihnen Furcht und Ehrfurcht einzuflößen. Mit Hülfe der Moralgeseze hielten sie die Handlungen der Menschen in Fesseln, mit Hülfe der Moral vermieden sie jede Auflehnung gegen ihre Gewalt. Wenn Generationen sprechen könnten die Wahrheit sprechen: wenn die herrschenden Gesellschaftsklassen der Vergangenheit ihre wirklichen, ungeschminkten Absichten verrathen fönnten: wie viele Irrthümer von heute müßten mit einem Schlage fallen. Und auch den Nachkommen und Erben jener „ Kulturhelden" der Vergangenheit würden dabei die Augen aufgehen, und sie würden vielleicht begreifen lernen, daß all Das, worauf sie seit alter Zeit stolz sind, Thaten der Niedertracht und Tücke waren.
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Das Barbarenthum, mit welchem die herrschenden Gesellschaftsklassen die soziale Zukunft in Verdacht bringen wollen, fällt auf sie selbst zurück. Wer hat einst barbarisch geherrscht auf Erden?
Damit aus der Geschichte eine ernste und vollkommene Wissenschaft werde, find drei Dinge nöthig: Zuerst, daß nicht die menschliche Eitelkeit und Selbstvergötte= rung die Heldenthaten der Vorwelt besinge; ziveitens, daß man ohne Erwartungen, mit faltem, unbewegtem Auge nach rückwärts schaue; und endlich, daß man auch die Schande der Vergangenheit ohne Schönfärberei darzustellen verstehe.
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Die herrschenden Gesellschaftsklassen haben es versucht, ihrer Würde und Machtvollkommenheit dadurch neuen Glanz zu verleihen, daß sie das Beherrschen und Bevormunden der Völfer als etwas Nothwendiges und zu allen Zeiten Unveränderliches darstellten. Es war die Rechtsmethode, mittelst der sie ihrer Herrschaft nicht nur das thatsächlich eristirende, sondern auch das nothwendige, dauernde Recht zuschreiben wollten. Allein dies gelingt allenfalls zu einer Zeit, wo man noch an dauernde Faktoren in der Entwickelung des Menschenthums glaubte. Heute aber erkennt man als Dauerndes nur mehr den Wechsel der Geschicke an: gerade Das also, was gegen jede persönliche Herrschaft spricht. Wollte man das Dauernde aber in einem anderen Sinne, als dem des persönlichen Herrschens nehmen, so kommt man eben zu dem Schlusse: Dann ist ja gerade die Herrschaft am meisten berechtigt, welche der Sozialismus vorbereiten will die Herrschaft Aller über Alle.
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Aehnlich verhält es sich auch mit einer anderen Methode der herrschenden Gesellschaftsklassen, ihre Gewalt über die Menge des Volkes wieder zurückzuerobern: mit der Methode, neue Gesetze gegen das geistige und soziale Freiwerden der Menge zu schaffen, verschärfte Gesetze, welche theils abschrecken, theils eindämmen sollen und nicht zuletzt einen neuen Nimbus von Gewalt und Würde um die Häupter der Führer in diesem unedlen Wettstreit verbreiten. Aber in all diesen Gesetzen und Vorlagen, welche die Entwickelung des Volkes verhindern sollen, liegt eine gewaltige Macht für Diejenigen, gegen die fie gerichtet sind. Sie geben den Unterdrückten neue Antriebe, fie bringen den Unterdrückten neue Sympathien, sie sind die erste Waffe und der erste Anstoß zu jeder
geistigen und sozialen Befreiung. An ihnen sammelt sich die Begeisterung des Volkes, weil sie das Elend vermehren und die Aussichten verdüstern. Denn je uner= bittlicher und grausamer eine Verfolgung ist, desto mehr und inniger schaaren sich die Verfolgten zusammen und desto eifriger sind alle Herzen und Köpfe thätig für das gemeinsame Ziel.
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In dem Maße, wie der Unterdrückte und nach Ver
befferung seiner Eriſtenzbedingungen Strebende neue Kräfte gewinnt, fängt auch sein Glaube an die Macht seines Unterdrückers zu wanken an. Das, was er früher für Stärke an Jenem gehalten hat, sieht er nun als verfleidete Schwäche; Das, was er früher wie eine Nothwendigkeit genommen hat, erscheint ihm nun als ein aus der Vergangenheit ererbter Schaden. Mit dieser Erfenntniß der fremden Schwäche ist aber auch die Freude verbunden, die eigene geistige und sittliche Kraft an der Schwäche zu messen. Diese Frende des Wachsthums und Der Erkenntniß war zu allen Zeiten und ist noch der erste Anstoß zu jedem Kulturkampf.
Als bei den römischen Cäsaren die Müdigkeit und der Verfall der Herrschaft begann, übertrugen sie die eigene Macht auf Andere. Sie sezten ihr Vertrauen in die Gewalt ihrer Legionen. Es begann die Herrschaft der Prätorianer, die Herrschaft des Militarismus, die noch zu allen Zeiten das erste und bedeutsamste Symbol des inneren Verfalles war. Die Cäsaren aber begnügten sich damals mit dem Nimbus ihrer Stellung und mit dem Ausbeuten ihrer höheren Rechte. Die bewaffnete Macht dagegen sollte das loſe, zerbröckelnde Staatsgefüge zusammenhalten.
Das unfinnige und unzeitgemäße Hervorbrechen der Kräfte ist ein Zeichen der blind wüthenden Naturgewalt; mit ihr aber wird kein Kulturereigniß geschaffen. Alles, was man heute Kulturbesitz der Menschheit nennen kann, ist die Frucht einer bewußten und langsamen Wirksamkeit.
Drohungen einer Hölle im Jenseits muß man verlachen, Anweisungen auf einen Himmel aber verachten. Denn dort spricht der Fanatiker, hier aber der Spekulant.
Das wichtigste Degenerationszeichen einer Klaffe ist bas Zurückgreifen zu alten, werthlos gewordenen Geistesgebieten: Religiofität, Romantik, atavistische Moral uſw. Der franke Geist hat das Verständniß für den Werth seiner Waffen verloren und greift zu den unbrauchbarsten im Kampfe um seine Eristenz, Waffen, die ihm aber gleichwohl die eigene scheinbare Beruhigung wiedergeben können. Eine untergehende Klasse sucht sich eben mit allen Mitteln gegen das Andringen neuer, stärkerer Klassen zu schützen. Aber gerade an der sinnlosen Wahl ihrer Schutzmittel erkennt man ihren Untergang.
Schnikel.
n.
Es giebt Verbrechen, die unschuldig, selbst rühmlich durch Glanz, Anzahl und Größe werden; daher fomit es, daß Diebstahl vor aller Augen Geschicklichkeit, und ungerechte Wegnahme von Ländern Groberung heißt.
Die Fürsten wegen Tugenden loben, die sie nicht besitzen, heißt ihnen ungestraft Schmähungen sagen.
Ein großer Name, statt zu erheben, drückt den nieder, der ihn nicht aufrecht zu erhalten weiß.
Den Ruhm großer Männer muß man immer nach den Mitteln bemessen, wodurch sie ihn errangen.
Wer gesellschaftlich über den Anderen erhaben steht, so daß er vor jeder scharfen Antwort sicher ist, sollte niemals einen verlegenden Witz machen. La Bruyère .
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