Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

durch Nachdenken und weiteres Nachfragen und Nach verzweifeln wollen, stieg die tiefgesunkene Hoffnung Lesen zu machen.

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ich

In unseren Tagen scheint mir die Geschichte der römischen Cäsaren wieder einmal ein recht zeit­gemäßes Thema. Darum hielt ich es für an­gebracht, einmal einen damaligen Kaiser redend und urtheilend über Seinesgleichen vorzustellen. In einem Lande des allgemeinen Stimmrechts will einmal den thatsächlich nicht richtigen Ausdruck gelten lassen, in welchem jeder Stimmberechtigte berufen ist, mit Geschichte zu machen, ist es an­gezeigt, daß Jeder sich geschichtliche Kenntnisse und Einsicht in das geschichtliche Geschehen ( wenn ich so sagen darf) aneignet. Dazu an­zuregen ist der Zweck auch dieser Stizze.

aufs Neue. Kein Stand ist ja so auf das Hoffen angewiesen, wie dieser. Von dem Auswerfen des Samens bis zum Bergen der Frucht schwebt der Landmann zwischen Furcht und Hoffnung; jeder Tag ist von Bedeutung für das Gedeihen, und jede Stunde kann Alles zerstören.

Auf das vielversprechende Frühjahr folgte im Sommer Kälte und anhaltende Nässe. Die schnell aufgeschossenen Halme stockten plößlich im Wachs­thum. An vielen Stellen lagerte sich das Getreide. Die Kornfelder sahen aus, als sei eine Riesenwalze über sie dahingefahren. Licht und Luft fehlte der Mehre, eine mangelhafte Bestäubung fand statt, von unten wuchsen Disteln und allerhand Unkraut durch das Getreide hindurch. Nur hier und da richtete

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haltend. Nach alt bewährter Bauernregel ließ man sich jedoch durch den Regen nicht vom Hauen ab­halten. Einmal mußte es ja doch mit Gießen auf­hören; der liebe Gott konnte doch unmöglich wollen, daß der Segen, den er hatte wachsen lassen, so in Grund und Boden verdürbe.

Aber die himmlischen Schleußen schlossen sich nicht. In der Kirche wurde eifrig für gutes Ernte­wetter gebetet es regnete unbefümmert weiter. wetter gebetet Sieben Wochen lang mußte schlechte Witterung bleiben; es hatte ja am Siebenschläfer geregnet.

Als es endlich doch aufhörte, da war es gerade um acht Tage zu spät. Das Heu war zwar aus weiser Vorsicht in große Schober gesetzt worden; aber die Nässe war doch durchgedrungen. Als man die Haufen öffnete, dampfte und stant es. Dumpfe

Hol' über! Nach einem Gemälde von Th. Matthei.( Photographie verlag der Photographischen Union in München .)

Der Büttnerbauer.

Roman von Wilhelm von Polenz .

( Fortsetzung.)

IX.

er Sommer hatte nicht gehalten, was das Früh jahr versprochen. Die Herbstsaaten waren zwar gut durch den Winter gekommen und hatten sich während eines milden Frühjahrs fräftig bestockt. Auch die Sommerung war prächtig aufgegangen, daß es im Mai eine Lust war, über die Haferfelder und die Kartoffelbeete hinwegzublicken. Regen und Sonnenschein folgten sich in gedeihlicher Abwechselung. Das Korn trieb zeitig seine Schoßhalme. Anfang Juni sah es aus, als ob es eine ausgezeichnete Ernte geben müſſe.

In der Seele manches Landwirthes, der über die schlechten Erträge der letzten Jahre schier hatte

der Wind die Geknickten wieder auf. Die Aehren standen nicht in freier Luft aufrecht, dem Lichte zu­gekehrt, wie es nöthig ist für die Entwickelung jeg= licher Kreatur und jeglicher Pflanze; sie senkten sich dem dunklen, feuchten Erdreiche zu, das ihren Wurzeln wohl Nahrung zum Sprießen, ihren Häuptern aber nicht Wärme, Licht und Bewegung zu gewähren ver­mochte. So fränkelten die Körner, das Wachsthum war ohne Saft und Kern. Da gab es viele leere Hülsen und leichte Früchte, und schädlicher Rost fraß die welken Störner an.

Auf den Wiesen hatte prächtiges Gras gestanden. Selbst auf den feuchten und sumpfigen Flecken wuchsen heuer, begünstigt durch das trockene Frühjahr, bessere Kräuter, als sonst; die sauren Gräser hatten nicht die Oberhand gewinnen können. Infolge der häufigen Regenschauer war überall ein dichtes Bodengras ge­wachsen. Zu Beginn der Heuernte regnete es an­

Gährung hatte sich darin entwickelt. Manches Heu war wie verbrannt. Kein Vieh wollte das ver­dorbene Futter mehr anrühren. Statt auf den Heu boden, wanderte es auf die Dingerstätte oder in den Stall zum Einstreuen.

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Nun schien die Sonne durch volle vierzehn Tage herrlich. Der alte Gott lebt noch!" sagte der Pfarrer von der Stanzel, seht, wie hat Er es so herrlich hinausgeführet!" Die Bauern hörten sich das mit an; dem Herrn Pastor durfte man ja nicht widersprechen. Aber in ihren geheimsten Gedanken war nicht viel von Ergebenheit in die Nathschlüsse des Höchsten zu finden. Wenn die Noth am größten, ist Gottes Hilfe am nächsten und Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand ge baut." Das waren ja alles sehr schöne Sprüche, aber manchmal sah es wirklich darnach aus, als ob man im himmlischen Nathe- ebenso wie bei der

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