t

M

50

r

I

D

e

r

e

IT

e

e

E=

te

B.

= 1

d

Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

So that er in Allem gerade das, was ihn am meisten schädigen mußte. Es war, als ob der Teufel den alten Mann geblendet hätte. Die Bäuerin hatte nicht so ganz Unrecht mit ihrer Klage, daß ihr Bauer behert worden sein müsse.

Es gab in der That ein Schreckgespenst, das dem Bauern im Rücken saß, ein Wehrwolf, der ihn ritt, daß er halb wahnsinnig, nicht mehr wußte, wo ein und aus.

Seit er dem Händler den Wechsel unterschrieben, hatte der Büttnerbauer feine ruhige Stunde mehr gehabt. Kaum war Harrassowiz zum Hause hinaus gewesen, hätte er ihn zurückrufen mögen, ihm sein Geld zurückzugeben.

Dabei hegte er feinerlei bestimmten Verdacht gegen Harrassowiz. Er hatte den Händler nicht anders als freundlich und zuvorkommend kennen gelernt. Aber das Bewußtsein, daß es einen Menschen auf der Welt gab, von dem er abhängig war, der einen Zettel besaß, auf dem sein Name stand, und der durch diesen Feßen Papier sein Schicksal in Händen hielt, das war der Alp, der auf dem Manne lastete, das war das unheimliche Gespenst, das des Tages plöglich vor ihm auftauchte, ihn besaß, wo er ging und stand, und ihn des Nachts vom Lager auf scheuchte.

In der ersten Zeit, als der Verfallstermin noch in weitem Felde stand, hatte er sich der Hoffnung auf einen guten Ausgang nicht verschlossen. Wenn die Ernte gut ausfiel, wenn hohe Preise wurden! Er hatte doch in anderen Jahren manchmal aus dem Roggen allein an zweitausend Mark erzielt. Warum sollte denn das nicht auch in diesem Jahre eintreten, wo Korn seine Hauptfrucht war? Stroh konnte auch verkauft werden, und vielleicht auch einige Fuder Heu. Auf diese Weise konnte hübsches Geld zu= sammenkommen, allein aus der Winterung. Und die Sommerfrüchte behielt er dann zur Deckung des Winterbedarfes und zum späteren Verkauf.

. So rechnete der Bauer im Frühjahre. Dann kam der erste Rückschlag durch die verregnete Heu­ernte. Mit dem Heuverkauf war's also nichts; man mußte ja das Wenige, was man gerettet hatte vor dem Verderben, aufheben fiir den Winter. Die Korn­ernte war inzwischen beendet. Der Büttnerbauer hatte eine Menge Puppen sezen können; sein Feld hatte voll ausgesehen. Das Getreide war trocken in die Scheune gekommen.

Der Bauer besaß eine kleine Dreschmaschine und einen Göpel auf seinem Hofe. Das meiste ließ er freilich im Winter mit dem Handflegel ausdreschen, nach alter Sitte; das Stroh blieb beim Handdrusch besser, und dann liebte er auch nicht die Neuerungen. Maschine blieb Maschine, wenn es auch nur ein einfaches Göpelwerk war. In diesem Jahre aber ließ er gleich mehrere Tage hintereinander mit dem Göpel dreschen. Er mußte ja Korn haben zum schleunigen Verkauf.

Der alte Bauer stand am Siebe, während Karl die Garben hineinschob und Therese draußen das Pferd antrieb. Der Bauer nahm selbst das Ge­treide ab und maß es nach.

"

Seine Miene wurde düsterer und düsterer.' 8 schüttet ne,' s will ne schütten!" erklang sein ver­zweifelter Ruf. Was nußte ihm das viele Stroh, wenn der Körnerertrag so gering war! Und dabei hatte er das Hauptkorn in diesem Jahre auf vor­jährigem Kartoffellande gebaut, das noch reich an Dünger gewesen. Er hatte es an Sorge und Fleiß nicht fehlen lassen, und troßdem fein Erfolg! Es waren die kalten Tage und Nächte im Anfange des Sommers gewesen, die den Landwirth um den Er­trag seiner Miihen betrogen hatten.-

Schließlich lag das gesammte Ergebniß der Korn­ernte in einem stattlichen Körnerhaufen, durchgesiebt und durchgeworfen, von Spreu und Unkrautsamen sorgfältig befreit, auf dem Schüttboden.

Wenn's nu ac an Preis hätte!" sagte der Büttnerbauer und schickte den Sohn in den Kret­scham. Karl sollte dort ein Glas Bier trinken und bei der Gelegenheit im Kreisblatte nachsehen, was der Roggen jest gelte.

Karl kam mit der Nachricht zurück, daß Roggen pro erste Septemberwoche neunzig stehe. Kaschelernst

habe gemeint, der Preis werde in nächster Zeit noch viel tiefer sinken an der Börse, von wegen der ausländischen Einfuhr," so berichtete Karl wörtlich, ohne zu verstehen, was das eigentlich heiße. Wer flug handeln wolle, der hielte sein Korn bis zum Frühjahr, da werde es schon Preis bekommen," habe Kaschelernst gesagt.

Der Büttnerbauer fonnte sich schon denken, mit welch treuherziger Miene sein Schwager das gesagt haben mochte. haben mochte. Halten bis zum Frühjahr!" Der Schuft! Als ob der nicht ganz genau wisse, daß der Bauer verkaufen mußte unter allen Umständen und zu jedem Preise. Und derselbe Mann, der ihm hier so freundlichen Rath ertheilen ließ, war es, der ihm die letzte Hypothek Knall und Fall gekündigt hatte. Der alte Bauer griff sich an den Hals und schluckte, als säße da etwas, was nicht hinunter wollte.

Der Büttnerbauer machte sich darauf ans Rechnen. Das war stets als eine geheimnißvolle Sache von ihm behandelt worden. Eine eigentliche Buchführung kannte er nicht. Das Wichtigste behielt er im Ge­dächtniß. Er wußte Ausgaben und Einnahmen, die er gemacht, von vielen Jahren her auf Heller und Pfennig anzugeben. Aber obgleich er für gewöhn­lich nichts buchte, so machte er von Zeit zu Zeit doch einmal einen Abschluß. Dann gab es ein höchst umständliches Rechnen mit Kreide auf einer Tisch­platte oder einer Thür. Die Sache nahm Stunden in Anspruch. Lange Zahlenreihen wurden auf= geschrieben, alle vier Spezies bemüht. Den eigent= lichen Sinn aber dieser ganzen Rechnerei verstand nur der Büttnerbauer allein. Es war ein Vorgang, der auch äußerlich wie ein Geheimniß behandelt wurde, denn er duldete nicht, daß Jemand während der Zeit sich im Zimmer aufhielt. Die Seinen wußten das. Wenn es hieß: Der Vater rechnet!" hielt man sich wohlweislich fern, denn dann war nicht gut Kirschen essen mit dem Alten.

Auch diesmal hatte er eine verzwickte Rechnung angestellt. Das Ergebniß war ein sehr einfaches und in seiner Einfachheit bestiirzendes: Achthundert Mark! Auf mehr kam er nicht. Das war nicht annähernd genug zur Deckung des Wechsels und zur Bezahlung der Michaelis- Zinsen.

Der alte Mann ballte die Faust. Er wußte selbst nicht gegen wen. Wer war es denn, der die Schuld daran trug, daß ihm nicht der Lohn seiner Arbeit wurde? Sollte er den lieben Gott dafür verantwortlich machen, oder sollte er die Menschen bei dem lieben Gott verklagen? Wer war der Feind, wo die Macht, die ihn um das Seine gebracht hatte?

Der Bauer drohte in die leere Luft hinaus. Das war nicht zu fassen, für seinen Arm nicht zu erreichen: die Mächte, die Einrichtungen, die Menschen, welche Schuld hatten, daß sein Schweiß umsonst geflossen war. Irgendwo da draußen, unfaßlich für seinen ungelehrten Verstand, gab es ungeschriebene Geseze, die mit eherner Nothwendigkeit auf ihm und seinesgleichen lasteten, ihn in unsichtbaren Ketten hielten, unter deren Druck er sich wand und zu Tode quälte.

Das Erempel ſtimmte mit fürchterlicher Genauig keit. Wenn er den Wechsel bezahlte, langte es nicht zu den Zinsen; bezahlte er die Zinsen, langte es nicht zum Wechsel.

71

die Angelegenheit, denn er fragte den Bauern, sowie er dessen Namen gehört, ob er etwa wegen Stim­dung seines Akzepts tomme. Der alte Mann be­jahte, etwas verwundert über die hochfahrende Art dieses Jünglings. Man solle doch ein paar Monate Geduld haben, bat er, bis er seinen Hafer rein habe und sein Korn vortheilhaft verkauft haben werde.

" Harrassowizz wird sich schwer hüten," meinte Schmeiß darauf. Nicht wahr: damit Sie inzwischen Zeit gewinnen, die einzigen pfändbaren Objekte zu Geld zu machen, daß er dann das Nachsehen hat. Wir kennen das! Stundung giebts nicht. Wenn Sie nicht rechtzeitig zahlen, müssen Sie die Kon­sequenzen auf sich nehmen, mein Lieber!"

Mit diesem Bescheide ließ er den verdußten Alten stehen.

Der Büttnerbauer blieb den ganzen Rest des Tages in der Stadt. Er hoffte Harrassowiß noch persönlich zu treffen. Er konnte nicht glauben, daß diese Antwort von dem Händler ausgehe, auf dessen gutes Herz er baute. Aber Sam blieb heute un­sichtbar für ihn.

Dann kam er auf den Gedanken, zu dem Bankier zu gehen, der ihm neulich das Geld für die Hypo­thet gegeben hatte. Aber auch Herr Isidor Schön­berger ließ bedauern, ihn nicht annehmen zu können.

Unverrichteter Sache, schwerer denn je mit Sorgen belastet, fuhr der Büttnerbauer am Abend nach Halbenau zurück.

( Fortseyung folgt.)

Der Hündholz- Baron.

Eine Münchener Silhouette. Von Ernst Kreowski.

"

Ach,

ündhölzchen! Kauft Zündhölzchen !" der Herr Baron!" riefen einige Stamm­tischler im Pschorrbräu. Baron?"

Verdächtige Benamsung. Jedenfalls ein Spiz­name. Oder so was Aehnliches.

Der Angeredete trat aus dem Schatten heraus zum Tische. Nun konnte man ihm ja voll ins Gesicht sehen. Ein langer, dürrer Kerl mit noch dünneren, hoch aufgeschossenen Säbelbeinen. Der abgeschabte Kittel, das sah man auf den ersten Blick, hatte Pariser Schnitt" und wurde von abgewekten Tuchknöpfen in den ausgefranzten Knopflöchern über der Brust zusammengehalten. Von einer Weste dar­unter oder gar von einem Hemde schien keine Spur zu sein; denn der nackte Hals mit dem vorne beim Sprechen auf- und abglucksenden Kehlkopf, vulgo " Sauffnoten", war von dem aufgeschlagenen schmie rigen Rockfragen bedeckt. Besondere aristokratische" Gesichtszüge mochte man schwerlich entdecken, aus­genommen etwa die spige, vorne geröthete Haken­nase und der martialische Schnauzbart darunter.

Ueber das Alter des Barons" hätte man seinem reduzirten Aussehen nach kaum anderer Meinung sein können, als daß man einen starken Fünfziger vor sich sehe. Dem war aber nicht so. Dieser Mann steckte erst in den Dreißigern. Nur das schüttere, ergrauende Haar, welches um eine blanke Schädelglaze flatterte, die tief aus den Gesichtshöhlen unheimlich hervor= flackernden Augen mit den verquollenen, röthlich­

Die einzige Hoffnung blieb jeßt, daß Harrassowiz blauen Augendeckeln und triefenden Thränensäcken Stundung gewährte.

Noch ehe der Verfalltag eintrat, fuhr der Büttner­bauer in die Stadt, er wollte mit dem Händler sprechen.

Als der Bauer das Produktengeschäft von Samuel Harrassowiz betrat, wurde ihm gesagt, der Chef sei noch nicht im Comptoir. Er ging daher fort und kam nach Verlauf von einigen Stunden wieder. Diesmal wurde ihm mitgetheilt, Herr Harrassowiz sei zu sehr beschäftigt, um ihn anzunehmen. Der Büttnerbauer ließ sich nicht so leicht abweisen dies­mal. Es sei etwas sehr Wichtiges, ane gruße Sache", wie er sich ausdrückte, wegen der er mit Herrn Harrassowiß zu sprechen habe. Der Comptoirist, mit dem er bis dahin verhandelt hatte, rief einen anderen herbei, den er Herr Schmeiß" nannte.

"

Der junge Schmeiß schien bereits eingeweiht in

davor, überhaupt die Verlebtheit, Abgegriffenheit des ganzen Menschen gab ihm ein älteres Aussehen.

Man sah es deutlich: Der Baron " war ein , Bohéme", eine jener modernen Gestalten, die ihr Leben aufs Nichts gestellt, die heute verthun, was sie morgen noch nicht haben, die, Abschaum und Geißel der sogenannten Gesellschaft" zugleich, ohne Grundsäge, ohne Zweck und Ziel dahin vegetiren im Qualm der Schänken, kurz, den Stempel voll­ständigster Verlotterung und Verrottung aller phy­sischen und geistigen Kräfte offen auf der Stirn tragen.

Daß freilich eigenes Verschulden und zügelloser Leichtsinn sehr oft die traurige Ursache dieses Lebens sind, ist ja wahr.

Aber in den meisten Fällen war es Noth­verkettung, Vereitlung aller Hoffnung, jedweden ernſten