110
Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
heit der Luft und die Sauberkeit des ganzen Werkes. Die Trockenheit ist so groß, daß sie von neu eintretenden Arbeitern sogar in recht unangenehmer Weise empfunden wird, scheint indessen auf die Gesundheit nicht schädlich einzuwirken.
An mehreren Stellen erweitern sich die Gänge zu großen Hallen, in denen zu Zeiten allerlei Feſtlichkeiten abgehalten werden. Einer dieser unterirdischen Festsäle ist 50 Meter lang, 28 Meter breit und 35 Meter hoch! Von der Decke herab hängt, aus reinstem krystallenem Salz ausgehauen, ein prächtiger Kronleuchter herab, der 300 Kerzen trägt. Auch ein Heiligenbild aus Salz ist dort. Deren finden sich noch mehr in der„ Kapelle des heiligen Antonius". In einer Tiefe von über 100 Meter unter der Erde wird hier zuweilen katholischer Gottesdienst abgehalten. Der Altar ist auf's Schönste mit Säulen und Bildern geschmückt, die zum Theil künstlerisch gearbeitet sind. Alles besteht aus reinem Salz, das durch einen schwach griinlichen Schimmer den Bildsäulen ein Aussehen giebt, als wären sie aus großen Edelsteinen gemeißelt.
Die Förderung des Wieliczkaer Werkes beträgt jährlich etwa 600 000 Doppelzentner Salz, was im Verhältniß zu dem Salzverbrauch keine sehr große Menge ist.
Den Werth des Salzes wird jede Hausfrau nach Gebühr zu schäßen wissen. Es giebt nicht viel Speisen, die nicht durch einen Zusatz von Salz schmackhafter werden, selbst süße Speisen ertragen einen Salzzusatz und werden dadurch wohlschmeckender. Judessen ist das Salz für den menschlichen Körper nicht nur ein Gewürz, das die Kost dem Gaumen angenehmer machen soll, es ist ein durchaus un entbehrliches Nahrungsmittel, wenn auch nicht in dem Sinne, wie Brot und Fleisch. Satt werden fann man nicht vom Salz, größere Mengen auf einmal genossen sind sogar schädlich. Etwa 2 Eßlöffel voll genügen, um eine Bewegung hervor zubringen, mit deren Hülfe unser Magen sich solcher
Dinge, die ihm nicht gefallen, auf schleunigem Wege wieder entledigt: sie bewirken Erbrechen. Man hat deshalb in dem Kochsalz ein vorläufig anzuwendendes Gegenmittel gegen mancherlei Vergiftungen; eine größere Portion Salzwasser ist ein vorzügliches Brechmittel.
Von dem Salz, das wir genießen, wird auch unter normalen Verhältnissen der größte Theil wieder aus dem Körper mit den Stoffwechselprodukten ausgeschieden, der kleinere Theil wird in's Blut aufgenommen oder dient zur Herstellung der zur Verdauung aller Speisen nöthigen Salzsäure des Magens. Würden wir unserem Körper nur so viel Salz zuführen, als hierzu nöthig ist, so würde das doch ungeniigend sein; auch das Salz, das wieder ausgeschieden wird, erfüllt seinen Zweck im Körper durch Anregung der Verdauung und Beförderung des Stoff wechsels. In einem Jahre bedarf der Mensch über 10 Prozent seines eigenen Körpergewichtes an Salz. Die Vegetarianer, die jede Fleischkost vermeiden, haben noch einen erhöhteren Bedarf an Salz, da die Pflanzen sehr viel salzärmer sind als Fleisch, das stets Salz enthält, wenn es, roh gegessen, auch sehr nüchtern" schmeckt.
"
Eine Eigenthümlichkeit, die das Kochsalz vor anderen Salzen auszeichnet, ist die, sich in kaltem Wasser ebenso leicht und reichlich aufzulösen wie in heißem; der Unterschied ist so gering, daß er für die Praxis nicht in Betracht kommt( 100 Theile faltes Wasser lösen 36 Theile Salz auf, 100 Theile kochendes Wasser 39 Theile Salz). Wenn also in der Küche einmal eine starke Salzlösung gebraucht werden soll, so kann man sich die Mühe, heißes Wasser zu machen, ersparen.
Starke Salzlösungen wirst Du, verehrte Leserin, gelegentlich nöthig haben zum„ Pökeln" des Fleisches, wodurch demselben eine große Haltbarkeit verliehen wird. Die Fäulnißbakterien sind keine Freunde von gesalzenen Sachen und können ihnen nichts anhaben; sowie sie ungesalzenes Fleisch in kurzer Zeit zu
Grunde richten, gehen sie an gesalzenem Fleisch selbst zu Grunde. Bei langer Einwirkung freilich, wenn immer neue Schaaren dieser Fäulniẞerreger sich auf unser„ Pökelfleisch" niederlassen, erweisen sie sich doch als die Stärkeren, wenn nicht eine sehr starke Salzlösung lange Zeit auf das Fleisch eingewirkt hat. Gesalzener Hering ist auch so eine Art Pökelfleisch, dessen Konsum im Inlande unmöglich wäre ohne dies Verfahren der Haltbarmachung durch Einsalzen.
Un meinen Jungen.
Junge set' Dich auf mein Knie! Laß den Spielkram sein, den alten! Ist es niemals doch zu früh, Sich die Zukunft zu entfalten! ,, Sag', was möchtest Du mal werden?" ,, Droschkenkutscher mit zwei Pferden!" ,, Das ist nichts!" ,, Konditor!- Bäcker!" " Ja, das glaub' ich, kleiner Lecker!"
C
-
-
Von Ludwig Lessen.
,, Mutter, Mutter! Unser Kind Ist zu dumm; man sollt's kaum meinen!" ( Wisch' das Näschen ihm geschwind!) " Junge, wirst doch nicht gleich weinen? Dent' mal nach! Ist's denn so schwer? Kennst Du wirklich garnichts mehr?" " Ja... im Zirkus!- Weißt doch schon!... Wie der Onkel Monsieur Clown!"
Schweife durch die weite Welt! Schönes giebt's so viel auf Erden! Trachte nicht nach Gut und Geld, Wirst dadurch nie glücklich werden!
3 war an einem Sommerabende dort draußen in einer der langen, schmalen Straßen im Norden von Berlin , da saß Frau Mathilde Untermann in ihrer Wohnung am geöffneten Fenster und musterte mit zufriedener Miene noch einmal das behaglich ausgestattete Zimmer, das der Gäste harrte.
Es war noch tageshell, drüben in den Fenstern des Vorderhauses spiegelte sich die Abendsonne in glizernden Nefleren, und unten vom Hofe herauf drang der Lärm und das Geschrei von spielenden Kindern.
Dort inmitten des Zimmers stand eine lange, weiß gedeckte Tafel mit Schüsseln, Brotkörbchen, Tellern und allerlei Speisegeräthen- Stühle darum in schönster Ordnung. Im Hintergrunde ein rothes Plüschsopha mit zwei gleichfarbigen Sesseln davor-
-
Auch einige Krankheit erregende Bakterien werden durch Kochsalzlösungen getödtet, weshalb die Anwendung einer solchen bei leichten Erkrankungen des Halses und bei einigen flechtenartigen Ausschlägen gelegentlich Heilung im Gefolge hat.
Wenn auch selten in der Küche, so wird doch in anderen Gebieten der Haushaltung im Winter zuweilen die Nothwendigkeit vorliegen, Eis oder Schnee aufzuthauen. Auch hierzu leistet uns Salz gute Dienste. Etwas davon auf Schnee oder Eis gestreut, bringt dieselben in kurzer Zeit zum Schmelzen. Es ist dabei nun das entstehende Schmelzwasser nicht etwa wärmer geworden, sondern im Gegentheil kälter. Salzlösungen gefrieren je nach ihrer Stärke mehr oder weniger bedeutend schwerer als reines Wasser, was auch der Grund dafür ist, daß die See selbst bei ruhigem Wetter lange nicht so früh zufriert, als die Flüsse und die Binnenseen.
Von der mannigfachen Verwendung des Salzes in der Technik haben wir schon gesprochen. Interessiren kann eine Hausfrau vor Allem die Art der Verwendung des Salzes zur Herstellung der in der Küche zum Scheuern und Waschen so viel gebrauchten Soda. Ich will Dir, werthe Leserin, davon aber lieber ein ander mal erzählen, sonst könnten Deine Gedanken in der Küche sich so viel mit dem Salz beschäftigen, daß Du es gar zu fleißig verwendest und Deinem Manne am Ende gar die Suppe versalzest- und das will er nicht haben, er weiß ja, daß Du ihm gut bist.
Junge schau mir in's Gesicht! ( Kind, was hast Du schöne Augen!) Höre, was Dein Vater spricht: ,, Alles Das will garnichts taugen! Was Du wirst, ist einerlei! Heimathlos und vogelfrei
Zieh' dahin von Land zu Land, Mach' mit Allem Dich bekannt!=
Höre nicht die Leute an! Werd' ein ganzer, rechter Mann, Kampferprobt und fest und stark, Voller Kraft und Lebensmark!"
Klein- Broken. W
Von Hugo Gerlach.
eine große braune Regulatoruhr darüber an der Wand hängend. An der Seite ein prächtiges Cylinderbureau mit Photographien darauf, gegenüber eine Nußbaumkommode mit gestickten Deckchen belegt und zierlichen Nippes besetzt. Ein großer Wandspiegel im geschnigelten Rahmen hing dariiber ein grell geblimter Teppich bedeckte den Fußboden.
-
Die Hausfrau war etwa fünfzigjährig, ihr Gesicht voll und ausdruckslos, die Figur mittelgroß und rundlich. In ihrer mit buntem Puz überladenen Kleidung machte sie einen nicht weniger als sympathischen Eindruck.
Da verkündete die Uhr mit dumpfen Schlägen die siebente Abendstunde bald konnten Gäste fommenes läutete draußen ah! Sie erhob
-
-
sich und warf noch rasch einen Blick in den Spiegel. Jetzt wurde die Thür geöffnet. Eine alte Frau etwa sechzigjährig trat herein, im einfachen schwarzen Kleide, das schon oft getragen schien, das weiße Haar in der Mitte glatt gescheitelt. Schmucklos und einfach sah sie aus- recht wie eine Frau aus dem Volke, die ihr bestes Kleid ausdem Schranke geholt hat, um in eine Gesellschaft von ihresgleichen zu gehen.
Ju'n Abend, Frau Untermann," sprach sie freundlich, dieser die Hand entgegenstreckend. ,, Ju'n Abend, Frau Appert ," erwiderte die Hausfrau ein wenig herablassend.
-
" Ach Jöttekin nee!" rief die Greisin mit ungezwungener Natürlichkeit, wie Sie aber aussehen- nee herrjeh! Wie eene Fürschtin- ellojant! Fürschtinellojant!
"