Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilege.
Augenblick einen tief schmerzlichen Ausdruck an. M't einer Handbewegung schien er das Alles von sich schleudern zu wollen. Dann setzte er seinen Stund gang fort.
" Ja, was soll denn nun werden, Büttner? „ Wenn der Herr Hauptmann keinen Nath wissen." Wenn Ihr Vater damals vernünftig gewesen wäre, als ich ihn aufsuchte; damals war er noch frei, da hätten wir einen Handel abschließen können. Aber jetzt, wo ihn der Jude bereits in Sacke hat! -Mein Graf würde mich schön auslachen, went ich ihm mit dem Anfinnen käme, das Büttner'sche Gut freihändig zu erstehen. Es ist ja nicht die Schulden werth, die darauf sind. Wir brauchen ja nur die Subhastation abzuwarten; denn dazu kommt's ja doch schließlich. Wollen wir's haben, dann bieten wir eben mit. Ihr Vater hat unter allen Umständen das Nachsehen. Wir wollen nur den Wald, das sagte ich schon damals. Uns mit einem Bauernhofe belasten, dazu liegt gar fein Anlaß vor. So steht die Sache. Sie sehen, Büttner, ich kann Ihnen nicht helfen."
„ Ich habe gehört, daß Harrassowiz eine Dampf siegelei anlegen will auf unserem Gute," sagte Gustav. ,, So eine gute Gelegenheit, hat Harrassowiß gesagt, 31 einer Ziegelei, wie bei uns, gäbe es bald gar feine wieder."
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Gustav hatte das ohne Hintergedanken gesagt. Der Hauptmann stuzte bei dieser Bemerkung.„ Eine Ziegelei?" rief er.„ Habt Ihr denn Lehm?"
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" Freilich, is Lehm da! Das haben die Leute schon oft über meinen Vater gesagt, er wäre ein Gjel, daß er keine Ziegeln brennen thäte."
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Und das hat mein Harrassowiz natürlich so fort herausgefunden!" rief der Hauptmann in unverkennbarem Aerger über die Entdeckung. „ Seßt uns da womöglich eine Dampfziegelei direkt vor die Nase hin. Das fehlte wirklich noch zu Allem!"
Jezt fiel es Gustav auf einmal ein, daß die · Herrschaft vor Kurzem eine Ziegelei angelegt hatte. Nun begriff er den Aerger des Hauptmanns. Er war flug genug, zu erfassen, daß dieser Umstand günstig sei und daß man ihn ausnutzen könne. Plößlich leuchteten neue Möglichkeiten vor ihm auf, an die er nie zuvor gedacht hatte.
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Die Laune des gräflichen Güterdirektors hatte sich in den letzten Minuten wesentlich verschlechtert. Er versetzte einem Stuhle, der ihm in den Weg fam, einen Fußtritt, daß er in die äußerste Ecke flog. Nun haben wir die Bescheerung! Alles wittert so Einer aus! Alles unterbietet so ein Schuft! Verdirbt uns die Preise, zieht uns die Leute ab und verdirbt die macht uns die Kunden abspenstig ganze Bevölkerung! Mit der Ziegelei fängt es au, dann kommt eine Stärkemühle oder chemische Bleiche
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was weiß ich! Schließlich ist die Fabrit am Orte. Und dann profit Mahlzeit! Dann können wir mit der Landwirthschaft einpacken. Wie ist's denn drüben in Heigelsdorf! Esse an Esse! Die Wässer verdorben, fein Mensch mehr als Feldarbeiter 311 haben; Alles läuft in die Fabrik. So wird's hier auch noch kommen. Ich sehe schon die infamen Industriespargel am Horizonte! Alles Rauch und Kohlendunst dann! Na, da kann sich der Graf ja gratuliren, dann hat er einen Landsiz gehabt!" Im
Gustav sagte zu alledem nichts. In Stillen war er nicht unzufrieden mit dem Gange der Dinge. Besser konnte es garnicht kommen. Wenn Herrschaft und Händler sich schließlich noch um das Bauerngut rissen, dann konnte ja nur sein Vater dabei gewinnen.
Der Hauptmann blieb abermals vor dem jungen Menschen stehen, legte ihm vertraulich eine Hand auf die Schulter. Nun sagen Sie mal, Bittner! Sie find doch Unteroffizier gewesen und, wie mir scheint, ein anständiger Kerl. Soll denn nun wirklich Ihr Soll denn nun wirklich Ihr alter Vater vom Gute runter und der Jude rein?"
Gustav meinte, mit seinem Willen geschehe das gewiß nicht. Er fing an, Jenen zu durchschauen. Ganz so selbstlos und großmüthig, wie der Herr sich anstellte, war er wohl auch nicht. Es war wohl so, wie der alte Bauer neulich in seinem Aerger gesagt hatte: Den Bauern liebten die Großen, wie die Staze die Maus.
„ Das darf nicht zugelassen werden!" rief der
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Hauptmann. Das Gut ist schon lange in den Händen Ihrer Familie, wie ich höre nicht wahr? Was soll denn werden, wenn so unter dem alten bäuerlichen Grundbesitze aufgeräumt wird! Und wenn erst so Einer, wie Harrassowis, einen Fuß drinn hat, dann ist er bald Alleinherrscher. Was Sie mir da von der Ziegelei erzählt haben, Büttner, gefällt mir garnicht."
Gustav hatte bei sich beschlossen, den Mann, der so eifrige Besorgniß für seinen Vater an den Tag so eifrige Besorgniß für seinen Vater an den Tag legte, beim Worte zu nehmen. Er erklärte, mit einigen Tausend Mark sei Alles gut zu machen. Dann setzte er denselben Plan auseinander, den er neulich seinem Onkel Karl Leberecht vorgetragen hatte. Der Herr Hauptmann möge doch die vom Stretschamwirth Ernst Kaschel eingeflagte Hypothek übernehmen, bat er schließlich.
" Ich, mein Lieber?" rief Hauptmann Schroff. „ Ich bin ein armer Teufel, wie Sie. Nur noch „ Ich bin ein armer Teufel, wie Sie. Nur noch schlimmer daran, weil ich bessere Tage gesehen habe. Na, lassen wir das!... Jeder hat so sein Theil zu tragen. Nein, von mir erwarten Sie, um Gottes willen, nichts! Ich bin nur der Vertreter meiner Herrschaft; darf nichts Anderes sein."
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„ Aber vielleicht könnte sich der Hauptmann beim Herrn Grafen verwenden," meinte Gustav. Hauptmann Schroff runzelte die Stirn und strich sich mißmuthig den Bart. Der Graf! Der ist in Berlin . Der nimmt auch lieber baar Geld ein, als daß er es ausleiht. Wir haben's auch nicht zum Wegwerfen, wie Ihr Leute Euch einbilden mögt. Die Ansprüche an so einen Herrn wachsen jährlich, und die Einnahmen verringern sich. In jeßiger Zeit eine schlechte Hypothef übernehmen... Ich kann meinem Herrn mit gutem Gewissen nicht zureden."
Er hatte sich wieder in seinen Stuhl geworfen und ſann.
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erschraf, als sie den Händler erkannte, und vergaß darüber ganz, ihn zu begrüßen.
„ Ist denn mein braver Bittner zu Haus?" fragte Sam.
Die Bänerin erklärte, er sei mit Karl im Walde und Gustav sei auf's Rittergut gegangen.„ Ich bi ack ganz alleene mit den Madeln," meinte sie schüchtern.
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Recht so, Frau Büttner, recht so!" sagte der Händler im Aussteigen. Ihr Mann ist ein fleißiger Mann, immer bei der Arbeit, troß seiner Jahre. Das ist brav! Mein Kutscher kann wohl etwas Hafer bekommen für das Pferd nicht wahr?"
Die Bäuerin beeilte sich, zu versichern, daß hier Alles zu seinen Diensten stände. Sie schickte sofort Ernestine in den Stall, um Hafer und Hen für das Pferd des Herrn Harrassowitz zu besorgen.
" Leg' die Decke auf," befahl der Händler.„ Und laß Dir überschlagenes Wasser geben hörst Du! daß er mir nicht etwa Susten friegt!"
Nachdem er so für das Wohlergehen seines Thieres gesorgt hatte, wandte sich Sam wieder an die Bänerin. ,, Und mir machen sie wohl eine fleine Tasse Kaffee zurecht, beste Frau Büttner! Ich bin ganz ausgefältet von der Fahrt, und Sie kochen ja solch' ausgezeichneten Staffee; das weiß ich von neulich." Damit trat er in's Haus und flopfte der alten Fran wohlwollend auf den Rücken.
Die Bäuerin war nur zu froh, Herrn Harrassowi eine Aufmerksamkeit erweisen zu dürfen. Der Mann spielte keine geringe Rolle in den Hoffnungen und Befürchtungen der Familie. Sein Name wurde nur mit gedämpfter Stimme ausgesprochen. Die alte Frau wußte, daß ihrer Aller Wohl und Wehe in dieser Hand lag. Nach Weiberart glaubte sie, daß man einen Feind dadurch entwaffnen könne, wenn man ihm schmeichle. Troß ihrer Lähmtheit, die sich im
„ Ihr Vater hängt wohl sehr an seinem Besize Laufe des Winters verschlimmert hatte, lief sie auf was?" fragte er nach einiger Zeit.
und ab, rief den Töchtern zu, sie sollten sich sputen, Gustav meinte, der Alte würde den Verlust ließ das Feuer schüren, setzte selbst das Wasser an und schaffte heran, was nur irgend im Hause an schwerlich überleben. „ Ja, ja, das kann ich begreifen!" sagte der Leckerbissen aufzutreiben war. Hauptmann.
Schließlich sprang er auf von seinem Size. „ Ich will Ihnen mal was sagen, Büttner! Ich werde die Sache machen! Ich will dem Grafen schreiben. Versprechen kann ich nichts, aber ich kann wohl sagen, der Graf thut im Allgemeinen, was ich ihm empfehle. Die Verantwortung ist nicht klein, die ich auf mich nehme; aber ich will's thun, weil... Um der Sache willen will ich's thum."
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Sam entledigte sich inzwischen seines Nerzpelzes, der nach seiner Angabe von den Mädchen breit am Kachelofen aufgehangen wurde, damit er nicht auskühle. Dann ließ er sich selbst in der Nähe des Ein hübsches, warmes Zimmer Ofens nieder. haben Sie hier, Mama Büttnern!" sagte er in ge" Es geht nichts über müthlich scherzendem Tone. die Temperatur in den Bauernstuben. Ich wollte eigentlich erst durchfahren durch Halbenau; dann Gustav ging vom Rittergutshofe mit viel leich dachte ich: mußt doch mal sehen, was Bittner's terem Herzen, als er gekommen.
XIV.
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Samuel Harrassowiz saß in seinem halbverdeckten Wägelchen, in welchem er über Land zu fahren pflegte. Auf dem Bocke der Kutscher mit einer goldbetreẞten Livrée angethan, die Sam bei irgend einer Zwangsversteigerung billig erstanden hatte. Er war auf der Fahrt nach Wörmsbach begriffen, ein Dorf, in dem er verschiedene Häuser und Landparzellen besaß. Sein Weg führte ihn über Halbenau. Eigentlich hatte es nicht in seinem Plane gelegen, sich hier aufzuhalten, aber als er von Weitem den Giebel des Büttner'schen Hauses winfen jah, konnte er der Versuchung nicht widerstehen, einen Abstecher dorthin zu unternehmen,' mal zu sehen, wie die Dinge dort standen. Auf ein Stündchen kam es ja nicht an. Und stets auf dem Plazze sein", das war eines von Sam's Geschäftsgeheimnissen.
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Außerdem hatte er den Bauernhof und seine Bewohner nicht ungern. Harrassowiß war einer gewissen Gutmüthigkeit fähig. Er haßte Die nicht, welche er schädigte. Auch besaß er Sinn für die Gemüthlich feit. Er vertilgte nicht gierig; das war nicht flug, und man verdarb sich den Genuß. Er nahm sich Zeit und machte sich öfter das Vergnügen, um seinen Baum herumzugehen, mit den Früchten zu liebängeln, Baum herumzugehen, mit den Früchten zu liebängeln, ehe er sie schittelte.
Er gab dem Kutscher Weisung, von der großen Straße abzubiegen, und hielt bald darauf im Büttner'schen Hofe.
Die alte Vänerin erschien in der Hausthiir. Sie
machen."
( Fortsetzung folgt.)
Die Chinesen im malaiischen Archipel.
ie chinesische Auswanderung hat in den letzten Jahrzehnten immer größere Dimensionen an
genommen. lleber die ganze Jnselwelt des stillen Ozeans, von Hawai bis zu Neuseeland und dem afrikanischen Kapland, hat der bezopfte Sohn des himmlischen Reiches seinen Weg gefunden. Nicht ohne das Verdienst der europäischen Kaufleute, die den Chinesen nicht nur oft genug als billige Arbeitskraft herangeholt, sondern ihm auch erst durch die Zerstörung der bei den einheimischen Bevölkerungen vorgefundenen Wirthschaftsformen, durch die Einführung des Plantagenbetriebes, europäischer Handels- und Arbeitsverhältnisse den Boden vorbereitet haben, der ihm die Entfaltung seiner kaufmännischen Talente ermöglichte. So lange die eingeborenen Völkerschaften dieser Inseln noch, in familiengenossenschaftliche Verbände gegliedert, in mehr oder minder kommunistisch wirthschaftenden Dorfgemeinschaften lebten, fand sich zur Bethätigung des Erwerbs- und Geschäftssinnes der chinesischen Rasse wenig Gelegenheit; und wenn auch in älterer Zeit der Verkehr des Bruders Chinamann mit den Bewohnern der Philippinen und Sunda- Inseln nicht ganz gefehlt hat, so beschränkte er sich doch auf einen recht spärlichen, durch chinesische Dschunfen vermittelten Stiftenhandel.