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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

muthwillig und ganz widerwärtig" recht übel be'andelt Wanderungen durch Beit und Raum. Ursachen ergründet zu haben, welche den Werde­

zu haben scheinen. Wie wenig dantals die Bergbau­technif entwickelt war, zeigt die Thatsache, daß die Schächte höchstens 40 Meter tief, daß die Gruben­felder winzig flein waren( 36 X 36 Meter oder 1818 Lachter) und daß es deshalb zwar unge­hener viel Schächte gab, diese aber im Verhältniß zu den jezigen Gruben die reinsten Zwergbetriebe waren. So wurden im Zeitraum von 1529 bis 1627 m Tarnowiz herum über 7500,, Schächte" angelegt, " Waschungen" gab es in derselben Zeit 59," Noß­stätten" 24, sechs Hütten und nur einen Stollen.

Mit den Abgaben der Gewerken war es nicht schlimm. Das änderte sich indeß mit der Einwan derung des Geschlechtes der Grafen Henckel von Donnersmarck .

Diese Familie, die sich 1701 in eine evangelische und eine katholische Linie gespalten hat, stammt aus der Zips, aus dem ungarischen Städtchen Donners­marck. Für beträchtliche Darlehen" hatte der Markgraf Ceorg von Brandenburg im Anfang des siebzehnten Jahrhunderts die Herrschaft Beuthen an Lazarus Henckel von Donnersmarck verpfändet. An dessen Sohn wurde sie 1629 sogar verkauft. Jezt tam die Familie schnell in die Höhe, sie war zehntenfrei, wenigstens bezahlte sie keine Abgaben und war da­durch vor ihren Konkurrenten sehr im Vortheil. Im Gebiet der Herrschaft Beuthen aber war sie sehr streng gegen die Bergleute, gestattete ihnen das Schärfen überhaupt nicht und erhob wohl auch schon Abgaben, zu denen sie garnicht berechtigt war.* Dadurch und vielleicht ebenso sehr durch die schlesischen Kriege ging es mit dem Bergbau bergab, sodaß es in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts schwer wurde, ihn wieder zu beleben. Da Privat­lente wegen der Ansprüche der Henckel sich auf Bergbau überhaupt nicht einlassen wollten, mußte der Fisfus den Anfang machen.

Die Produktionszahlen aus dem vorigen Jahr hundert sind natürlich noch recht niedrig. Der erste Hochofen, selbstverständlich ein Holzkohlen- Hochofen, wurde 1718 erbaut, 1750 gab es deren 14; zu dieser letzteren Zeit betrug die jährliche Produktion etiva 25 000 Zentner Roheisen und 32000 Zentner Stabeisen. Merkwürdiger Weise besitzt Oberschlesien heute noch Holzkohlen- Hochöfen, drei, von denen 1896 allerdings nur noch einer im Betriebe war. Sie liegen in der waldreichen Gegend nördlich vom Industriebezirk, in den Kreisen Lubliniz und Rosen­berg; zwei gehören dem Rittergutsbesizer Gallinek auf Kryzamowiß, einer dem Prinzen zu Hohenlohe­Ingelfingen auf Koschentin .

Um die Galmeiproduktion machte sich ein Bres­lauer Großkaufmann verdient, Georg von Giesche, dessen Name in der großen und reichen Bergwerks­gesellschaft G. von Giesche's Erben weiter lebt. Er erhielt 1704 ein Privilegium zur Galmeigewinnung auf 20 Jahre; ihm und seinen Erben wurde es bis in den Anfang dieses Jahrhunderts hinein erneuert.

Von dem Werthe der Steinkohle wußte man noch nichts, nicht viel von Steinkohlen überhaupt. Erst 1750 beginnt eine reguläre Förderung dieses wunderbaren Minerals, und zwar bei Ruda, wo damals wie heute die bekannte Familie von Ballestrem regierte. Sofort witterte die preußische Regierung mit ihrem hierin sehr feinen Instinkt in der Kohlen­gewinnung eine ergiebige Steuerquelle. Die Bres­lauer Kriegs- und Domänenkammer seßte eine Kom­mission ein, die die Frage prüfte und versuchte, unternehmungslustige Leute zum Kohlenbergbau zit reizen. Sie hatte indeß vor der Hand kein Glück; die Abgaben waren zu hoch, und insbesondere die Familie der Henckel , auf deren Gebiet es vor Allem anfam, machte unendliche Schwierigkeiten.

( Schluß folgt.)

* Im vorigen Jahre wurde ein Prozeß der katho= lischen Linie der Grafen Henckel von Donnersmarck gegen den Bergfiskus nach neunjähriger Dauer beendigt, durch den diese Familie das Privatbergregal für eine ihrer " Herrschaften"( Beuthen - Simianowig) erfämpfen wollte. Ihre Ansprüche wurden zurückgewiesen. Das Streitobjekt tourde auf über 46 Millionen Mark geschätzt.

Von Th. Overbeck.

XV.

Die neuere Zeit der Erde und das Auftreten des Menschengeschlechts.

ine meistens fremde Welt war es, welcher wir auf unserer letzten Wanderung begegneten, und nur selten trafen wir auf anheimelnde Gestalten und bekannte Formen.

Ganz erheblich ändert sich. Dieses aber mit der den älteren, bisher besprochenen Ablagerungen auf­lagernden Braunkohlenperiode, der Molasse oder Tertiärformation.

Auch diese Schichten repräsentiren allerdings noch verschiedene Weltalter, und die Geologie gliedert fie daher in Unterabtheilungen und zwar das Eozän ( Morgenroth der neuen Welt) mit der Nummuliten­und Flyschformation* Südeuropas , Oligocän mit der älteren Molasse und der norddeutschen Braunkohlen­formation, Miocän oder die mittlere Molasse, und dann dem jüngsten Tertiär, dem Pliocän, dessen Ab­lagerungen sich vorzüglich durch die zunehmende Menge noch heute lebender Thier- und Pflanzenformen aus­zeichnen.

Schwer ist jedoch eine genaue Abgrenzung der verschiedenen Ablagerungen, denn da schon seit Ende der Kreidezeit langsam klimatische Unterschiede sich fühlbar machten, welche in älteren Zeiten ja noch völlig fehlten, so müssen die verschiedenartigsten For= men in den verschiedenen Gegenden unseres Erdballs gleichzeitig eristirt haben, wodurch sich die Frage nach dem höheren oder geringeren Alter äußerst schwierig gestaltet.

So viel steht jedoch fest, daß zur älteren und mittleren Tertiärzeit in mitteleuropäischen Breiten bis weit nach Norden hinauf noch ein Klima herrschte, weit nach Norden hinauf noch ein Kelima herrschte, das dem unserer heißen Länder ähnlich war.

Wegen der Schwierigkeit, die Altersfolge der einzelnen Tertiärablagerungen sowie die ihrer organi­schen Einschlüsse genau zu sondern, da lettere all­gemein ineinander übergreifen, welche detaillirte Son­derung der zur Verfügung stehende knappe Raum verbietet, ist hier geboten, die Flora und Fauna nur in großen Zügen zu schildern, den Gesammteindruck dieser Urwelt wiederzugeben.

Nachdem bereits in der Kreidezeit einzelne Nadel­hölzer erschienen, ähnlich denjenigen, welche der Laie gemeinhin lediglich als Nadelhölzer betrachtet, also die Abietinen, zu denen die verschiedenen Arten der Kiefern, Cedern, Fichten, Tannen und Lärchen ge­hören, treten diese Formen in der Tertiärzeit außer­hören, treten diese Formen in der Tertiärzeit außer ordentlich reich an Arten auf, wogegen die Arau­carienform, welche in den älteren Zeiten so sehr dominirte, bedeutend zurücktrat.**

Von der dieser sehr nahe stehenden Form der Sequojen, zu denen u. A. die kalifornische Riesen­fichte oder der Mammuthbaum gehört, sind aus der jüngsten Kreide- und der Tertiärzeit in Europa noch siebzig Arten bekannt, während diese Familie heute in Europa völlig ausgestorben ist, gleich vielen anderen Nadelhölzern, welche sich ebenfalls meistens nur noch in Nordamerika finden.

Aeußerst wichtig sind diese Nadelhölzer für die Descendenzlehre geworden, d. H. für diejenige in Descendenzlehre geworden, d. h. für diejenige in Fachkreisen allgemein anerkannte Lehre, nach welcher eine Thier oder Pflanzenart, konform den sich ändernden Verhältnissen, sich langsam aus einer anderen entwickelt, derart, daß aus der einfachen Amöbe und Zelle, allmälig von Generation zu Gene­ration sich langsam ändernd, meistens vervollkomm nend, schließlich komplizirte und hochstehende Thier­und Pflanzenformen hervorgingen.

Darwins Verdienst ist es, die verwickelten Ver­hältnisse dieses Entwickelungsganges geklärt und die

* Nummulitenformation, im Kalfgestein fast nur aus den Gehäusen von Wurzelfüßern mit platter, münzen­artiger Gestalt gebildet, aus welchem Gestein im Wesent lichen die egyptischen Pyramiden erbaut sind. Flysch , cine im Süden weit verbreitete Ablagerung, durchsetzt von Schilfabdrücken und Resten von Seetang.

** Lebend finden sich nur noch sechs Arten Araucarien. prozeß

bedingen; die Descendenz oder Entwickelungs­lehre selbst, nach der also die heute lebenden Orga­nismen ausnahmslos die direkten Nachkommen der Lebewesen der Vorzeit bezw. der ältesten Formen sind, aber ist erheblich älter als Darwin und haben schon Gelehrte des classischen Alterthums diese An­schauung vertreten, ohne sie jedoch begründen zu fönnen. Für die erafte Formulirung und den Aus­bau dieser Lehre haben in erster Linie Lamarck und dann auch Goethe, in neuester Zeit Häckel Her­vorragendes geleistet. Die Wichtigkeit der Nadel­hölzer für die Abstammungslehre möge nun demon­striren, daß z. B. von der Gattung Kiefer es ur­sprünglich nur eine Art gab, welche die Geologen Pinus Palaeo- Strobus benannten.

Von dieser Urart lassen sich nun in zwei Haupt­reihen, eine Art immer in die andere übergehend, sämmtliche tertiären und noch heute lebenden Arten der Kiefern ableiten.

Allerdings ist eine derartige direkte Ableitung von alten Formen auch bei verschiedenen anderen Baumarten und auch Thieren geglückt, aber bei der Kiefer tritt dieser Werdeprozeß derart unverhiillt zu Tage, daß dadurch die Nichtigkeit der Deszendenz­lehre unzweifelhaft erwiesen wird.

In der älteren und mittleren Tertiärzeit herrschte, wie bereits erwähnt, bis weit über den Polarfreis hinaus noch ein heißes Klima, mit dementsprechender Flora und Fauna.

In dem heutigen Deutschland grünten Palmen, Pandanus, Bambus und tausenderlei andere Formen heißer Zonen, bis auf wenige Ausnahmen jedoch Gattungen und Arten angehörend, welche heute nicht mehr leben; sogar in Spizbergen und auf Grön­ land fand man prächtig erhaltene versteinerte Reste von Palmen und Baumfarren.

In den Wäldern jener Zeiten tummelte sich eine reiche Thierwelt, zum Theil von noch fremdartiger, vielfach jedoch auch noch jetzt lebenden Arten ähn­licher Gestalt.

Mächtige Elephanten, der Zizenzahn oder das Mastodon, von denen verschiedene Arten bekannt sind, darunter solche mit vier Stoßzähnen, zwei großen im Oberkiefer, zwei kleine im Unterfiefer, das elephantenartige Dinotherium mit nach unten und hinten gekrümmten Stoßzähnen, Nashörner und Nilpferde, eine völlig ausgestorbene Form, das Leptiodon, halb Schwein, halb Flußpferd, belebten die Wälder und Moräste jener Zeiten.

Einige Giraffenarten, zwei Gattungen angehörend, sowie in den älteren Tertiärzeiten zwei ausgestorbene Thierformen, das tapirartige Palaeotherium mit kurzem Rüssel und drei Zehen, aus dem durch eine ganze Reihe von Zwischenstufen durch allmäliges Verschwinden der Seitenzehen und stärkeren Aus­bildung der mittleren Zehe schließlich die Einhufer, die Arten der Gattung Equus ( Pferd, Esel, Zebra usw.) hervorgingen, wie genau nachgewiesen ward, sowie eine Thierart Anoplotherium, gedrungene, lang­geschwänzte Thiere mit plumpem Kopf, welche als die Stammform der Wiederkäuer zu betrachten sind, von welcher verschiedene Spezies von der Größe eines Hasen bis zu der eines Esels sich fanden, waren vorzüglich charakteristisch. Auf diese Anoplotherien folgen lamaartige Thiere, der hirschartige, geweih­lose Xiphodon oder Degenzahn, halb Wiederkäuer, halb Schwein, schließlich echte Lamas, Hirsche, Rinder­arten und Schafe.

In Nordamerika lebten höchst wundersame Ge­schöpfe, zu denen es heute auf der Erde an Seiten­stücken fehlt.

Es waren dieses Thiere von der Lebensweise und annähernden Form der Tapire( die Gattungen Coryphodon und Dinoceras). Die nahe verwandten Brontotherien derselben Gegenden waren ebenfalls tapirartige Geschöpfe, welche an Gestalt ungefähr einem elephantengroßen Nashorn glichen.

Die schon erwähnten Dinoceraten oder Schreck­hörner waren meistens Thiere von der Größe der Elephanten mit massigen, aber kurzen Beinen, plum­pem, mit starken Hörnern bewehrtem Kopfe und, nach der Schädelform zu urtheilen, rüsselförmig ver­längerter Nase.