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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Lehre sogar leider obligatorisch in den Lehrplan der Schulen eingereiht worden, ist es daher nichts, und man hat mit diesen Geistesprodukten lediglich leeres Stroh gedroschen.
Außer den besprochenen Säugethieren lebten zur Tertiärzeit auch schon viele Vögel, ähnlich denen unserer Tage, ebenso Reptile , von denen, mit Ausnahme der erwähnten Plesiosauren aus den Tertiärzeiten Chiles , nur noch den heutigen nahestehende Formen sich finden; die barocken Drachengestalten der alten Zeiten sind verschwunden.
Erwähnenswerth sind noch die zahllosen Insekten der Braunkohlenwälder, welche, den Insekten unserer Tage nahestehend, prachtvoll im Harz verschiedener Nadelbäume des Tertiärs, dem geschäßten Bernstein, konservirt, so wundervoll erhalten überliefert sind, wie fein anderes Geschöpf der früheren Weltperioden.
Das Wasser beherbergte ebenfalls ein reiches Thier und Pflanzenleben, zum Theil sehr ähnlich dem der Jeßtwelt. Erheblich abweichend waren nur einige Walthiere und gewaltige Haifische; die kleineren Fische, sowie die niederen Thiere des Meeres: Krebse, Schnecken, Muscheln usw. sind sehr häufig schon mit den noch heute lebenden identisch.
Die fortwährende Abkühlung des Erdkörpers, in erster Linie aber wohl die Verkleinerung des Sonnendurchmessers durch Verdichtung infolge der Ausstrahlung in den Weltenraum, sowie vermuthlich die langsame Bildung eines Dunstschleiers um den Sonnenball durch erkaltende, das Licht abschwächende, metallische Dämpfe, riefen während der Tertiärzeit, vorzugsweise während der letzteren Hälfte derselben, ein allgemeines Sinfen der Temperatur hervor. Die erotische Pflanzenivelt der Polargebiete zog sich mehr und mehr nach niederen Breiten zurück, im höchsten Norden( über die antarktischen Gebiete ist noch nichts von Bedeutung bekannt) treten Formen gemäßigter Zonen und zum ersten Male Bäume mit fallendem Laube auf, welche ebenfalls langsam südwärts rückten und schließlich von der sich mit zunehmender Erfaltung endlich bildenden und dauernd vergrößernden Polareiskappe gänzlich verdrängt und vernichtet wurden.
Weiter und weiter drangen rauhe Lüfte vor, sogar bis zu ehemals und auch jezt wieder heißen oder doch eisfreien Ländern; so fand Agassig in Brasilien und Chaper in Westafrika unzweifelhafte Gletscherspuren und stehen die bekannten Gedern des Libanon auf alten Moränen, d. h. Wällen von Felstrümmern, wie sie lediglich Gletscherströme auf thürmen.
Auf der ganzen Erde herrschte mum eine Kälteperiode, die Eiszeit, welche in den heißen Ländern allerdings wohl nur die Gebirge in Mitleidenschaft 30g. Sogar in den Polargebieten war die allgemeine Vereisung weit erheblicher als zur Jeztzeit, wie dieses Nansen auf seiner legten Polarexpedition unzweifelhaft feststellte.
Es kann aus diesen verschiedenen Gründen die den ganzen Erdball seinerzeit in Mitleidenschaft ziehende Eiszeit auch nicht, wie bis jetzt meistens angenommen, tellurischen, d. h. irdischen Ursprungs,
( Schluß.)
sein, sondern kann sie einzig und allein aus dem Weltenraum stammen, und zwar durch Aenderungen der Sonnenenergie hervorgerufen sein.
Wahrscheinlich spielte ein das Licht schwächender Dunstschleier des Sonnenballes eine Hauptrolle, nach dessen Wiederauflösung durch Verdichtung und Uebergang in den glühendflüssigen Zustand das Licht des dadurch verkleinerten Sonnenballes auf's Neue sieg reich hervorbrach und eine Wiedererwärmung hervorrief, welche bis heute aushielt. Es würde zu weit führen, hier noch näher auf die Frage nach den Ursachen der Eiszeit einzugehen, über welche in Fachfreisen noch verschiedene Meinungen herrschen.
Während dieser Eiszeit sandten sämmtliche Gebirge gewaltige Gletscher thalabwärts, von denen sich in den verschiedensten Gegenden, auch in Deutsch land , deutliche Spuren, d. h. Gletscherschliffe, Riesenföpfe und Wanderblöcke finden.
Das Klima der gemäßigten Zonen war rauh und ähnelte dem der Polargebiete. Dem entsprach auch die Thier- und Pflanzenwelt.
Wälder von Kiefern, Krummholzkiefern, Weiden ind Birken bedeckten die eisfreien Stellen des jeßigen Deutschland . Gewaltige Elephanten, anfänglich sogar noch vor dem Ende der Eiszeit aussterbende Mastodonten, dann das gewaltige, pelzbedeckte Mammuth bevölkerten das ebene Land, begleitet von ebenfalls wollhaarigen Nashörnern. Mehrfach fand man in Nordsibirien in Eis eingefrorene, völlig konservirte Leichen vom Mammuth und auch Nashorn, wodurch Haut und Haar dieser Thiere genau bekannt wurden.
Außer diesen Elephanten lebten vereint mit Lemming, Vielfraß und Pfeifhasen gewaltige Ninderarten, der Auerochs, Wisent und der kleine Moschusochs, welche alle drei auch noch nach der Eiszeit sich erhielten, sowie der Riesenhirsch mit mächtigem Geweih, dessen Spizen 13-14 Fuß voneinander entfernt waren.
Das Pferd, welches, wie verschiedene Funde beweisen, die Hauptnahrung der Menschen der Eiszcit bildete, fand sich in Heerden von vielen Tausenden verbreitet.
Der Knochenbau dieses quartären( der vierten Weltperiode angehörenden) Pferdes wich noch in Einzelheiten von dem des heute lebenden Pferdes ab; dennoch aber sind die Unterschiede nur gering, und das Pferd jener Zeiten ist unzweifelhaft die Stammform des jetzt lebenden.
Höchst bemerkenswerth ist der Fund von Hunderttausenden von Steletten dieses Pferdes zu Solutret bei Lyon . Die Knochen, vorzugsweise die der Beine, sind fast ausnahmslos zerbrochen und von Feuer und Rauch geschwärzt, welche Erscheinung nur auf menschliche Thätigkeit zurückzuführen ist.
Hart neben diesem Riesengrabe befindet sich ein zweihundert Fuß hoher, steiler Felsen, der jedoch von einer Seite auf sanft geneigter Fläche leicht erstiegen werden kann.
Diesen Felsen haben offenbar Jahrtausende hindurch die noch mangelhaft bewaffneten Menschen
der Eiszeit als Falle benutzt, indem sie große Kesseltreiben veranstalteten und das geängstigte Wild, vorzugsweise Pferde, auf den Felsen trieben, von dem die flüchtenden Thiere alsdann in den Abgrund stürzten, eine willkommene Beute für die Hungrigen. Nur auf diese Weise erklärt sich, und zwar ungezwungen, das Vorkommen der rauchgeschwärzten, zersplitterten, gewaltigen Knochenhaufen.
Bei einer solch reichen Welt von Pflanzenfressern fehlten natürlich auch die Naubthiere nicht.
Der gewaltige Höhlenlöwe und der furchtbare Höhlenbär sorgten im Verein mit verschiedenen Hyänen und marderartigen Thieren für die nöthige Ver ringerung der sich stark vermehrenden Pflanzenfresser.
Eine Welt höchst sonderbarer Gestalten, welche, nach der vorzüglichen Erhaltung der Reſte zu beurtheilen, etwa gleichzeitig mit den nordischen Geschöpfen der Eiszeit lebte, fand sich im Pampasthone Siidamerikas.
Es sind dieses äußerst plumpe Geschöpfe, den heute lebenden Faulthieren nahestehend, deren größtes, das Megatherium, etwa die Länge eines Elephanten erreichte, dann auch noch gepanzerte Thiere, ähnlich dem Gürtelthiere, die Gattung Glyptodon, dessen eisenharte Riesenpanzer häufig noch so vorzüglich erhalten sind, daß die Eingeborenen sie als Hütten verwerthen.
Höchst auffällig ist nun das scheinbar plögliche und gleichzeitige Aussterben einer ganzen Neihe dieser Thiere der Eiszeit. Im Norden verschwanden von den größeren Thieren Mammuth, Nashorn und Riesenhirsch und es hielten sich nur Pferde und Ninder, die Thiere der Pampas gingen vollständig zu Grunde.
Auf welche Ursachen dieses plößliche Verschwinden großer Thiergeschlechter zurückzuführen, ist zur Zeit noch nicht genau ermittelt, doch ist als wahrscheinlich zu betrachten, daß gewaltige Erderschütterungen und Ueberfluthungen, welche das Schmelzen der Nieseneismassen bei Beendigung der Eiszeit unzweifelhaft begleiteten, sowie durch die nahezu plötzliche allgemeine Temperaturerhöhung hervorgerufene Seuchen eine hervorragende Rolle spielten.
Nach Beendigung dieser Kälteperiode der Erde nahmen nun die Verhältnisse im Wesentlichen ihre heutige Gestalt an; aber wie alles Seiende ununterbrochen Veränderungen unterworfen ist, so zeigt auch die Jeztwelt keine Ruhe, und seit der Herrschaft des Menschengeschlechts hat auch die Erdoberfläche und die sie bewohnende Lebewelt schon vielfach ihre Physiognomie verändert und wird sie auch später noch ferner verändern.
Was nun die Zukunft bringen wird, auch darüber kann die Wissenschaft einigen Aufschluß geben, wenigstens in großen Ziigen.
Es würde jedoch nicht in den Rahmen der hiermit schließenden Wanderungen passen, wenn wir näher darauf eingehen würden, und daher muß die Frage nach zukünftigen Dingen für heute auf sich beruhen bleiben.
_ Großmuffersöhnchen. a
C
Erzählung von Hans P. Lunde. Aus dem Norwegischen von E. Brausewetter.
Is Anders an einem regnerischen Herbsttage nach Hause kam, wurde er so verlegen über den Anblick Ingeborg's, die am Tisch saß und nähte, daß er über die Thürschwelle stolperte. Tritt näher, Anders," sagte sie mit spöttischem Lächeln. Du brauchst Dich nicht zu fürchten, diesmal werde ich Dir nichts zu Leide thun wie das letzte Mal."
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Aus dem einfachen Grunde," erwiderte er mit bitterem Lächeln und trat heran, weil Du diesmal Niemand hast, der Dir hilft."
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Na so, Du glaubst, es sei deshalb," sagte Ingeborg kalt, die plößlich eine troßige Miene annahm und mit den Zähnen einen Faden abriß.
Er kam sich so häßlich, so ungeschickt und schafsdumm vor, während er sich stumm an den Ofen setzte und den Rücken der Katze zu streicheln begann.
Als er noch immer schwieg, warf sie gleich gültig hin: " Wie geht's Dir sonst, Anders?" " Na- a, ganz gut!" ,, Ganz gut ist wenig. Aber wirst Du denn nicht bald was Anderes anfangen? So ein großer Mensch kann doch nicht ewig als Hirte herumlungern, meine ich."
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" Jemand muß es doch sein. Die Alten können mich nicht entbehren."
Ein neckisches Lächeln flog über ihr rundes Gesicht, das frisch von Farbe war, wie ein reifer Sommer apfel.
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her," Du willst. ihn wohl noch mehr Schuecken in den Kopf sezen? Warum sollte Anders wohl fort? Er verdient jetzt ja mehr, als er bei einem Bauer bekommen kann, nachdem er sich eine Biichse und Fischergeräth gekauft hat. Und dann wird es ja auch für nichts Unehrenhaftes angesehen, wenn Einer zeitweise den Hirten macht."
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Es war ja auch nur Scherz von mir," sagte Ingeborg halb entschuldigend.
Anders nahm seine Büchse und ging hinaus. Lange trieb er sich am Wasser umher, wo eine brausende Welle nach der anderen zwischen die großen Steine hineinspülte und sie mit einem weißen Schaum=
,, Und Du kannst Deine Großmutter nicht entschleier umschlang. Dann verbarg er sich hinter einigen behren! Wenn ich an Deiner Stelle wäre hu! ich käme um vor Langeweile solch' eine Einöde!" „ Na, na, Ingeborg," sagte Maren von der Küche
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Büschen. Er dachte beständig an die Näherin, die er gern begleiten wollte, wenn sie nach Hause ging. Sie würde zur Dämmerungszeit heimgehen, hatte