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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Allen arbeitete der eifrigste Darwinianer, Häckel, an der Lösung derselben. Dank des Interesses, welches Herr Paul von Ritter in Basel der DarwinHäckel'schen Forschung zollt, wurden die für diesen Zweck erforderlichen Geldmittel auch bald flüssig. Die Forschungsreise unternahm ein Schüler Häckel's, Richard Semon , der heute neben seinem Meister eine zoologische Professur in Jena bekleidet. 1891 wurde die eigenartige Ceratodus- Fahrt angetreten und 1893 fehrte der Forscher mit Schäßen reich beladen nach Jena zuriick. Seine Reiseerlebnisse hat er veröffentlicht in dem vorzüglichen Werke:„ Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. Reise beobachtungen eines Naturforschers in Australien , Neu- Guinea und den Molukken ", das bei W. Engelmann- Leipzig erschienen ist.
Nach den Aufzeichnungen Semon's bewohnt der australische Ceratodus nicht alle oder mehrere Gewässer des Festlandes, sondern kommt nur in zwei Flüßchen Queenlands, also im nordöstlichen Theile des Kontinents, vor, nämlich im Burnett- und MaryRiver. Da nach früheren Mittheilungen das viel gesuchte Thier das Brackwasser bewohnen sollte, wandte sich der deutsche Forscher zunächst nach der Stadt Maryborough, welche die Endstation der Bahnstrecke von Brisbane her bildet und an der Mündung des Mary- River licgt. Auch diese Notiz beruhte auf Irrthum. Auf die Versicherung kundiger Leute hin ließ sich Semon dann etwa am Mittellauf des Flüßchens nieder, das war aber im ,, australischen Busch". Durch den schon erwähnten Caldwell war bereits vor einem Jahrzehnt darauf hingewiesen worden, daß der Ceratodus ähnlich unserem Triton seine Gier zwischen Wasserpflanzen ablege. Um nun diese Kleinodien zu erlangen, mußte Semon fast selbst zum Doppelleber werden. Er und seine schwarze Hülfstruppe suchten tagaus tagein den Maryfluß meilenweit auf Ceratoduseier ab. Jedes Blatt, jeder Stengel, jedes Theilchen der Wasserpflanzen wurde der peinlichsten Untersuchung unterworfen. Lange vergebens! Endlich, es war Anfangs November, welcher Monat auf der südlichen Hemisphäre etwa unserem Mai entspricht, wurden im Pflanzen gewirr die ersten drei Eier gefunden. Caldwell's Hinweis hatte sich bestätigt. Lose im Genist hingen die kleinen Gebilde; bei ihrer grünlichen Farbe und ihrer Größe( 6 bis 7 Millimeter im Durchmesser) hatten sie auffallende Aehnlichkeit mit Froschlaich, nur daß sie eben etwas größer waren. Nun mehrten sich die Funde von Tag zu Tag, und schon konnte Semon die eigentliche Arbeit, die Entwickelung des Thieres im Ei zu studiren, beginnen. Aber noch war er zu keinem sicheren Resultat gekommen, da trat die Regenperiode ein, welche das Flüßchen in einen reißenden Strom verwandelte, wodurch weiteres
Suchen unmöglich gemacht wurde. Der Forscher verließ die Gegend und wandte sich nach Neu- Guinea , um nach der Negenzeit seine Untersuchungen fortzusezen. Nach der zweiten Ankunft vergingen wiederum Wochen, ehe die ersten Eier gefunden wurden, aber die Mühe wurde diesmal reichlich belohnt: von derselben Fundstelle erhielt Semon an siebenhundert Stück Gier, und bei dieser außerordentlichen Menge gelang es ihm auch, die ganze Entwickelungsreihe des Molchfisches zusammen zu bringen.
Schon die ersten Untersuchungen hatten Semon gelehrt, daß der Ceratodus in seinen Anfangsstadien im Wesentlichen den Amphibien gleicht. Die sorgsame Fortsetzung der Studien daheim im Studir zimmer hat dies bestätigt. Somit wurde der Beweis erbracht, daß der Ceratodus Australiens , wie auch seine Verwandten, der Schuppenmolch des Amazonenstromes und der afrikanische Protopterus, die Klassen der Fische und Amphibien wirklich verbinden. Auch der letzte Versuch der Anti- Darwinianer, in den Lurchfischen echte Fische zu sehen, die sich besonderer Umstände halber der Lungenathmung anpassen mußten, wurde dadurch hinfällig.
Von dem afrikanischen Schlammfisch weiß man, daß er sich in schlammigen Gewässern aufhält. In der regenarmen Jahreszeit, die das Austrocknen derselben zur Folge hat, wühlt er sich in den Schlamm ein und schüßt sich dadurch vor dem Vertrocknen, daß er durch reichliche Absonderung eines erhärtenden Schleimes aus seinen Hautdrüsen eine Art Kapsel um sich bildet. Jedenfalls schreitet das Thier erst im letzten Moment zu der Selbsteinsargung, denn vermöge der Lungenathmung wird es sich lange genug, selbst bei niedrigstem Wasserstande in den Tümpeln der ausgetrockneten Wafferläufe halten können. Als Krafft den ersten Geratodus sah, glaubte er annehmen zu müssen, daß dieser in derselben Weise den Sommer verschlafe wie der Afrikaner. Semon belehrte indeß die Wissenschaft eines anderen. Ceratodus hat nämlich die Wissenschaft eines anderen. Geratodus hat nämlich nicht, wie Lepidosiren und Protopterus, zwei Lungenflügel, sondern nur einen, und geräth er auf's Trockene, so ist er verloren, da die Athmung durch die eine Lunge nicht ausreicht, ihm das Leben zu erhalten. Er kann daher seinen Aufenthalt auch nur in solchen Gewässern nehmen, bei denen ein vollständiges Austrocknen ausgeschlossen ist.
Nun blieb noch die Frage: Wie konnte ein kiemenathmendes Thier zu einem lungenathmenden werden?
Wir wissen, daß die Schwimmblaſe des Fisches zu seinen wichtigsten und charakteristischsten Organen gehört. Sie entwickelt sich in Gestalt einer Ausstülpung an der oberen Wand des Vorderdarmes und bewahrt mittelst des sogenannten„ Luftganges" ihren anfänglichen Zusammenhang mit legterem sehr
Herbstfeier.
Von Robert Seidel.
in duff'ger Schleier, zart gebreitet, Verhüllt nur leicht das müde Sand, And durch die stillen Fluren schreitet Der Segen mit gefüllter Hand.
Es ziert die Welt ein reifes Schweigen Nun nach des Werdens lauter Saft, Es führt der Friede seinen Reigen And schenkt der Erde milde Raft.
Vorbei des Frühlings wildes Drängen, Das stürmisch hob an's Licht die Saat, Vorbei des Sommers glühend Hengen, Das grünes Korn gebräunt zur Mahd. Nun hat ihr Tagewerk vollendet Die große Bildnerin Natur, Nun hat sie reiche Frucht gespendet And athmet füße Ruhe nur.
häufig das ganze Leben hindurch. So entspricht sie in ihrer Entstehungsweise der Lunge der höheren Wirbelthiere und ist bei den Molchfischen thatsächlich zu einer Lunge geworden. Die Schwimmblaſe iſt mit einem aus dem Stoffwechsel des Fisches stammenden Gasgemenge erfüllt, das ähnlich wie die atmosphärische Luft aus Sauerstoff, Stickstoff und Kohlensäure besteht. Es ist nicht ungeheuerlich, wenn man annimmt, daß ein im Innern eines Thieres gelegenes luftgefülltes Organ auch einmal für direkte Aufnahme von Luft in's Blut, also zur Athmung dient. Daß dieses wirklich der Fall ist, lassen die kleinen Ansätze dazu einiger durchaus echter Fischarten erkennen. Bei unserem Ceratodus nun hat diese Umbildung in erhöhtem Maße stattgefunden; sie ist weiter fortgeschritten, indem die Wandungen der Schwinnnblase luftsaugende Blutgefäße erhalten haben und die Mündung der Blase aus dem tiefen Darm bis in den Schlund vorgerückt ist: sie ist zur Luftröhre geworden, jene zur Lunge.
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Freilich ist diese Umbildung nicht im Handumdrehen vor sich gegangen, ganz allmälig fand sie statt, und so manches Säfulum mag verflossen sein, ehe aus dem fiemenathmenden Fisch ein lungenathmendes Thier wurde. Die Geologie lehrt, daß in der Devonzeit die nördliche Halbfugel der Erde zum größten Theil mit Wasser bedeckt war, auf dessen Grund sich der sogenannte alte rothe Sandstein als Schlamm ablagerte. Im Laufe der Zeit wurde das Wasser immer flacher und immer seichter, und an Stelle der zusammenhängenden Wasserfläche traten Timpel. Alles, was sich im nassen Elemente wohl fühlte, und das war wohl das Gros der ge= sammten damaligen Fauna, zog sich in diese Wasserlöcher zurück. In dem Gewimmel wurden die weniger fräftigen Formen erdrückt; andere fanden Liebhaber sie wurden gefressen; der in der verhältnißmäßig kleinen Wassermenge enthaltene Sauerstoff wurde bald verbraucht ein Theil der Kiemenathmer ersticte; immer mehr verdunstete das Wasser, und immer sauerstoffarmer wurde es, und diese Umstände bewirkten, daß sich die alten Ceratodi neuen Verhältnissen anpassen mußten und vielleicht nach Art des heutigen Protopterus die Dürre überstanden. Vielleicht begaben sich einzelne Ceratodi auf die Wanderung. Lungenathmend schlängelten sie sich gleich unserem Aal über Land bis zu einem anderen Gewässer. Diese Wanderungen wurden ausgedehnter, was Kräftigung der Lungen einerseits und Schwächung der Kiemen andererseits zur Folge hatte, bis legtere schließlich gänzlich schwanden und nur in jüngsten Zuständen des Thieres wahrzunehmen sind. So wurde aus dem Fisch ein Molchsisch aus dem Molchfisch ein Amphibium.-
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Herbst, du hehre Friedensfeier, Nach Wettersturm und Werdeleid, Du rührst nicht deine Ruhmesleier, Du zeigst nur still dein Fruchtgeschmeid; Du willst nicht wie der Frühling prahlen, Der Blumen nur und Sieder sucht; Du willst nicht wie der Sommer strahlen, Du willst nur opfern deine Frucht.
Du reicher Herbst mit deinem Frieden, Du bist Symbol des Heldenthums, Das still im Thatenschmuck Hienieden Gewaltet, bar des lauten Ruhms;
laß uns, edler Serbff, dir gleichen, Wenn uns're Sonne geht zur Raft, Saß uns der Welt ein Füllhorn reichen Voll reifer Frucht und füßer Saft.
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