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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

als auch mit den Gestehungskosten außerordentlich zufrieden.

In der Praris haben die hier beschriebenen Apparate immerhin erst eine sehr bescheidene An­wendungssphäre, dagegen erobert sich die elektrische Metallbearbeitung ein immer weiteres Feld. Auch hier handelt es sich im Wesentlichen um eine reine Wärmewirkung des elektrischen Stromes; auch hier wird der Widerstand, den der elektrische Strom findet, ausgenutzt.

Schneidet man eine Metallstange durch und stößt man die Enden mit ihren Schnittflächen wieder zu­sammen, so findet der elektrische Strom an den Schnittflächen einen ungleich größeren Widerstand als in der übrigen Masse der Stange; an dieser Stelle wird deshalb auch eine stärkere Erwärmung stattfinden als an den übrigen Stellen. Trägt man dazu noch Sorge, daß die in der Stange selbst ent­wickelte Wärmemenge durch gute Wärmeleiter ab­geleitet, bei den Schnittflächen aber auf diese kon­zentrirt bleibt, und wendet man genügend starke Ströme an, so tann an dieser Stelle die Erhizung bis zur Weißgluth gesteigert werden. Läßt man dann noch einen starken Druck auf die Schnittfläche in der Richtung des Stabes einwirken, so ist man im Stande, die beiden aufeinander gepreßten End­flächen vollkommen zusammenzuschweißen.

Die Schwierigkeit besteht nur in der Erzeugung genügend starker Ströme, wenn es sich um das Zu­sammenschweißen von ziemlich starken Stücken handelt. Wie wir aber in dem vorausgegangenen Aufsatz ge­sehen haben, ist man leicht in der Lage, die Strom­stärke beliebig zu variiren.

Jeder elektrische Strom ist durch eine gewisse Stärke und eine gewisse Spannung charakterisirt. Die Stärke kann man sich als die Wassermenge, die Spannung als das Gefälle eines Stromes vorstellen. Der Effekt fließenden Wassers ist nun proportional der Wassermenge und dem Gefälle. Beträgt die in der Sekunde von dem Strome fortgeführte Wasser­menge beispielsweise 100 Liter 100 Kilogramm 100 Kilogramm und das Gefälle 50 Meter, so ist der Effett gleich 100X50-5000 Stilogrammimeter. Dieselbe Arbeits­leistung wird aber auch von einem Flusse hervor­gebracht, der in der Sekunde 500 Liter mit sich führt, aber nur 10 Meter Gefälle besitzt.

Ebenso ist die Arbeitsleistung eines elektrischen Stromes proportional der Stromstärke und pro= portional der Spannung. Man vermag nun leicht Man vermag nun leicht einen Strom von geringer Stärke, aber relativ hoher Spannung in einen solchen von großer Stärke, aber niedriger Spannung zu verwandeln. Während man die Transformirung auf hohe Spannung, wie wir früher gesehen haben, dann anwendet, wenn man den elektrischen Strom in diinnen Leitungen auf große Entfernungen fortleiten will; so wendet man hier in dem augenblicklich vorliegenden Falle gerade das Umgekehrte an, denn man will ja jezt gerade die Wärmewirkung des Stromes bei der Ueberwindung eines Widerstandes ausnutzen.

Man sieht hier, wie die Erkenntniß von der Natur des elektrischen Stromes bei der einen An­wendung Das auszunuzen gestattet, was für einen -anderen Anwendungszweck schädlich gewesen wäre, und umgekehrt. Auf die Details der Anwendung elektrischer Ströme zu Schweißzwecken und ihre Lei­stungen will ich an dieser Stelle nicht näher ein gehen, es sollen vielmehr zunächst noch einige andere Anwendungen der von elektrischen Strömen produ­zirten Wärme besprochen werden.( Schluß folgt.)

Wie man's macht.

Von Manfred Wittich.

ines schönen Tages kam ein junger, achtzehn jähriger Student von der hohen Schule zu Apollonia in Illyrien nach Rom . Er war von unscheinbarem Aeußeren und schwächlicher Leibes­fonstitution. Allein kam er daher, Wenigen nur

bekannt in der Hauptstadt der Welt, aber hoch fliegende Pläne wälzte der junge Manu, der Adoptiv­sohn des Cajus Julius Cäsar, in seinem Hirn. Nach nichts Geringerem strebte er, als darnach, das zu vollenden, was sein Pflegevater begonnen, aber nicht zu Ende zu führen vermocht hatte: das römische Staatswesen, nur noch dem Namen nach eine Re­publit, ein Freistaat, in eine Monarchie zu ver­wandeln und sich auf den Thron zu setzen.

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Die römische Republik war eigentlich schon seit der Zeit des Marius todt; es fehlte einzig an dem Monarchen der neue Adler, den G. Marius den Legionen( Regimentern) verlieh, verkündete das Reich der Kaiser".( Mommsen.)

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Nach Marius war Sulla zeitweise absoluter Herrscher; er dankte freiwillig ab.

Cajus Julius Cäsar steuerte bewußt und deut­lich auf die Königskrone los. Er ließ seine Statue neben die der sieben sagenhaften Könige Altroms sezen, die auf dem Kapitol, der Stadtburg Noms, standen; er trug den königlichen Purpurmantel; er erhob sich nicht von seinem Sig, wenn der Senat bei ihm erschien; er ließ Münzen mit seinem Bilde schlagen. Als ihm am 15. Februar des Jahres Als ihm am 15. Februar des Jahres 44 v. Chr. Marcus Antonius die Königskrone an tragen mußte, war aber das Murren des zuschauen den Volkes so groß, daß Cäsar sie wieder zurück­schob.

Am 15. März erlag er den 23 Dolchstichen der Verschworenen, welche nur aus Rittern und Senatoren, also Edelsten und Besten" römischer Nation, bestanden.

Daraus hat Octavianus Augustus die Lehren ge­zogen, welche er sein Leben lang treu befolgte. Alle Quellen stimmen darin überein, daß Augustus im höchsten Grade Meister der Kunst gewesen sei, seine Gedanken und Absichten, Stimmungen und Gefühle zu verbergen. Einer seiner Nachfolger auf dem römischen Kaiserthron, der Nomantifer" Julianus , den die Christen den Abtrünnigen nannten, hat eine Satire: Die Cäsaren", geschrieben, in der er seine Vor­gänger vor den Göttern Revue passiren läßt. Beim gänger vor den Göttern Revue passiren läßt. Beim Auftreten des Augustus bemerkt er: Dieser wurde bald blaß, bald roth, und fortwährend wechselte er die Farbe wie ein Ghamäleon.

Vor allen anderen Künsten verstand sich Augustus vorzüglich auf die des zähgeduldigen Zuwartens bis zu dem Augenblicke, wo sein handelndes Eingreifen mit annähernd mathematischer Sicherheit Erfolg haben mußte.

Die Leibsprüche, welche er immer im Munde führte, kennzeichnen dieses Talent: Eile mit Weile", das lateinische Dichterwort: Schnell genug geschieht, was ordentlich geschieht", und das griechische: Besser ist ein wohlbedächt'ger als ein fühner Feldhaupt­

mann."

Namentlich war es nicht seine Sache, das Kriegs­glück voreilig zu versuchen, denn er sagte:" Leute, die einem kleinen Gewinn mit Gefahr eines großen Verlustes nachjagten, glichen Denen, welche mit gol­denen Angelhaken angelten, dessen Verlust, wenn er abgerissen würde, durch keinen Fang ersetzt werden fönne."

Die geschichtliche Anekdote berichtet, Octavianus habe nur mit seinen beiden Vertrauten, dem sieg­bewährten Haudegen Agrippa und dem geschmeidigen Höfling Mäcenas , berathen, welche Staatsform dem römischen Reiche gegeben werden solle. Da soll Agrippa , der Soldat, gerathen haben, die Republik müsse wieder hergestellt werden; Mäcenas dagegen habe für die Errichtung einer Monarchie gesprochen. Daß der glatte Mäcenas zu der ihm von der Anek­dote angewiesenen Rolle recht gut paßte, ist nicht zu leugnen; desto schwerer aber kann man sich den Agrippa als einen Schwärmer für die Republik vorstellen. Die ganze hübsche Geschichte scheint nicht wahr zu sein; es ist die angebliche Erzählung wohl weiter nichts als eine Aufgabe für junge Leute, die in den Rhetorenschulen solche subtile Fragen zu be­handeln, das Für und Wider nach allen Regeln der Redekunst aufzuseßen und vorzutragen bekamen, zur Uebung ihres Scharfsinns und ihrer Sprach gewandtheit. Vor allen Dingen war Octavianus sicherlich seiner ganzen Vergangenheit nach zu jener

gewandtheit.

Zeit mit sich absolut nicht mehr wenn er es je gewesen sein sollte unflar über Das, was er aus dem römischen Reiche machen wollte. Auch betrachtete er seine beiden Vertrauten, so nahe sie ihm auch standen, wie alle anderen Leute seiner Umgebung, durchaus nur als Werkzeuge, als seine Handlanger, und selbst seinen Intimen hat er wohl nie in seinem Leben sein Inneres in so vertrauens­voller Weise erschlossen.

Als kühler, nüchterner Realpolitiker legte Augustus mehr Werth auf die Sachen, als auf ihren Namen und Schein.

Auch in der Wahl der Mittel, seine Zwecke zu erreichen, war er nicht skrupulös; er scheute nicht vor Unrecht und Gewalt zurück.

Muß Unrecht sein, so sei es um den Herrscherthron, In allem Anderen übet Zucht und fromme Scheu.

Diese Verse des griechischen Tragödiendichters Euripides führte Augustus in der lateinischen Fassung, die er ihnen gegeben hatte, des Defteren an. Ver­sagten alle milden und rechtlichen Mittel, so fam es ihn nicht allzu schwer an, mit riicksichtsloser Ge­walt und brutaler Nichtachtung von Recht und Gesetz zuzupacken. Eine vollständige Liste der Ermordungen Einzelner und der Massentödtungen aufzustellen, müssen wir uns, in Rücksicht auf den Raum, ver­sagen. Viele zwang er, wenn sie seine Pläne und Interessen nach seiner Ansicht geschädigt hatten, zum Selbstmord. Einem ungetreuen Sekretär ließ er die Beine verstümmeln, den Hofmeister seines Sohnes Cäsar, mit schweren Gewichten an dem Halse, er­säufen. Den Prätor Quintius Gallus, der bei einer Audienz eine Schreibtafel unter dem Mantel hatte und den Augustus eines Mordanschlages für verdächtig hielt hielt er glaubte, Jener verberge einen Dolch ließ er foltern, und obgleich der Prätor nichts zu gestehen hatte, stach er ihm eigenhändig die Augen aus und ließ ihn dann hinrichten.

Als die erste französische Republik beseitigt und das Königthum unter Ludwig XVIII. wieder her= gestellt war, soll dieser Herr gesagt haben: In Frankreich hat sich nichts geändert, es ist nur ein Franzose mehr da."

Eine ähnliche Verschleierung der Thatsachen war es, wenn Octavianus Augustus sich princeps civium Romanorum, d. h. den Ersten unter den römischen Bürgern, nennen ließ.

Mit dem Ehrentitel: Erster der römischen Bürger", verband allerdings Augustus namentlich die Machtbefugnisse eines wichtigen altrepublika­nischen, demokratischen Amtes, des Tribunats. Wir sehen, daß hier, wie so oft, die Alleinherrschaft gegen die altbevorrechteten Stände sich der Hülfe der breiten Volksmassen versichert, diese gegen jene ausspielt. Das altrepublikanische Volfstribunat war geschaffen worden, um Einspruch gegen volksfeind­liche Gesetze und gegen Ueberschreitungen der Amts­befugnisse seitens behördlicher Personen zu erheben. Hatte doch ein Volkstribun das Recht, die Ver­haftung eines Bürgers, ja seine Aushebung zum Kriegsdienst zu hindern. Dieses Einspruchsrecht gegen alle Geseze und Senatsbeschlüsse, und dieses schrankenlose Schutzrecht zu Gunsten jedes Unter­drückten und jedes Menschen, den der Tribun als solchen betrachtet wissen wollte, war natürlich sehr wichtig und sehr volksthümlich. Auch verlieh es seinem Inhaber religiöse Weihe und Unverleßlich­keit seiner Person.

Darum legte Augustus darauf auch hohen Werth, so hohen, daß er seine eigentliche Regierung von dem Termin der Uebernahme dieses Amtes an rechnete. Die Aussicht auf Mitregentschaft oder Thronerbschaft gründete sich in der Folgezeit auf das einem Manne übertragene Tribunenamit, wie schon Augustus seinen vertrautesten Helfern dasselbe theils auf bestimmt begrenzte Fristen, theils auf Lebenszeit verlieh.

Interessant ist die Thatsache, daß unter Augustus auf die persönliche Unverleglichkeit der Volfstribunen die Prozesse auf Majestätsbeleidigungen sich ent­

wickelten.

In einem verlegten Volfstribun war nach der ursprünglichen Anschauung die Majestät des römischen Volfes verletzt: Durch die Uebernahme des Tribunen­