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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
die Antwort, die man im Alterthum darauf zu geben verstand, war nur sehr unvollkommen. Erde, Wasser, Luft boten sich den betrachtenden Blicken fast von selbst als die dauernden Bestandtheile alles Stoffes dar; aber das Feuer war es, in welchem sich Stoffe vereinigten und wieder auseinander fielen, und so wurde diesen drei das Feuer als ein viertes Element hinzugefügt. Aus dem chaotischen Urstoff scheiden sich diese vier Bestandtheile ab und bilden in der verschiedensten Mischung die ganze Mannigfaltigkeit der Körperwelt.
sehr wohl, daß die Gewichtsverhältnisse umgekehrt waren, als sie nach diesen Annahmen sein mußten. Einzelne halfen sich wohl damit, daß sie dem Phlogiston negative Schwere zuschrieben, also einfach ein neues Wort bildeten, um die Eigenschaft auszu drücken, daß Phlogiston, zu anderen Körpern hinzu kommend, deren Gewicht vermindere. Andere waren sich der Schwierigkeit sehr wohl bewußt, die sich hier für die Phlogistontheorie ergab, aber sie waren nicht im Stande, sie zu lösen, und blieben daher bis auf Weiteres bei diesen Annahmen stehen.
Auf dieser Grundlage ist von Aristoteles ein umfassendes System aufgebaut worden, das fast zwei Jahrtausende in unbestrittener Geltung blieb. Die Kenntniß chemischer Vorgänge im Einzelnen wurde durch die Alchemisten des Mittelalters zwar nicht unerheblich bereichert; die wissenschaftliche Er kenntniß von dem Wesen der Vorgänge nahm jedoch nicht zu. Das Ziel der Alchemisten war ja auch garnicht diese Erkenntniß; ihr hauptsächlichstes Bestreben war vielmehr durch ein rein praktisches Interesse bedingt. In erster Linie war das Bemühen darauf gerichtet, den Stein der Weisen zu finden, die Kunst des Goldmachens zu erlernen; deshalb studirten sie auf jede mögliche Weise die Bedingungen, unter denen die verschiedenen Metalle Veränderungen erleiden, und versuchten, die Metalle in einander überzuführen und zu verwandeln. Schwefel und Quecksilber hielten sie für Bestandtheile aller Metalle und in späterer Zeit wurde noch Salz hinzugenommen.
sogen. Orydationstheorie, als der Sauerstoff in der Luft entdeckt wurde( 1774 durch Priestley ). Unsere Atmosphäre ist ja kein reines Gas, sondern besteht im Wesentlichen aus zwei zusammengesezten Gajen, dem Stickstoff und Sauerstoff. Schon Lavoisier erkannte, daß der Stickstoff mit der Verbrennung garnichts zu thun habe, vielmehr nicht im Stande sei, sie zu unterhalten; der Sauerstoff dagegen, die wahre Lebensluft, die wir zum Athmen und Leben brauchen, ist es, der sich bei der Verbrennung mit den brennenden Körpern verbindet. Im Allgemeinen verstehen wir unter Verbrennung die schnelle, stürmische Verbindung mit Sauerstoff, die bei Gasen unter Flammenerscheinung vor sich geht. Aber auch die langsame Vereinigung des Sauerstoffs mit Metallen ist genau derselbe Vorgang. Diese langsame Ver brennung, bei der von einer Flamme und von Feuer nichts zu sehen ist, wird eine Orydation genannt, weil der lateinische Name des Sauerstoffs Oxygenium ist. Nicht alle Metalle verbrennen oder orydiren sich mit gleicher Leichtigkeit. Die schweren, edlen Metalle Platin und Gold können nur unter ganz besonderen Umständen oxydirt werden; bei Silber geht es schon leichter und noch leichter bei Blei und Kupfer. Am befanntesten ist der Vorgang beim Eisen, das sich an der Luft mit den gelblich- braunen Rostflecken überzieht, die sich tief in das Eisen hineinfressen; doch handelt es sich hier nicht um eine einfache Orydation, sondern um einen komplizirteren Vorgang, der durch Feuchtigkeit sehr begünstigt wird. Es giebt sogar Metalle, die so gierig nach Sauerstoff sind und sich so schnell mit ihm verbinden, daß man sie gar nicht frei an der Luft liegen lassen und aufbewahren kann. Kalium und Natrium z. B. zeigen ein schmußiges, graubrannes Aussehen, so daß man sie kaum für Metalle halten möchte. Es rührt das jedoch nur davon her, daß sie an ihrer Oberfläche vollständig orydirt sind.
Richtigere Anschauungen über das Wesen der Verbrennung und des Feuers, fast der wichtigsten Erscheinung in der ganzen Chemie, konnten erst auffommen, als man wesentlich weiter in die Natur der Körper eingedrungen war. Wir können heute vom Standpunkte des sicheren Wissens aus oft faum begreifen, wie ganz einfache Vorgänge früher so ganz falsch aufgefaßt wurden. Wir unterschäzen da ganz gewaltig die Schwierigkeiten, die stets von der Menschheit überwunden werden müssen, um von gewohnten Vorstellungen los zu kommen. Das wird in Zukunft sicher nicht anders sein, als es bisher gewesen ist; ja, die weitere Verbreitung, welche die wissenschaftlichen Lehren heutzutage finden, macht das Erkennen eines Irrthums oder vielmehr das Eindringen dieser Erkenntniß in das allgemeine Urtheil noch schwieriger.
Zu dem Ziele der Metallverwandlung kam später die nähere Erforschung der Körper und ihrer Verbindungen zu Heilzwecken, wodurch zwar viele Kennt nisse im Besonderen erworben, die Natur des Feuers jedoch nicht näher erkannt wurde. Die meisten Veränderungen der Körper gehen in der Hize, während der Verbrennung, vor sich, und es war natürlich, daß dem Verbrennungsvorgang eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet wurde. Zu Ende des 17. Jahrhunderts hatte man die alte, von Aristoteles überkommene, verschwommene Auffassung, daß das Feuer selbst ein stoffliches Element sei, das mit anderen zusammen in die Körper eingehe und sie bilde, vollständig überwunden. Die Vorstellung allerdings blieb bestehen und mußte bestehen bleiben, daz die Erscheinung des Feuers mit gewissen stofflichen Eigenschaften eng verbunden sei, und diese suchte man näher zu erforschen.
Zu Anfang und in der Mitte des vorigen Jahr hunderts wurden die Gase näher erforscht. Vom Wasser war es jedem Kinde bekannt, daß es beim Frieren fest wird, beim Erhitzen dagegen kocht und siedet und sich in Dampf verwandelt. Auch bei einer Anzahl anderer Körper wurde dieser selbe Uebergang aus dem festen in den flüssigen, aus dem flüssigen in den luftförmigen Zustand erkannt; stets war hierzu Wärme nöthig, so daß die Gase geradezu als Verbindungen von Flüssigkeiten mit Wärme, wie diese wiederum als Verbindungen fester Körper mit Wärme erschienen. Dabei zeigte sich stets, daß das Gewicht der Körper unverändert blieb. Ein Pfund Eis liefert, durch Wärme in Wasser verwandelt, genau ein Pfund Wasser, und aus diesem entsteht wiederum genau ein Pfund luftförmiger Wasserdampf bei weiterer Erhizung. Allmälig befestigte sich durch solche Thatsachen die Ueberzeugung, daß die Wärme, die man sich ja ebenfalls als einen Stoff dachte, ohne jedes Gewicht sei, obwohl verschiedene Mengen von Wärme wohl unterschieden werden konnten.
Zunächst glaubte man den Grund der Brennbarkeit in einem Stoffe annehmen zu müssen, der in den brennbaren Körpern selbst enthalten sei. Dieser unbekannte Stoff, den man„ Phlogiston" nannte, sollte ein Bestandtheil aller Körper sein, die entflammt werden konnten; bei der Verbrennung wird das Phlogiston ausgetrieben, und wenn alles Phlogiston entwichen ist, muß die Verbrennung auf hören. Kohle z. B. wurde als ein sehr phlogiston reicher Körper angesehen, der daher lange brennen fann, wobei das Phlogiston auf andere Körper über geht. Blei 3. B. verwandelt sich beim Erhizen auf dem Herd eines Flammenofens, wo die Luft frei hinzutreten kann, in das gelbe Bleioryd, das von den älteren Chemikern Bleifalt genannt wurde. Demnach wurde angenommen, daß das Blei aus Bleikalk und Phlogiston bestehe, und beim Austreiben des Phlogiston Bleifalt iibrig bleibe. Wurde dieser mit Stohle erhigt, so entstand wieder metallisches Blei, denn, so meinte man, die sehr phlogistonreiche Kohle gebe an den Bleifalt Phlogiston ab, wodurch das Metall gebildet werde.
Schneidet man
sie durch, so blizen die Schnittflächen im schönsten Metallglanz; freilich überzieht sich auch die neue Fläche sehr bald mit einer grauen Orydschicht. Solche Metalle muß man daher, wenn man sie aufbewahren will, sorgsam vor Luftzutritt schützen; gewöhnlich bewahrt man sie daher in einem mit Petroleum gefüllten Fläschchen auf.
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Wie bei den Metallen, so geht auch bei den anderen festen Körpern die Verbrennung ohne Flammen erscheinung vor sich, und nur die Gase sind es, die diese Erscheinung, das Feuer im eigentlichen Sinne, darbieten. Das Feuer oder die Flamme ist also eigentlich nichts, als ein brennendes, d. h. sich mit Sauerstoff vereinigendes Gas. Wenn wir Holz oder Kohlenfeuer sehen, so ist es im Grunde nicht das Holz oder die Kohle, welche brennen; zur Vereinigung mit Sauerstoff ist eine bestimmte hohe Temperatur nöthig; bei dieser verfliichtigt sich die Kohle oder die brennbaren Bestandtheile des Holzes, und die sich entwickelnden heißen Gase verbrennen sofort bei ihrer Entstehung mit heller Flamme. Erhitzt man die Körper, ohne der Luft und dem in ihr enthaltenen Sauerstoff Zutritt zu gewähren, so kann man die entwickelten Gase fortleiten und erst da entzünden, wo sie in die Luft austreten, wie es z. B. bei unserem Leuchtgas geschieht.
Durch die bahnbrechenden Arbeiten des großen französischen Chemikers Lavoisier wurde endlich volles Licht über die Natur des Verbrennungsvorganges geschaffen. Wenn Blei oder andere Metalle verkfalft wurden, so war stets der freie Zutritt der Luft dazu nöthig, und es zeigte sich immer, daß ein bestimmtes Luftquantum bei dem Prozeß verschwand. Die Luft aber wurde als ein ursprünglich fester Körper in Verbindung mit sehr viel Wärme angesehen. Da lag der Gedanke sehr nahe, daß bei Da lag der Gedanke sehr nahe, daß bei der Verbrennung das Metall die verschwundene Luft mitsammt ihrer Wärme aufnehme. Bei dieser Auffassung erklärte es sich sofort, warum Bleikalk z. B. schwerer ist, als das metallische Blei. Nicht Phlogiston geht aus dem Blei heraus, sondern Luft mit ihrer Wärme tommt zu dem Blei hinzu. Die Wärme war ohne jedes Gewicht, und deshalb mußte die Vermehrung des Gewichts lediglich von der Luft herrühren, und Lavoisier bemühte sich auch, durch Versuche festzustellen, daß der verbrennende Körper genau so viel an Gewicht zunehme, als das verschwundene Luftquantum wiegt.
Eigentlich sollte man meinen, daß schon sehr wenige einfache Versuche die Gelehrten von der Haltlosigkeit dieser Ansicht überzeugen mußten. Wägt man das metallische Blei, so zeigt es sich stets leichter, als der Bleifalt, aus dem es entstanden ist, während andererseits Bleifalt, der sich bei der Erhizung von Blei bildet, schwerer ist als dieses. Aber gerade das Umgekehrte sollte man erwarten. Ist das Phlogiston ein Stoff, so muß doch Bleifalt und Phlogiston, die zusammen das Blei geben sollen, schwerer sein, als jedes allein, während das Blei beim Austreiben des Phlogiston leichter werden müßte. Man muß nicht denken, daß die alten Chemiker diese Beziehungen nicht kannten; sie wußten
Durch diese Anschauung, der die meisten Chemifer allmälig beitraten, war das Phlogiston nach fast 200 jähriger Herrschaft beseitigt. Die Verbrennung stellte sich als eine Vereinigung eines Körpers mit Luft dar, die uns deswegen nicht in die Augen fällt, weil der neu entstandene Körper meist luft förmig oder gasig ist und in die Atmosphäre entweicht. Aber bei den Metallen, wo die Verbrennung viel langsamer vor sich geht, bleibt er als Metallfalf in festem Zustand bestehen, und die Gewichtszunahme ist hier deswegen deutlich zu beobachten.
Ihren Schlußstein erhielt diese Auffassung, die
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Das Geheimniß des Feuers ist also von der Menschheit endgültig erkannt worden, das Näthsel hafte, was dem Verbrennungsvorgang und der Flammenerscheinung anhaftete, ist beseitigt, und volle Klarheit darüber verbreitet. Doch darf man nicht glauben, daß die Näthselfragen, die die Natur uns aufgiebt, geringer geworden sind. Der nähere Grund 3. B., der die Kohle und den Sauerstoff bei einer bestimmten hohen Temperatur unwiderstehlich 31 einander zieht, ist noch in tiefes, undurchdringliches Dunkel gehillt. So tauchen bei Beantwortung einer Frage sofort wieder neue auf, die dem denkenden Geiste keine völlige Ruhe gestatten, sondern ihn 3 immer neuer Bethätigung spornen. Die Antworten, welche auf solche Fragen gegeben werden, stehen stets im engen Zusammenhange mit dem gesammten Wissensumfang und Vorstellungsfreis einer Zeit; die Geschichte einzelner Probleme ist daher zugleich auch ein Stück von der Geschichte der Entwickelung, die die gesammte Wissenschaft durchgemacht hat.-
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