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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Thomas erhob sich widerwillig; er hätte gerne noch weiter geschlagen.
Es war jetzt heller Tag; die Sonne war über den Wiesen aufgegangen. Einige begleiteten Paul; als er schließlich sich aufgerichtet hatte, konnte er allein nicht stehen.
Thomas ging heim, gefolgt von Jesper; er schritt daher wie ein Löwe und steckte den Bauch bor. Sie sollten ihm nur nicht zu nahe kommen, die guten Burschen! drohte er. Wie sie so dahinschritten, ward Jesper nahezu verlegen über des Freundes großprahlerische Erregung.
Die Schlägerei wurde in der ganzen Umgegend besprochen und Paul wurde verlacht wegen der Prügel, die er bekommen hatte. Thomas dagegen Thomas dagegen war ein firer Bursch.
Wer aber trotz alledem Jörgine bekam, das war Paul. So endete die Geschichte. Sie wollte ihn haben. Nach der Schlägerei empfand sie für Thomas nur Verachtung.
So machten denn Paul und Jörgine Hochzeit. Da feines von Beiden das älteste Kind in der Familie war, so richtete man ihnen einen der Ausmärferhöfe unten an der Ane ein und zwar denjenigen, der dem Spanghofe gerade gegenüber lag. Sie mußten Schulden machen, aber sie waren jung und konnten sich emporarbeiten.
Acht Jahre vergingen, ohne daß die beiden Männer sich seit jener Johannisnacht gesehen hätten.
Da, eines Spätnachmittags, erschien Thomas Spanghof bei Paul. Haftig betrat er das Zimmer. Es war angefüllt mit Kindern in allen Größen. Jörgine saß da und wiegte das Jüngste; als sie Thomas erblickte, sant sie auf ihrem Stuhl zusammen und blickte ihn furchtsam an.
Thomas blickte erst sie an, darnach alle die Kleinen und fragte furz nach dem Mann. Paul kam und schielte verwundert nach Thomas hin.
Als sie aber fünf Minuten später der SpangHofbesizer verließ, saßen sowohl Paul als Jörgine schweigend da, blickten einander an und ließen ver
zagt den Kopf hängen. zagt den Kopf hängen. Thomas hatte ihnen das Geld gekündigt; die Papiere waren in seinem Besitz, er hatte sie gekauft.
Diese Sache erregte Aufsehen in der Umgegend; man sagte Thomas nach, daß er bösartig sei. Aber er bestand auf sein Recht, und Paul mußte von seinen Ländereien verkaufen, um ihn zufrieden zu stellen.
Von der Zeit an ging es Paul schlecht. Er konnte die Ausgaben nicht bestreiten, und Thomas vom Spanghof verfolgte ihn. Paul hatte, um die Hauptschuld tilgen zu können, außerdem noch baares Geld leihen müssen. Thomas versuchte sich der Papiere zu bemächtigen, jedoch die Besizer wollten Prozeß gegen den Nachbar an, wegen der Berech= tigung des Fischens in der Aue. Nach Verlauf von zwei Jahren gewann Paul den Prozeß; aber da hatte er schon die Wiese, auf welcher die ganze Sache beruhte, veräußern müssen. Der Käufer übergab sie sofort dem Thomas.
Paul und Jörgine wurden glücklich und bekamen sie nicht verkaufen. Da strengte Thomas einen im Laufe der Zeit alle Jahre ein Kind.
Mit dem Nachbarhofe wurde kein Verkehr gepflogen, im Sommer gingen die Leute beim Heuen auf je einer Seite der Aue, ohne einander anzublicken. Das Gesinde vertrug sich ebenfalls nicht.
Thomas Spanghof legte sich auf den Pferdehandel und wurde ein verdrießlicher, wortfarger Mensch, den Niemand leiden mochte. Nachdem er den Hof geerbt hatte, verheirathete er sich.
Damit noch nicht genug, ließ Thomas Paul wegen eines Grenzzeichens vor Gericht laden. Auch hier gewann Paul; aber er wurde arm dabei.
Paul war zu der Zeit ein etwas fränflicher Mann, sein Wesen war überhaupt von jener blassen Verzagtheit, die Bitterkeit und Halsstarrigkeit ver bergen soll. Hin und wieder, wenn Jemand ihn beklagte, fonnte er zu weinen aufangen und dann schimpfte er hinterher. Wieder prozeſſirte er mit Thomas Spaughof, diesmal wegen unerlaubten Grasens auf fremdem Gebiet".
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Die Sache war noch unentschieden; sie hatte schon ein Jahr gedauert. Den ganzen Sommer über war Paul sehr unruhig; das Urtheil mußte im Herbst fallen, und wenn er verlor, dann mußte er den Hof verlassen, das wußte er.
In demselben Jahre war dann die große Dürre, von der die Leute noch heute reden.
Mit Ausnahme einiger Gewitterschauer fiel fein Regen vom Frühjahr an, und diese vermochten nur den Staub an der Oberfläche aufzuwühlen und die Erde wie pockennarbig aussehen zu machen.
Lange warteten die Bauern so geduldig wie das Korn. Es wuchs trotzdem; es versuchte gleichsam vorsichtig so in aller Stille ein wenig zu wachsen. Aber die Aussichten waren schlecht. Als der Sommer fam, sprach man davon, was vielleicht noch gerettet werden könne. Das bedeutete, daß man auf so viel wie nur eben möglich Verzicht geleistet hatte. Aber der Regen kam nicht.
Da stand nun das franke Korn auf den Feldern, Hafer, so lang wie ein Finger, Roggen, so weiß wie gebleichtes Haar und mit halbtauben Aehren. Draußen, auf den weniger geschüßten Feldern am Fjord, wuchs fast nichts. Lange, lange glaubte man immer noch, daß ein Regen die Saat zu retten vers möge, aber die Hoffnung und Zuversicht wurden schwächer und schwächer, genau wie die Halme auf den Feldern.
( Schluß folgt.)
( Fo
Läng
Hospital.
ie Hoffnung scheint wie Stroh in feuchlem Stall zu blinken.
Macht dir die Welpe Angst, von ihrem Hlug betäubt? Siehst du, da immer noch die milde Sonne täubt? Was schliefest du nicht ein, geftükt von deiner Linken!
So nimm dies Waffer hier aus kühlem Brunnenschacht Und frinke, schlafe. Sieh', ich will auch ganz verffummen, Und wenn du leife träumt, dir Wiegenlieder summen, Wie einem Kinde, dem besorgt die Mutter wacht.
' s ist Mittag schon. Madame, verlassen Sie ihn, bitke. Er schläff. Wie seltsam weich der Frau gedämpfte Schriffe
Anklingen im Gehirn dem armen, kranken Mann.
' s ist Mittag schon. Ich liek nach seinen Blumen fehen.
So schlaf. Die Hoffnung blinkt von fern. B fagk mir, wann, September- Rosen, wollt ihr jemals auferstehen? Nach Paul Verlaine .
Im Waisenhaus zu Lübeck . Der in Dresden lebende Gotthard Kühl nimmt unter den deutschen Malern der Gegenwart in gewissem Betracht eine führende Stellung cin; er ist der Erste, der sich dem Interieurbilde als dem Hauptgebiete seiner Kunst zugewandt, in demselben Sinne, in dem die alten Holländer es zu so hoher Vollendung entwickelt haben. Es ist eine schlichte, intime Kunst, deren bestes Merkmal die liebevolle Durchführung reizvoller Details und im echten Sinne des Wortes gentüthlicher Szenen aus dem Leben ist. Den heutigen Maler fesselt auch im Interieur stärker noch, als es schon beim früheren der Fall war, das Spiel des einfallenden Lichts: wie es, am liebsten durch eine hochgelegene Deffnung, etwa durch ein hohes Fenster, auf den Boden und auf die Wände fällt und von da sich in Reflex
Feuilleton.
lichtern über den ganzen Raum verbreitet und im Hintergrunde allmälig verliert. Und natürlich ist die heutige Interieurmalerei von der modernen Farbenanschauung getragen; lichtere Farbenwerthe, fein durchgebildete Nuancen, wie sie die naturalistische Malerei hervorgezogen hat, geben diesen Bildern denselben Farbencharakter, wie den modernen Landschaften. Gotthard Kühl sucht seine Motive an sehr verschieden gearteten Orten, mit Vorliebe in den Dielen niederdeutscher Häuser, in denen oft ein Fleischer oder ein Krämer mit den von ihm feilgebotenen Waaren zugleich für die schönsten malerischen Motive sorgt, während in dem hohen, nur durch die halbgeöffnete Thür und die oberen Thorfenster erleuchteten Raum ein schummeriges Licht herrscht; oder er malt Bureauſtuben mit gelben Möbeln, verstaubten Aftenbündeln und Gitterfenstern, die von den Sonnenstrahlen zierlich auf dem Fußboden nachgezeichnet werden. Ein schimmerndes Gelb, ein sanftes, tiefes Roth und ein weiches, feuchtes Blau sind die vorherrschenden Farben auf seinen Bildern. Sind Menschen in diesen Räumen, so ruhen sie meist; müde Grcise, deren Lebensarbeit gethan ist, sigen, in stillem Sinnen allein oder in Gruppen miteinander plaudernd, auf den Bänken des Alimännerhauses, Bergarbeiter warten in einem Häuschen vor der Schicht, bis die Reihe der Einfahrt an sie kommt. Auch das Motiv unseres heutigen Bildes findet sich häufig auf Kühl's Bildern: Waisenmädchen, bei der Arbeit oder beim Spiel. Sie sind eingeschlossen in die hohen, engen Mauern des Asyls, aber der Frohsinn der Jugend läßt sich auch bei ihnen nicht unterdrücken; sie sind lustig beim Spiel, sie scherzen und lachen bei der leichten Küchenarbeit. Das Bild zeigt Kühl's Art; das freundliche Licht im engen Hofe, die lichten Wände mit den Bildern, das Holzgeländer, der blanke Kupferkessel und sein Inhalt, der für die Küche bestimmt ist all' das eint sich zu einem anmuthenden, von Licht erfüllten und zu einer feinen Farbenharmonie gestimmten Ganzen.-
Herbsttag. Die Landschaft der deutschen Mittelgebirgsgegenden erfreut sich heute einer besonderen Gunst der Maler. Die sanften Höhenzüge kommen der Freude an bestimmt gezeichneten, großen Linien entgegen, die sich jezt wieder geltend macht; die Dörfer und Städtchen, die in den Senkungen zwischen den Höhen eingebettet liegen, gewähren von der Höhe einen lieblichen Anblick. Der Münchener Paul Hey gehört zu der Gruppe von Malern, deren Kunst nicht mehr von den Stürmen der ersten Zeit in der modernen Bewegung zeugt, die aber
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in ehrlicher Arbeit das Gewonnene verwerthen, als ruhige, gefestigte Künstler schlichte Bilder ohne große Ansprüche, aber von ernster und tiefer Auffassung malen. Von der Bank unter den beiden mächtigen Linden geht auf unserem Bilde der Blick hinunter in das Thal und über die Dächer der kleinen Stadt und darüber hinweg zu der weiten Hochebene, die bis an den Horizont sich erstreckt. Höhen find fahl und von den Bäumen fällt Blatt um Blatt. Es ist schon frisch hier oben, der alte Hirte, der auf der Bank sizt, hat den Mantel über die Schulter geworfen, um sich vor dem scha. fen Winde zu schützen. Der Dirne freilich, die im Vorbeigehen auf ein paar läuft herum, als wäre es im Hochsommer, dem jungen Blut wird das rauhe Wetter noch nicht gefährlich.
Ein- und Ausfälle.
Schlägt ein Mensch todt den andern, So nennt's ein Jeder Mord: Doch tödten sich tausend im Kampfe - So braucht man ein and'res Wort!
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Was heut Ihr Recht nennt und verbrieftHa, wenn Ihr Euch recht tief vertieft In's Buch der Zeit, Ihr werdet lesen: ' s ist Raub und Unrecht einst gewesen!
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mit
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Sieh, welch' ein Zug um diese Nase liegt, Ich glaube gar, der fromme Mann, er riecht Manchmal aus längst vergang'ner Zeitenluft Mit Schmunzeln eines Kezerbratens Duft!
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So rührend pries er heute das Glück Der Armen vor seinen Frommen Er hat, die Antwort tam gestern zurück, Gehaltszulage bekommen! Oscar Linke.
Nachdruck des Jnhalts verboten!
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