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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Grad' wie er den Kopf hob, sah er einen Mann in Volstrup der Ort lag anderthalb Meilen entfernt einen ungeheuer großen Mann, der sich bückte und die Landschaft wie einen Teppich aufzurollen begann. Er half mit den Füßen nach, rollte Felder und Häuser, Höfe und Bäume zusammen. Hinter ihm war Alles eine graue Fläche.

Als er eine Meile aufgerollt hatte, ging er ein paar Meilen weiter und begann dort von Neuem. Die Sonne beschien seinen schwarzen Wollkopf.

Thomas sah sich dieses Schauspiel eine Weile an, dann lächelte er ungläubig:

,, Steh' stille!" sagte er gedämpft und halb lachend. Aber im selben Augenblick war der Mann verschwunden.

Eine Weile saß Thomas schweigend da, es wetterleuchtete in seinem Antlig; er verzog heftig den Mund und schlug auf die Pferde los. Während es in scharfem Trabe heimwärts ging, war Thomas sehr unruhig. Seine groben Hände zitterten.

Als er die Anhöhe vor dem Spanghofe hin­unterfuhr und der starke Luftdruck sein Gesicht traf, sah er plötzlich auf dem Wege vor sich etwas Dunkles aufflattern und ihm entgegen kommen.

Im Nu hatte es ihn erreicht und flog ihm direkt in's Gesicht. Es schlug wie eine Stahlstange gegen einen Stein so singend scharf, daß sein Kopf davonsprang wie ein Gi.

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Thomas Spanghof fiel rücklings in den Wagen; die Pferde liefen von selbst in den Hof hinein. Vor der Tränke hielten sie an, und als der Knecht herbei­gelaufen fam, sah er, daß Thomas auf dem Boden des Wagens lag.

Thomas Spanghof hatte Delirium. Die Leute lachten und sagten: Erschossen wird der nicht, der gehängt werden soll.

Aber Thomas erholte sich noch einmal. So­lange der Anfall dauerte, mußten sechs Mann ihn halten. Doch er war zähelebig.

Als er sich erholt hatte, war er eine Weile sehr still und umgänglich. Er fämpfte gegen seine Leidenschaft an, verlor den Appetit und ward schlaff aus Enthaltsamkeit. Als dann aber eines Tages die Leidenschaft wieder durchbrach, ging es reißend die Leidenschaft wieder durchbrach, ging es reißend bergab. Er raste wie ein wilder Ochse, der den Wagen zerschlägt, durch einen strohgedeckten Torf­schuppen bricht und schließlich mit gebrochenen Gliedern in einem Wachholderstrauch stecken bleibt, den man fällen muß, um das Fleisch lösen zu fönnen.

Thomas vergeudete eine Menge Geld; am letzten Tage seines Aufseins warf er 1200 Kronen hin, es war schändlich, wie er wirthschaftete. Er war in Salling mit einem Hengst gewesen und hatte das Geld bekommen. Auf der Rückfahrt bekam er einen Anfall auf der Fähre.

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Laßt mich rudern!" verlangte er plößlich mit verdrehten Augen und wankte nach der Ruderbank. Es war zehn Uhr Vormittags.

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Die Fähre trieb weiter, es war starke Strömung im Sund.

Die beiden breiten Fährknechte hatten ihre liebe Noth mit Thomas; er gröhlte und schlug wild imm sich, sie kämpften eine halbe Stunde lang mit ihm, bis sie vor Schweiß trieften.

Inzwischen trieb die Fähre am Fischerdorf vor­bei, von wo man ihnen Hilfe sandte. Vier Maun hielten Thomas fest. Der Schaum stand ihm vor'm Munde und er athmete schwer.

Trotzdem ward er ziemlich ruhig und ging reht vernünftig an Land. In dem Fährgasthof verlangte er Getränke, und da sie ihm nichts verabreichen wollten, erhob er sich rasend, um irgend ein unhe I anzustiften. Er saß am Tischende und indem er aufsprang, schob er die Tischplatte derartig ab, daß sie an die entgegengesetzte Wand flog. Aber Thomas selber bekam einen so gewaltigen Stoß in den Unter­leib, daß er ohumächtig wurde.

Sie gossen Essig auf seine Schläfen und riefen

Nein!" sagte Laust, einer der Fährknechte. ihn wieder in's Leben zurück. Und sobald Thomas " Das können wir nicht erlauben."

Thomas stieg über die lezte Ruderbank hinweg und packte Laust an der Gurgel. Laust hielt die schwere Nuderstange und konnte nicht aufstehen, aber er warf sich hintenüber und entging ihm auf diese Weise.

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Nimm das Ruder, Christen!" rief er seinem vorn stehenden Gefährten zu, dann ſegte er über die Nuderbank hinweg und packte Thomas um den Leib. Thomas warf ihn auf den Boden des Prahms, daß das Fahrzeug schwankte, aber Laust war auch nicht ohne, er packte ihn wieder an und sie kämpften gewaltig miteinander.

Mit einem Griff in den Rüfen zog Thomas plöglich Lauft die Wolljacke über den Kopf und wollte ihn über Bord schleudern. Aber jetzt ließ Christen die Ruder fahren und kam Laust zu Hülfe.

wieder sigen konnte, schlug er um sich. Noch ehe sie ihn bewältigen konnten, raste er los und räumte das Zimmer. Er schlug Alles kurz und flein. Es war zwei Uhr Nachmittags, als si: ihn endlich mit Lebensgefahr überwältigten. Nun banden sie ihn und führten ihn heim.

Als sie ihn hineintrugen, hob Thomas seine zusammengebundenen Beine und stieß den Thürrahmen ein, daß der Kaltstaub ihnen nur so um die Stöpfe wirbelte.

Er raste bis gegen Abend, darnach fiel er in einen halb bewußtlosen Zustand, der einige Tage andauerte. Als es zu Ende ging, phantasirte er und gebrauchte unchristliche Redensarten.

Jezt liegt er auf einem der öden Kirchhöfe oben in Jütland begraben, wo der eine Grabhügel genau so aussieht wie der andere.

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Feuilleton.

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Der fremde Wanderer.*

er fremde Wanderer singt ein Tied Don der Both.

Es lauscht ihm der graubärtige Schmied Und sein blondes Weib die beiden Jungen Sind spielend wieder fortgesprungen.

Der fremde Wanderer ift grau und bla Von der Both.

Sein riffiger Mantel ist schwer und nah. Und was der fremde Wanderer lingk, Hart an die niedern Mauern dringt.

Bwischen des Tiedes Töne klangen Hammerschläge auf Eisenstangen.

Wilhelm von Scholz .

Auf dem Heimwege. Es war ein saures Stück Arbeit, stundenlang draußen auf den Hängen herum­zufteigen und tiefgebückt mit der frummen Handsichel das Biegenfutter zu schneiden. Und dann, als der Tag ver­blich, war noch das Riesenbündel auf den Schultern heimwärts zu tragen. Da ist auch für das kraftvolle Mädel die niedrige Mauer eine Erlösung; auf einen Augenblick hat sie die Last abgelegt und streckt nun den vom langen Bücken schmerzenden Rücken. Auch das fleine Mädchen hat gern den Krug, den es hinausgebracht hat auf's Feld, hingesezt und sich bequem auf die Mauer gelagert. Es ist eine prächtige, fernige Erscheinung, die Magd; bei aller Kraft und bei aller Dürftigkeit der Kleidung, des derben, kurzen Rockes, der groben Schuhe, entbehrt sie der Anmuth nicht. Prächtig ist vor Allem die Haltung herausgebracht, dieses wohlige Recken und Dehnen der von dem schweren Druck befreiten starken Glieder; wie gemeißelt steht die Gestalt vor uns. In dem ebenmäßigen, ja schönen Geficht aber figt der Ernst; schier Trotz ist es. Das macht die immerwährende, nie * us, Ste Berlenschnur". Eine Anthologie mederner Byrit. Herausgegeben von Ludwig Gemmel. Berlin unb Setpatg. Schufter& Boeffler.

abreißende Arbeit, die alle Lust und Freude am Dasein dämpft und erwürgt, trog Jugend und Lebensfülle.

Schacht mit Gleitspirale zur Rettung aus brennenden Gebäuden. Eine eigenartige Vorrichtung zur Nettung aus Feuersgefahr wird seit einiger Zeit in Amerika in Form eines Gleitschachtes an oder in Gebäuden her­gerichtet. Ein aus Stahlblech angefertigter Zylinder­mantel von etwa 1/4 bis 2 Meter Durchmesser hat im Inneren eine spiralförmige Gleitbahn. Dieser Schacht reicht vom Parterre bis zum Dach und hat in der Höhen­lage des Fußbodens eines jeden Stockwerkes einen Zu­gang. Die Gleitbahn selbst befieht aus Stahlplatten, Die unter der hydraulischen Presse ihre gekrümmte Form erhalten haben und auf der oberen Fläche glatt polirt find. In der Mitte des Zylinders befindet sich bis zum Dach ein Stahlrohr von etwa 75 Millimeter Durch­messer, das hauptsächlich als Wasserzulcitung dient, dann aber auch zur besseren Befestigung der mit dem großen Stahlzylinder vernieteten Gleitspirale benutzt wird. Von dem Wasserleitungsrohr gehen in die Höhe der Stock­werke radial durch die Zylinderwand hindurch Zweig­rohre ab, die beim Ausbruch von Feuer zum Löschen dienen.

Die Thüren zum Rettungszylinder schlagen nach Innen auf, legen sich gegen die Zylinderwand, so daß also der Verkehr auf der Spirale nicht durch die auf­gesperrten Thüren gestört werden kann, und schließen sich automatisch. Bisher wurden derartige Rettungs­schächte meist zirka 60 Centimeter von den Häusern ent­fernt aufgeführt und die seitlichen Zugänge in der Höhe jedes Stockwerkes durch kleine Podestanlagen erzielt. Diese Vermittelungswege erhielten dann seitliche Ein­fassungen von starken Drahtneßen, um jedes Herunter­fallen von Menschen zu verhindern. Während sich die Rettungsthüren in den verschiedenen Stockwerken durch leichten Druck nach Innen öffnen, giebt die untere Thür naturgemäß den Ausgang durch gelinden Druck nach Außen frei. Ein solcher Rettungsbau ruht auf einem Biegelsteinfundament und ist mit dem Gebäude in geeig­neter Weise veranfert.

Der Gebrauch solcher Rettungsvorrichtungen ist einfach: Man tritt durch irgend eine Thür auf die spiral­förmige Gleitebene und läßt sich nun in fizender ober Itegenber Stellung hinabrutschen. Wie zweckmäßig eine berartige Borrichtung ist, geht wohl am besten daraus

Berantwortlicher Rebatteur: Oscar Rüb1 in Charlottenburg .

hervor, daß alle öffentlichen Schulen, mehrere Waisen häuser, ein Kranken- und ein Armenhaus in Louisville Samit versehen wurden; einschließlich mehrerer Fabriken haben in dieser Stadt jezt schon achtzig Gebäude und etwa vierzig Häuser in anderen Orten Rettungsschächte dieser Art. In einer achtstöckigen Tabaffabrik ist der Gleitschacht fast 43 Meter hoch. Die Neigungen und Krümmungen der Spiralen sind so bemessen, daß Per­sonen, welche in verschiedenen Stockwerken und zu ver schiedenen Zeiten in den Schacht einsteigen, mit gleich­mäßiger Schnelligkeit hinabfahren, ohne daß bisher eine übergroße Geschwindigkeit der Bewegung oder ein Zu sammenstoß verschiedener Menschen beobachtet wurde. In einem Schachte von zirka 20 Meter Höhe dauert die Zeit des Hinabgleitens etwa 17 Sefunden. In cinem anderen Rettungsschacht famen über 500 Personen darunter mehrere mit dem Kopf voran! ohne jeden Schaden an der Ausgangsthür an. In einer Schule wurden 135 Personen mit der Einrichtung des Rettungs schachtes vertraut gemacht; in ciner Minute hatten alle Kinder das Straßen- Niveau unbeschädigt erreicht, und ein Knabe, der wegen lahmer Füße Strücken mitnehmen mußte, hatte diese Rutschpartie mit seinen Krücken unter dem Arm ebenfalls gut mitgemacht.

Die Nettungsschächte haken an der Außenseite eine eiserne Leiter, damit die Feuerwehr direkt zum Dache emporſteigen fann. Auf einer solchen Leiter hatte in einer anderen Schule ein Feuerwehrmann Aufstehung genommen, der die zirka 12 Meter hohe Strecke nach der Abgabe des Feuersignals sofort herunterzuſteigen hatte; von den bereits mit dem Rettungsschacht bekannt gemachten Schulkindern hatten aber bereits über dreißig den Erd­boden mit Hülfe der Gleitspirale erreicht, ehe der geübte Feuerwehrmann die Leiter heruntergestiegen war. In Amerika , wo über 200 000 Personen bereits durch solche Schächte aus luftigen Höhen zur Mutter Erde herab gefahren sind, hat sich bisher auch noch nicht ein Unglück Sabei ereignet.

gr.

Alle für die Redaktion der ,, Nenen Welt" bestimmten Sendungen sind nach Berlin , SW 19, Beuthstraße 2, zu richten.

Nachdruck des Jnhalts verboten!

Berlag: Hamburger Buchbruceret und Berlagsanftalt Huer& Co. in Hamburg .

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- Drud: Mar Babing in Berita.

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