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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Die Papierfabrikation.

Von Heinrich Vogel.

chon im elften Jahrhundert wurde das er­funden, was wir heute Papier nennen. Es besteht aus einer dünnen, zusammengepreßten Schicht von start verfilzten vegetabilischen Fasern. Um es möglichst billig herstellen zu können, hat man von jeher zur Papierfabrikation das Fasermaterial nicht so verwendet, wie es pon den Pflanzen ge= liefert wurde; sondern erst, nachdem es als Leinen­oder Baumwollenzeug anderen Zwecken gedient hatte, benuste man die zurückbleibenden Lumpen zur Her­stellung von Papier  .

Die Fasern bestehen alle aus Cellulose, die mit verschiedenen Klebstoffen überzogen sind. Reine Cellulose ist, chemisch betrachtet, ein Kohlenhydrat, besteht aus 6 Atomen Kohlenstoff, 10 Atomen Wasserstoff und 5 Atomen Sauerstoff und hat dieselbe prozentuale Zusammensetzung wie Stärke.

Bis in unser Jahrhundert wurde Papier   nur aus leinenen und baumwollenen Lumpen hergestellt. Man ließ die nassen Lumpen in einem zugedeckten Behälter zusammengedrückt zwei bis drei Tage faulen; dadurch wurde der Klebstoff  , der die Cellulose ein­hüllt, soweit gelöst, daß die dann mit vielem Wasser zerstampften Lumpen gänzlich von der einhüllenden Materie befreit wurden. Später ging man dazu über, die Klebstoffe der Gellulose statt durch das stinkende Faulen durch Kochen in starker Natronlauge auszuscheiden; anstatt sie zu zerstampfen, zerfaserte man die Stoffe in mit Messern beseßten, bewegten Trommeln, den sogenannten Holländern. Außerdem bleichte man nach der Erfindung des Chlorkalks den Papierbrei mit Chlorkalk. War dies geschehen, so wurde durch Zusatz von unterschiefligsaurem Natron ( Antichlor) die zerstörende Wirkung des Chlors auf die Faser selbst verhindert. Nachdem dann der größte Theil des Wassers abgelaufen war, wurde der zurück­gebliebene Brei auf ein Sieb geschöpft, das ein Arbeiter hin und herschüttelte. Dann blieb eine dünne verfilzte Schicht auf dem Siebe, die sogleich auf ein dickes Filztuch gebracht und mit einem an­deren Filztuch zugedeckt wurde.

abgelaufen ist. Die völlige Entwässerung erfolgt dann auf Filztüchern, die sich an das Sieb an= schließen, und zwischen erwärmten Walzen.

Der große Bedarf von Papier   kann schon lange nicht mehr mit der Verarbeitung von Lumpen allein gedeckt werden; denn es giebt bei Weitem nicht so so viel Leinen- und Baumwollabfälle, als Cellulose als Schreib und Zeitungspapier gebraucht wird. Schon im vorigen Jahrhundert wurden deshalb in einigen Ländern Ausfuhrzölle auf Lumpen erhoben. Aber diese Maßregel genügte nicht. Man mußte an Ersatz für die Lumpen denken. Es wurden Versuche mit Stroh, mit afrikanischem Alfagras und anderen Materialien gemacht. Natürlich waren diese Versuche nicht gleich von Erfolg gekrönt, und man wurde daher mißtrauisch gegen jeden Ersatz des Lumpenpapiers. Einzelne dieser sogenannten Ersatz­stoffe waren in der That nichts werth. So sette man dem Papierbrei Massen von Gips und ähn­lichem Material bei, das wohl die Masse des Papiers vermehrte, aber seine Festigkeit sehr be­einträchtigte.

War eine größere Anzahl solcher Schichten auf einander gestapelt, so brachte man sie unter eine Presse, in der das Wasser zum größten Theil ab­gepreßt wurde; die einzelnen Papierbogen erhielten so eine größere Festigkeit. Dann wurden sie aus den Filztüchern herausgenommen und vollständig ge= trocknet. So konnten sie als Druck- oder Verpack­papier verwendet werden.

stellung eines beliebigen anderen, bei dem Prozeß auftretenden Stoffes anzumelden, um so nebenbei die Cellulose gewinnen zu können. Da das ver­wendete Tannen- und Fichtenholz, wie die meisten Hölzer, auch einen gewissen Gehalt an Gerbstoff besißt, beantragte er ein Patent zur Herstellung von Gerbstofflauge durch Kochen von Holz in einer Lange von Calciumbisulfit unter einem Drucke von etiva 15 Atmosphären. Weil ein solcher Vorschlag bis dahin nirgends gemacht worden war, obwohl man Gerbstoff auf andere Weise weit bequemer und billiger gewinnen fann, so wurde auf dieses Verfahren der Patentschutz ertheilt, und die von Mitscherlich autorisirten Fabriken fabrizirten unter diesem Schube längere Zeit allein die schnell beliebt gewordene Sulfitcellulose. Die Gegner, namentlich die Natron cellulosefabrikanten beruhigten sich indessen nicht, sie fochten die Gültigkeit des Patentes an, schließlich mit Erfolg, indem sie nachwiesen, daß seit dem Tage der Anmeldung noch nicht i Kilogramm aus der Sulfitlauge hergestelltes Gerbstoffmaterial käuflich zu haben sei, und daß das ganze Verfahren nur deil Zweck habe, einem Verfahren der Celluloseherstellung Patentschuß zu erwirken, das nicht patentfähig sei. Das Patent wurde also, soweit es sich auf das Kochen des Holzes bezog, für nichtig erklärt und nur die von Mitscherlich angemeldete Herstellungsweise der Sulfitlauge blieb patentrechtlich geschüßt, da sie in der That neu war. Das Verfahren bestand darin, daß man Pyrite( Schwefeleisen) röstete und dabei entstehende schweflige Säure in einen 25 Meter hohen thurmartigen Apparat leitete, der mit Kalkstein- oder Magnefitstücken gefüllt war. Diese wurden von oben mit Wasser berieselt, und die aufsteigende schweflige Säure, die sich in dem Wasser löfte, verband sich mit dem Kalt zu Calciumbisulfit, das in dem herab­rieselnden Wasser gelöst und am Fuße des Thurmes gesammelt wurde. Obgleich nun der Patentschutz für den Sulfitkocher selbst nicht mehr bestand, waren die anderen Fabrikanten, die nach diesem Verfahren Sulfitcellulose herstellen wollten, nach wie vor ge nöthigt, sich wegen der Lizenz auf diese Thürme an die Aktiengesellschaft für Maschinenfabrikation in Aschaffenburg   zu wenden, der das Patent abgetreten war. Jezt sind alle Streitigkeiten um dieses Patent hinfällig, da in Deutschland   Patente nur fünfzehn Jahre in Kraft bleiben, das 1876 angemeldete also 1893 erlosch. Auch erfand man später noch ein bequemeres und billigeres Verfahren zur Herstellung der Sulfitlauge.

Indessen gelang es der Papierfabrikation, sich mit Hülfe der erweiterten chemischen Kenntnisse fast vollständig von der Verwendung von Lumpen unab­hängig zu machen und dabei nicht nur ein Surrogat, sondern einen vollständigen Ersaz für Lumpenpapier zu liefern. In viele Papierfabriken kommen heute überhaupt keine Lumpen mehr hinein. Gegenwärtig ist das Material für den bei Weitem größten Theil des angefertigten Papieres Holz. Zwar waren auch die ersten Versuche mit Holzstoff nicht erfolgreich. Im Jahre 1846 wurde in Süddeutschland zuerst ein sogenannter Holzschliff in der Weise hergestellt, daß die Hölzer gegen einen nassen Mühlenstein ge­drückt wurden, der sie zermahlte. Der hierdurch gewonnene Holzbrei war natürlich kaum faserig und seine Verfilzungsfähigkeit sehr gering. Dabei er­schwerten die in ihm enthaltenen Harzbestandtheile schwerten die in ihm enthaltenen Harzbestandtheile und die Farb- und Gerbstoffe das Bleichen. Man konnte diesen Papierschliff nur als Zusatz zu Lumpen papier verwenden, indem es die Masse des Papieres vermehrte, während die Lumpen die Haltbarkeit geben mußten. Man erkannte daraus, daß man aus Holzcellulose nur ein brauchbares Papier her­stellen konnte, wenn die Cellulose von den sie um­schließenden Harzstoffen 2c. befreit würde, und eine größere Verfilzbarkeit allein zu erreichen war, wenn die Zerkleinerung nicht durch Zermahlen bewirkt wurde. Coupier und Mellier erreichten dies zuerst 1852 durch anhaltendes Kochen von in 15 Zentimeter dicke Scheiben geschnittenem Holze mit Natronlauge unter einem Drucke von zehn Atmosphären. Die aus dem Kocher kommenden Scheiben sahen dunkelbraun aus, doch sind nunmehr die die Cellulose einhüllenden Harze 2c. in Wasser löslich und werden, wenn man die Holzscheiben zerstampft und mit einer großen Menge Wassers anrührt, vollständig ausgelaugt; alsdann kann die ziemlich langfaserige Cellulose leicht mit Chlorkalt gebleicht und für sich oder im Holländer mit Lumpenbrei verarbeitet werden und liefert ein brauchbares Papier.

Wenn das Papier als Schreibpapier dienen sollte, mußte es geleimt werden. Dem Papierbrei wurde Alaun und Leim zugesetzt; dabei schlägt sich die im Alaun enthaltene Thonerde auf die Faser nieder und bindet gleichzeitig den Leim auf dieser. Wenn dann der so hergestellte Papierbrei auf die Siebe gebracht wird, läuft nur das Wasser ab, der Leim bleibt an den Fäserchen haften und verklebt sie beim Trocknen mit einander. Dadurch wird ihre Kapillarität aufgehoben, so daß man auf dem so hergestellten Papier schreiben kann, ohne daß die Tinte ausläuft. Neuerdings leimt man Schreib­papier nicht mehr mit Leim, sondern mit Harzseife. Da die Oberfläche des mit der Hand auf Sieben hergestellten Papiers nicht sehr eben sein konnte, so mußte alles Handpapier nachträglich geglättet werden. Dies geschah früher durch Glätten auf einer glatten Unterlage, jetzt wird es durch Satiniren zwischen fein polirten Stahlwalzen besorgt.

Bei dem zunehmenden Verbrauch von Papier  wurde die Handarbeit immer mehr durch Maschinen­arbeit verdrängt. Früher konnten die einzelnen Bogen nur so groß sein wie das größte Sieb, mit dem ein Arbeiter noch hantiren konnte; jest liefern die Maschinen das Papier in endlosen Nollen von bedeutender Breite, indem der Papierbrei auf einem endlosem Siebe aus feinem Messingdraht, das sich ununterbrochen schüttelnd vorwärts bewegt und ein in sich zuriickkehrendes Ganzes bildet, so weit fort­geführt wird, bis der größte Theil des Wassers

Seit dem Jahre 1884 ist indessen diesem unter dem Namen Natroncellulose viel zur Papierfabrikation verwendeten Material ein mächtiger Konkurrent in der sogenannten Sulfitcellulose erwachsen.

Im Jahre 1874 hatte Ail. Mitscherlich gefunden, daß man die Holzfaser durch starkes Kochen mit sauren, schwefligsauren Salzen vortheilhafter von den sie einhüllenden Harzstoffen befreien kann, und daß die Cellulose dadurch weniger angegriffen wird, daß die Celluloſe dadurch weniger angegriffen wird, als durch Kochen mit Natronlauge. Aber als er an die praktische Verwerthung seines Verfahrens gehen wollte und es zum Patent anmeldete, erhielt er den Bescheid, daß schon im Jahre 1866 von einem Engländer B. Tilghman die Wirksamkeit der sauren schwefligsauren Salze( Bisulfite) zur Ge­winnung reiner Holzcellulose beschrieben worden war. In Deutschland   darf aber nichts zum Patent an­gemeldet werden, was schon von einem Anderen in gleicher oder ähnlicher Weise beschrieben worden ist, gleicher oder ähnlicher Weise beschrieben worden ist, wenn nicht seit der legten öffentlichen Mittheilung

50 Jahre verstrichen sind.

Mitscherlich versuchte nun, ein Patent auf Her­

aus

Die Sulfitcellulose zeigt gegenüber der Natron­cellulose so bedeutende Vorzüge, daß die Natrons cellulosefabrikanten sich allmälig fast sämmtlich ents schlossen, ihre Fabriken für Sulfitfabrikation unzubauen. Man baut diese Kocher jetzt gleich von mächtigem Umfange, in einer Höhe von 8 Meter und einem Durchmesser von 4 Meter, so daß man bequem mit einem Omnibus hindurch fahren könnte. Sie werden, da Eisen von den Laugen stark angegriffen wird und Blei den starken Atmosphärendruck nicht aushält, innen mit zwei Lagen säurefesten Steinen in der Weise überkleidet, daß die mit Cement   gut verschmierten Fugen der unteren Lage gegen die der oberen Lage um die Hälfte verschoben sind. Erst dieser Schuß mantel sichert den äußeren eisernen Kessel vor dem baldigen Zerfressenwerden. Geheizt werden sie von innen durch mehrere Systeme von starken Bie: röhren. Obwohl die äußeren eisernen Kessel von stärksten Material hergestellt und mit einer dreifachen Reihe von Nieten die einzelnen Bleche aneinander befestigt werden, sind solche Kocher doch schon mehrfach explodirt und haben einen gewaltigen Materialschaden und Vernichtung von Menschenleben zur Folge gehabt.

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Das Sulfitcelluloseverfahren hat sich allmälig der Papierfabrikation so überwiegend bemächtigt, daß trotz des sehr gestiegenen Papierverbrauchs an die Stelle des früheren Mangels an Lumpen jetzt ein Mangel an Verwendung für sie getreten ist und ihre Preise bedeutend zurückgegangen sind. Für die in den Papierfabriken beschäftigten Arbeiter ist dies insofern kein Nachtheil, als gerade das Verarbeiten der unreinen Lumpen bei ihnen besonders häufig Krankheiten verursacht.

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