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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Noch verderblicher für die fruchtbaren Küsten­länder und Inseln der Nordsee   erwies sich aber der neue Kanal, wenn die sehr häufigen, früher unge= fährlichen Südweststürme einsetzten, welche erfahrungs­mäßig fast stets in West und schließlich Nordwest übergehen. Ungeheuere, früher unbekannte Wasser­massen wälzten sich dann vor dem Sturme aus dem Atlantischen Ozean durch den Kanal in die Nordsee  , der dann in West und Nordwest sich umseßende Orkan aber peitschte diese Fluthen gegen die Küsten, Inseln und in die Ströme, und trieb die Gewässer hier zu früher nie gekannter Höhe empor.

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Traf nun zu allem Unglück ein solcher Sturm mit Neumond oder Vollmond zusammen, zu welchen Zeiten auch ohne Sturm der Wasserstand schon außerordentlich hoch ist es ist dieses die Zeit der es ist dieses die Zeit der Springfluthen, die sich alle 14 Tage einstellen- so traten oft die entseßlichsten Katastrophen ein, große Landflächen, viele Orte und Tausende und Abertausende von Menschen gingen zu Grunde.

Die furchtbarsten Erdbeben haben nicht grauen­voller gewithet wie diese mit dem Orkane über das bewohnte Land dahinbrausenden Fluthen des Ozeans. Die Chroniken berichten darüber vielfach. Die ältesten Berichte sind natürlich sehr lückenhaft, erst seitdem mit der Reformation Kirchenbücher eingeführt wurden, werden die Mittheilungen völlig sicher. Die älteste Sturmfluth über die die Chroniſten berichten, die gleichzeitig die erste Veranlassung gab die Weser einzudeichen, d. h. beiderseits mit Schußdämmen für das dahinterliegende flache Uferland zu versehen, ist die Fluth vom Jahre 1012. Ein alter Reim­chroniſt Rennerus( Renner) berichtet über dieselbe: De Elve und de Wesserfloth Sind düsse Tied geworden grot Und hebben velen   Schaden dahn, Darob is man tho Rade gahn Den Wesserdiek to maken.

Später sagt er noch über diese Fluth: De Elve und de Wesser branden in drei Tage lang. Se wurden baben de Mate grot und lefen awer. Do dat Water wedder wegfoll, wurden viele dode Lude gefunden, darvan quam ene grote Pestilenzia.

Gewaltig war auch die große Fluth vom Jahre 1144, über die der Mönch Gotefried und der friesische Historiker Ubbo Emmius   berichten. Das Wasser der See drang bei dieser Gelegenheit zwölf Meilen weit in's Land hinein und verband einen Tag lang quer durch das Land die untere Weser und Elbe  . Im Jahre 1164 verwüstete eine Fluth ganz Nordfriesland  ; im Kirchspiel Brunsbüttel kamen fast alle Menschen um's Leben. 1216 ertranken in Nordfriesland   10 000 Personen, dieselbe Anzahl fiel im Jahre 1219 der Marcellusfluth( man benannte die Fluthen meistens nach den Heiligen der be­treffenden Tage) zum Opfer; 1218 bildete sich ein Theil der Jahde. Im Jahre 1277, am Weihnachts tage, entstand durch eine Riesenfluth der 6 Quadrat­meilen große Dollart; bei dieser Gelegenheit wurden eine Stadt und 50 Flecken und Dörfer nebst allen Bewohnern vom Meere verschlungen. Die zweite Marcellusfluth, die halb Helgoland fortriß und 7600 Menschen tödtete, ereignete sich 1300. Im Jahre 1362 brausten die Meereswogen wieder über ganz Nordfriesland   dahin, 30 Kirchspiele nebst sämmtlichen Bewohnern wurden vernichtet; diese Fluth nennen die Chronisten, wegen der gewaltigen Verluste an Menschenleben auch die große Mannes­tränke."

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Im 15. Jahrhundert traten fiinf große Fluthen ein, im 16. sind erstens bemerkenswerth die Sturm­fluthen von 1509 und 1511( die Antonifluth), die der Jahde ihre jezige Gestalt gaben, gleichzeitig jedoch die Dörfer Seediek, Dowens und Oberahn vernichteten. Einige kleine grüne Inseln im Jahde­busen, auf denen viele Seevögel brüten, heißen nach dem letzteren Dorfe noch heute im Volksmunde die Oberahnischen Felder.

Die schrecklichste Fluth, die sich aber je ereignete, war die Allerheiligenfluth( 1. November) des Jahres 1570. Unerwartet, in finsterer Nacht brach dieselbe herein mit einem furchtbaren, plötzlich losbrechenden Orfane; wahrscheinlich war dieses ein gewaltiger Zyklon. In wenigen Stunden war das ganze Küsten­

land von Holland   bis Jütland   eine tosende Wasser­wüste. Sämmtliche Deiche brachen, kein Ort ward verschont. Diese entsezliche Fluth vernichtete über 100 000 Menschen.

Das 17. Jahrhundert brachte 13 Fluthen, von denen die bedeutendste die Katharinenfluth( 25. No­vember) 1685 war, bei der die Wesermarschen am rechten Ufer besonders litten; darnach lag der Bezirk Osterstade drei Jahre lang uneingedeicht der See und der Weser   frei. Höchst merkwürdig war eine Fluth im Jahre 1630, bei der ebenfalls die Weser­marschen ernsthaft geschädigt wurden. Mitten im Sommer, bei schönstem Sonnenschein und ohne daß der Wind einsetzte, stieg das Wasser scheinbar ohne Veranlassung höher und höher, zerriß die Deiche, zerstörte viele Aecker und Früchte und zog sich dann ruhig wieder zurück. Bis jetzt ist diese sturmlose Sommerfluth unerklärt geblieben. Höchstwahrschein lich war sie das Resultat einer aus den Isländischen  Meeren heranbrausenden Erdbebenwelle, die aus dem Norden um Schottland   und gleichzeitig von Siiden durch den Kanal in die Nordsee   eindrang. Diese beiden Wellen hemmiten sich nun gegenseitig, erhöhten aber gleichzeitig das Meeresniveau bedeutend, das Resultat war eine relativ ruhige Ueberfluthung des Landes.

Auch das vorige Jahrhundert brachte eine Reihe von Katastrophen. Am bemerkenswerthesten ist die Weihnachtsfluth von 1717, am Christabend, die Weihnachtsfluth von 1717, am Christabend, die eintrat, nachdem schon Tage lang ein Südweststurm eintrat, nachdem schon Tage lang ein Südweststurm riesige Wassermassen durch den Kanal in die Nord­ see   getrieben. Vorzugsweise litten die oldenburgischen Marschen; noch heute finden sich dort in vielen Kirchen Gedenktafeln, die furchtbare Einzelheiten be­richten. Auch bei dieser Fluth ertranken viele Tausende, sogar in der Stadt Hamburg   etwa 200 Personen. Nach dieser Fluth lag Osterstade wieder zwei Jahre lang offen ohne Deich und jede ge­wöhnliche Fluth drang in's Land. Stärker und stärker sowie höher machte man jetzt unter schweren Geldopfern die Deiche, unterstützt durch die Maschinen der Neuzeit und so fam es, daß in diesem Jahr hundert eigentlich nur noch zwei Sturmfluthen ver­hängnißvoll wurden. Die uneingedeichten, kleinen Die uneingedeichten, kleinen Inseln an der Westküste Schleswig- Holsteins, die Inseln an der Westküste Schleswig- Holsteins, die Halligen, die letzten Reste eines einst meilenbreiten Marschlandes allerdings litten nach wie vor vielfach. Marschlandes allerdings litten nach wie vor vielfach. Diese Fluthen unseres Jahrhunderts sind die Februar­fluth von 1824, welche viele Deiche durchbrach und fluth von 1824, welche viele Deiche durchbrach und auf den Halligen gewaltig hauste, sowie die ge­waltige Sturmfluth in der Neujahrsnacht 1854/55. Diese letztere zerstörte viele Deiche Ostfrieslands  , sowie der Weser   und Elbe   und richtete u. A. im sowie der Weser   und Elbe   und richtete u. A. im Elbthale in der Nähe Hamburgs  , wo fast alle Deiche brachen, gewaltigen Schaden an.

Der Schreiber dieser Zeilen machte diese lettere schauerliche Sturmfluth und Sturmnacht unter höchst kritischen Verhältnissen als neunjähriger Stnabe in der furchtbar bedrohten Hannoverschen Wesermarsch, Osterstade, in dem der oldenburgischen Stadt Brake  gegenüberliegenden Dorfe Aschwarden, nahe der See, persönlich mit und fann daher aus eigener Anschauung darüber berichten.

Am 30. und 31. Dezember 1854 brach ein Süd­westorkan los von solcher Gewalt, daß viele Per­sonen vom Sturm niedergeworfen und nicht wenige Häuser der Dächer beraubt wurden; dieser Sturm trieb unendliche Wassermassen aus dem Ozean in die Nordsee  ; dazu war es Springfluthzeit. Als nun der Sturm mehr nach Westen drehte, drangen ges waltige Wassermassen gegen die Küste und in die Weser   und Elbe  . In fürzester Frist wurden alle Außendeichländereien hoch überschwemmt, die Weser  Außendeichländereien hoch überschwemmt, die Weser bei Brate wurde so zu einem Meeresarme von fast einer Meile Breite. Schon am Nachmittage des Schon am Nachmittage des 31. Dezember sah es am Deiche, der etwa 400 Schritt westlich von dem Orte verlief, höchst bedenklich aus. Sturzsee auf Sturzsee fletterte die schwach geneigte Böschung des wohl 30 Fuß hohen Deiches hinauf und riß bald tiefe Höhlungen in das Erdreich. Der Wasserspiegel stand noch etwa 1/2 Meter unter der oberen Deichkante, der mit einem Fahrwege gekrönten 15 Fuß breiten Deichkappe. Das Dorf Aschwarden  aber lag gleich den übrigen Ortschaften der Marsch

inmitten grüner Wiesen in gleicher Höhe mit dem Fuße des Deiches, nur das Zentrum des Dorfes lag auf einer kleinen Bodenanschwellung, der höchste Punkt desselben aber immer noch 15 Fuß tiefer als die Deichkappe.

Im Falle eines Deichbruches war daher der Ort voraussichtlich verloren, denn die dann heranbrausen­den, haushohen Fluthen hätten ihn wohl sicher fort­gewaschen. Die gesammte, arbeitsfähige, männliche Bevölkerung der Marsch war zum Schutz auf den fünf Meilen langen, von Bremerhaven   bis zu den Höhen von Rekum bei Vegesack   sich erstreckenden Deich beordert. Zahlreiche Wagen schafften Sandsäcke herbei, mit denen die in die Deichböschung gerissenen Löcher wieder ausgefüllt wurden. Wo es möglich war, ward der sich lösende Rasen durch lange Strohjeile befestigt, d. h. festgenäht, indem die Seile mittelſt für diesen Zweck eigens tonstruirter eiserner Gabeln tief in das Erdreich eingetrieben wurden, derart, daß schließlich die Böschung ein dichtes Strohgeflecht

bildete.

Die Ebbe trat ein, das Wasser sant einige Fuß und augenblicklich war die Gefahr vorüber, darunt wurden die meisten Mannschaf.en, um auszuruhen, nach Hause geschickt, aber für die Nacht erwartete man Schlimmes.

Der Sturm heulte weiter und nahm fortwährend an Gewalt zu. Niemand dachte an Schlafen, eine Katastrophe schien unvermeidlich. Am Abend stieg die auf die Ebbe folgende Fluth rapide, höher und höher flomm sie am Deiche empor, weit höher, als am Tage zuvor; die Gefahr stieg auf's Höchste.

In allen Orten ward jetzt in finsterster Nacht Sturm geblasen, die gesammte männliche Bevölkerung eilte wieder zum Deich zu neuem Kampf, auch größere Knaben mußten mit helfen.

Graufig war der Anblick vom Deiche aus. Am Himmel jagten vor dem Sturme her dunkle, tie­hängende Wolkenmassen; eine nachtschwarze, endlos in der Finsterniß verschwindende donnernde Wasser­wiiste, von der die weißen, sich zischend überſtürzenden Schaumlämme der heranbrausenden Wogen sich grell abhoben, lag fast in gleicher Höhe mit der Deich­kappe. In spizem Winkel rauschten die gewaltigen, jetzt salzigen Wogen heran, an dem Deiche brechend, und brandend über diesen hinwegstürzend. Ununter­brochen gurgelten bedeutende Wassermassen, ein stunden­langer schwacher Wasserfall, an der steilen Innen­böschung des Deiches in das tiefliegende Land hinab.

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Kaum war es noch möglich, sich auf dem Deiche zu halten und die zahllosen kleinen Reparaturen des selben auszuführen. Jetzt stand die immer noch steigende See nur noch einen Fuß unter der oberen Stante des Deiches, immer gewaltiger rauschten die Fluthen über die Kappe, und das Schlimmste war, daß der höchste Wasserstand erst in etwa einer Stunde zu erwarten war. An verschiedenen Stellen, bei denen Kappstürze drohten, mußte der Deich pro visorisch schnell etwas erhöht werden, durch verfloch sein. tene, eingeschlagene Pfähle und dazwischen gepackten Strohdinger.

Alles schien jetzt.verloren.

Das Brechen und völlige Ueberfluthen des Deiches war jede Sefunde zu erwarten.

Da plöglich zeigte sich eine wunderbare Er scheinung. Das Wasser stieg nicht mehr, troz Sturm und Fluth. Es gab hierfür nur eine Gr klärung: an einer anderen Stelle war der Deich ges brochen und die brillende See stürzte irgendwo hinab auf das tief liegende Land. War es an unserem Ufer, wenn auch vielleicht Stunden weit entfernt, so war aller Kampf umsonst gewesen. Aber hinter uns zischte keine Wasserfluth heran, und doch hätte dies bald geschehen müssen, denn die tosenden Gewässer eines Deichbruches schießen mit der Ge­schwindigkeit eines Eisenbahnzuges dahin.

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Das Unglück hatte also das andere Ufer der Weser, die oldenburgische Seite heimgesucht. früher schon so oft start betroffene Land Osterstade war für dieses Mal gerettet.

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