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Nr. 132.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

15. Jahrg.

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Mernsprecher: Mmt I, Mr. 1508. Telegramm Adresse: Bozialdemokrat Berlin".

Bentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion SW. 19, Beuth- Straße 2.

Die Reformpartei.

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Donnerstag, den 9. Juni 1898.

treten derselben gegen die bundesräthliche Verordnung war so brutal, daß selbst in den eigenen Reihen Empörung entstand. Auf dem Parteitage zu Halle im Oktober 1896 wurde die Haltung der Partei in dieser Frage gerügt, aber die Tadler brangen in keiner Weise durch, es wurde vielmehr folgender höchst charakteristischer Antrag angenommen:

" Der Parteitag erkennt bie Gründe an, welche die Fraktion gezwungen haben, bei der Eigenart der Bäckereibetriebe der Ver­ordnung des Bundesrathes hinsichtlich des Marimal- Arbeits­tages Widerstand zu leisten. Grundsätzlich spricht der Parteitag aus: 1. daß die Fraktion dem Programm entsprechend die Förde rung fich angelegen sein lassen soll, sofern in Groß- und Staats­betrieben begonnen wird und diese die Kosten tragen, und daß 2. der Einführung solcher Schutzmaßregeln für Gesellen und Lehr­linge durch die Handwerker- Organisation vor allen behördlichen Eingriffen der Vorzug zu geben ist."

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Wahlkampf.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

dem Grafen von Lerchenfeld: Köfering  , verfaßt worden. Dieses Dokument scheint allerdings eine Privatarbeit des Grafen gewesen zu sein und tein im Ministerum eines Bundesstaats ausgearbeiteter Enuvurf." In diesem Lichte haben also beide Theile recht, sowohl diejenigen, welche das Vorhanden­sein eines solchen Entwurfs behaupten, als auch diejenigen, die es dementiren. Immerhin dürfte der Privatarbeit eines solchen Verfassers eine hohe symptomatische Bedeutung nicht abzu­sprechen sein."

Was sagen nun die Offiziösen, was die bayerische   Regierung, was der so als Umstürzler der Verfassung hingestellte hochgeborene Graf von Lerchenfeld- Köfering, was Graf Posadowsky   zu dieser Enthüllung?

Die Nationalliberalen und das Wahlrecht.

In einer Anzahl Wahlkreise versprechen jetzt die National­liberalen die Wahrung aller verfassungsmäßigen Freiheits- und Voltsrechte, insbesondere des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts.

Wir möchten warnen, daß diese Versprechungen etwa sehr ernst: tände der nationalliberalen Vereine 2c. für ihre Kandidaten alles genommen werden. Jezt können die Wahlausschüsse und die Vor­mögliche versprechen, die Kandidaten selbst brauchen sich nachher da burch gar nicht für gebunden halten.

Aber wenn auch die Kandidaten selbst dergleichen Zusagen machen, wie leicht ist es nach der Wahl, zu erklären: Meine damalige Zu­fage beruhte auf ganz bestimmten Voraussetzungen, jezt sind ganz, andere Umstände eingetreten, die mich zu einer Renderung des damaligen Standpunkts zwingen. Man kann die Parteien, die sich, wirken Mißtrauen erwedt, nicht vertrauensvoll behandeln, wenn fie stets unzuverlässig bewiesen haben und deren allgemeines politisches: schöne Zusagen machen.

Die nationalliberale Partei hat aber durch ihre bisherige Ge­schichte gezeigt, daß kein noch so starkes Mißtrauen an ihre Un­zuverlässigkeit und Treulosigkeit heranreicht.

Dazu kommt, daß selbst der Wortlaut jener nationalliberalen. Busagen feineswegs alle möglichen reaktionären Boltsvergewaltigungen ausschließt.

Man kann versprechen, das allgemeine, gleiche, direkte und ge­heime Wahlrecht zu wahren und kann zugleich für Herauffegung der Altersgrenze der Wahlberechtigung von 25 auf 30 oder 85 Jahre

eintreten.

1888 wurde die Lgislaturperiode von 3 auf 5 Jahre verlängert. Das war eine Verminderung des Wahlrechts um zwei Fünftel. Und doch widersprach jene außerordentliche Herabdrückung des Wahlrechts nicht einmal dem Wortlaute der Versprechungen, wie sie jetzt die Nationalliberalen machen und wie sie solche auch damals ausgiebig

In Berlin  , der Stadt der Demokratie und des Sozialismus, hat der Antisemitismus nie Wurzel fassen fönnen. Bismarck's Versuch, die Stöcker'sche Bewegung gegen die Arbeiterbewegung auszuspielen, ist fläglich mißlungen. Im letzten Jahrzehnt hat dagegen der Antisemitismus in Wahlkreisen Eroberungen gemacht, die vorher in konservativen Händen waren. Dort wurde der Mittelstand" mobil gemacht gegen die Konservativen, welche der Regierung stets zu Willen und unfähig seien, neues zu schaffen. Schließlich bildete sich aus den Böckel'schen Anläufen in Hessen  , den Ahlwardt  'schen Wühlereien im Preußischen und der Mittelstands- Opposition im östlichen Sachsen   die Deutsch  - soziale Reformpartei" heraus. 1893 errang die Partei erhebliche Erfolge, sie vereinigte 263 861 Stimmen auf ihre Kandidaten; es waren allerdings Im Programm wird Beschränkung der Nachtarbeit ver­fast ausschließlich bisher konservative Wähler, die ihr zuliefen. sprochen, in der Wirklichkeit erscheint den Reformern eine Bei der jezigen Wahl hat die Partei in zahlreichen Streisen Nachtarbeit von 12 Stunden zu kurz. Im Programm wird Kandidaten aufgestellt, wo auch unsere Partei ihr gegenüber Marimalarbeitstag nach Eigenart der Behörden zugesagt, im steht. Deshalb wollen wir zu der Charakteriſtik, welche wir Ernstfalle erscheint ein Arbeitstag von 16 Stunden für die bereits in Nr. 122 gaben, noch einige Ergänzungen hinzufügen, Eigenart der Bäckereibetriebe zu furz. Da empfiehlt man, welche zeigen, weß Geistes Kinder eigentlich diese Gesellschaft es solle die Arbeitszeit erst in den Groß- und Staatsbetrieben ist, die sich mit dem schön klingenden Namen einer Reform- verkürzt werden wo bekanntlich derartige Arbeitszeiten dann partei" zu schmücken beliebt. doch kaum mehr vorhanden sind. Und schließlich, um dieser Es ist wahr: Reformen versprochen hat niemals eine famosen Sozialpolitik die Krone aufzusehen, wendet man sich Partei mehr als die Herren Antisemiten. Aber auch noch nie gegen jeden staatlichen Arbeiterschutz und verlangt, daß es hat eine Partei ihre Versprechungen schnöder gebrochen. ben Unternehmern überlassen werden solle, Schutzmaßregeln Als mildernder Umstand hierfür läßt sich freilich anführen, durchzuführen. daß die Versprechungen der Reformpartei, wie sie in ihrem Diese Beispiele mögen genügen. Sie zeigen überdeutlich, Programm vom Jahre 1895 aufgezählt sind, eine der anderen daß die Antisemiten, auch in ihren demagogischen Spielarten, schnurstracks zuwiderlaufen und sich alle untereinander aufheben, mit den Konservativen durchaus seelenverwandt sind. Sie sodaß ihre unerfüllbarkeit von vornherein auf der Hand unterscheiden sich von denselben nur durch die dreiste Heuchelei, liegt. Wir wollen einiges streifen. mit der sie sich als" Reformatoren" aufspielen, während sie Vor der Reichstags- Auflösung 1893 erklärten die Reform- im Grunde ihres Wesens zu den reaktionärsten Volksfeinden parteiler, nur dann für die Militärvorlage stimmen zu wollen, zählen. wenn die Steuern nicht wieder auf die schwachen, sondern auf die tragfähigen Schultern gelegt würden. Auf die ganz allgemein gehaltene Zusage des Grafen Caprivi hin bewilligte fie dann im neuen Reichstage die Vorlage. Wer aber hat die Kosten zu tragen? Die Soldaten vom Volt, von der Börse das Gold" hatte die Reformpartei als ihre Parole ausgegeben. Aber die 1894 erfolgte Erhöhung und Erweiterung der Börsensteuer beträgt jährlich nur einige 20 Millionen Mark, während der Militär- Etat während der letzten Legislatur Es ist höchst bezeichnend für den Charakter der gegenwärtigen Genau so könnten nach der bevorstehenden Wahl die viel­periode allein eine Zunahme an dauernden Ausgaben von Regierung, daß das Organ der Brotvertheuerer, die" Deutsche   versprechenden Nationalliberalen sagen: Wir wollen die Legislatur­ca. 100 Millionen aufweist. Dazu kamen ganz bedeutende Tageszeitung", erklärt, die Anschauungen des Leiters der periode auf 6, auf 8, auf 10 Jahre verlängern. Das entspricht ganz einmalige Ausgaben für Festungsbauten, neue Kasernen, neue inneren Reichspolitik deckten sich vollständig mit der ihrigen. Sogar unseren Zusagen. Uebungspläge, für die Neubewaffnung der Artillerie 2c. die Hamb. Nachr.", die so oft die Regierung zu tadeln hatten, Das deutsche Volt sei wohl auf der Hut vor den Ordnungs­Jezt haben die Antisemiten auch die Marinevorlage be- find sehr erfreut über die Auslassungen des Grafen Bosadowsky. gesellen, die jetzt mit Schlangenschläne und Taubenmilde um seine willigt, wodurch wiederum der Etat für militärische Zwecke Sie haben daran nur noch auszusetzen, daß nicht den Worten ent- Stimme werben, die es aber hernach so sicher wieder verrathen auf lange Jahre hinaus kolossal gesteigert wird. Alle diese sprechend sogleich Thaten gethan werden zur gewaltsamen Unter- Stimme werben, die es aber hernach so sicher wieder verrathen großen Mehrausgaben werden nicht von den" tragfähigen beruhigen: Wenn Graf Posadowsty einen Reichstag nach seinem drückung der Sozialdemokratie. Die Hamb  . Nachr." mögen sich werden, wie sie es bisher stets verrathen haben. Schultern" getragen, sondern wie früher wurde das alles Herzen zusammenbekäme, so würden alle ihre Wünsche bald erfüllt wiederum der breiten Masse des Voltes aufgepackt, die es werden. Hat doch Graf Posadowsky erklärt, daß er zur Zeit" nicht wahlrede auch über das Wahlrecht ausgesprochen. Herr Dr. Lieber hat sich in der schon gestern von uns zitirten durch indirekte Steuern und Zölle aufbringen muß. Und die für ein Ausnahmegesez gegen die Sozialdemokratie sei. für die Erhaltung des bestehenden Wahlrechts aus, da durch das Geldmänner der Börse haben für die erhöhte Börsensteuer- Die liberale Preise ist ebenfalls durch die Alarmtrommel felbe das Zentrum seine bedeutende Stellung im parlamentarischen die sie ja überhaupt auf das Publikum abzuwälzen verstehen des Staatssekretärs des Innern aufgescheucht worden. Sie wendet Leben gewonnen habe. Herr Dr. Lieber machte aber zugleich dem eine Entschädigung erhalten durch das rapide Anwachsen sich lebhaft gegen die Zärtlichkeiten des Gutachters" für die Agrarier." Rhein  . Kourier" zufolge folgende Bemerkung: der Reichsschulden um 500 Millionen während der legten Dafür wird ihr wiederum von dem Ober- Sammelorgan, der" Post" Legislaturperiode, wofür sie die Zinsen, die das Volk auf- fratie ablente und die biederen Agrarier angreife. Die Nordd. der Tert gelesen, weil sie die Aufmerksamkeit von der Sozialdemo bringen muß, einheimſen. Allgem. Zeitung" sucht die Stilübng des Grafen Posadowsky Aehnlich blamabel war die Thätigkeit der Reformer auf möglichst harmlos au deuten; es sei ja gar keine Rede davon, allen Gebieten. Dem Handwerker und Gewerbe- daß die Regierung die extremen Forderungen" des Bündlerthums treibenden wollten sie helfen. Sie folgten in der Mittel- erfüllen wolle. Die Erhöhungen der Zölle auf die Nahrungsmittel standspolitik" durchaus dem konservativen Beispiele, be- der Boltsmasse sieht bekanntlich das Regierungsorgan schon garnicht geisterten sich für Innungszwang und Befähigungsnachweis. mehr als eine extreme Forderung" an. Darum geht es aber dem Mittelstand" heute um nichts besser seiner Einmischung in den Wahlkampf? Wir möchten es bezweifeln. Ist Graf Bosadowsky sehr befriedigt von den bisherigen Folgen als bevor dies neue Heil in Gestalt der Reformpartei er­standen war. Ja, sie haben den kleinen Mann" in Handel und Denn unter denen, die er sammeln wollte, hat er vorläufig nur Gewerbe nur geschädigt, denn unter dem Vorwand, der vermehrte Berwirrung angeftiftet. Uns aber hat der Graf eine rechte Wahlfreude bereitet. Landwirthschaft" helfen zu wollen, traten sie für was er vor einiger Zeit im Reichstage aussprach, das hat er jetzt Erhöhung der Brotzölle und die Kanig. Anträge von neuem bestätigt: ein, wodurch dem kleinen Bauern nicht geholfen, aber der un- Die besitzenden Klaffen Hand in Hand mit der Regierung geheuren Mehrzahl der Bevölkerung schwerer Schaden zu­gefügt wird. Auch für das Margarinegefeß traten fie ein, das ebenfalls den Bauern nichts nugt, wie dieselben jetzt selbst zugestehen, wohl aber dem kleinen Kaufmann erhebliche Unannehmlichkeiten bereitet.

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Der Tambourmajor der befitenden Klaffen. Das Gutachten" des Grafen Posadowsky kann eine größere Bedeutung nicht gewinnen. Immerhin ist die Presse der Sammel­politik erfreut über den Wahlbrief, der den Kampf gegen die Sozial­demokratie predigt und der Landwirthschaft und den Mittelklassen ver­mehrte Hilfe zusagt.

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follen   gegen die Sozialdemokratie fämpfen. Regierung und Kapital, Rapital und Regierung sollen mit einander verbündet zu Felde ziehen gegen die Voltsmassen, die von ihrer ehrlichen Arbeit leben und nicht aus gefüllten Geldsäcken ein leichtes Dasein führen.

Graf Posadowsky   hat als Tambourmajor der besigenden Klassen seine Stücklein spielen wollen.

Am lächerlichsten ist die Stellung der deutsch  - sozialen Aber sein Trommelschlag wedt das Volt auf, das noch der Reformpartei zu den Arbeitern. Auch diesen machten sie Erwedung bedurfte, um sich gegen die Raubzüge der Brotwucherer alle möglichen Versprechungen. 8. B. sagt ihr Programm, und Wahlrechtszerstörer zu erheben. die Reichsgrenze folle gegen den Zuzug slavischer Arbeiter Und wenn am 16. Juni die deutschen   Wähler ihre Stimmzettel gesperrt werden. Die Herren sind aber die intimsten Freunde gegen die Drohnen der kapitalistischen   Klassen in die Urne werfen, des Bundes der Landwirthe", dessen Mitglieder gar nicht dann wird man sagen: Das hat Graf Posadowsky mit seinem genug slavische Arbeiter über die Grenze hereinbekommen Trommeln gethan! fönnen und alle Maßnahmen der preußischen Regierung zur Erschwerung dieses Zuzuges niederzureißen versuchen.

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Wer untergräbt das Wahlrecht?

Die Hilfe" brachte in ihrer legten Nummer die bald darauf Die Reformpartei fordert in ihrem Programm auch einen offiziös abgeleugnete interessante Mittheilung, daß ein bayerischer Marimalarbeitstag nach Eigenart der einzelnen Betriebe" Bundesraths- Bevollmächtigter einen Entwurf zur Abänderung des und Beschränkung der Nachtarbeit". Nun kämpfte die Sozial- Wahlre chts ausgearbeitet habe. Gegenüber diesem Dementi ver­demokratie feit langen Jahren schon für den Schutz der sichert nun das national- soziale Organ, daß ihm die Mittheilung Bäckerei- Arbeiter und endlich gelang es, die bekannte Ber  - bie Mittheilung, wie sie ihm zugegangen ist. Der betreffende Brief aus bester Quelle zugegangen. Das Blatt veröffentlicht num ordnung des Bundesraths zu veranlassen, durch die den Bäckergesellen 12stündige Nachtarbeit und 16stündige Tag­arbeit als Maximum gewährt wird. Gegen diese überaus milde Bestimmung liefen die Arbeiterfeinde Sturm und in erster Linie waren dabei die Herren Reformer. Das Auf­

lautet:

Von unterrichteter Seite erfahren wir, daß schon im Jahre 1898 ein fertiger Plan zur Beseitigung des allgemeinen Reichstags­Wahlrechts den leitenden konservativen Kreisen vorgelegen hat. Derselbe war vom bayerischen   Bundesraths- Bevollmächtigten,

gemacht haben.

Zentrum und Wahlrecht.

Es giebt auch in unserer Partei sehr ge­wiegte Männer, die sagen, das Wahlrecht ist nicht ohne Bedenken." beachten und im Gedächtniß zu bewahren. Es ist nöthig, diese Aeußerung des Zentrumsführers recht zu

Herr Dr. Theodor Barth.

Auch die Nation" leistet sich das thörichte Gerede über die An­reizung der Neaktion durch Wahlerfolge der Sozialdemokratie. Die Nation" des Herrn Barth schreibt:

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Sollte die Sozialdemokratie bei diesen Wahlen namhafte Gewinne an Mandaten und Stimmen erzielen, so wird man sich darauf gefaßt machen müssen, daß die Bestrebungen zur Beschrän tung des allgemeinen Wahlrechts mit erhöhtem Nachdruck auftreten und die Angst vor dem rothen Gespenst dann auch Elemente in das reaktionäre Lager führen wird, die bisher noch zu den Ver theidigern des allgemeinen Wahlrechts gehört haben. Nicht in der direkten Gefahr, die unserer Staats- und Gesellschaftsordnung von der Sozialdemokratie droht, sondern in der indirekten Gefahr, die den bürgerlichen Freiheiten erwächst aus der Angst vor der Sozial­demokratie, liegt das bedenkliche starter sozialdemokratischer Erfolge bei den Wahlen. Eben deshalb dürfen auch die Liberalen neben dem Kampf gegen das Agrarierthum die Zurückdrängung der Sozialdemokratie nicht außer acht laffen."

Wir haben die Lächerlichkeit und Feigheit dieses freisinnigen Standpunktes gestern bei Gelegenheit ähnlicher Ausführungen der Voff. 8tg." aufgewiesen. Herr Barth aber macht uns das Ver­gnügen, feine Thorheit selbst zuzugestehen, und zwar in derselben Nummer seiner Nation". Auf Seite 1 der letzten Nummer der Nation", auf deren zweiter Seite die obigen Säge zu lesen sind, findet sich nämlich folgendes:

Die Wahlen in Belgien   sind noch etwas übler ausgefallen, als bisher vorausgesetzt wurde. Es ist überhaupt nicht gelungen, den Klerikalen auch nur den geringsten Abbruch zu thun. Damit ist hier von neuent eine Erscheinung hervorgetreten, die schon häufiger bei Wahlen beobachtet worden ist. In Stichwahlen geht die liberale Bourgeoisie lieber zur Reaktion über, als daß sie ge­neigt wäre, einen Sozialisten zu unterstützen, um auf diese Weise der Reaktion Abbruch zu thun; und selbst dann handeln zahlreiche' bürgerliche Elmente so, wenn die Sozialdemokratie durch ihre parlamentarische Schwäche gänzlich ungefährlich ist. Derartigen; Stimmungen verdanken die Kleritalen ihre Erfolge bei den Stich­wahlen. Die Politik der Liberalen, die in solcher Haltung zum Ausdruck tommt, ist von Empfin