Nr. 123.Berlin, Dienstag den 22. AugustSoMWWtlWDi-s- täglich Organ des Allgemeinen dcntslhen Arbeiter-Vereins. R.d.cti°�und �p.dw°n.d» Sonn- und Festtagt. R.digirt von I.».». Hofsitttt» und Z. V. v. Schwtitztr. Dr-sdnerstraßeNr. 85.AbeuncmtNtS-PrciS Istr Berlin incl. Bringerlobn: vierteljübrlich 18 Sgr., monatlich G Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.! bei den Königl. preußischen Post-ämtcrn 22>/z Sgr., bei den preußischen Postämtern im nichtpreußischen Deutsch-land 18�/« Sgr., im übrigen Deutschland 1 Thlr.(fl. 1. 45. slldd., st. 1. 50. österr.Währ.) pro Quartal.Bestellungen werden auäwärt« auf allen Postämtern, in Berlin aus der Expedition,von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Scharrenstr. 1, sowi«auch unentgeltlich von jedem„rothen Dienstmann" entgegen genommen.Znserate(in der Expedition auszugeben) werden pro dreigespaltcne Pctil-Zeile beiArbeiter-Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 8 Sgr. berechnet.Agentur für England, die Eolonieen und die überseeischen Länder: dir. Bender, 8. Little New-Port-Street, Leicester-Square W. C. London.Agentur für Frankreich: ll. A. Alexandre, Strassbourg, 5. Rue Brnlee; Paris, 2. Cour du Commerce Saint-Andrd-des-Arts.politischer Theil.Berlin, 21. August.„Die Comnilssion fürdic Arbeiterfrage"— so wird die fragliche Commisston im ministe«riellen Organe gewöhnlich genannt— wird unStrotz der wenig sanguinischen Hoffnungen, mitdenen wir ihr Znsamnientreten begrüßt haben, nochmehrfach beschäftigen muffen. Wir glauben nunden Wünschen unserer Leser entgegenzukommen,wenn wir ihnen zunächst die Urtheile der Presse,so weit diese sich bereits geäußert, vorführen.Bon den Berliner Zeitungen waren eS bis jetztnur die ministerielle„Nordd. Allg. Ztg." und diezum linken Flügel der liberalen Partei gehörige„Berl. Ref.", welche sich in dieser Sache ausge-sprachen haben.DaS ersterc Blatt, nachdem es sich darüberbeschwert, daß die FortschrittSpreffe, die doch soschnell bei der Hand sei, wo eS etwas zu tadelngebe, sich so schweigsam verhalte in einer Sache,wo eS selbstständige Gedanken zu Tage zu förderngelte, fährt fort wie folgt:In der Thal, die Aufgabe der Eommisston ist einegroße und schwierige.ES kann sich für sie allerdings nickt darum handeln,daS Unmögliche möglich zu macken und einen Gegensatzausgleichen zu wollen, der, wie die socialen Berhäl kniffegegenwärtig liegen, unanSgleichlich ist: den Gegensatzzwischen Capital und Arbeil;— aber eS wird sich da-rum handeln, den Versuch zu mache», einen Weg zufinden, aus welchem dieser Grundsatz minderschroff Hervorlritt, die Kämpfe zwischen beidenGegnern minder schmerzlich für dieselben und miu-der gefährlich für die Gesammtheit des StaatSkörperSwerden, als es bisher der Fall war.Die Commission wird sich speciell mit der Erwägungzu beschäftigen haben, ob das Coalitionsreckt zum Zweckder Arbeitseinstellung zu diesem Ziele führen würde.Wir sind allerdings der Ansicht, daß dies Recht, aufwelches der Arbeiterstand so große Hoffnungen setzt, dem-selben gewährt werden müsse.So lange die Gesellschaftsordnung eben nur auf demdurch die Principien von 1789 herbeigeführten Jndivi-dualismnS beruht, würde e« eine Ungerechtigkeit undeine Gefahr sein, die Freiheit de» Individuums in demGebrauch seines eigensten Rechte« zu beschränken, de«Rechtes in der freien Disposition über sein Eigeulhum:seine ArbcitSkrast.Wir sagen: eine Ungerechtigkeit;— denn derStaat fordert von dem Arbeiter die Steuernund diePflicht der Landesvertheidigung, ohneRücksicht darauf zu nehmen, wie sich innerhalbeiner gewissen �Sphäre das Einkommen desArbeiters auf und ab bewegt.Und wir sagen � eine Gefahr;— denn wenn dieseUngerechtigkeit eine so zahlreiche Klasse der Staatsbürgertrifil, so würde e« eine naturgemäße Conseqnenz sein,daß diese Ungerechtigkeit endlickzudenselbenZuckun-gen de« Slaaisleben« führt, durch welche inFrankreich der dritte Stand feine Gleichbe-rechtigung mit den bevorzugten Ständen her?beiführte.Dennoch muß man sich vor dem Gedanken hüten,daß da« Coalitionsrecht und die daraus entspringendenArbeitseinstellungen nun auch wirklich da« Universal-beilmittel feien, die socialen Verhältnisse der Arbeiter zuverbessern, und man darf nicht ohne Weitere« annehmen,daß der Gebrauch dieser Waffe nicht oft genug für denArbeiter selbst eher gefährlich, al« nützlich sein könnte.Wir find gewiß der Ansicht, daß die Reclamationender Arbeiter häufig nur zu begründet sind, daß dieselbenin ihrem Einkommen nicht die beiden Bcdinguisse finden,die dasselbe bieten sollte- die Befriedigung der Bedürs-niste de« täglichen Leben« und die Möglichkeit, Erspar-nisse für die Zukunft zu machen. Aber so lange es keinMittel giebt, die Handelskrisen zu verhüten, so lange esnicht möglich ist, die Consumtivn stets mit- der Produk-tion gleichen Schritt halten zu lasse», und fortdauernddas gleiche Arbeitsquantuni einer gleichen Zahl von Ar-beitern zu überweisen, so langt wird e« kein Mittelgeben, zu verhüten, daß Zeiten eintreten, wo die Arbeitweniger begehrt ist und der Arbeitslohn sinke.Auch das CoalitionSrecht und die Arbeitseinstellungwerden da nicht helfen, sie werden da« Uebel eher ver-schlimmer», und e« wird daher um so nothwendigersein, daß der Arbeiter von diesem Rechte nur dann Ge-brauch mache, wenn er wirklich eine Aussicht aus Er-folg h-t.Da« Beispiel anderer Länder lehrt uns, daß die Ar-beiter bei ihrem Streben, ein« Erhöhung ihre« Lohne«zu erzielen, nicht erst alle Mittel erschöpsen, die sich ihnenrarbieten, um zu einer Verständigung mit ihren Arbeit-gebern zu gelangt», daß sie vielmehr de» Kamps gegen� da« Kapital als ihre recht eigentliche Aufgabe anfehen,und nicht bedenken, daß e« eine Verständigung mit dem. Kapital ist, welche sie suchen müssen.Denn in dem Kampfe gegen da« Kapital werdendie Arbeiter-Coalitionen jedesmal unterliegen, weil indiesem Kampfe noch ein zweiter Gegner gegen den Ar-beiter auftritt, unwiderstehlich und unerbittlich- dieSorge für da« tägliche Brod. Und dieser Gegnerwird den Arbeiter, nachdem derselbe freiwillig ans seinEinkommen verzichtet, Zug um Zug matt setzen und ihn,nachdem die mühvollen Ersparnisse vieler Tage aufgezehrtsind, in noch schlimmerer Lage als zuvor, dem Kapitalüberliefern.E« wird somit im Interesse de« Arbeiters liegenund im Staatsinteresse zugleich, dies zu vermeiden, dieArbeitseinstellungen für den Arbeiter mit möglichst ge-ringen Opfern zu verbinden und überhaupt die Arbeit«-einstellungen so viel wie möglich auf solche zu beschrän-ken, au« denen für den Arbeiter wirklich ein Vortheil zu! erwarten ist.Hiermit werden wir uns in der nächsten Nummerbeschäftigen.Die„Berl. Ref." hebt zunächst tadelnd hervor,daß der Commission keine Borlagen von Seitender Regierung gemacht würden, und fährt dann, vonden Mitgliedern der Commission sprechend, wiefolgt fort-Als was kommen sie zusammen? da« wird oder solltedie erste Frage der morgen Versammelten sein. Siesollen— fo scheint e«— die Vertreter der Arbeits-welt in Preußen sein, aber sie sind— so ist es—nur die Vertrauensmänner de« Ministerium«. Es magsein, daß diese« mit unparteilicher Hand au« den ver-schiedcnsten Schichten der socialen und selbst der politi-schen Anschauung gewählt hat; da« ersetzt aber heut zuTage doch die einzig probehalsige Legitimation nicht,welche au» Wahlen hervorgeht und dessen möge» die: Mitglieder dieser Commission zunächst eingedenk sein-•1 fie vertreten nur sich und daraus stießt naturgemäß al«� ihre erste Ausgabe die Prüfung. in wie weit ihre jetzigeZusammensetzung offenbare Lücken zeigt und ob ganzeArbeiterklassen draußen vor den Thüren de« Portals 1stumm stehen gelassen worden find?Ein Blick lehrt die Nvthwendigkeit dieser Frage.Ja, die gesammte riesengroße Klaffe der ländliche»�Arbeiter, mit ihrer riesengroßen Last socialer Rothund Hilfsbedürfnisses, ist nur vertreten durch zwei Ar-beitgeber, Mitglieder de« LandeSökonomiecollegium«, undbekannte Industrielle des platten Lande«. Und doch wiewerthvoll ist c«, daß diese zwei Namen sich in der Listeder Eingeladenen befinden, denn sie lehren, daß die Re-gierung selbst eine Berechtigung, wenn auch nur mitfehr leisem Kopfnicken, anerkannt hat, die Coalition«-frage in der Weise, wie da« der Abg. Becker mit seinemAmendement bereit« bei der Verhandlung in der Landes-Vertretung gethan hat, auch hinauszuerstrecken auf jenegroßen BevölkernngSschichlen, bei denen die Coalition,! die Arbeitseinstellung z» einer politischen Frage erstenRange» emporwächst. Denn eng mit ihr verknüpft istdort die Reform der ländlichen Polizei, der ländlichenGemeindeordnung, die Politisirung endlich, die Erhebungin den Staat«-Bürgerstand für die größere Hälfte dermännlichen Bevölkerung in Preußen, bei welcher derBegriff der freien Arbeit seit dem gewaltigen Schritteder ersten Jahre dieses Jahrhunderts, seil Aushebungder Leibeigenschaft, in Verkümmerung, in Berknöcherunggerathen ist.Mit diesen beiden Vorfragen, einer geordneten.und nicht blo» verordneten Vertretung der Arbeiter-Interessen in gewählten Körperschaften, und einer For«derung de« vollen Rechte« auch für diejenigen Arbeiter-schichten, welche bei dieser Berathung nicht zum Worteberufen sind— mit diesen beiden Vorfragen hätte nachnnsrer Meinung die Commission, mag sie nun von derRegierung dazu aufgefordert werden oder nicht, sich zuerstzu beschästigen. Au« dieser Diskussion erst wird sieKlarheit über ihre eigene Bedeutung erlangen.Die CoalitionSfrage selbst läßt sich daun beiläufig ineiner Frühstückspause erledigen: gleiches Recht und.gleiche Freiheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer,■ wie für jeden Andern im Staate, nicht nur für Arbeiloder Nichtarbeit, sondern für jede Thätigkeil des� bürgerlichen Verkehr«— mit einem Worte: die Gleich-heit vor dem für Alle gleichen Gesetze.Deutschland.* Berlin, 21. Aug.[Zum Ergebniß derUnterhandlungen� verlautet ucch immer nichtsBestimmteres. Da jedoch den bisherigen Annahmen(baß man sich eigentlich nur über eine Regelungdes Provisoriums verständigl hat) von keiner Seilewidersprochen wird, so liegt kein Grund vor, ander Richtigkeit jener Annahme zu zweifeln. Auchwird aus Salzburg vom 20. d. telegrapdirt,daß die in Gastciu getroffene Uebereinkunft„übereine neue Organisation des Provisoriums i» denHerzogthllmern" an diesem Tage von beidenMonarchen genehmigt wurde._Anwesend waren am 20. d. in Salzburg-Kaiser von Oesterreich, der König von Preuße,König Ludwig von Baiern, der Großherzog �o