Nr. 167. Berlin  , Donnerstag den 13. October 186S. �ocinl'lenioltrnt. Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Organ des Allgemeinen deutschen   Ardciter-Vereins. Redigirt von I. B. v. Hosfiettcn und I. B. v. Schweitzer. Redaction und Expedition- Berlin  . Dresdnerstraße Nr. 85. Abonnements- Preis sitr Berlin   incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr.. mo- natlich 6 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.; bei den Köuigl. preußischen Post- ämtern 22>/j> Sgr.  , bei den preußischen Postämtern im nichlpreußischen Deutsch  - land l8s/<Sgr.. im übrigen Deutschland 1 Thlr.(st. 1. 45. südd., st. l. 50. österr. Währ.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärts aus allen Postämtern, in Berlin   aus der Expedition von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Compagnie, Scharrenllr. l, sowii auch unentgeltlich von jedemrothen Dienstmann" entgegen genommen. Inserate(in der Expedition auszugeben) werden pro dreizespaltene Petit-Zeile bei Arbeiter-Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mir 8 Sgr. v-rechiiet. Agentur für England, die Eolvnieen und die Überseeischen Länder: blr. BemJer, 8. Linie Xew-Port-Street, Leicester-Square W. C.   London  . Agentur für Frankreich  : G. A. Alexandre, Strassbourg  , 5. Eue Brulee; Paris  , 2. Cour da Commerce Saint-Ändr4-des-Arts. Herr v. Bernnth hat die vorilie Nummer unseres Blattes con- fiscirt. Mnßmaßlicher Grimd: entweder Leit­artikel über die Zukunftsgestaltung Deutschlands  oder Notiz über die in Preußen erfolgte Con- fiscation von Rogeards: Armes Frankreich!" Armes Preußen! Du warst groß in der Geschichte Europas  , du durstest kübne Pläne haben, als das Schwert des Heldenkönigs deine Schlachten focht, als der Philosoph von Sanssouci auf deinem Throne saß! Damals, Preußen, brauchtest du Frankreichs  Heere nicht zu fürchten Roßbach weiß davon. Und noch einmal, Preußen, warst du groß in der Geschichte Europa's  . Es war damals, als begeistert deine Freiheitskämpfer hinaus- zogen. Auch damals, Preußen, brauchtest du Frank- reichs Heere nicht zu fürchten Waterloo weiß davon. Ach, das war damals, damals! Und nun kommt auf einmal die böse Welt und will behaupten, du habest wiederum große Pläne und wollest wiederum europäische Ge- schichte machen! Wirklich? Und waS glaubt sie weiter, diese böse Welt? Glaubt sie, du wollest eS daraus wagen, ob ein Roßbach und Waterloo oder ob ein Jena  komme? Jena  ! Jena  ! War es nicht dort, wo das stolze Frankreich   deine übermllthigen Junker spie­lend in den Staub trat? Ja! Ja! Dort war es und jetzt käme die böse Welt und glaubte, du wollest ein neues Jena   wagen? Ach nein! Das glaubt sie nicht! Das wäre ja so boshaft nicht! Diese böse, garstige Welt meint, du nähmest dein Jena   im voraus sgr gewiß und eiltest, deiner großen Pläne voll, fürsichtiglich gen Paris  , dir um den Kaufpreis deutschen   Landes die Gunst von Frankreichs   Herrscher zu er- kaufen! ArmeS Preußen! V v r t r a g vor drr allgrmrinrn Ärbritrr-Ucrsammliing in der Berliner  Alhambra  ", am 8. October l. I. (Mit einiger AnSfeilung noch stenograph. Aufzeichnniig.) (Fortsetzung.) Meine Herren! Bevor Einer zur Production, d. h. zur Erzeugung neuer Werthgegenstände schrei- len kann, muß er bei einer Arbeit von nur einigem Belang zuvor schon, bevor er an die Arbeit geht, im Besitze mehrfacher bereits vorhandener Werth- gegenstände sein; er muß für die Zeit der Arbeit Wohnung, Lebensmittel u. s. w. haben; er braucht zur Arbeil allerlei Werkzeuge, welche ihm die Arbeit ermöglichen oder erleichtern u. s. f. Wenn nun Einer im Besitz einer größeren Menge solcher bereits vorhandener Werthgegenstände ist, so kann er zu einer Anzahl solcher, welche gänzlich besitzlos sind, sagen?Helft mir an der Arbeit die ich vor- habe!" Aber er sagt nicht zugleich:Das Ergebniß unserer gemeinsamen Arbeit soll unS gemeinsam gehören, unter Berücksichtigung des Schadens, der mir aus dem Gebrauch oder der Abnutzung meiner vorhandenen Werthgegenstände erwächst;" sondern er sagt:Ihr habt nichts zu leben, ich gebe Euch fo viel, daß ihr leben könnt." Diejenigen nun, welche gänzlich mittellos und daher froh sind, wenn sie ihr Leben nur fristen können, sind ge- nöthi�t, auf den Vorschlag einzugchen. Es ergiebt� sich hieraus, daß zwar gemeinsam gearbeitet wird, daß aber der durch die Arbeit entstehende neue Werth nicht etwa den Arbeitenden als solchen zu Gute kommt, sondern vielmehr dem Unternehmer der Arbeit, d. h. demjenigen, welcher die Arbeit selbstständig gerade darum unternehmen konnte, weil er von Anfang an bereits im Besitze vorhandener Werthgegenstände war. Hieraus ergiebt sich weiter: daß, je belangreicher, je weitaussehender eine Arbeit ist, desto mehr Einer, um sie selbstständig unter- nehmen zu können, im Besitze schon vorhandener Werthgegenstände sein muß. Wie sehr nun die Fortsetzung dieses Weges zur einer Beherrschung der Arbeit durch das Kapital, d. h. durch die bereits vorhandenen Werihgegenstände, führt, dies wird er- sichtlich, wenn man ein äußerstes, ein am Ende des Weges liegendes Beispiel nimmt: Denken Sie Sich eine große Fabrik; der Inhaber derselben braucht gar nicht am Platze zu sein; er reist in fernen Län- dern umher und macht sich Vergnügen jeder Art; denn er hat ja in der Heimath einen Mann, der die in der Fabrik geschehende Arbeit im Gange hält und überwacht, auch für Absatz der Erzeug- niffe sorgt; er hat Tausende von Arbeitern, die damit beschäftigt sind, für ihn, den abwesenden Fabrikherrn, neue Werthe zu erzeugen. An diesem Sachverhalt: daß der Unternehmer der Arbeit hier überhaupt gar nicht mitzuarbeiten braucht, sondern in fernen Ländern umHerreisen kann, an diesem Beispiele sehen Sie deutlich in welch' vollkommener Weise unter den jetzigen Verhältnissen das Kapital die Arbeit zu beherrschen vermag. Nun bat Ihnen Herr Schulze vorigen Sonn- tag auseinander gesetzt, daß heutzutage die Arbeil günstiger stehe, wie früher; er hat mit Recht her- vorgehoben, daß ein ungeheurer Bortheil darin liegt, daß die Arbeit nicht mehr in den Fesseln b« Sklaverei oder der Leibeigenschast schmachtet, son- dern der Form nach heute frei ist. Allein, m. 9-j Herr Schulze hat eigentlich nicht behauptet, daß die Lage des Arbeiter« heutzutage eine günstige sei! er hat nur gesagt, daß sie eine günstigere sei im Vergleich zu früherer Zeit, und hat andererseits aus die Zukunft verwiesen, indem er behauptete, durch die fortwährend steigenden Errungenschaften der Wissenschaft werde diese Lage eine immer bessere werden. Zur völligen Klarstellung der Sache werde ich Ihnen die AuSsührung des Herrn Schulze-De- litzsch in diesem Punkte nach dem Berichte der Staatsbürger Zeitung" vorlesen. Es heißt da: In früheren Zeiten waren jene Klassen der Gesellschaft, die sich noch heute mit allzu großer Vorliebe ausschließlich Arbeiter nennen, leider nicht viel mehr als menschliche ArbeitSmaschinen, die über den mechanischen geistlosen Verrichtungen ihres werbes stumpf und dumpf werden, Lust und Fähig" keit zu höheren Strebungen verloren. Mit dem Dienstbarmachcn der Naturkräfte, mit der Einfüh' rung der Maschinenarbeit erst ist es anders ge- worden, ist es gelungen, aus deni Wesen asiatischer Arbeitskasten, aus dem zünftlerischen Zopfthum des Mittelalters sich emporzuschwingen aus den Weg zu freier Menschenthätigkcit; die starren Rechtsun- terschiede von früher sind geschwunden, aber noch immer bestehen drückende Scheidungen. Sie zu beseitigen, die Arbeit leichter, schöner, müheloser zu machen, kann allein dadurch gelingen, wenn wir energisch weiter vorschreiten, auf dem betretenen zu- kunftsreichen Wege der Dienstbarmachnng der Na- j turkräfte zu den sonst von Menschenhänden getha- neu mechanischen Verrichtungen, wenn wir die Ar- beitsmethode immer mehr vervollkommnen, den Ar- beiter zum Lesier der arbeitenden Maschine, das Handwerk zum Kopfwerk erheben. Dazu ist aber Bildung das erste Ersorderniß, sie muß in stets höherem Grade nothwendige Voraussetzung bei dem Arbeiter für seine Leistungen werden, und mit ihrer Anordnung für sein gewerbliches Fach wird dir humane und bürgerliche Bildung nothwendig glei- chen Schritt halten, denn das Betreten einer gnsti' gen Bahn eröffnet naturgemäß alle andern geisti' gen Bahnen, und wer erst nach einer Richtung hiu frei denken lernt, der denkt auch nach allen Riä>° lungen hin. Das Produkt freien Denkens und Forschens aber sind neue wissenschaftliche Entdeckun- gen und diese führen nothwendig wieder zu neuen gr- werblichen Erleichterungen, durch welche hinwiederum ein Theil der vorher in mechanischer Arbeit gcbun- denen Menschenkräfte zu geistiger Arbeit frei wird-'