Nr. 208. Berlin  , Mittwoch den 29. November SocialGemokrat. Ditsr Zeitung ersckeint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Organ des Allgemeinen deutschen Arbeiter-Bcreins. Redigirt von J. v. V. Hofstetten und I. v. v. Schweitzer. Redaction und Expedition- Berlin  , Dresdnerstraste Nr. 85. AtzonnementS Preis für Berlin   incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr., mo­natlich 6 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.; bei den jtönigl. preußischen Post- ämtern Ä'/s Sgr., bei den preußislben Postämtern im niittpreußischtn Deutsch- land 18»/« Sgr., im übrigen Deutschland 1 Thlr.(st. 1. 45. slldd., st. 1. 50. österr. Währ.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärt  » auf allen Postämtern, in Berlin   auf der Expedition, von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Scharrenllr. I, sowtt auch unentgeltlich von jedemrothen Dienstmann" entgegen genommen. Inserate(in der Expedition auszugeben) werden pro dreigespaltene Petit-Zeile bei Arbeiter-Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 3 sgr. berechnet. Agentur siir England, die Colonieen und die überseeischen Länder: Mr. Bender, 8. Linie New-Port-Street, Leicester-Square W. C.   London  . Agentur für Frankreich  : G. A. Alexandre, Strassbonrg, 5. Kue Brulee; Paris  , 2. Cour du Commerce Saint-Andre-dea-Arts. politischer Theil. Deutschland  . * Berlin  , 28. Nov.[3l,r Drohnoten- Geschichte und vorniäcktliä'en Allianz� ver- sichert jetzt dieNordd. Allg. Ztg." offiziös, daß von Preußen stets nur verlangt worden sei, daß Frankfurt   durch den Bundestag an die Er- füllung seiner Pflicht, für die nöthige Rücksicht- nähme auf die Würde des Bundes zu sorgen, ge- mahnt werde". Also wirklich der Bund und keine Bormächtelei mehr? DieKöln  . Ztg." da- gegen, welche aus zuverlässiger Quelle ge- schöpft haben will, beharrt auf ihrer Ansicht,daß die täglich auS Wien   erwartete Antwort die Sache einer Berständigung nicht näher bringen werde. Die Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Cabinetten beruhe auf einem seit Jahren offen- kundigen principiellen Gegensatze rücksichllich der Bundestags-Competenz, und der Frankfurter   Fall entHalle für keine der beiden Mächte ein Gewicht, durch welches sie zum Verlassen ihres bisherigen Standpunktes sich gedrängt sehen könnte. Die Verhandlungen, die so weit, pro forma, geführt worden seien, dürften mit der gegenwärtigen öfter- reichischen Antwort einschlafen." Mag nun das Eine oder das Andere richtig sein, so viel steht fest, daß die vormächtliche Allianz nicht so gefährlich ist, als sie aussieht.Es ginge wohl, aber es geht nicht." [Die feudale Z e i d l e r' s ch e Corresp."s meint:Die nächste Kanimersession werde nur sehr kurz sein." Sie schreibt, äußerst zuversichtlich und kampflustig: Wir glauben, daß die Regierung bei dem ersten Ans- brnche einer Leidenschaftlichkeit, welche das praktische Wirken zu einem bloßen Schein-»nd Formelwerk herab- drückt, die Session schließen wird, daß daher schon eine Rede, wie diejenige, mit welcher Herr Grabow   die Session einleilete, ein Motiv zur Entlassung der Kammer liefern würde. Nur zu! [Die Pr.-Litth. Ztg.s berichtet eine» Prä- cedenzfall, auf welchen sich zu berufen unsere gegen- wärtigen Preßverhältnisse wohl noch Veranlassung geben dürften. Der Redacteur derHartung'scheu Ztg.", welcher bekanntlich gegenwärtig zur Verbü- ßung der gegen ihn wegen Preßvergehens erkannten Strafen sich in Haft befindet, wurde auf seinen Antrag am Tage der Stadtverordneten-Wahlen auf 4 Stunden seiner Haft entlassen, damit er als Wähler seine Bürgerpflicht erfüllen konnte. [lieber die Schulze'schen Genossen- schaftenj schließt dieKöln  . Ztg." ihre Artikel, speciell über die Solidarhast bei denselben: Demnach ist das Resultat unserer Erörterung: Die Solidarhaft eignet sich au« besonderen, ganz speciellen Gründen für die Schulze'schen Handwerker- Ge- nossenschasten; aber sie eignet sich durchaus nicht, als Norm auch für die Arbeiler-Geuossenschaften 1 ausgestellt zu werden. Die Pioniere von Rochdale   und , fast alle anderen englischen Arbeiter-Genosseuschaften haben ganz mit Recht gleich nach dem Erscheinen de» Gesetze», welches die Gesellschaften mit beschränkter Haft- barkeit(anstatt der bisherigen Gesammthaft) zuläßt, sich als solche constiluirt. Unser Urtheil stimmt also in so fern ganz mit dem, welche» schon 1858 Herr V. A. Huber imArbeitgeber"(Nr. 1l3, 24. Nov. 1858) dabin aussprach:Bei jener deutschen   Genossenschast mit un- beschränkter solidarischer Haftbarkeit zu Beschaffung eine« relativ bedeutenden Eapital», um von vorn herein den Betrieb mit einer gewissen Breite eröffnen zu können, bei dieser gleichsam al» orthodox proklamirtcn Me- [ thode hat man jedenfalls nur an da« Handwerk, oder eigentlich nur an die Handwerksmeister gedacht. [Da» Obertribunal� bat vor Kurzem den RechlSgrundsatz aufgestellt, daß in einer Exekution gegen den Ehemann eine Beschlagnahme der Mobilien der Frau selbst dann zulässig ist, wenn die die Möbel ber. gende Wohnung von der Frau gemiethet worden ist, vorausgesetzt, daß der Ehemann von dem Mitbesitz der Wohnung nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. * Wien  , 25. Nov.[Ungarische Kaiser  - reise. Die Landtagseröffnung. Die böh- mischen Föderalisten. Die Kaiserreise nach Pesth   ist jetzt bestimmt auf den 12. Der. festgesetzt. Die Abwesenheit deS Kaisers, der nur mir einem kleinen Gefolge reisen will, soll nur auf 6 8 Tage berechnet sein. Von den Ministern geht kein ein- ziger, auch ber Ministerpräsident nicht, mit nach Pesth  . Dagegen wird Herr v. Majlath, der un- garische Hoskanzler den Kaiser begleiten. Die feier- liche Eröffnung des Landtages findet bestimmt am 14. Dec. statt. Ueber das Programm der böh- mischen Föderalisten bringen sämmtliche föderali- stische Journale bemerkenswerthe und, merkwürdi- ger Weise, übereinstimmende Auseinandersetzungen. Narod  " sagt: Unsere Nation erwartet und wird es mit aller Macht des guten Rechte« und der innersten Ueberzeugung ver- fechten, daß man Alles so bewahren werde, wie es das Wohl des Lande» auf Grundlage der althergebrachten Selbstständigkeit verlangt.'Namentlich erwartet sie, daß bereits die Zeit gekommen sei, in der der Landlag dieses Königreiche« alle Befugnisse wieder erlangen wird, welche die althergebrachte, seil Jahrhunderten auf der breitesten Basis beruhende, durch die für gemeinsame Angelegen« beiten berufene Reichsverlretung jedoch geichmälerte Selbst- ständigkeil de« Lande« erheischt, Befugnisse, die den Land- tagen der Königreiche Ungarn   und Croatien bereit» zu- gestanden wurden, wobei unsere Nation einmüthig er- wartet, daß unser Landtag in seiner Rechtsstellung und Gliederung den obengenannten Landtagen nicht nach- stehen werde. Ganz dasselbe wollen für sich die Landtage der übrigen Kronländer und es ist nicht abzusehen, wie bei den widerstreitenden Interessen der diesseits und jenseits der Leitha liegenden Länder die öfter- reichische Regierung zurecht kommen wird. Die Confusion ist unheilbar. Und das ist gut.- Das Alte fällt, e« ändert sich die Zeit, Und neue» Leben blüht au» den Ruinen." * Karlsruhe  , 24. November.  [Landstände. Herrenhaus. Schulgesetz.   Die Landstände im Großherzogthum Baden sind auf den 30. Nov. einberufen. Ferner hat das dortige Herrenhaus, in ber letzten Zeit, eine Verstärkung erhalten; die be- kannten SlaatSrechtsgelehrten Mohl und Bluntschli, sowie der KirchenrechtSlehrer Rothe und einige hervorragende Industrielle des Landes sind vom Großherzog zu Mitgliedern ernannt worden. Auch wird die Abficht der Regierung angekündigt, das ganze Schulgesetz, nicht blos den Theil über die Ausbesserung der Lehrergehalte, den Ständen vorzulegen. Nicht mehr als billig! Ausland. * Paris  , 26. Nov.[Tagesbericht. DaS Journal deS Debats  " bringt einen von feinem Secretär unterzeichneten Artikel über Oesterreich und Preußen und deren Vorgehen gegen Frank- furt. Darin heißt eS: Wenn die frankfurter   Behörde» sich weigern, den Wünschen Oesterreich» und Preußen» nachzukommen, s» werde» Oesterreich   und Preußen, wenn sie daraus be« stehen, sich an die einzig competente Behörde wenden müssen, nämlich an den Bundestag.... Wir können den Cabinetten von Wien   und Berlin   keine andern Ab- sichten zutrauen, als die sie kund geben, weil es un» widerstrebt, zu glauben, daß man daselbst weder die Rechte Anderer, noch die garantirten Berträge achte und daß man daselbst die Auflösung de» deutschen Bunde» selbst durch Gewalt bezwecke, auf die Gefahr hin, einen europäischen   Krieg herbeizuführen, dessen Folgen denen, welche ihn heraufbeschworen, leicht verderblich werden könnten. Kommt die Angelegenbeit vor den Bundestag (und wir können kaum glauben, daß die» nicht geschehen sollte), so wird sie. fall« Oesterreich   und Preußen bei ihrem Vorhaben beharren, wa« zu bezweifeln steht, frei- lich insofern an Bedeutung zunehmen, al» wahrscheinlich dann der Bundestag die meisten gegen den Congreß der deutschen   Abgeordneten, gegen den Sechsunddreißiger- Ausschuß und gegen da« dirigirende Comitee erhobenen Klagen begründet finden und die Versammlungen der- selben in Frankfurt   oder in jeder andern Stadl Deutsch- land» verbieten wird; e« läßt sich auch voraussehen, daß man die Gelegenheit benutzen wird, um am Bundestage den Antrag zu stellen, man möge noch einen Schritt weiter gehen und durch strenge Maßregeln da« Versamm- lungs- und VcreinSrecht reglementiren. Dupin hat seinem Biographen, dem Professor Ortolan, seine reiche Bibliothek vermacht. Die Bibliothek des Advotatenstandes erhält die(ÜoIIec- tion de tous les arrets des aneiens Parlament«, (Sammlung aller Rechtsaussprüche der alten Paria- mente), die einzig in ihrer Art und Dupin von LouiS Philippe   geschenkt worden ist. DerCourricr du Dimanche" hat so eben wieder eine Verwar» nung wegen eines Artikels von Prevost-Paradol über die unerwartete Berurtheilung desPhare de la Loire" bekommen. Die Communiques zählt man nicht mehr; die Blätter fangen ullmälich an, unter dem Damoklesschwerte der Verwarnungen eine regelmäßige Beantwortung der ministeriellen Noten zu versuchen. Bis jetzt sind diese Antworten z. B- demTemps" und demSiede" ungestraft hinge­gangen, aber es ist und bleibt immer ein wahrer