Nr. 2IO. Berlin , Freitag den 1. December 1865. Sonal-Demoliritt. Dies- täglich Organ des Allgemeinen deutschen Nrbeiter-Vercins. bei Sonn- und F-fitagc. Redigin von I. v. v. Hosstette» und I. v. v. Schweitzer. Rcdaction und Expedition- Berlin , DreSdnerstraße Nr. 85. Abonnement?-Preis iitr Berlin incl. Bringerlobn: vierteljährlich 18 Sgr., monatlich 6 Sgr.� einzelne Nummern 1 Sgr.; dei den Kvnigl. preußischen Post- ämtern Sgr., bei den preußischen Postämtern im nichipreußischen Deutsch - land l8�/< Sgr., im übrigen Deutschland 1 Thlr.(fl. 1. 45. sildd., fl. 1. 50. österr. Wäbr.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärt « auf allen Postämtern, in Berlin auf der Expedition, von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Scharrenstr. l, sowie auch unentgeltlich von jedem„rothen Dienstmann" entgegen genommen. Inserate(in der Expedition auszugeben) werden pro dreizcspaltcne Petit-Zeile bei Arbeiter-Annoncen mit l Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 8 Sgr. berechnet. Agentur sür England, die Eolonieen und die überseeischerl Länder: Mr. Bender, 8. Little Kew-Port-Street, Leicester-Square W, C. London . Agentur für Frankreich : G. A. Alexandre, Strassbourg , 5. Rue Brulee; Paris , 2. Cour du Commerce Saint-Andrd-des-Arts. Mit der hentilM Nummer beginnt fnr Berlin ein nenes Älionats-Abonnemeilt zum Preise von 6 Sgr. incl. Bringerlohn. Man abonnirt bei allen Zcitungsspeditcuren, bei dex Expreßconipagnie, Scharrenstraße Nr. 2, und in der Expedition, Tresdenerstr. 85. politischer Theil. Deutschland . * Berlin , 30. Nov. sZur Drohnotenge- schichte und Habsburg-Hohenz ollern' schen Allianzs, die nun einmal zum stehenden Artikel zu werden bestimmt scheint, theilt jetzt auch die officiöse Wiener „Debatte" mit, daß die österreichische Ant- wort auf die letzte Depesche(vom 14.) in der Frankfurter Angelegenheit unter dem 23. No- vember von Wien nach Berlin abgegangen ist. Ueber den Inhalt derselben schreibt sie:„Die öfter- reichische Regierung erklärt darin im Wesentlichen — übrigens nicht ohne ironisch auf die Pflege hin- zuweise», deren sich der in Frankfurt zu verpönende Nationalverein in Preußen selbst zu erfreuen habe, — daß sie Preußen auf der Bah» der Einzelmaß- regclungen außerhalb deö Bundeswcgcs nicht folgen könne und werde, daß sie aber nach wie vor bereit sei, zu der bundesmäßigen Revision einer Gesetz- gebung, die auch sie nicht in allen Stücken genügend erachte, die Hand zu bieten." Außerdem macht hie„Debatte" kein Hehl von ihrem Unmuth über die ganze Bismarckische Politik seit dem Betreten der i Herzogthümer, sondern sie gießt auch die volle Schaale ihres Zorns darüber aus. So gestaltet sich die bekannte„Intimität zwischen beiden Kabinetten" in der Wirklichkeit. Die„Debatte" führt aus: Bon Anfang an sei versucht worden, Oesterreichs Ein- treten für deutsches Recht nur zum Boxtheil Preu- . ßens auszubeuten; in Wien habe man endlich ge- glaubt, mit der Gasteiner Convention Ruhe zu ge- Winnen, aber das selbstsüchtige Andrängen habe von Neuem begonnen. In Paris sei nichts zu er- langen gewesen, statt sich nun aber ganz an den alten Alliirten anzuschließen, sei man lief verstimmt über das Gelingen der neuen Anleihe, und greife l den neu erstehenden Kaiserstaat bitterer als je an. Auch in der Frankfurter Sache solle Oesterreich nur von seiner allen BundeStreue abgezogen und in preußische JnterventionSgclüste verwickelt : werden. Wahrhaft tragikoniiscb ist aber bei all' den; Lamento das seltsame Bemühen dieser„bun- ■ bestreuen" Uhu«, die„verstockte Demokratie" von dem Nutzen überzeugen zu wollen, den Oesterreich dadurch Deutschland leiste. Was es damit auf sich hat, geht am deutlichsten aus einem anderen großen Wiener Blatte hervor, welches in Betreff des von Oesterreich vorgeschlagenen neuen Bundesvcreins- gesetzes bemerkt, daß, wenn Preußen darauf ein- gehen wollte,„mit diesem allgemeinen Gesetze dem Bereinswesen in Deutschland gründlich daS Lebens- licht ausgeblasen werden würde." Doch es ist glück- licher Weise dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel hinein wachsen. —(Zur Elbherzogthümerfrage) will die „Köln . Ztg." aus zuverläßiger Quelle wissen, daß in neuester Zeit von österreichischer Seite Erklärun- gen abgegeben worden seien, die keinen Zweifel daran aufkommen lasten, daß daS Wiener Cabinet unter keinen Umständen in eine Abtretung seiner Rechte gegen eine Geldentschädigung willi- gen werde, und daß dabei ebenso bestimmt die Februarbedingungen als unannehmbar be- zeichnet worden seien. —(Den budgetloseu Zustand betref- fendf, sagt die neueste„Prov. Cm.": Die Regierung wird e« an ihrem Dheile gewiß auch fernerhin an redlichem und ernstem Streben zur Be'ei- tigung de« Zwiespalt« nicht fehlen lassen; sie kann die« Ziel aber nur erreichen, wenn dasselbe Streben im Abgcordnetenhause obwaltet. So weit sich an« den vorläufigen Kundgebungen der Parteiführer ein Ur- theil über die nächste Session fällen läßt, dürste die Re- gierung wohl schon o jetzt darüber im Klaren sein, daß leider auch die bevorstehende Landtag«-Session jenen Er- folg noch nicht bringen, daß der dringende Wunsch de« König « auf Berständigung auch jetzt schwerlich in Erfüllung gehe» wird, daß vielmehr da« Beharren des Abgeordnetenhause« ausi seinem verhängnißvollen Wege(!) auch diesmal nur fruchtlose Verhandlungen in Aussicht nehmen läßt. Die Aufgabe der Regierung wird deshalb. wie schon am Schlüsse der vorigen Session angedeutet wurde, vermuthlich nur darauf gerichtet sein können, den Gefahren einer leidenschaftlich erregten und unfruchtbaren Session bei Zeiten Einhalt zu lhun. Man sieht, die„Zeidl. Corr." und die„Kreuz- zeitung " waren gut informirt. — sKeine Wandelung in der preußi- scheu Politik) heißt die Ueberschrift eines Arti- kels der„Prov. Corr.", in welchem es wohl mit Bezugnahme auf die aus jüngster Zeit stammende Aeußerung der„Kreuzztg." über die Annexion heißt: E« beruht theil« aus Jrrthum, theil« wohl aus bös- williger Absicht, wenn der Regierung die Berantwortung sür alle und jede Wendung von Zeitungen aufgebürdet wird, welche vermöge ihrer Stellung durchaus unab- hängig sind, und einen eigenen politischen Standpnn'l vertreten. Wenn solche Blätter auch im Allgemeinen die Regierung unterstützen und gelegentlich, wie viele Zeitungen, Mittheilungen von derselben empfangen, so sind dieselben doch keineswegs als Organe der Regierung anzusehen und man ist nicht berechtigt, au« ihren selbst- ständigen Aussätzen, namentlich au« ihren Leitartikeln, irgendwie aus die Absichten der Regierung zu schließen oder die Ihatsächlichen Unterlagen lhrcr Betrachtungen ohne Weitere« als beglaubigt zu erachten. Vielmehr ist bei jenen selbstständigen und individuellen Erörterungen ein zeitweiser Jrrthnm über den thatsächlichen Stand und den zu erwartenden weiteren Verlaus der Regie- rungspolitik ebensowohl möglich, wie bei allen übrigen unabhängigen Organen. Und ferner: Alle Vermuthungen und Behauptungen von einer Aenderung der Politik Preußens, sei es in der Schles wig- Holstein 'schen Angelegenheit, sei es in anderen Fragen, sind jedoch lediglich müßige Erfindungen. E« liegt zu einer solchen Wandelung weder in den Auf- fassungen der Regierung, noch in der thatsächlichen Lage der politischen Verhältnisse, zumal in den Beziehungen Preußen« zu Oesterreich und zu den übrigen Mächten, auch nur der mindeste Anlaß vor. — jAus den Elbher zogthümern) meldet die„Schleswig-Holsteinische Zeitung": Zur Grenz- regulirung hatte Frhr. v. Gablenz mit der Stadt Hamburg eine Bereinbarung wegen Umtausches von 61 Onadralfuß Land getroffen.' Diese Abmachung wird jetzt von Preußen mit dem Bemerken bean- standet, Oesterreich dürfe einseitig nicht das geringste Stück holsteinischer Erde abtreten oder vertauschen. — Dieselbe Zeitung meldet aus Tönning , daß der dortige Bürgerverein geschlossen sei. weil er sich den schleswig-holsteinischen Bereinen ange- schlössen habe. —(Die„Nordd. Allg. Ztg.") hat, ohne Zweifel in höberem Auftrage, der„Kreuzztg." in äußerst maliciöser Form einen Verweis crtheilt, weil sie es„widersinnig" genannt, zu glauben,„daß der Kaiser Napoleon die Enlwickelung Europa'S und Deutschlands von nun an ruhig ihren Gang gehen lassen werde, weil er sich nur noch mit der Befestigung seiner Dynastie beschäftige." Die „Nordd. Allg. Ztg." meint, dergleichen sei man sonst nur von Demokraten zu hören gewohnt und empfiehlt der conservativen Preffe„Vertrauen zum Kaiser und zum Kaiserreiche." Der Artikel enthält die plumpeste» Schmeicheleien gegen LouiS Napoleon . Der Rabe an der Seine wird sich indeß schwerlich von dem Fuchse an der Spree fangen lassen. Ganz im Gegentheile füttert er den hungrigen Aar an der Donau , der nicht des Fuchses Freund sein soll. � fZur Freilassung Schweitzer'«) aus der Untersuchungshaft wollen verschiedene Berliner Blätter wissen, daß Aussicht dazu vorhanden sei. Die„StaatSb. Ztg." setzt hinzu: Ob mit oder ohne Cautivn wurde unS nicht gesagt. Die übrigen Blätter sprechen von einer Cantion von 5000 Thlrn. Beantragt aber wurde von dem Verhafteten selbst eine Cantion von 1000 Thlrn. UnS ist vorläufig noch nichts Bestimmtes darüber bekannt geworden, als, daß daS Richtercollegium(in erster Instanz) den Antrag auf Freilassung abgelehnt hat und dieser jetzt den Instanzenweg durchlaufen wird. — sUeber preußische Preßfreuden) berichtet die heutige„Berk. Reform": Freigesprochen ist in zweiter Instanz Redacteur und Verleger der„sttord Häuser Ztg.", die wegen eine« Artikel« in der May'schen Sache mit einer Geld- büße von 20 resp. 10 Thlr. belegt worden waren.— Freigegeben ist die letzt confiScirte Nummer der Gninbinner„Preuß.-Litth. Ztg.", durch Spruch de« Kreisgericht». Zur Beschlagnahme hatte ein Bericht über «inen geschichtlichen Bortrag Anlaß gegeben, der in einem dortigen Vereine gehalten worden und in dem von dem „verhaßten Mixisterium Eichhorn" die Rede gewesen war. Selbst der dortige Staatsanwalt schien der u. A. von
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1 (1.12.1865) 210
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