Nr. 218.

Berlin , Sonntag den 10. December

1865.

Social- Demokrat.

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Politischer Theil.

Berlin , 9. December.

Die merikanische Frage, über welche das Tuilerien Kabinet die öffentliche Meinung möglichst lange im Ungewissen zu erhalten sucht, scheint neuer­dings durch die Ernennung des Generals Logan zum Gesandten bei der Republik Meriko und durch die Sendung des Generals Schofield nach Paris in den Vordergrund der politischen Tagesfragen treten zu sollen.

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Für uns ist sie abgesehen von ihrer nächsten Rückwirkung auf die politische Constellation über­haupt-- aus zweierlei Gründen von hohem In­

teresse:

Einmal interessirt sie uns ganz besonders, weil auch in und an ihr sich die Macht der zukunfts­reichsten Idee des neunzehnten Jahrhunderts be­währen soll, die Macht der Idee: Alles durch und für das Volk", der ehrlichen Volksherr schaft gegenüber der Lügenhaftigkeit des Cäsaris­mus, die Macht einer politischen Idee, für deren Wahrheit und Lebensfähigkeit der jüngste Riesen­tampf der nordamerikanischen Union gegen die Re­bellion der Sclavenhalter den glänzendsten Beweis erbracht hat, gegenüber einem im Hinsterben be­griffenen Trugsysteme, welches man in Europa als politische Religion verkündet.

Dann aber nimmt die mexikanische Frage unsere volle Aufmerksamkeit deshalb in Anspruch, weil es sich in ihr neuerdings um eine Anwendung der hochwichtigen Monroe Doctrin handelt: Ame­rita den Amerikanern.

Zur Beurtheilung des Standpunktes, welchen das Kabinet von Washington in dieser Frage ein­nimmt, liegen verschiedene Thatsachen und officiöse Kundgebungen vor, die sehr beachtenswerth sind. Es sind folgende:

Gewalthaber beschmußend", welches Attentat unver­kennbar eine aus der Sclavenhalter- Rebellion her vorgegangene Erscheinung sei, mit deren Beseiti­gung erst, und nicht früher, jene Rebellion als beendet und die Wiederherstellung des früheren An­sehens der Vereinigten Staaten als vollständig be­trachtet werden könnten.

Ferner die Erklärung, mit welcher, unmittelbar nach der Ernennung des Generals, das Organ Seward's , die" New- Yorker Times", dieselbe be­gleitete, indem es schrieb:

Bürger der großen transatlantischen Republik ant­worten wird, wer mag das wissen?

Wahrscheinlich ist nur, daß er nicht sogleich das Feld räumen und durch sofortige Zurückziehung sei­ner Truppen seine Schwäche documentiren wollen, vielmehr durch diplomatische Winkelzüge und ver­bindliche Zusicherungen suchen wird, vor Allem, Zeit zu gewinnen und das neugebackene Kaiserreich wenig­stens für die nächste Zukunft ver amerikanischen Angriffen sicher zu stellen.

Einen ernsten Kampf, glauben wir, wird Napoleon um dieser seiner gefährdeten Schöpfung willen, nicht wagen wollen.

Logans Ernennung ist eine neue Ankündigung an Maximilian, daß seine Kaiserlichkeit nicht anerkannt ward, noch werden wird. Sie hat gerade um so mehr Bedeu­Denn für's Erste stürzt er, der nur die Erhal tung, als sie in einem Augenblicke erfolgt, wo die Re­ publikaner kaum noch einen letzten Anhaltspunkt besitzen. ung seiner Dynastie im Auge hat, sich nicht mehr Sie heißt nun: daß fein durch Waffengewalt erlangter leichtsinnig in einen Krieg; sodann war die meri­Erfolg die Vereinigten Staaten mit der Usurpation aus- fanische Expedition in Frankreich eigentlich niemals söhnen kann... Alle Bethenerungen, daß die kaiserliche populär und würde es ein Krieg mit Amerika noch Herrschaft dem merikanischen Volfe genehm sei, werden weit weniger sein; endlich aber ist, was wohl die zur Abgeschmacktheit durch die Thatsache, daß Maximi Hauptsache, durch den Sieg der Amerikanischen lian der fremden Hülfe nicht entrathen kann. Wenn der Nordstaaten und die Wieterherstellung der Union , äußere Zwang, welcher der Republik auferlegt wurde, in das mexikanische Kaiser- Project, hinsichtlich der ihm feinem ersten Stadium unrecht war, ist er es auch in zu Grunde liegenden tieferen und eigentlichen Be­jedem folgenden. Gelangte das merikanische Volk zu der Ueberzeugung, daß Maximilians Herrschaft eine heil- meggründe, gescheitert und daher das Intereſſe fame und wünschenswerthe sei, und acceptirte es dieselbe Napoleons für dasselbe wesentlich abgeschwächt, ungezwungen, so würden unsere nationalen Pflichten in nunmehr nur noch ein solches, wie man es einer eine andere Phase treten. einmal begonnenen Sache zuwendet, deren plötzliches Aufgeben gefahrvoll sein könnte.

Außerdem noch jene bekannte Anrede des Prä­fidenten Johnson an den Gesandten von Brasilien , deren Grundgedanke vielfach, und mit Recht, als das Ziel der Seward 'schen Politik bezeichnet wurde, die sich kurz in die Worte zusammenfassen läßt: Fort mit den Franzosen , Desterreichern und Bel­giern, welche Meriko eine Regierung aufdringen wollen; hingegen auch von Seiten der Vereinigten Staaten kein Eingreifen in das freie Selbstbestim­mungsrecht des merikanischen Volkes."

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Und endlich die Reise Schofield's an den Hof der Tuilerien.

Wir also bezweifeln die Wahrscheinlichkeit eines Krieges, dessen Folgen von ungeheurer Trag­weite sein würden.

Unzweifelhaft dagegen ist uns der Sieg des demokratischen Principe auch in dieser Sache, der Sieg des Princips der vollen Freiheit und des vollen Rechts.

Deutschland .

* Berlin , 9. Dez.[ In der hohen Politif] Aus all' dem geht unzweideutig hervor, daß scheint jest, so weit dabei die Elbherzogthümerfrage und die berüchtigte Drohnoten- Angelegenheit in Zunächst Logan's Ernennung zum Gesandten das Kabinet von Washington fest gewillt ist, auf Berührung kommen, bis auf Weiteres vollkommene der mexikanischen Republik, zu einer Zeit, wo von eine Räumung Mexiko's von den Franzosen und Windstille eingetreten zu sein. Es dürfte dieses Paris aus das Gerücht in Umlauf gefeßt wurde, fremden Soldtruppen zu dringen, und eine, unter besonders darin seinen Grund haben, daß man daß eine Anerkennung des Kaiserthums Meriko Sei- möglichst allgemeiner freiwilliger Zustimmung des hier sowohl als in Wien erst abwarten will, wie tens der Vereinigten Staaten bevorstehe, zu einer Volkes erwählte und befestigte, Regierung auch sich etwa die Stellung der europäischen Kabinette Zeit ferner, wo sich das unbestrittene Gebiet der seinerseits anzuerkennen, also die Frage der durch die Entwickelung der verschiedenen obschwe Republikaner auf nicht viel mehr als auf das Regierungsform in Merito als eine innere benden Fragen verändern möchte, als da im Augen­Weichbild der Stadt El Paso am Rio Grande Angelegenheit zu betrachten. blicke sind: der spanisch- chilenische Handel, das erstrecte. Was aber noch weiter daraus hervorgeht, ist: Hinscheiden des belgischen Königs, die mexikanische Eine bloße Räumung zum Schein, wie die Frage u. f. w. Unleugbar sind auch jest wieder von Rom , ist unmöglich, Aller Augen auf den cäsarischen Macchiavellisten an der Seine gerichtet. Eine traurige Wahrheit, der nur das Erwachen der Völker ein Ende machen

Sodann der Umstand, daß die Wahl gerade auf eine Persönlichkeit, wie General Legan fiel, der zehn Tage vorher, es war vor den dies­jährigen Herbstwahlen, auf großen Volksver­fammlungen mit rücksichtslosem Eifer und leiden­schaftlichem Ungestüm von der ,, brennenden Schmach" gesprochen, welche die bloße Anwesenheit Maximilians in Mexiko für die Vereinigten Staaten sei, von der , infamen Schandthat", die Louis Napoleon an der merikanischen Republik verübt habe, von seinem Attentat" auf Mexiko , dessen Boden die fremden

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und:

man würde sich in Paris einer verhängnißvollen Täuschung hingeben, wollte man glauben, mit einer solchen Comödie Herrn Seward oder den Congreß befriedigen zu fönnen.

Die Frage ist also offenbar eine sehr ernste und, unter Umständen, von unabsehbaren Verwicke­lungen begleitete.

Was der Mann des zweiten Dezembers dem

fann.

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[ 3ur Habsburg- Hohenzollern 'schen Allianz wird dem N.." von hier geschrieben: von Wie sehr es von officiöser Seite auch in Abrede ge- Fra stellt wurde, wird es doch keinem Zweifel unterliegen fön- and nen, daß diesseits in der That beabsichtigt war, der öfter­reichischen Regierung Vorschläge über ein neues Provi

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