Nr. 18.

Berlin  , Dienstag den 22. Januar 1866.

Social- Demokrat.

Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme

der Sonn- und Festtage.

Organ der social- demokratischen Partei.

Redigirt von J. B. v. Hofstetten und J. B. v. Schweiter.

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1601

Redaction und Expedition: Berlin  , Dresdnerstraße Nr. 85.

[ 23.01.1866]

Bweiter Jahrgang.

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Bestellungen werden auswärts auf allen Postämtern, in Berlin   auf der Expedition, von jedem soliden Spediteur, von der Expreß- Compagnie, Spandauerbrücke 3, sowie auch unentgeltlich von jedem rothen Dienstmann" entgegen genommen. Inserate( in der Expedition aufzugeben) werden pro dreigespaltene Petit- Zeile bei Arbeiter- Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 3 Sgr. berechnet.

Agentur für England, die Colonieen und die überseeischen Länder: Mr. Bender, 8. Little New- Port- Street, Leicester- Square W. C.   London  . Agentur für Franfreich: G. A. Alexandre, Strassbourg  , 5. Rue Brulée; Paris  , 2. Cour du Commerce Saint- André- des- Arts.

Die reine Demokratie und die Social­

Demokratie. III.

Die nichtbesibende Klasse ist sich, sobald sie

zum Klaffenbewußtsein gekommen, sobald sie ihr Klasseninteresse erkannt hat, darüber vollkommen klar, daß die Erfüllung ihrer persönlichen Ent­wickelung und thatsächlichen Gleichstellung mit der befizenden Klaffe nicht erwartet werden kann von der bloß abstracten Anerkennung des Princips der Gleichheit und der Volkssouveränetät, von der Idee

der reinen Demokratie.

Es gab auch eine traumschöne, findliche Zeit, wo das

Das Interesse der nichtbesitzenden Klasse verlangt fahren hatte, daß der König es nicht der Mühe werth daber möglichste Unselbstständigkeit der höchsten erachte, die Thronrebe eigenmündig zu verlesen. Staatsgewalt, indem diese so wenig wie möglich in Einer Person vereinigt sein und so wenig wie mög­lich von persönlicher Selbstthätigkeit bestimmt wer­

den soll.

Volk an die Allmacht des Worts und der Worthelden glaubte, wo es den Verfassungsparagraphen XY 3 eine geheimnißvoll unwiderstehliche Gewalt beimaß unb ber felsenfesten Ueberzeugung" lebte, falls der dämonische Die nichtbesitzende klasse wird daher für ge- Einfluß der Minister nicht durch den König selbst ge­wöhnlich keinen Präsidenten, und am aller- brochen werden könne, brauchten die Abgeordneten nur 93 wenigsten einen unverantwortlichen Präsiden- besagte Paragraphen 9 3 recht oft und mit recht ten an der Spiße der Regierung haben wollen, lauter Stimme herzudeklamiren und das Bismarck'sche sondern weit lieber einen wählbaren und zugleich Jericho   werde in Trümmer sinken, und der von dem verantwortlichen Ausschuß zur Leitung der bösen Bann befreite Köniz   ſeinem Bolt felig an die höchsten Staatsgeschäfte, d. h. lediglich zur Aus- Brust sinken. Ach! Alles hat seine Gränzen, gleich führung der Beschlüsse, welche allein von der Volks- an die Allmacht des Worts und der Worthelden. Dieſe vertretung gefaßt werden.

dem deutschen   Vertrauensdusel auch der deutsche Glaube

traumschöne findliche Zeit liegt hinter uns: Niemand er wartete von der neuen Session ein Wortmirakel.

Sie begreift vielmehr, daß sie suchen muß, sich Als dritte und legte Anforderung der nicht­einen überwiegenden Einfluß auf die Staatsgewalt besitzenden Klasse an die Verfassung erheischt das Es gab ferner eine traumschöne findliche Zeit, die der zu verschaffen, um dieselbe im Sinne ihres Klassen- Interesse derselben die Ernennung verant- soeben beschriebenen unmittelbar folgte, wo das Bolk in interesses in Thätigkeit zu setzen, d. h. sie zur Her- wortlicher Minister durch die Volksver- seinen Worthelden Männer erblickte, Männer, die, wenn beiführung der Möglichkeit zu veranlassen, in glei­cher Weise wie die besitzende klasse von der Gütertretung, nicht durch die Staatsgewalt, womit es noththue, wenn das Wort sich nicht allmächtig be dieses den Staat vollständig beherrscht, Staat und ben. Ach! den fruchtlosen Worten sind keine Thaten diese gänzlich wieder in das Volk zurückfällt und währe, fortschrittlich vom Wort zur That fortschreiten und, muthig vorgehend, den Weg zum Sieg zeigen wür Gesellschaft sich gegenseitig decken. gleich Gesellschaft sich gegenseitig decken. nachgelommen, und Alles hat seine Gränze, gesehen haben, die Anforderungen des Nichtbesizes ben an die Allmacht des Worts, auch der deutsche Ber Schroff also und gegensätzlich stehen, wie wir dem deutschen   Vertrauensdusel und dem deutschen   Glau­noch schroffer und gegensätzlicher die gegenseitigen an die Verfassung denen des Besizes gegenüber, sonenfultus. Forderungen an die Verwaltung.

erzeugung, vom industriellen Erwerbe, Nutzen zu ziehen, oder mit anderen Worten, den vollen Er trag der Arbeit zu genießen, kurz, aus dem Nicht­besitz zu Besitz zu gelangen und damit die Klassen gegenfäße verschwinden zu machen.

Danach gestalten sich denn auch, wie schon früher hervorgehoben worden, ihre Anforderungen an die Verfassung und an die Verwaltung des Staa­tes sehr verschieden von den Forderungen der be­fizenden Klaffe an dieselben.

Zunächst für die Verfassung:

Hierüber im nächstfolgenden Artikel.

Politischer Theil.

Deutschland  .

Uebereinstimmend mit dem Princip der reinen Demokratie( nicht zu verwechseln mit dem Streben der besitzenden Klaffe, welche, wie wir gesehen haben, das reindemokratische Princip nicht gelten läßt) er­fennt auch die Social- Demokratie, erkennt auch die Berlin  , 22. Jan.[ In der Elbherzog­nichtbesitzende klasse als alleinige Grundlage der thümerfrage] stehen nach Daily News" Con­Theilnahme am Staatswillen die reine Berfön- ferenzen bevor ,,, bei denen England sich zu bethei­lichkeit, unabhängig von jedem Maße des Be- ligen kaum ablehnen würde." fizzes, an.

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[ Ueber die wahre Stimmung des Ihre erste Anforderung an die Verfassung ist Boltes gegenüber der parlamentarischen daher das allgemeine, gleiche und directe Fortschrittscomödie] schreibt ein hiesiger Cor­Wahlrecht mit geheimer Abstimmung, in respondent dem radical- demokratischen Mannheimer seiner Anwendung nicht etwa bloß auf die Bolks- deutschen Wochenblatte Worte, die uns aus der vertretung, sondern in allen Gebieten des Staats- Seele gesprochen find. Sie lauten: lebens. Es gab eine traumschöne, findliche Zeit, wo das Die zweite Forderung dieser Klasse in Beziehung Bolt an die fortschrittliche Mythologie glaubte, den Ver­auf die Verfassung besteht in der unmittelbaren faffungs- Konflikt für ein Mißverständniß" hielt und Beherrschung der höchsten Organe der Staatsgewalt.

gegenfab, weil es der Ueberzengung lebte, der König jeder Kammereröffnung mit hoffendem Herzklopfen ent­würde die Thronrede benutzen, um die durch den dämoni­Es ist dies eine Forderung, die sich sofort er- fchen Einfluß der Minister bisher zurückgebrängte Sehn­klärt, wenn man beachtet, daß die nichtbesitzende sucht nach ,, Frieden mit seinem Bolt" endlich zum Durch Klaffe die Staatsgewalt nur als Mittel zum Zweck bruch kommen zu lassen und dem Abgeordnetenhaus den der Benutzung zur socialen Gleichstellung mit der Delzweig zu reichen. Sogar im vorigen Jahr entdeckten befizenden Klasse auffassen muß und daß ferner, wir noch verschiedene Leutchen mit träftigem Glaubens je selbstständiger die höchste Staatsgewalt ist, sie, in und schwachem Denkvermögen, die sich in ähnlichen Folge des conservativen Charakters jeder Art von selbst deutscher Bertrauensdusel. Diese traumschöne find Hoffnungen wiegten. Indeß Alles hat seine Gränzen, Regierung, desto mehr die Tendenz haben wird, liche Zeit liegt hinter uns; Niemand erwartete bei Er die Erhaltung des Besizes über die Erhebung des öffnung der neuen Session einen angenehm überraschenden Nichtbesitzes zu stellen. Theatercoup, zumal man durch die offiziöse Preffe er­

Freuen wir uns darüber und schöpfen wir dar­aus die Ueberzeugung, daß noch so Manches ein Ende nehmen wird und schließlich Wahrheit und Recht triumphiren werden über Humbug und Gewalt. -[ Ueber die erste Scheidung der Par= teien im preuß. Abgeordnetenhause] schreibt sehr treffend der Bote vom Niederrhein  ": ng

Die Parteien haben sich gemessen; die Frage der Bud getberathung ist entschieden und es hat sich gezeigt, daß weitaus die Mehrheit des Abgeordnetenhauses aus Gothaern besteht. Graf Schwerin will keine Ueber­stürzung, Gneist wittert einen extremen Schritt in dem Antrag auf Vorberathung, und Walded

nun, wes halb sollen wir Waldeck nicht in dieser Gesellschaft nen­nen? Waldeck meint, es sei Alles in Ordnung, co stehe als früher. Man muß dem Alten lassen, daß er conse vortrefflich, und sei gar kein Grund, anders zu verfahren quent ist. Er hat immer gewünscht, daß der Conflitt chronisch"( andauernd) würde, und er hat stets die An­sicht vertreten, daß nur durch einen jahrelangen Kampf um die Verfassung das Bewußtsein der Volksrechte tief genug in das Volf dringen könnte. Waldeck ist ein un­verbesserlicher Doctrinär; er sieht und hört nichts von dem, was im Lande vorgeht Beweis: seine Nebe in holsteinischen Angelegenheit. Da hat er gut confequent der Coalitionsfrage und sein Verhalten in der schleswig­bleiben. Mit all seiner Consequenz war er eben doch früher Demokrat und ist jetzt Gothaer, weil die Anwen­dung desselben politischen Lehrsatzes auf verschiedene Ver­hältnisse eine ganz verschiedene Bedeutung hat.- Löwe hat die Lage des Landes am richtigsten bezeichnet, aber man begreift nicht, wie ein Mann bei so klarer Einsicht immer noch hoffen kann, mit der bürgerlichen Aristo­gesprochen, daß die Abgeordneten jetzt ihr Testament fratie ans Ziel zu kommen. Löwe hat das große Wort machen"; die Herren haben aber vergeffen, für einen Executor zu sorgen.

,, Lasset die Todten ihre Todten begraben!"

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