Nr. 62.Berlin, Donnerstag den i5. März 1866.Zweiter Jahrgang.uxDiese Zeitung erscheint täglichmit Ausnahmeder Sonn« und Festtage.Organ der social-demokratischcn Partei.Redigirt von I. 8. v. Hofstetten und Z. B. v. Schweitzer.Redaction und Expedition-Berlin,Dresdnerstraße Nr. 85.AiounementS- Preis für Berlin incl. 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März. sZur Habsburg-Hohe n z o l l e r n' s ch e» Allianz� glaubt der Wif-ner Ofsiciöse der Hamb.„Börsenhalle" bestimmtversichern zu können, daß in Karlsruhe undHannover von Seiten Oesterreichs lebhafte Ver-Handlungen gepflogen werben,»m für den Falleines Bruches zwischen beiden deutschen Groß-mächten eines Rückhaltes für zwei gegenwärtig sehrbloßgestellte Theile der österreichischen Armee(Ra-statt und Holstein) sicher zu sein.— sD as Gespenst eines europäischenCongrcsses) spukt nock beharrlich hier uno dortin der Presse. So will die Augsburger„AUg.Ztg." wissen, daß sogar der Preußische Gesandtev. v. Goltz den Auftrag erhalten hätte, bei seinerRückkehr nach Paris dem Kaiser die Erweiterungder Fürstenthümer-Conferenz zu einem EuropäischenCongreß vorzuschlagen, jedoch von Napoleon keineandere Antwort erhalten habe, als Glückwünsche.daß Preußen die Entscheidung der Schleswig-Hol-steinischen Frage nicht abermals durch de» Kriegsuchen zu müssen glaube.— Bon den englischenBlättern ist es die„Post," welche behauptet,daß ein derartiger Congreß eifrig von denMächten betrieben werde. Der Pariser Cor-respondent der„Post" meint jedoch, daß nachder Aufnahme, die der Congreßvorschlag desKaisers in England früher gefunden habe, eineInitiative dazu nicht leicht wieder von Paris aus-gehen werde.„Jndeß", fügte er hinzu,„sähe dieDiplomatie, namentlich die deutsche, eine Zusam-menkunft der europäischen Mäcbte gern. Insbe-sondere fühlt sich Preußens Premier unbe-haglich und weiß nicht genau, bis zu wel-chem Punkte es ihm gelingen wird, seineAbsichten auszuführen und aus Preußeneine Land- und Seemacht von zweimal sogroßer Stärke als früher zu machen. EinCongreß aber wäre eine treffliche Gelegenheit,Frankreich und England den Puls zu fühlen unddie Einverleibung der dänischen Herzogthümer zurAnerkennung zu bringen. Italien möchte gerndie venetianische Frage auf's Tapet bringen, undhätte nicht Frankreich vielleicht ein Wort über Polenzu reden? Rußland hat eine unermeßliche Arbeitim Orient vor; die Donaufürstenthümer werdenwieder einmal in seiner Hand sein. Rußland denktvielleicht daran, bis Konstantinopel vorzudringen,in dem Maße, als sein Eisenbahnnetz sich aus-breitet. Rußland weiß, daß England und Frank-reich nicht wieder das Schwert für das ottomanischeReich ziehen werden. Auf einen Congreß könnteirgend etwas auftauchen, was den künftigen PlänenRußlands förderlich wäre." Wir halten, wie wirschon früher gesagt, daS Zustandekommen einessolchen Congresses für durchaus unwahrscheinlich.— sPreußische Preß- Schicksale.) In Duis-Iburg wurde am 12. d. M. im Redaktionslokale des�„Bolen vom Niederrhein" polizeilich Haussuchung nachdem Manuskripte des Leitartikels Nr. 24 gehalten. Derinkriminirte Artikel„Vom Landtage" enthält eine Stelle! aus der Rede Twesten'S in der Adreßdebatte.Wien, 13. März. fMinisterkrisis.) InFolge der demnächst zur Verhandlung kommendenAntwortsadresse des ungarischen Landtages, in wel-cher die Forderung eine« eigenen Ministeriums auf-recht erhalten wird, steht eine MinisterkrisiS in Aus-ficht. Man glaubt, daß Majlath seine Demissionerhalten werde; die Stellung Belcredi'S erscheintgesichert.� München, 12. März. sUeber socialeZustände) schreibt man ver„Wescrzcitung"- DieRoth der Landwirthe aus dem flachen Lande undder Hausbesitzer in München ist im rapidestenSteigen begriffen. Der Gaulstuhl(eine eigenlhllm-liche Münchener Einrichtung) verschwindet seitWochen nicht mehr von seinem Platze vor demRathhause; Hypothekenprozesse, ZwangSversteige-rungen, Schuldhaft, Selbstmorde, da« ist die Sig-natur der wirthschastlichen Zustände Münchens undBayerns. Diese Krisis zu raschem Ende zu brin-gen, liegt außer menschlicher Macht und alle Mit-tel, welche die offiziellen Slaatsweisen anwendenund vorschlagen, dienen nur dazu, sie zu steigern.Die Regierung gab der Bank die Erlaubniß zurAusgabe von neuen 30 Millionen Pfandbriefen,und obgleich die Bank mit äußerster Borsicht zuWerke ging und nur die geringe Summe von95,000 Gulden begab, so folgte dem Bekanntwer-! den der Erlaubniß fast unmittelbar ein Sinken desCourseS der Pfandbriefe von 3 pCt.. was für dieBesitzer der Pfandbriefe erster Emission einem Ver-luvt von 900,000 fl. entspricht. Trotz dieses un-günstigen Resultates will die Regierung, und zwarauch diesmal unaufgefordert, der Bank die Erlaub-� uiß zu einer neuen sehr bedeutenden Emission er-. theilen, in der übrigens sehr durchsichtigen Absicht,die Land- und Hauswirthe glauben zu machen, sielhue alles, was in ihrer Kraft stehe, der Bedräng-i niß ein Ende zu machen. Diese Absicht vermochtesie auch, den Projekten des bekannten Finanzmanncs! Langrand so geneigtes Ohr zu schenken, daß dievon demselben im Verein mit Fürst Taxis und an-deren reichen Hochtories verlangte Bankconcessionin den nächsten Tagen ertheilt werden wird. Das; Langrand'sche Projekt hat jedoch recht schwindet-Haftes Aussehen. Nicht eine besondere Bank, son-dern nur eineFiliale derLangrand'schcn„Jnternatio-, ualen Ackerbau-Credit-Gesellschaft" soll in Regens-bürg ihre Thätigkeil damit beginnen, daß sie mit; den in solchen Dingen dem größeren Theile nachhöchst unerfahrenen Landwirthe» ein großartiges„Wechselvcrhältniß" eröffnet, d. h. sie will denLandwirthe» Darlehne gegen Wechsel zu börsen-! mäßigen Zinsen gewähren. ES ist dies der ge-! fährlichste Credit, der einem Landwirth eröffnetwerden kann und erinnert sehr lebhaft an die Ma-növer der sogenannten Güterschlächler und Bauern-schinder, an denen Bayern ohnedies keinen Mangelleidet. Daß die Regierung zu solchen Unterneh-mungen ihren Consens giebt, zeigt, daß sie inwirthschastlichen Dingen auf demselben Standpunktesteht, wie etwa auf medicinischem das Publikum,das die Prahlereien eines Charlatans und Wunder-doctors für den Gipfel der Weisheit ansieht.Ausland.* Paris, 12. März.(Tagesbericht: DieLand-Bevölkerung. Baron Budberg. DieDonaufürstenthümer- Conferenz. Suez-kanal-Gesellschafts-Vertrag. CoalitionS-freiheit. Das Haus des Prinzen Napo«leon. Kusa. Centralisation der Kirch-böse. Die„Liierte".) Die Diskussion überdie landwirthschaftlichen Frage» ini gesetzgebendenKörper hat aus deni Lande eine solche Aufregunghervorgebracht, daß die Regierung sich veranlaßtgesehen hat, den Befehl zu crtheilen, sofort dieUntersuchung der Lage des Ackerbaues zu beginnen.Die„Patrie" enthält darüber folgende Note:„Wirerfahren, daß alle Präfecten in den DepartementsBefehl erhalten haben, die Eröffnung der land-wirthschastlichen Untersuchung zu erleichtern, welcheder Kaiser in seiner Rede vom 22. Januar ange-kündigt bat. Die ersten Maßregeln sollen daraufhinausgehen, eine Untersuchung der Lage der kleinenAckerbauer und ihre Bedürfnisse festznstelle»." DieRegierung ist sehr besorgt.— Baron Budbergwird am 14. d. MtS. von Petersburg hier wiedereintreffen.— Am gleichen Tage soll auch, wie manversichert, die zweite Sitzung der Donaufürsten-thümer- Conferenz stattfinden.— Aus Konstanti-nopel voni 12. d. meldet ein Telegramm, daß der�ultan dem zwischen dem Vice-Könige von EgYP-ten und der Suezkanal- Gesellschaft abgeschlosse-neu Vertrage seine Genehmigung ertheilt hat.—-Der CassationShof hat in Bezug auf die Arbeits-einstellung ein Urtheil erlassen, welches in dieserwichtigen Frage zum ersten Male seit der Bekannt-machung deS neuen Gesetzes die Anschauungen deshöchsten Gerichts über CoalitionS- und Vereinsrechtfeststellt. ES hatten nänilich die wegen unerlaubterCoalition zu mehrmonatlichem Gefängnisse verur-theilten Sammtarbeiter von Lyon ein Cassations-gesuch eingereicht, das jedoch in der Sitzung vom23. Februar von der Criminalkammer abgewiesenwurde. Das von dem Moniteur mitgetheilie, aus-sührlich motivirle Erkenntniß des CassationShofesbestätigt: 1) daß daS CoalitionSrecht, wie eS in demGesetze vom 25. Mai 1864 gestattet ist, nicht dasRecht bedingt, Vereine von mehr als 20 Personenzu bilden; 2) daß das von den Arbeitseinstellern� zur Vertretung und Wahrung ihrer Interessen ein-gesetzte Central-Comite sich des Vergehens deS Ar-� beitSverbols schuldig macht, wenn es die Erlaubniß,' zu arbeiten, denjenigen Arbeitern, die es um diese