Rr.«Ä. Berlin , Sonnabend den i7. März 1866. Zweiter Zahrgang. Zocial-Dtinolultt. Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Organ der social- demokratischen Partei. Redigirt von Z. 8. v. Hosstetten und J. B. v. Schweitzer. Redaction und Expedition: Berlin , Dresdnerstraße Nr. 85. Abonnement?- Preis fitr Berlin incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr., mo- natlich 6 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.: bei den SBnigl. preußischen Post­ämtern 221/» Sgr., bei de» preußischen Postämtern im nichlvreußilchen Deutsch- land 18� Sgr., im übrigen Deutschland 1 Thlr. lfl. 1. 45. slldd., st. 1. 50. österr. Währ.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärt « auf allen Postämtern, in Berlin ans der Expedition von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Compagnie, Scharrenstraße 1, sowie auch unentgeltlich von jedemrothen Dienstmann" entgegen genommen. Jnscralc(in der Expedition auszugeben) werden pro dreigespaltcne Petit-Zeile bei Arbeiter-Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mir 3 Sgr. berechnet. Agentur für England, die Cvlonieen und die überseeischen Länder: Mr. Bender, 8. Little New-Port-Street, Leicester-Square W. C. London . Agentur für Frankreich : 0. A. Alexandre, Strassbonrg, 5. Rue ßrulee; Paris , 2. Cour du Commerce Saint-Andre-des-Arts. An unsere Leser und Parteigenossen. Wir haben seinerzeit nur im Partei-Jnteresse lzu Handel» geglaubt, indem wir, mit erweiterten : Mitteln im geistigen Kampfe vorangehend, uns entschlossen, der an uns ergangenen Aufforderung Folge zu leisten, denSocial-Demokrat" täglich erscheinen zu lassen. Auch haben wir uns in der Erwartung, uu- sere Opferwilligkeit für die Parteisache von Sei- ten der Parteigenossen nach Kräfteu unterstützt �zu sehen, nicht getäuscht. Fortwährend hat sich bis auf den heutigen Tag die Theilnahme und das Interesse der Arbeitcrwelt an unfern Be- strebungen gesteigert und vor allen ließen es sich die Arbeiter unserer Partei, die Mitglieder des , Allgemeinen deutschen Arbeiter-BereinS, angelegen sein, so weit es unter dem Drucke der mit dem heutigen Productionszustande verbundenen Roth möglich war, uns fördernd und ermuthigend ent- gegenzukommen. Da das tägliche Erscheinen unseres Blattes eine Preiserhöhung nothwendig bedingte, so wurde . schon damals, eben in Folge jenes Druckes der materiellen Verhältnisse, hier und dort ein Ein- spruch laut und der Wunsch geäußert, den Abon- nementSpreiS noch niedriger zu stellen, waS leider > nicht möglich war und ist. Es ließ sich in- l dessen, nach der Meinung Anderer, hoffen, daß sich allmählich die Schwierigkeiten heben wür- 'den. Aber neuerdings mehrten sich, besonders in der letzten Zeit, die Stimmen, welche eine Herabsetzung des Preises als dringend wün- fchenswerth bezeichnen. Es hat sich demnach wirklich herausgestellt, daß die Arbeiter den seit- herigen Abonnements-Preis nicht erschwingen können. Da aber eine Erniedrig ing desselben bei täglichem Erscheinen völlig unmöglich ist, so haben wir uns, wenn auch ungern, dazu ent- schloffen, das Blatt vom 1. April an wöchent- lich dreimal zu dem früheren, unten bezeichneten Preise auszugeben. Um so mehr dürfen wir erwarten, daß die deut- schen Arbeiter auch in Zukunft ihr Organ kräftig fördern werden, welches allezeit die Sache der Arbeit mit Entschiedenheit vertreten und auf dem Boden der ganzen und vollen Volkssache stehen wird. Redaction und Verlag deiSocial-Demokrat." Besttllllngcn auf denSocial-Demokrat" für das zweite Quartal 1866 bitten wir außerhalb bei den PostäiutclN, in Berlin bei den bekannten Zeitungsspeditcure» bei Zeiten zu machen. Der Aboniiemeiits-Prels ist vom I.April an für Berlin ilicl.Briugerlohu: vierteljährlich 15 Sgr., mouat- lich 5 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.; bei den Königl. preußischen Postämtern 15 Sgr.; bei den preußischen Postämtern im nichtpreußischen Teutschland 12'/2 Sgr., im übrigen Deutschland 20 Sgr. sfl. 1. 10. südd., fl. l. österr. Währ.) Der todteSchulze gegen den lebenden Lajsalle. XV. Entfesseln Sie die Bestie nicht!" ein treff- licher Wahlspruch in der That für einen Mann, der als Freund der Arbeiter gelten will. Wir haben seinerzeit, als Sie dies Wort in der preußischen Kammer sprachen, kein sonderliches Gewicht auf dasselbe gelegt wir hielten für mög- lich, daß Ihnen dasselbe in der Hitze des Gefechts entfahren sei, und daß Sie es bei ruhiger Ueber- legung nicht aufrecht erhalten würden. Allein Ihre neueste Brochüre, zu der Sie zwei Jahre Zeit halten und die daher wohl überlegt sein muß, be- weist, daß es Ihnen bitterer Ernst mit Ihrer Bestie" ist. Bei Besprechung der von Lassalle vorgeschlage- neu Produktiv-Associationen gehen Sie nämlich be- ständig von der Ansicht aus, die Leiter und Mit- glieder dieser Associationen würden nichts Eiligeres zu thun haben, als die Gelder, von denen sie doch wüßten, daß sie zur Förderung der Arbeitersache überhaupt bestimmt wären, zu Faullenzerei, Schwin- del und Beeinträchtigung Anderer zu verwenden. Nun verlangen wir von Ihnen durchaus nicht, Herr Schulze, daß Sie die Arbeiter für besser halten sollen als andere Menschen. Zwar ließe sich behaupten, daß die Arbeiter, weil sie den de- moralisirenden Einflüssen der Concurrenz minder ausgesetzt sind(wir meinen hier die moralische, nicht die materielle Wirkung der Concurrenz), auch minder durch die Verhältnisse verschlechtert werden, als gewisse andere Leute. Aber wir wollen dies nicht behaupten. Wir wollen uns beschränken auf die sicherlich unbezweifelbare Wahrheit: daß die Arbeiter Menschen sind. Aus diesem Satze, Herr Schulze, den Sie hoffentlich zugeben, haben Sie zu folgern: daß Sic von den Arbeitern nicht schlechter denken dürfen, als Sie von den Men- schen überhaupt denken. Hieraus schon erhellt, wie stark es ist, zu sagen:Entfesseln Sie die Bestie nicht!" Die Bourgeoisie ist dochentfesselt" wor- den was bei dieser gut gethan, warum sollte eS bei dem Volke nicht gut thun? Die Geschichte der französischen Arbeiterbewe- gung, insbesondere waS mit der Verwendung der bekannten 3 Millionen Francs(II) für Productiv- Associationen im Jahre 1848 zusammenhängt, zeigt uns, daß die französischen Arbeiter die sociale Idee unter den schwierigsten Verhältnissen, angefeindet von der Bourgeoisie und Staatsgewalt, mit einem Opsermuth und einer Ausdauer verfolgt und fest- gehalten haben, die in der That an's Unglaubliche grenzen. Die Geschickte der Productiv-Associationen ini Jahre 1848 gehört zum Merkwürdigsten und Erstaunlicksten in der Weltgesckickte. Das Inter­esse des Einzelnen ist damals so sehr zurückgetreten vor der Macht der Idee, daß man, Angesichts jener Thatsachen, nur staunen und bewundern kann. Wir könnten nun, Herr Schulze, von Ihnen verlangen, daß Sie mit uns hofften und erwar« teten, daß, wenn es deutschen Arbeitern ermöglicht würde, im Interesse der Arbeitersache thätia zu sein, sie nicht zurückstehen würden hinter den Arbeitern Frankreichs . Aber nicht dies sagen wir Ihnen unsere Ansprüche an Sie sind weit geringer. Wir verlangen nur dies aber verlangen wir mit aller Bestimmtheit daß Sie nicht schlechter von den Arbeitern denken, als von anderen Menschen, daß Sie also auch, wenn es sich um die von Lassalle vorgeschlagenen Associationen handelt, Nicht von der Ansicht ausgehen, die Arbeiter würden diese Asso- ciationen geflissentlich zu Schwindel, Betrug und Ausbeutung mißbrauchen! DerartigeAbsichten mögen Sie für möglich halten bei Einzelnen, ja sogar bei vielen Einzelnen; allein Sie sind nicht be- rechtigt anzunehmen, daß eine Gesammtheit von Tausenden und Aber-Tausenden un- empfänglich sein werde für die Forderungen des Rechtes, der Ehre und der Vernunft. Es handelt sich darum, Menschen, nicht eine Bestie zu ent- fesseln. Genug hiervon! Wir haben in den früheren Artikeln gezeigt, einerseits wie es im heutigen Productionszustande steht, andererseits, wie es im zukünftigen sein wird. Die von Lassalle vorgeschlagenen Associationen nun sollen nichts anderes sein, als ein Versuch, den jetzigen Zustand auf friedliche und allmähliche Weise in den neuen überzuführen. Hieraus crgiebt sich, daß diese Associationen um so mehr die Nachtheile des jetzigen Zustandes zu tragen haben, je weniger sie noch um sich gegriffen haben; daß sie die Vortheile des künftigen Zustandes um so mehr ge- nießen, je mehr sie Wurzel gefaßt haben. Es liegt ein Uebergangsstadium vor, welches, je näher es nach seinem Ausgangspunkte steht, desto mehr noch vom heutigen Zustande an sich trägt; welches aber, je mehr es fortschreitet, und sich ent- wickelt, desto weniger vom heutigen und desto mehr vom künftigen an sich tragen wird. Nun kommen Sie, Herr Schulze, und setzen uns auseinander, daß die Mißstände der bürger- lichen Gesellschaft �z. B. was das Risico betrifft) auch auf diese Associationen einwirkten. Ganz gut! Aber sehen Sie denn nicht ein, daß Sie gegen