ir. 66.

Berlin , Dienstag den 20. März 1866.me

Zweiter Jahrgang.

Social- Demokrat.

Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme

der Sonn- und Festtage.

Organ der social- demokratischen Partei.

Redigirt von J. B. v. Hofstetten und J. B. v. Schweiter.

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Siz

Redaction und Expedition: Berlin , Dresdnerstraße Nr. 85.

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Politischer Theil.

Deutschland .

fieht, daß man sie nicht halten kann, und sind auch heut der Meinung, daß das Prätorianerthum für das neunzehnte Jahrhundert keine wünschenswerthe Regie­rungsform sein werde.

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den können, die daher Preußen so gut wie Desterreich sicherlich respectiren wird.

Man sieht, die Meinungsdifferenzen sind nichts weniger als unerheblich.

[ Die neueste jammervolle Taktik der preußischen Fortschrittler- Partei] wird im Deutsch. Wochenbl." von seinem Berliner # Cor­respondenten sehr treffend lächerlich gemacht, in­dem er schreibt:

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Das heißt doch sich die Sache leicht machen! * Berlin , 19. März.[ Zur Habsburg. Also weder Annexionspolitik ned) gothaische ,, mo­ohenzollern'schen Allianz] wird die Nach ralische Eroberung", sondern: freie Vereinbarung bt, taß Lord Clarendon eine Depesche nach Ber - der Fürsten ". Wie stimmt das zu der seither vom gerichtet habe, um vom Kriege mit Desterreich gegenwärtigen preußischen Ministerium verfolgten zumabnen, bezweifelt. Dagegen gehen Gerüchte und von der Nered. Allg. Ztg." vertretenen Bo­,, Herr v. Bismarck ist auf dem Rückzuge," jubeln n einer Weittheilung, welche Graf Apponyi beauf- litif? Was aber das Programm selbst, die freie die Fortschrittler. Und woraus schließen sie das? Aus igt worden sei, in Londen bezüglich der Haltung Vereinbarung der Fürsten " betrifft, so ist es, selbst dem Umstand, daß die Untersuchung gegen Schulze. reußens zu machen. Die Nordd. Allg. 3tg." angenommen, daß eine freie Vereinbarung der( vom Urbrei) niedergeschlagen, und die Verfolgung der It dieselben für ,, erdichtet". Der officiöse Wiener Fürsten" in dieser für das Souveränetätsgelüfte Herren Twesten und Frenzel vorläufig aufgegeben rrespondent der ,, Börsenhalle" meint, der Konflikt eines jeden einzelnen so beikligen Frage möglich worden ist. Unglücklicher Weise liegt gerade hierin ein ischen Desterreich und Preußen sei in diesem wäre, dem Zeitgeiste geradezu widerstrekend, daher Triumph des Herrn v. Bismarck, der von vorn­herein gegen Gewaltmaßregeln im Inneren oment auf die höchste Spize getrieben und unausführbar. Die Fürsten allein d. h. für sich mar. Auf dem Gebiet der auswärtigen Politik, wo irnt vor friedfertigen Illufionen in dieser Bezies vermögen heutzutage gar nichts, wenn nicht das die Fortschrittspartei mit ihm ging, ist Herr ng. Es sei nach vorliegenden, allerdings aus Bolt hinter ihnen steht. Ein Staat auf Bayonetten v. Bismard allerdings durch gefallen; aber die erwähn iskretion(!) zu verschweigenden Thatsachen, leider ist unmöglich geworden. ten Maßregeln beweisen, daß es ihm gelungen ist, auf gewiß, daß man an der Schwelle eines neuen Um aber noch einmal auf die Wahrscheinlichkeit dem Gebiete der inneren Politik mit seinen An­bres 1850 stehe, wenn sie nicht schon überfäyrit- oder Unwahrscheinlichkeit einer ,, freien Vereinbarung schauungen gegen die Junkerpartei durchzu­fei der Fürsten " zurückzukommen, empfehlen wir der dringen; und, wenn sich die Herren Fortschrittler des­preußischen Officiöfen einen Artikel des ministeriellen halb freuen, so verräth das einen traurigen Mangel an Taft und Urtheil. Hätte die Regierung die Prozesse Dresd . Journals", den man ihm aus Wien schreibt gegen Schulze, Twesten 2c. fortgeführt, und Prozesse Durch übereinstimmende Nachrichten wird bestätigt, und der wie folgt lautet: gegen andere Abgeordnete wegen deren Thätigkeit in der Desterreich sich an den auswärtigen Höfen keineswegs Die Diversion, welche die ,, Nordd. Allg. 3tg." ver Kammer angestrengt hätte sie etwa nicht den parla­ncipiell gegen die Annexion ausgesprochen hat. Auch mittelft der Bundesreformfrage versucht, kann schon aus mentarischen Kampf auf ein anderes, ihr weit gefähr fragliche Mittheilung in London soll besonders die dem Grunde nicht ernst gemeint sein, weil dieses Blatt licheres Feld hinübergespielt und den Fortschrittlern wehr der Voraussetzung, daß Oesterreich aggressiv auf nicht gesäumt hat, die Versicherung zu ertheilen, daß in zu einem wohlfeilen Märtyrerthum, zu politischem Kapi­te, zum Gegenstande gehabt haben. der preußischen Anschauung bezüglich dieser Frage seit tal verholfen? Mit der Taktik der Fortschrittspartei in Es ist wohl zu beachten, daß dies aus Berlin dem Frankfurter Fürstentage sich nichts geändert habe. Der Kammer konnte und kann die Demokratie nicht ein­egraphirt wird. Auch bleibt es unbegreiflich, Bekanntlich theilt nun aber die Mehrzahl der Bundes- verstanden sein eine gerichtliche Verfolgung der Kam­rum man noch immer nicht erfährt, welche Be- regierungen diese Anschauung nicht, auch fann in der mer- Mitglieder hätte ihnen die Sympathie des ganzen ngung dann Desterreich an seine Zustimmung inzwischen hinsichtlich der Herzogthümer- Angelegenheit Landes zugewandt. Und daß Herr v. Bismarck ihnen üpft. gemachten Erfahrung für die bundestreuen Regierungen diese prächtige Gelegenheit zur Popularitätshascherei ent­[ Die Nordd. Allg. 3tg."] erklärt auf am wenigsten ein Motiv liegen, ihre Ueberzeugung von riffen hat, darüber jubeln die Leutchen! heilige von uns mitgetheilten Gitate der Volks- der Nothwendigkeit der Aufrechthaltung des föderativen Einfalt! itung", daß sie ,, unter so verschiedenen Verhält- Doctrin von dem Betorecht der deutschen Vormächte", als die Taktik dieser Leute, die, wie die ,, Volks­Brincips im Deutschen Bunde zu ändern und sich zu der Giebt es in der That etwas Erbärmlicheres ssen, wie sie die Jahre 1862 und 1866 darbieten, wie speciell von der Nothwendigkeit der Verstärkung der zeitung" es thut, um die preußische Regierung zu nnoch keinen Anstand nimmt, jene, selbst aus Machtstellung Preußens in Deutschland , zu bekehren.

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[ Zur Elbherzogthümerfrage] wird 8 Berlin telegraphirt:

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pem Zusammenhange geriffenen Säge, nochmals Man kann also die Verständigung der ,, Norddeutschen ärgern, die österreichische verherrlichen und die Frei­unterschreiben und fährt dann wie folgt fort: Allgemeinen Zeitung " in Bezug auf eine Wiederauf heit in Desterreich finden wollen, weil sie zu feige Wir sehen auch heut nur jene drei Wege zur Bil- nahme der Bundesreformfrage durch preußische Initiative und ohnmächtig sind, sie in ihrem preußischen Hei­ng einer deutschen Centralgewalt und entscheiden uns, füglich vorläufig auf sich beruhen lassen. Gleichwohl mathlande herzustellen, indem sie, und mit Recht, e natürlich auch damals, für die freie Vereinbarung ist dem genannten Blatte beizustimmen, wenn es sagt, das von ihnen als Mittel zum Zweck betrachtete r Fürsten .

Wir glauben auch heut, daß die Niederlage der eußischen Politik im Jahre 1850 deshalb vorauszu en war, weil diese Politik nicht auf das Land zählen unte. Niemals wird die Politik der Gothaer im Volke oben gewinnen.

Wir glauben ferner auch heut, daß die Regierung i einem Kriege der Sympathieen des preußischen Vol­3 versichert sein muß, und sind sogar der Meinung, ß sie heut derselben versichert sein kann. Wir sind auch heut der Meinung, daß es wohl­than ist, bei einem Kriege die auswärtigen Freunde zählen. Wir glauben auch heut, daß eine Annexionspolitik ch dem Schema der italienischen Einheitsbewegung für

eutschland nicht paßt.

Wir glauben auch beut, daß es verwerflich ist, den ölfern Dinge zu versprechen, von denen man vorher

Bolt mehr fürchten, als ein strammes ministerielles Regiment, das ihre parlamentarischen Souveräne­tätsgelüfte zu zügeln versteht. Und diese Leute wollen Demokraten sein! Eine wahre Affenschande!

daß die schleswig - holsteinsche Frage in der Bundesreforms frage enthalten sei; wenigstens ist dies in dem Sinne wahr, als die erstere sich zur deutschen Frage gestaltet hat, daber mit derselben ihre Lösung finden wird, wäh­rend der Versuch, sie als bloße Machtfrage zur Ent­[ Die verlorene Volfs 3eitung"], scheidung zu bringen, bereits als gescheitert zu betrachten ist. Und in der That wird sich dies practisch bewahr denn als verloren in den Augen der Arbeiter heiten, falls es zwischen Oesterreich und Preußen zum können wir sie getrost betrachten, muß jetzt, wie Bruch tommt. Denn in diesem Falle tritt an den deutschen dies ja gar nicht anders möglich war, die alte Bund die Pflicht heran, den etwaigen Folgen eines sol- Wahrheit an sich erfahren, daß Schein und chen Bruches zwischen zweien seiner Mitglieder vorzu- Täuschung nur vorübergehende Triumphe feiern. beugen und vor allen Dingen für Aufrechthaltung des Immer mehr und mehr wird sie von den Arbeitern Besitzstandes Sorge zu tragen, während den betreffenden als das erkannt, was sie eigentlich ist und was sie Bundesstaaten ihrerseits die Verbindlichkeit obliegt, ein­ander unter keinerlei Vorwand zu bekriegen. Cs han zu sein ehrlich zugestehen sollte: als ein Organ delt sich hierbei um Grundgefeße des Bundes( B.-A. Der liberalen preußischen Bourgeoisie. Art. XI.; W. Schl.-A. Art. XIX.), die bei keiner irgend Hören wir, wie man neuerdings, es war am 14. denkbaren Reform seiner Organisation umgestoßen wer- d. Mts., in Arbeiterkreisen Leipzigs über das