Nr. 102.

Berlin , Sonntag den 3. Juni 1866.

Bweiter Jahrgang.

Social- Demokrat.

Diese Zeitung erscheint drei Mal wöchentlich und zwar: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends Abends.

Organ der social- demokratischen Partei.

Redigirt von J. B. v. Hofstetten und J. B. v. Schweizer .

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Redaction und Expedition: Berlin ,

Alte Jakobstraße Nr. 67.

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Politischer Theil.

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ſtens streiten sich hier zwei Großmächte um die Lage geworfen; wir hatten vor, im weiteren Ver­loaded Hegemonie; zweitens wollen die Einen eine Bun- lauf dieser Artikel der social- demokratischen Partei magnized du tar desreform im centralistischen, die Andern eine im zu zeigen, in welcher Weise fie, in Gemäßheit ihrer Paris , 31. Mai. din bilbild föderalistischen Sinne; drittens sind die Erste- Principien und ihres Strebens, jetzt mit positiver H. Die Conferenz, d. b. die verschiedenen Mi ren einerseits für eine preußische Spitze, social- politischer Thätigkeit aufzutreten habe. Wir nister der drei sogenannten unparteiischen und der andrerseits für eine Centralmacht unter einem sind jedoch leider nicht in der Lage, jene Artikel andern drei Mächte, welche die streitenden oder zum Volksparlament; viertens sind die Föderalisten fortzufeßen. Der Allg. deutsch . Arb.- Verein, wel­Streite gerüsteten Parteien bilden, wird sich so nicht minder uneinig, da die Einen Anhänger cher den Grundstod der social- demokratischen Ar­glaubt man in spätestens zwei Wochen um den einer den Kleinstaatlichen Interessen entsprechenden beiterpartei Deutschlands bildet, befindet sich in die­grünen Tisch der Diplomatie versammeln können, Triarchie, der sogenannten Triasibee sind, die Andern sem Augenblick in so traurigen Verhältnissen, hat um zu berathen, ob eine friedliche Schlichtung der aber wiederum dabei eine republikanische Verfas- so sehr seine Aufmerksamkeit von den großen so­europäischen Streitigkeiten möglich sei, oder ob nur sung nach dem Musterbilde der Schweiz oder Ame- cial- politischen Verhältnissen hinweg seinen inneren Das Schwert den Knoten zerbauen fönne. Je näber rifas im Auge baben. Dazu kommen noch Grenz- Formfragen zugewandt, daß es lächerlich wäre, dieser von der friebliebenden europäischen Geschäfts- streitigkeiten mit Italien und andern slavischen oder unter solchen Umständen von kräftigem focial- poli­welt so sehr herbeigefehnte Augenblick an uns her romanischen und skandinavischen Völkern, so wie tischem Auftreten spreden zu wollen. Wir mögen anrüdt, und je größer die Ansprüche werden, die die sociale Frage, welche den Kernpuukt aller heu- die Hoffnung noch nicht aufgeben, daß es bei Ge­man zum Zwecke der Verwirklichung eines defini- tigen politischen und nationalen Probleme bildet. legenheit der am 17. d. muthmaßlich stattfindenden tiven europäischen Friedens macht, desto mehr ent- und diese größte und furchtbarste europäische Frage Generalversammlung gelingen werde, den Allg. fernt sich die Aussicht auf eine glückliche Lösung glaubt man lösen zu können durch das magere Pro- deutsch. Arb.- Verein wieder aus einem Spiel- und des Problems. Die auswärtigen, d. h. interna gramm:" Schleswig- Holstein an Preußen mit Aus- Bankverein zu einem ernsthaften und geachteten tionalen Conflcite bieten nur eine Seite, welche nahme Nordschleswigs", und deutsche Bundesre- social- politischen Verein zu machen, und behalten von ihrer Kehrseite, den innern Volksangelegen form, sofern sie eine europäische Angelegenheit ist?" uns daher vor, zu jener Zeit die social- politische heiten, gar nicht zu trennen ist. Und doch soll und Wird man auch nur darüber sich verständigen fön- Frage in Anregung zu bringen. Daß wir in einer fann sich die Conferenz der Minister der auswär- nen, wo die inneren Angelegenheiten Deutschlands Zeit, wo vierzehn Tage mehr sind als sonst vierzehn tigen Angelegenheiten nur ausschließlich mit diesen aufhören und die europäischen anfangen? Ge- Wochen oder Monate, auf weitere vierzehn Tage lepteren befassen, da sie für die innern Angelegen- wiß nicht! Schon an dieser Vorfrage werden die zu politischer Unthätigkeit verdammt sind, ist trau heiten der Völker weder eine Vertretung noch einen Herren Diplomaten scheitern. Und nun gar die rig, aber nicht unsere Schuld. Einstweilen kann Beruf hat. Aber auch abgesehen von solcher höheren Hegemonieansprüche Hohenzollerne und Habsburgs , es dem Allg. deutsch . Arb.- Verein nicht schaden, Auffassung des europäischen Friedensproblems, die reactionären Tentenzen beider, welche sich der wenn er erkennt, daß er bis auf Weiteres( bis zu welche doch die einzig richtige ist, aber nur von Parlamentsfrage nur aus ähnlichen Gründen, wie einer kräftigen Wiedergeburt) in social- politischer den Völkern, nicht von den Diplomaten ihrer lie ehemals der schleswig- Holstein 'schen, bemächtigen Beziehung unfähig ist, irgend etwas zu leisten. benswürdigen Herrscher begriffen werden kann, find wollen, die kleinſtaatlichen Eristenzfragen mit der auch schon die internationalen Wirren an und für obligaten Trias- und Rheinstaatsidee!- Die fran­sich der Art, daß eine selbst nur halbe und pro- zösische Regierung will nämlich von ihrem neuesten visorische Entscheidung schwerlich anders, als durch Lieblingsplane eines besonders zu gründenden Rhein­die robe Waffengewalt herbeigeführt werden kann. staates, als Surrogat der natürlichen Grenzen", Sämmtliche Nachrichten geben übereinstimmend Wenn es wahr ist, daß nur ein gut aufge- von welchen man deshalb vorläufig Abstand ge dahin, daß die Annahme der Einladungen zu den stelltes Problem ein lösbares, so kann höchstens die nommen hat, unter keinen Umständen ablaffen; sie Conferenzen allseitig erfolgt ist. Der neueſte italienische Frage conferenzlich gelöst werden; denn läßt in dieser Woche ihre officiösen Organe tag Bariser Abend- Moniteur" spricht überdies die Ber­es ist immerhin denkbar, daß man Desterreich für täglich wiederholen, daß nur dann von einer fried muthung aus, daß die Minister des Auswärtigen Venetien mit Provinzen der europäischen Türkei , lichen Lösung die Rede sein könne, wenn alle in der verschiedenen Mächte persönlich auf der Con­und die Pforte mit italienischem Gelde entschädigen der Conferenz vertretenen europäischen Großmächte ferenz erscheinen würden, und der Indép." wird kann, obgleich auch diese Compensationen auf un- einstimmig sind, d. h. wenn auch ihr Lieblings- aus London geschrieben, daß diese Minister ihr Ein­überwindliche Schwierigkeiten, nicht nur Seitens plan angenommen wird. Im andern Falle müßten treffen bereits zugesagt hätten, während die Batrie" Desterreichs und der Türkei , sondern auch Ruß- die Waffen entscheiden.- Ja, die Waffen werden wissen will, daß der Zusammentritt der Conferenz lands und Englands stoßen können. Wenigstens entscheiden, aber der Himmel weiß wie und wann schon gegen Mitte nächster Woche zu erwarten sei. aber weiß man doch hier, um was es sich handelt, Was mich betrifft, so glaube ich, daß wir dem Große Hoffnungen auf Erhaltung des Friedens was man zu überwinden hat, und kann sich, wie größten und blutigsten Kriege entgegen gehen, der durch diese Conferenzen wird man wohl kaum hegen gefagt, mit dem Sprichworte trösten: ein gut auf- jemals die Welt verwüstet hat. Möchte es wenig dürfen. Der Bedenken auf den Erfolg derselben gestelltes, ist schon ein zur Hälfte gelöstes Problem. ſtens der letzte Krieg sein! Möchten endlich die sind nicht wenige. Und wenn man schon das Zu­Begnügt sich in der That Desterreich nicht mit Völker einsehen, daß sie auf keinen friedlichen Ge- standekommen der Conferenzen als ein Wunder be­Einer Provinz der europäischen Türkei, so vielleicht nuß der Früchte ihrer Arbeit rechnen können, so trachten kann, so muß das Auffinden geeigneter mit zwei oder drei; und kann man die Pforte nicht lange dynastische Intereſſen ſtehende Heere, und Mittel zur Beseitigung dieses europäischen Con­mit einigen Hundert Millionen befriedigen, so läßt privilegirte Klaſſen dynastische Interessen aufrecht flictes als ein noch weit größeres Wunder ange­sie sich wohl mit einer oder auch einer halben halten müssen! Milliarde abfinden, wenn, wie gesagt, Andre nichts dagegen haben. Ganz anders stehen die Dinge in Bezug auf Deutschland . Hier handelt es In unsern Artikeln, Habsburg , Hohen­fich nicht um eine gut definirte Frage, sondern um zollern und die deutfche Demokratie" haben mindestens vier, höchst verworrene Probleme: er- wir einen beurtheilenden Blick auf die gegenwärtige

Berlin , 2. Juni.

Rundschau.

Berlin , 2. Juni.

sehen werden. Anlangend die Haltung des Tuile rieen- Rabinets scheint es außer allem Zweifel zu sein, daß daffelbe mit gerechter Befriedigung auf die Verwirklichung des Projektes blickt und die An­nahme seiner zu machenden Vorschläge mit aller Entschiedenheit durchzusetzen suchen wird. Der