Nr. 131.Berlin, Mittwoch den 8. August 18K6.Zweiter Zahrgaug.flnuUlfimrluatDiese Zeitung erscheint drei Mal wöchentlichund zwar: Dienstag«, Donnerstag« undSonnabend« Abend«.Organ der social-dcmokrailslhcn Partei.Redigirt von I. V. v. Hofstetten und I. B. v. Schweitzer.Redaction und Expedition-Berlin,Alte Jakobstraße Nr. S7.UbounementS- Preis für Berlin incl. 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August.� Einer preußischen Thronrede sah man,seitdem Preußen ein constitutioneller Staat gewor-den, im gesanttntcn deutschen Baterlande schwerlichjemals mit solcher Spannung entgegen, als bei derdiesmaligen Eröffnung des Landtages. Gar vieleFragen hat das deutsche Volk jetzt an seine Zu-kunfl zu stellen und wenigstens auf einige erwarteteest Antwort.Seine Erwartung wurde getäuscht. Die Thron-rede sucht einen Schleier über die Vergangenheitzu decken und hüllt die Zukunft, einer Sphinxgleich, in Räthsel. Wenigstens forscht das Volkvergebens nach einer Andeutung, die seinen Hoff-nungen und Erwartungen,„der nationalen Ent-Wickelung Deutschlands die Bahn zu ebnen," Rech-nung trägt.Die Thronrede verheißt, daß von der prenßi-schen Regierung für die ohne StaatShauShallSetatgeführte Verwaltung der letzten Jahre Indemnitätnachgesucht werden soll. Indemnität setzt aber dasZvgcständniß begangenen Unrechts voraus undgiebt damit zugleich die Erklärung ab, daß einegleiche Rechtsverletzung, wie die begangene, in Zu-kunft nicht zulässig sei.In diesem Sinne jedoch ist die in der Thron-rede in Arisstcht gestellte JndemnitätSnachsuchungnicht zu verstehen. Die Thronrede betont und de-kräftigt im Gegenlheil ausdrücklich die bisherigeRegierungsaufsassnng des Artikels 99 der preußische»Verfassung. Nach dieser Auffassung soll zwar all-jährlich eine Vereinbarung der Regierung mit derLandesvertretung über den StaatShauShallSetatzu Stande kommen; verweigert indeß die Regie-rnNg den Beschlüssen einer oder beider Kammer»die Zustimmung, so ist sie nach ihrer Ansicht dannbefugt, nach Vertagung der Kammern, die vonihrem Belieben abhängt, auch ohne die gesetzlicheGrundlage eines scftgestelllen StaaiehauShaltsetatsdie Verwaltung des Staates nach den von ihrvorgelegten, von einer ober von beideit Kammernaber verworfenen Positionen fortzuführen.<-! Diese Befugniß der Regierung wurde jedoch vonden preußischen Abgeordneten bisher gerade be-stritten, und die Regierung sucht nun formell eineEntlastung für ihre bisherige budgetlese Verwaltungnach, bebaut jedoch factü'ch bei ihrer bisherigenAuslegung des Art. 99, Die auszusprechende In-demnität wendet sich somit nach zwei Richtungen.Einmal spricht sie daS Abgeordnetenhaus stillfchwei-gend für sich selbst aus, weil sie Beschlösse gefaßt,die für die Regierung im GlaatSintipege absolutunausführbar waren, und dann spricht sie offendie Entlastung für die Regierung ans, weil letzterein Folge jener unuizssührbaren Beschlüsse gezwun-gen war, den Art. 99 der Verfassung zu verletzen.Was uns betrisit, so haben wir uns niemals' für den langjährigen Streit über den Art. 99 derpreußischen Verfassung erwärmen können. Wäreer ehrlich gemeint gewesen, so würde von vornherein, statt jahrelang ausgesponnener Sophismen,von conservativer und fortschrittlicher Seite zuge-standen sein, daß mit diesem Artikel 99 im Streit-falle überhaupt nichts anzufangen ist. Die Verfassung schreibt keinem der drei gesetzlichen FactorenNachgiebigkeit vor. Ein jeder hat das Recht, beidenjenigen Positionen, welche er für noihwendigund gerechtfertigt hält, zu verharren, und ein jederist sentit für das NichtzustandekvMmen des jähr-lichen Budgets in gleicher Weise verantwortlich.Der einzige Weg, aus diesem Labyrinth heraus-! zukommen, hätte in einer Revision der Verfassunggelegen, auf Grund deren eine Indemnität für die! Vergangenheit gerechtfertigt und eine Verständigungüber die zukünftige Festellung des jährlichen Staats-' Haushaltsetats hätte erzielt werden müssen.Jetzt freilich haben die politischen Verhältnisseeine wesentlich andere Gestalt angenommen. Jetztsoll„der nationalen Entwickelung Deutschlands die■ Bahn geebnet werden" und damit gewinnt derpreußische Budgetstreit zugleich eine nationale Be-i deutung. Beharrt die Regierung bei ihrer Aus-legung des Art. 99 und hegt gleichwohl die Er-Wartung, daß durch eine Indemnität„der bisherigeI Constict für alle Zeit zum Abschluß gebracht� werde", so wird eine solche Erwartung nur dannerklärlich, wenn vorausgesetzt wird, daß auch dieBudgetfrage in den festzustellenden deutschen Grund-rechten, nach welchen die Specialverfassungen zumodificire» sind, ihre Erledigung finden soll.j Doch von einer derartigen Um- und Neugestal-Alling Deutschland« sagt die Throstjedc nichts. Im| Gegenlheil, sie scheint die innere Einheit, jene Ein-� heit, welche allein die Bürgschaft einer freien Ent-! Wickelung Deutschlands gilbt und um deswillen seitj einem halben Jahrhundert vom Volke so heiß er-strebt ist, ausdrücklich abzulehnen.Die Thronrede spncht von der Erweiterung derpreußischen Grenzen uUd von der Einrichtung eineseinheitlichen Bundesheeres unter Preußens Füh-rung, dessen Lasten von allen Genossen des Bun-des gleichmäßig getragen werden.„Ist diösevBeziehung" sollen dendtzr�ußfschey Abgeordneten-Hause behufs Einberufung einlr Pclksvertrltiingder Bundesstaaten die erforderlichen Vorlagen un-� rerzüglich gemacht werden. Daß außer der Ein-heit in den militärischen Lasten dem deutschen Volkeauch eine Einheit seiner politischen Rechte, eine' Einheit in den Gruudgesetzen, zugeständen werdensoll, daran scheint wenigstens bei Abfassung der! Thronrede Nicht gedacht zu sein.Das aber hatte das deutsstie Volk, besondersin Preußen erwartet. Es will keine Einheit, diei dem mecklenburgischen Und hannoverschen Volke, seine provinziellen Verfassungen und Eigenlhüm-> lichkeiten, d. h. sein Iunkerregiment und feine bü-! rcaukralische Bedrückung beläßt.DaS Volk in Preußen hat sich schnell für dieWassenerfolge der preußischen Regierung begeistert,das Volk in Preußen hat wiederum gezeigt, daßes hochherzig zu sein vermag.Möge die preußische Regierung sorgen, daß dieBegeisterung nicht ebenso schnell wieder erkalte!—Rundschau.Berlin, 7. August.Die Friedensverhandlungen zwischen den Mäch-ten Deutschlandsi scheinen im schnellen Borschrei-ten begriffen zu sein. Die Friedenspräliminarien,welche auf dem Schlosse von Nicolsburg ach 26. Jult1866 unterzeichnet wurden, bestehen aus neun Ar-tikeln. Als Bevollmächtigte Oesterreichs unter-handeln in Prag Graf Karolyi und Baron v.Brenner, als Bevollmächtigter Preußens GrafBismarck. Die Ratification des FriedenSinstru-mentes wird schon in nächster Zeit erwartet, undsoll bis dahin auch die an Preußen zu zahlendeKriegsentschädigung in klingender MüNze entrichtetwerden, damit die preußischen Truppen iNvgstchstschnell das Land verlassest. Bis auf den ver-gleichSweise geringen Betrag von i'f2 bis 2 Millionen Gulden ist der Acceptationscredit bereitsauf die an Preußen zu entrichtende baare Kriegs-entschädigung gezeichnet. Die DelstäxkationSlinie,welche die preußischen Truppen während deS Waf-fenstillstandes in den österreichischen Landen besetzthallest, zieht sich westlich von Eger über Pilsen,Tabor, ReuhauS, Zlabings»ach Znaini. Südlichmacht die Thaia bis zu ihrem Einssusse in dieMar», östlich der letztgenannte Fluß aufwärts bisNayajedl und von dort eine gerade-jListie bis nachOderberg die Grenze.— Die von Rußland inAnregung gebrachte Congreßidee zu Gunsten derdepossidirten deutschen Fürsten ist als im Sandeverlaufen zu betrachten. England selbst, westn eSdie Einladung zu einem Congresse annimsttl, willsich in keiner Weise den Anträgen fgr oder gegendie Ausführung des CvstzreßprojecteS anschließen.Frankreich kann den durch seine BeriNittelung her-beigeführten Territorialverästderstygen nstr günstigsein und Preußen wird die Congreßidee voraus-sichtlich überhaupt bekämpfen. Mit der Cvngreß-Idee im Zusammenhange bringt der„Ejäs" wohldie Viittheilung aus Volhynieu, daß Rnßl'andTrUP-pen bei Luck concentriren will. Zwei Corps, daseine unter dem Befehl deS Grafen Mzewinski, dasandere unter dem des Generals Kvtzebue, hatten be-reitS Ordre bekommen, sich marschbereit zu halten.Was an dieser Mittheilung ist, die wohl blo« drc-hende Fühler ausstrecken soll, bleibt abzuwarten.Nur nicht ängstlich, sprach der Hahn zum Regen-wurm!Die preußische Maistarmee Und das IX Reserve«Corps sind in die durch ten Waffenstillstand mitden deutschen Bundesstaaten ihnen eingeräumteDemarkationslinie eingezogen. Mainz muß von