Erscheint

wöchentlich einmal

in

Zürich ( Schweiz )

Verlag

A. Herter, Industriehalle

Riesbach- Zürich

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Joftfendungen

franco gegen france. Gewöhnliche Briefe nach der Schweiz toften

Doppelporto.

M: 12.

Der Sozialdemokrat

Internationales Organ

der Sozialdemokratie deutscher Zunge

Sonntag, 21. Dezember.

Avis an die korrespondenten und Da der Sozialdemokrat sowohl in Deutschland als auch in Oesterreich verboten ist, bezt verfolgt wird und die dortigen Behörden fich alle Mühe geben, unsere Berbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Vorsicht im Postverkehr nothwendig und darf feine Borsichtsmaßregel versäumt werden, die Brie marder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und lettere dadurch zu schützen. Haupterforderniß ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten

Na den Druck der nächsten Nummer vor den Feiertagen zu ermöglichen, mußte die heutige Nummer außergewöhnlich schnell zusammenge. stellt werden. Dies die Ursache der mangel­haften Ausstattung der Rundschau, was wir zu be ücksichtigen bitten.

Abonnements- Einladung.

Wenige Tage noch, und der Sozialdemokrat" hat das erste Quartal seines Bestehens hinter sich

Wir haben nicht nöthig, über die Aufgabe und die Erfolge des neuen Parteiorgans viele Worte zu machen. Die Entstehung des Sozialdemokrat" war eine Nothwendig tett, gleichwie ihm seine ganze Haltung von Anfang an durch die Umstände und die Interessen der Partei bestimmt borgezeichnet war. Und weil der Sozialdemokrat" nicht einem momentenen und auf gewisse Kreise beschränkten Jm­puls seine Existenz und die Art seiner Existenz verdankt, son­dern, wie er ist, mit Nothwendigkeit wurde, so entsprachen auch seine bisherigen Erfolge durchaus unsern Erwartungen. Aus allen Theilen der sozialistischen Welt, vor Auem aber aus Deutschland , dessen Sozialisten dadurch nach einjähriger Unterbrechung wieder ein Bartei organ erhielten, sind überaus zahlreiche Abonnementsbe stellungen eingelaufen und laufen noch ununterbrochen ein. Wenn dieselben sich, wie voraussichtlich, in der bisherigen Meiſe weiter vermehren, und wenn, namentlich der Massen bezug sich immer mehr ausdehnt, so ist die Zeit nicht mehr fern, wo der Sozialdemokrat" die Abonnenten zahl des früheren deutschen Parteiorgans errei chen und dann neben seiner Hauptaufgabe den nicht minder wichtigen Zweck erfüllen wird, für die Bartei eine sichere Einnahmequelle zu liefern.

Unter diesen Umständen haben wir doppelt das Recht wie die Pflicht, die Genossen allerwärts aufzufordern, das Bartei­organ nicht nur durch eigenes Abonnement, jondern auch durch eifrige Weiterverbreitung nach besten Kräften zu fördern und zu unterſtüßen. Sie fördern dadurch die Partei selbst, machen sie widerstands- und kampffähiger gegen ihre einde und geben ihr eine neue Waffe im Rampfe für des Volkes Rechte gegen seine Unterdrücker und Ausbeuter!

Man abonnirt auf den Sozialdemokrat" nur beim un­terzeichneten Verlag und dessen bekannten Agenten in Deutschland , sowie bei den auf ber vierten Seite des Blattes aufgezählten auswärtigen Filiaten. Barteigenossen im deutsch österreichischen Polizeigebiet( in wel­chem der Sozialdemokrat" bekanntlich verboten ist) wollen sich, wenn sie über die sich erste Verbindung mit uns ober über unsere Agenten in ihrer Gegend in Un­fenntniß sind, an bekannte Genossen um Aufschluß wen­den, auf alle Fälle aber das Avis am Kopf unseres Blattes genau beachten.

Da ferner der Versandt an unsichere Besteller zur Sicher heit unseres Boftverkehres in ganz anderer Weise bewirkt werden muß, als der an Parteigenossen, so wollen uns unbekannte Genoffen gleich in den Bestellbriefen ihre Bar­teiangehörigkeit durch die Gegenzeichnung eines Bertrauensmannes bestätigen lassen: andernfalle wäre die Einholung von Informationen geboten, wodurch Zeitverlurste für uns und die Besteller entstehen würden. Der voraus einzusendende Abon nementspreis für den direkten Bezug des Sozialdemokrat beträgt: für die

unter Couvert, unfenntlich als Zeitungssendn ng) 3 Wharf, für Desterreich( ebenfalls unter Couvert) 1 Gulden 70 Kreuzer, für alle andern Länder des Weltposto reins ( unter Kreuzband)

2 Franken 50 Rappen. Wir ersuchen indessen, sowohl die Wieder als

Abonnenten des Sozialdemokrat".

Abonnements

werden nur beim Berlag und beffen bekannten Agenten ent­gegengenommen und zwar zum voraus zahlbaren Vierteljahrspreis von:

Fr. 2. für die Schweiz ( Kreuzband)

Mt. 3. für Deutschland ( Couvert)

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f. 1. 70 für Defterreich( Couvert) Fr. 2. 50 für alle übrigen Länder des Weltpoftvereins( Kreuzband).

Juferate

Die dreigespaltene Petitzelle 25 Cts. 20 Pfg.

1879.

als möglich an den Sozialdemokrat", resp. deffen Berlag felbft adresfiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtig Adresse außerhalb Deutschlands und Defterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Verbindung setzt; anderseits aber, dat auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Refommandirung. Sobiel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch Roften scheuer., um trotz aller ent gegenstehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.

Die Magdeburger Reichstagswahl.

Es ließ sich voraussehen, daß das Resultat der Magdeburger Reichstagswahl unsere Gegner aller Schattirungen gewaltig über in den Glauben an die Wirksamkeit des Ausnahmegeſehes bis rapide Rückgang" der Sozialdemokratie gilt ihnen als ein un­

raschen werde. Diese hochweisen Leute haben sich seit Langem

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über die Ohren verannt, und der von der Regierung verheißene angreifbares Dogma. Freilich hätten sie schon die Wahlen von Breslau und Erfurt , die sächsischen Landtagswahlen und noch manch andere Dinge von der Eulenburg'schen Motivirung" der Verlängerung des Berliner Belagerungszustandes ganz ab gesehen eines Besseren belehren fönnen. Aber Glaubens­artifel werden nicht so schnell aufgegeben, und vor Allem der Liberalismus ist ja gegen die Lehren und Schläge der Thatsachen überaus abgehärtet Er duselte alfo nach furzem Besinnen­von Nachdenken kann man diesem niedrig organisirten Geschöpf nicht wohl sprechen- voll Vertrauen auf die an seinem Lager wachende und die Gespenster verjagende Regierung ruhig und selig weiter. Um so arößer war sein Erschreden, als das gefürchtete roth Schredbild am 10. Dezember plößlich Fleisch und Blut gewann und ihm und aller Welt ein verständliches Zeichen seiner Eri: stenz gab. Die große Stimmenzahl welche auf den Kandidaten der Sozialdemokraten gefallen und die denselben zur engern Wahl mit dem nationalliberalen Kandidaten stellt, rief im Abgeordneten haus allgemeine Ueberraschung hervor und bildete in den Gou­

melden die

loirs den Hauptgegenstand der Unterhaltung" Landtagsberichterstatter. Daß diese Ueberraschung und Aufreg­ung über diesen neuen Erfolg der von Schwachtöpfen schon für halbtodt gehaltenen Sozialdemokratie aber auch in der ganzen herrschenden Klasse, bei der Regierung wie bei dem liberalen Bürgerthum" teine geringere war, beweisen die Auslaffungen der Bourgeoispreffe aller Parteien.

Und der Ausgang der Wahl war in der That ein Erfolg, ein

neuer großer Erfolg unserer Partei! Magdeburg ist seit Langem

eine Hochburg" des Nationalliberalismus und noch vor zwei

Jahren, also zu einer Zeit, wo sich die sozialistische Wahlagitation verhältnißmäßig frei entfalten fonnte, wo die Attentate noch nicht geschehen und von elenden Lügnern der Sozialdemokratie in die Schuhe geschoben waren,

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noch 1877 erhielt der National­liberalismus im ersten Wahlgang 5085 Stimmen gegen nur 2724 sozialistische, so daß also das Verhältniß der nationallibe: ralen Stimmen zu den sozialdemokratischen 10 zu 5 war. Und heute, nach der großen Attentats- Rothwildhas, nach einjähriger Dauer des die Sozialdemokratie ächtenden und jede öffentliche Bewegung derselben unmöglich machenden Ausnahmegesezes, ohne jede öffentliche Agitation, ohne Presse, ohne Versammlungen, öffentliche ohne zahlreiche Flugblätter, ohne Wahlaufrufe, ja selbst ohne öffen liche Nominirung des Kandidaten, ist die Zahl der sozial demokratischen Wähler so bedeutend gewachſer, daß unsere Stim­

men zu denen der Nationalliberalen kaum mehr wie 9 zu 10 stehen, indem wir sofort im ersten Wahlgang 4721 Stimmen gegen 5149 nationalliberale*) errangen!

Wohl ist gegen voriges Jahr auch die Zahl der sozialdemo­fratischen Stimmen zurückgegangen, da sie damals 6253 betrug; allein auch die der Liberalen ging ebenso zurück, indem die da­mals vereint wählenden Nationalliberalen und Fortschrittler 1878 12,173 Stimmen auf sich vereinigten, während sie heute nur 9167 Stimmen zählen. Die Abnahme der Stimmenzahl be trägt hiernach sowohl bei uns als bei den gegnerisch en Parteien circa ein Viertel. Diese Thatsache erklärt sich leicht aus der

außerordentlich großen Wahlbetheiligung im vorigen Jahre,

wo nach der Auflösung des Reichstages eine gewaltige Aufregung herrschte und man vor einer weittragenden Entscheidung stand, einerseits und der durch die, auf die frühere Erregung folgende Abspannung, den konservativen Zug" der Zeit und namentlich durch die Mundtodtmachung der Sozialdemokratie bewirkten poli: tischen Unthätigkeit und Gleichgültigkeit, andererseits.

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theilweise siegreich in die Reihen des Gegners vorgedrungen und wie groß die schmähliche Niederlage der Nationalliberalen ist, schilbert in anerkennenswerth aufrichtiger Weise die fortschrittliche Berliner Volkszeitung": Wenn auch die Zahl der national­liberalen Stimmen gegen 1877 einen fleinen Zuwachs aufweist, so ist doch ihr relativer Rüdgang geradezu überraschend: während der Partei 1877 nur wenige Stimmen an der absoluten Majori­tät fehlten, während sie also allein fast so viel Stimmen auf ihren Kandidaten vereinigte, als alle anderen zusammen, sind die beiden rivalisirenden Parteien, die Fortschrittspartei und die So­zialdemokraten, diesmal mit fast der gleichen Stimmenzahl(?) auf­getreten, und wir dürfen wohl annehmen, daß ohne den Druck des Ausnahmegesezes die Sozialdemokratie die relative Majorität errungen haben würde"

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Die Niedergeschlagenheit und Angst der Nationalliberalen ist eine große, obgleich sich die Leute an Niederlagen und Hiebe nachgerade einigermaßen gewöhnt haben könnten. Ihre Furcht ist aber um so größer, als sie durchaus nicht sicher sind, ob vie Stichwahl günstiger für sie ausfallen und nicht zum guten Ende ihre Hochburg noch definitiv den schrecklichen Sozialdemokraten in die Hände fallen werde. Die Nationalliberalen haben sich näm­lich da, wo fie augenblicklich die Mehrheit hatten, namentlich auch in letterer Zeit, so übermüthig und proßig gegen die jetzt wieder gestreichelte und geschmeichelte Schwesterpartei" des Fortschrittes benommen, daß lettere jest wenig Lust zeigt, den nun in die Tinte Gerathenen eiligst beizuspringen. Insbesondere hat ber Nationalliberalismus bei dem Fortschritt die Breslauer Wahl auf dem Kerbholz. Als die Nationalliberalen bei der letzten Reichs­tagswahl um die Stimmen des Fortschritts warben, sagte der lettere unter der Bedingung zu, daß die Nationalliberalen ihm als Gegendienst einen Sitz im Abgeordnetenhaus überließen. Als aber die letzteren ihren Unruh mit Hilfe der Fortschrittler durchgebracht hatten, vergaßen sie auf ihr Versprechen und brachen als es darauf ankam, in Breslau ihr Wort in gewohnter Weise, um auch diesen Gewinn einzusaden.

Daß sich die Fortschrittler unter solchen Umständen nicht so ohne Weiteres auf ein abermaliges Bündniß mit dieser Wort­brecherpartei einlassen wollen, ist leicht erklärlich. Sie haben sich demnach von Anfang an freie Hand vorbehalten, um den edlen

Nationalliberalen ,, eventualiter einen Denkzettel zu ertheilen, um nicht den Zersetzungsprozeß der Partei der Mitte dadurch aufzuhalten, daß man sich bei der Stichwahl für Herrn von Bennigsen's Hannoversche Leibpartei engagirt, die uns seit Jahren nichts als Uebles gethan hat und die auch jest wieder im Abgeordneten hause den letzten Anstrich von Liberalismus abstreift." Ja, das fortschrittliche Hauptorgan, die Berliner Volkszeitung" plaidirt geradezu dafür, daß man die Suppe, die sich die Männer der schönen Tage von Aranjuez " eingebrodt, fie auch allein auslöf= feln lasse", d. h. Wahlenthaltung. feln laffe",

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Natürlich herrscht darob große Entrüftung und grimmige Wuth bei den staatserhaltenden Elementen", nicht minder aber Heulen und Zähneklappern bei den armen Magdeburger Nationalliberalen. Während diese sonst auf die fortschrittliche Schwesterpartei" nicht genug schimpfen können, bequemen sie sich jetzt zum Abbitten und finden plößlich, daß, was die beiden Parteien trenne, nicht von allzu großem Belang sei," daß die beiden Kandidaten ja fast auf demselben Standpunkt stehen und daß was zusammengehört, sich zusammenfinden soll". Besonders die Magdeb. Zeitung" setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um das ihr Unfaßbare einer zweiten, entscheidenden Niederlage abzuwenden. All die schönen Wahlphrasen, die sich schon so oft als zugkräftige Leim­ruthen für politische Gimpel erwiesen haben: der Kampf mit ben

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erbitterten Feinden der Gesellschaft, der Kampf um Besiz und Freiheit, um Ehe und Familie, der Kampf um die höchsten Güter diefer Erde und zugleich um die höchsten geistigen und sittlichen Belißthümer, um Religion, Bildung, Ordnung und Sitte, der Kampf pro aris et focis, für Heerd und Altar, der Kampf

gegen Menschen, deren hirnverbrannte Lehren als Verrücktheiten Trotz aller dieser und der schon oben charakterisirten Hinder verlacht werden müßten, wenn es ihnen nicht gelungen wäre,

niffe einer freien Wahl, trotzdem überdies auch noch de wirth: ichaftliche Einfluß des Kapitals in ausgiebi ster Weise, nament­lich durch Trohung mit Arbeitsentiaffung ze gegen eine fozial demokratische Wahl ins Feld geführt worden ist, trotzdem Wind und Sonne so ungleich als möglich vertheilt waren und unser Kampf dem gegenüber einem mit allen Schutz une Trußmittein

der neuesten Waffertechnik Ausgerüsteten lediglich auf seine ur­wüchsige Kraft angewiesenen und faum mit den uriprünglichsten Vertheidigungsmitteln Fechtenden glich: tret allebem haben wir uniere alte Poiition glänzend behauptet! Es ist dies unter solchen Umständen ein bedeutender und bedeut amer

da uniere durch den systematisch n Brieid iebstahl und Griet erbruch der deutschen und österreichlichen Boft bedingte fom pliurte Beförderungsart viele 3 it wignim mit, und deshal bi späterer Best Uung Be...eru Hen in der Zusendung unaus: Parteigenossen! Tut Gure Pflicht- wir werden die unfrisse Eriolg, was auch von den Gegnern, wenn auch wider strebend,

bleiblich wären.

thunh

Berlag und Redaktion des, Sozialdemokrat".

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anerkannt werden muß. Wie ruhmvoll die Sozialdemokratie den Platz behauptet, ja unter den schwierigsten Verhältnifs. n

*) Ur sere hievon abweichende Angabe in leßter Nummer- 4582 ſozia. lift sche und 4173 nationalliberale Stimmen war ungenau und erst die

pro isorische Feststellung.

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burch den Appell an die niedersten Leidenschaften die breiten

Massen zu durchwählen und Alles, was unzufrieden und miß­vergnügt ist, um ihr blurrothes Banner zu schaaren, der Kampf gegen die Feinde aller modernen Kultur und aller freiheitlichen Inftitutionen"(!) alle diese motten zerfressenen Lodvögel wer­den wieder sorglich aus der Rumpelkammer hervorgeholt und, säuberlich abgestaubt, dem Mob aufs Neue produzirt. Ja die gefinnungstüchtige Magdeburgerin" riskirt sogar das Neußerste in der Gespenster beschwörung , indem sie ein paar Stellen aus dem, Sozialdemokrat" abdruckt und sich dadurch eigentlich des sozialistengeseßlich verpönten Verbrechens der Verbreitung ver­botener Schritten" schuldig macht.

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Die Offiziösen kommen natürlich mit gröberem Geschütz. So lügt die.Norddeutsche" die beabsichtigte Stimmenthaltung der Fortschrittler frischweg dahin um, daß lettere bei der Stichwahl für den Sozialdemokraten in die Schranken treten wollen". Die allfällige Revanche für Breslau wird ein Stimmen- ,, Scha­cher" genannt( als ob berlei bei der Regierung und ihren An­

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