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No 13.
Der Sozialdemokrat
Internationales Organ
Sonntag, 28. Dezember.
wer Avis at die korrespondenten and Da der Sozialdemokrat" sowohl in Deutschland als aut in Oesterreich verboten ist, bezw verfolgt wird und die dortigen Behörden sich alle Mühe geben, unsere Verbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die außerhe Vorsicht im Boftverkehr nothwendig und darf feine Borsichtsmaßregel versäumt werden, die Briesmarder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und letztere dadurch zu schüßen. Haupterforderniß ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten
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Von übernächster Nummer Nr. 2 nächsten Jahres au liefern wir nur an Solche, welche ihr Abonnement in der früher angegebenen Weise( siehe Nr. 11 und 12) durch Vorausbezahlung erneuert haben. Wir ersuchen deßhalb um schleunige Bestellung.
Ein hochinteressantes Aftenstück.
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Vor etwas über einem Monat wurde in Breslau die von dem freireligiösen Prediger Herrn A. Reichenbach redigirte und herausgegebene Zeitschrift:" Deutsche Warte" auf Grund des Sozialistengesetzes verboten. Nun ist aber Herr A. Reichenbach feineswegs Sozialist, sondern Mitglied der Fortschrittspartei, wie er jüngst selbst in der Berliner Volkszeitung" erklärte und auch in seiner Beschwerdeschrift an die Reichskommission hervorhob, welche lettere die Beschwerde aber trotzdem zurückwies. Diese Zurückweisung ( welche von dem Beschwerdeführer in Abschrift an Reichstags: abgeordnete verschiedener Fraktionen vertheilt wurde) ist zur Kennt niß dessen, was die berühmte Zentral- Sozialistenvertilgungsbehörde, genannt Reichskommission, für sozialistisch hält und demnach als berboten betrachtet, so allgemein interessant und für die gegen wärtigen Zustände in Deutschland so charakteristisch, daß wir fie nachfolgend wörtlich wiedergeben. Eines Kommentars bedarf es nicht; das famose Schriftstück spricht für sich selbst. Die Entschließung der Reichskommission lautet: „ Reichs Kommiffion. Berlin , ben 28. November 1879.
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Abonnenten des„ Sozialdemokrat". D
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Zuserate
Die dreigespaltene Petitzeile 25 Gts. 20 Pfs.
1879.
ats möglich an den Sozialdemokrat", resp. dessen Verlag seltst adressiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtig Abreffe außerhalb Deutschlands und Oesterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Berbindung setzt; anderseits aber, daß auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Rekommandirung. Soviel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch kosten scheuen, um trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat" unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.
erwähnte Gesetz macht diesen Unterschied nicht, sondern gebietet die Erlassung des Verbots der Drucichrift, und gestattet bei periodischen Druckschriften die Erstreckung dieses Verbots auf das
fermere Erscheinen derselben bei allen Druckschriften ohne Rücksicht auf deren sonstige Tendenz, auf deren Leserkreis, ober auf die politische Richtung des Verfassers oder Verlegers, sobald nur die
in§ 11 des Gesetzes näher bezeichneten Bestrebungen in der dort angeführten Weise ir ihr zu Tage treten Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß er kein Sozialdemokrat, sondern Mit glied der Fortschrittspartei, und daß sein Blatt zunächst nicht für einen sozialdemokratischen Leserkreis bestimmt sei, ist demnach irrelevant.
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schrittler sagen werden gehandhabt worden ist. Solang nämlich das Gesetz in der härtesten, rigorosesten und gesez losesten Weise nur gegen notorische Sozialdemokraten ange
wanbt wurde, fanden die Herren Liberalen das Verfahren der Regierung und der Reichskommission stets„ Loyal ". Die„ Quinteffenz des Sozialismus" von Schäffle wurde freigegeben, trot
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des sozialistischen Inhalts der Broschüre, weil Schäffle fein notorischer Sozialdemokrat" ist; das Verbot der„ Zittauer Morgen- Zeitung" wurde von der Reichskommission aufgehoben, nicht weil der Inhalt ungefährlich, sondern lediglich, weil das Blatt fortschrittlich ist; und die Beilage der„ Chemnißer Zeitung", in welcher die Landtagskandidatur Vahlteich, eines notori
worden, weil die Chemnitzer Zeitung" nationalliberal ist.
Das nannten die Liberalen loyal. Durch diesen Begriff der Loyalität macht ihnen nun der vorliegende Bescheid der Reichskommission einen derben Strich und deutet an, daß über all en oppofitionellen Blättern das Damoklesschwert des Sozialistengeießes schwebt! Also fliegt der tödtliche Pfeil, den die Liberalen gegen das demokratische Volk, das ist, gegen die Sozialdemokratie zu schleudern gedachten, zurück und trifft die ungeschickten und elenden Schüßen. Das nennen wir eine„ loyale" Handlung des unerbittlichen Geschickes!
„ Die sozialdemokratischen friedensgefährdenden Umsturzbestreichen Sozialdemokraten, empfohlen wurde, ist freigegeben bungen ziehen sich gleich einem rothen Faden durch alle in der Entschließung der Königlichen Regierung zu Breslau vom 26. September d. Js. aufgeführten Nummern der in Frage stehenden Wochenschrift und dokumentiren zur Genüge, daß es sich hier nicht um eine durch den Inhalt der Nr. 22 begangene einmalige Verfehlung gegen das Gesez bandelt, sondern daß die genannte periodische Druckschrift die Tendenz verfolgt, den vorerwähnten Umsturzbestrebungen ihre Dienste zu leisten. Zum Nachweise dieser Behauptung wird darauf hingewiesen, daß in Nr. 7 auf Seite 49 in dem„ Einige Betrachtungen über die Politik des Reichskanzlers" überschriebenen Artikel gelegentlich der Ausführung, wie es gekommen, daß politische Parteien, welche bisher Reichsfeinde genannt wurden, jetzt als Reichsfreunde gelten, behauptet wird, daß auch für die Sozialdemokraten, welche bisher
stillschweigend Sünder geblieben seien, über kurz oder lang eine genannt werden dürfe, welcher das Volk zum Arbeiten und Gehorchen gegenüber einer höheren bevorzugten Klasse bestimmt wissen wolle.
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In gleicher agitatorischer Weise wird in Nr. 19 auf Seite
Mit Recht hat die genannte Landesbehörde angenommen, daß in dem in die Nr. 22 aufgenommenen,„ Das Grundübel der Gegenwart" überschriebenen Leitartikel auf den Umsturz der be stehenden Staats und Gesellschaftsordnung gerichtete sozialdemofratische Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieben, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise zu Tage treten. Der in Frage stehende Artikel beschäftigt sich speziell mit der sozialen Frage, behandelt dieselbe aber nicht blos historisch, oder objektiv historisch( 1), sondern in agitatorischer, auf fönnen, mit der Erlassung des gegen die gemeingefährlichen Be ben Umſturg ber bestehenden Ordnung gerichteter, friebensgefährstrebungen der Sozialdemokratie gerichteten Gesezes in Berbin
dender Weise.
" Dieses ergibt sich schon aus dem Eingange desselben auf Seite 169, woselbst gelegentlich der Hinweisung auf die Gesetz gebung Moies' und der Behauptung, daß diese Gesetzgebung darauf Sorgfalt verwendet habe zu verhüten, baß ein Theil des Volkes verarme und der Besiß sich in den Händen einer Klasse bereinige, die Besitzenden als die eine Klasse den Besitzlosen gegenübergestellt werden, und von letterer behauptet wird, daß biese klaſſe das ihr ursprünglich Gehörende immer mehr verliere und von den Besitzenden ausgebeutet und gedrückt
werde.
" Auch im weiteren Verkaufe des besagten Artikels werden wiederholt die Arbeiter, als die Besitlosen in dieser aufreizenden Weise den anderen Bevölkerungsklassen gegenüber gestells, und wird ausgeführt, daß die Bummler und Tagebiebe, oder wie fie an einer andern Stelle genannt werden, die im Stuberanzuge einherstolzirenden Müffiggänger
womit nicht andeutlich Alle, bie nicht arbeiten, und nach Ansicht des Verfassers nichts für die Gesellschaft Nützliches leisten, gemeint sind, - die andern Menſchen unwürdig und niederträchtig behandeln, und diejeß nur beßhalb thun, weil diese letteren befißlos seien, und ihr Dasein
durch Arbeit fristen müßten.
Auf Seite 170 wird endlich noch der Satz aufgestellt, daß, wer nicht für das Gemeinwohl mitarbeite, tein Recht habe, in ber staatlichen Gesellschaft einen Platz zu beanspruchen, sondern anzuweisen sei, mit Seinesgleichen auf einer Insel des stillen Dzeans eine eigene Gesellschaft zu bilden, daß aber anderseits, wer mitarbeite, das Recht habe, daß ihm von der Gesellschaft ein menschenwürdiges Dasein garantirt werde.
" Diese eben ausgehobenen Stellen sind nicht, wie Beschwerde führer auszuführen versucht, Betrachtungen und Gedanken demofratisch- fortschrittlicher Richtung, sondern charakterisiren sich als sozialdemokratische Bestrebungen der durch S 11 des Gesetzes bom 21. Oftober 1878 verpönten Art, so daß das darauf bafirte Verbot der Druckschrift, in welcher der genannte Artifet
mung als gerechtfertigt sich darstellt.
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Aber auch das von der Königlichen Regierung zu Breslau weiter noch ausgesprochene Verbot des ferneren Erscheinens der genannten periodischen Druckschrift findet in den von der Landespolizeibehörde hiefür aufgeführten Grfinden seine volle Recht
fertigung.
bas in§ 11 des Reichsgesezes gegen die gemeingefährlichen Be: " Tie in der strebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oftober 1878 ftatuinte Verbot dürfe nur gegen Mitglieder der sozialdemo
Beschwerdeausführung niedergelegte Behauptung,
145 in bem:„ Ein verderblicher Irrthum" überschriebenen Artikel der Satz, daß große, die Entwickelung des Menschengeschlechts betreffende Zeitfragen durch Gewalt nicht unterdrückt werden
dung gebracht, und behauptet, daß das genannte Gesetz der Sozialdemokratie keinen innern Schaden zugefügt, sondern die Partei sogar verstärkt und gekräftigt habe, was durch den Sah zu beweisen gesucht wird, daß man wohl eine Zeitung, nicht aber die Gedanken verbieten könne, welchen sie als Organ dient und daß die Reaktion Gegenbruck erzeuge, und zum neuen Vorwärtsschreiten, zum Kampfe für Wahrheit, Freiheit und Recht ermuthige.
,, Auf Seite 147 derselben Nummer wird in dem Artikel über das Gewerbeschiedsgericht für die Stadt Breslau " gesagt, daß die natürlichen, aus dem Bedürfnisse der Arbeiter hervorgegan: nenen Organisationen durch das Sozialistengesez zerstört worden, und daß die„ Ehrenämter" des vorgenannten Schiedsgerichts nur eine Schöpfung für die privigelirten Reichen seien. In derselben Nr. wird auf Seite 150 die Wahl von Sozialdemo fraten in den preußischen Landtag empfohlen, und werden die selben werthvolle Bundesgenossen der Fortschrittspartei genannt. Die oben erwähnte Tendenz tritt auch in der Nr. 20 zu Tage, woselbst auf Seite 156 mit gesperrter Schrift aus Dresden berichtet wird, daß man daselbst Gelber für die ausgewiesenen Sozialdemokraten und deren Familien in Empfang nehmen dürfe, ferner auf Seite 157 gelegentlich einer Besprechung der Wahl Blanqui's in Bordeaux billigend bemerkt wird, daß man aus dieser Wahl ein Erwachen und eine Befestigung des Sozialismus erkenne, und endlich auf Seite 158 bei Besprechung der Arbeiter:
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unruhen in Zabrze gesagt wird, daß bei der Untersuchung bie Kardinalfrage, daß die Arbeiter mit dem zu knapp gewordenen Lohn nicht existiren konnten, keine Beachtung gefunden habe, und daß, wie sich als Sinn des offenbar ironisch gefaßten vorletzten Sazes dieses Artikels ergibt, die preußische Regierung für die
Arbeiter nichts thue.
" In Nr. 21 endlich wird auf Seite 166 in einem Artikel aus Sachsen das Resultat der dortigen Landtagswahlen, daß nämlich zwei Sozialdemokraten in den Landtag gewählt worden find, und die Sozialdemokraten in vielen Bezirken ansehnliche Minoritäten erlangt haben, als ein freudiges Ereigniß
gefeiert!
„ Das von der Königlichen Regierung in Breslau unterm 26. September d. Js. erlassenen Verbot erscheint demnach in allen seinen Theilen vollkommen gerechtfertigt, und war demgemäß die von A. Reichenbach hiergegen erhobene Beschwerde, so wie geschehen, abzuweisen.
Die Reichs- Kommission. Starte."
Die in vorstehendem Aktenstück angeführten Gründe" find, wenn man das Sozialistengesetz überhaupt billigt, so unerhört
tratischen Partei, und insbesor de re nur gegen Druckschriften, fie auch flingen, gar nicht so ungerecht. Ja wir müssen ges
seien, in Anwendung gebracht wer den, ist irrthümlich. Das mehr auch einmal illoyal"
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wie die Liberalen und Fort:
Die Zwickauer Katastrophe und die Mittel zur Verhütung ähnlicher Unglücksfälle.
Aus Sachsen . Zum dritten Male seit zwölf Jahren ist der sächsische Kohlenbergbau von einer furchtbaren Katastrophe heimgesucht worden. Die 89 Menschenleben, welche das legte Unglück auf dem Brückenbergschacht bei Zwickau gekostet, sollten endlich unseren maßgebenden Kreisen eine tiefernste Mahnung sein, einmal nachzusehen, ob denn nicht Manches faul ist im Staate Dänemart. Aber es scheint, als ob auch diese Opfer wieder vergebens wären; denn statt eine ehrliche, offene Untersuchung über die Ursachen des Unglücks anzustellen und deren Resultate zur gründlichen Besserung der Zustände gesetzgeberisch und administrativ nutzbar zu machen, werden alle Anstrengungen gemacht, um zu vertuschen. Die Grubenbefizer und die mit ihnen Hand in Hand gehende Presse behaupten trotz aller gegentheiligen Beweise steif und fest, daß„ Niemand" schuldig sei; die mit an der Spitze der Sammlungen stehenden Regierungsbeamten er mahnen, angesichts der Noth jeden anderen Gedanken als den des Wohlthuns fahren zu lassen. Und nicht minder ist auch das Pfaffenthum geschäftig, in ähnlichem Style den nur zu gerechten Born, der sich über das Ereigniß in den Kreisen der Bergleute verschiedentlich fund gibt, zu beschwichtigen. Bei dem Trauergottesdienste, der am Beerdigungstage in einer der Zwickauer Kirchen stattfand, hatte der predigende Pfaffe, Superintendent Kör: ner, die Unverschämtheit, den Leibtragenden die Warnung zuzurufen:„ Ueber den Unglücksfall nicht nachzugrübeln, über die Fügung Gottes" nicht zu murren und zu lästern und namentlich den Hezereien gewisser Agitatoren, die dieses Unheil auch wieder für ihre Zwede ausbeuten würden,. tein Gehör zu geben." Natürlich war das Musik für die Ohren unserer Ausbeuterkreise und so stellt denn das„ Zwickauer Wochenblatt", das Amtsblatt für die Behörden von Zwickau , die Bitte", diese so innige, lehrreiche und erhebende Rede" durch den Druck veröffentlicht zu sehen!
Haben aber Behörden und Bourgeois ein Interesse, ihre Sünden zu vertuschen, so haben wir, als Vertreter der Arbeiterklasse, das Interesse und die Pflicht, die Vorgänge an das Licht zu ziehen. Sonntag, den 7. Dezember, waren eine Anzahl unserer Genossen aus Zwickau und Umgegend im Verein mit einigen Leipziger Freunden zusammengekommen, um festzustellen, welchen Ursachen das Unglück geschuldet sei. Eine Anzahl unserer Genossen, die Bergleute sind, gaben als Sachverständige die nöthige Aufklärung. Demnach unterliegt es nicht dem geringsten Zweifel mehr, daß die Katastrophe einzig und allein durch die NachLässigkeit, resp. durch die Gewinnsucht der Verwal tung hervorgerufen wurde und mit Leichtigkeit
hätte vermieden werden können!
Das Ergebniß eines mehrstündigen Meinungsaustausches, woran sich Personen betheiligten, die den Brückenbergichacht aus eigener persönlicher Erfahrung genau kennen, ergab Folgendes: Der Brückenbergschacht gehört zu den tiefsten des Zwickauer Reviers und ist wegen der Gefahren, die er für die Arbeiter birgt, in feinem guten Rus; schlechte Wetter sind in denselben nichts Seltenes. Es müßte also die erste Pflicht einer gewissenhaften Verwaltung sein, welche doch die Natur ihres Werkes genau tennt, strengstens auf gute Ventilation zu sehen, und wenn durch irgend eine Ursache eine Störung in derselben eintritt, sofort die För
derung einstellen zu lassen.
Die Ventilation des Brückenbergschachtes soll nun auch im