Ganzen eine gute gewesen sein, es trat aber an dem Tage, wo oas Unglüd geschah, eine bedenkliche Störung ein, indem durch Pulversprengung zur Herstellung eines neuen Füllorts der die von Tag einströmende Luft in die Arbeitsstrecken leitende Wetterscheider zertrümmert und dadurch der Luftstrom abgelenkt wurde und einen anderen Lauf nahm. Es wäre nunmehr Pflicht der leftenden Beamten gewesen, die Förderung sofort einzustellen, bis der Wet: terscheiber reparirt und die Ventilation wieber in vollem Gange

war.

Dies geschah nicht. Zwar wurde Befehl gegeben, den Wetterscheider auszubessern und gingen auch sofort mehrere Zimmerlinge an die Arbeit; man ließ aber ruhig ben um sechs Uhr Abends stattfindenden Schichtwechsel vor sich gehen und bie neue Mannschaft einfahren, obgleich diese von den Ausfahrenden gewarnt wurde.

Nach mehr als dreistündiger Arbeit war ber Wetterscheider wieder hergestellt, während welcher Zeit die Belegmannschaft vor Ort thätig war. Diese Zeit genügte vollauf, um die Wetter anzusammeln. Als nach dem Frühstück, ungefähr um halb zehn Uhr, die Mannschaft wieder an die Arbeit ging, war die Ven­tilation zwar hergestellt, es erlangten aber nunmehr die mittler weile angesammelten Grubengase durch den Hinzutritt der at­mosphärischen Luft ihre volle Explosionsfähigkeit. Zur Erläu terung sei bemerkt, daß die aus Kohlenstoff und Wasserstoff be stehenden Grubengase ihre höchste Explosionsfähigkeit dann erlangen, wenn sie ungefähr ein Achtel des Luftraums absorbiren. Sobald sie stärker vorhanden find, explodiren fie felten; tritt aber alsdann der nöthige Sauerstoff binzu, so daß sich das bezeichnete Verhältniß herstellt, dann genügt der geringste Funke, die Explo­fion zu erzeugen. Die nach der Explosion mit Kohlensäure ge schwängerte Luft ist so gefährlich, daß ein einziger Athemzug ge nügt, den Tod herbeizuführen! Daher kommt es, daß nach schla­genden Wettern in Folge der langsam abziehenden Stickluft, des sogen. Nachschwaden, noch so viele Tödtungen vorkommer. In dem vorliegenden Falle hatten sich offenbar in den länger als drei Stunden von der Ventilation abgeschlossenen Streden erhebliche Massen Grubengase angefainmelt, die, weil sie leichter als at­mosphärische Luft sind, sich nach der Decke ziehen. Sobald die Ventilation in Gang fam, wurden die Gase in rotirende Be wegung gebracht, durch den Zutritt frischer Luft in hochgrabige Explosionsfähigkeit versetzt und nun genügte die offene Lampe eines Bergarbeiters, um Tod und Verderben zu verbreiten.

Durch die Explosion erschreckt, warfen biele Arbeiter auf den entfernten Streden ihr Arbeitszeug hin und suchten zu entfliehen, geriethen aber in die nachziehende, mit Kohlensäure geschwängerte Luft und erstickten. So entstand die große Zahl der Todten. Von der eigentlichen Explosion wurden nur 36 getroffen, 53 er­stickten und von diesen 37 wieder dadurch, daß fie in der Angst ihre sicheren Plätze verließen.

Diese wahrheitsgetreue Darlegung beseitigt die von der Ver: waltung und der Presse gemachte Behauptung, daß Niemand" die Schuld trage, endgiltig. Hätte die Verwaltung, da die Sprengung der Füllörter in unmittelbarer Nähe des Wetterschei ders geichab, durch Errichtung einer festen Schießwand Vorsorge getroffen, daß der Wetterscheider nicht zerschossen werden konnte. so blieb die Ventilation ungestört und das Unglüď war unmög­lich. Nachdem aber einmal dieses Versehen vorgekommen, war es Pflicht der Verwaltung, sobald ihr die Zerschießung des Wet­terscheiders gemeldet wurde, deren nothwendige Folgen

fie tennen mußte, sofort Schicht zu gebieten und die Aus­fahrt der Belegmannschaft zu veranlassen. Statt dessen arbeitete die Mannschaft volle drei Stunden in Strecken mit vollständig ge

den Erträgnissen der guten Werke die Unterbilang der schlechtest übertragen kann, durchführen.

Die Freizügigkeit der Arbeiter innerhalb des ganzen Reviers würde mit Einem Schlage durchgeführt, wohingegen heute der Arbeiter in Rüdsicht auf Unterstüßungsfassenverhältnisse an ein bestimmtes Wert gebunden ist. Eine Gefahr für die Unter: ftüßungskassen, wie sie gegenwärtig bei vielen Werken in Folge der schlechten Erträgnisse der letzten Jahre einerseits und der ge steigerten Krankheits- und Invaliditätsfälle andererseits vor= handen ist, könnte nicht vorkommen. Die Pensionen- und Kran­tenunterstüßungen könnten erhöht werden und es brauchte nicht bei jedem größeren Unglüdsfalle an das öffentliche Mitleid ap. pellirt zu werden, wie dies jetzt geschieht. Thatsache ist, daß die Gewerkschaft des Brückenberg breimal bankerott wäre, wenn fie die Hinterlassenen der Getödteten aus ihren Mitteln entschädigen sollte. Mit dieser Thatsache ist die vollständige Unzulänglichkeit des so viel gerühmten Knappschafts - Kassenwesens erwiesen.

Allerdings würde auch der Staatsbetrieb, d. h. der Betrieb seitens des heutigen Staates nicht die volle Freiheit des Ar­beiters sichern. Die Maßregelung politisch Migliebiger würde in vollem Maße durchgeführt werden können; aber schlimmer, wie es gegenwärtig ist, kann es schwerlich werden. Die Intoleranz, der Haß und die Verfolgungswuth der Bourgeoisie ist so groß und geht gewöhnlich so in's Kleinliche und Verletzende, daß jede Aenderung des Herrschaftsverhältnisses als eine Verbesserung an gefehen werden muß. Das haben die deutschen Arbeiter im Laufe der letzten Jahre tausendfältig erfahren.

Sicher ist, daß die Uebernahme des Kohlenbergbaus durch den heutigen Staat seine dereinstige Umwandlung in sozialistischen Betrieb erleichtert. Jede Zentralisation der Betriebs­und Produktionsmittel muß uns willkommen sein! Der Kleingewerbetreibende wird vom Kapitalist, der Kapitalist von den associirten Kapitalisten, die associirten Kapitalisten werden vom Staate verschlungen. So potenzirt sich der Aufsaugungs­prozeß, bis eines Tages der heutige Staat seine kapitalistische Seele ausgebläut bekommt und in den sozialistischen Staat ber= wandelt wird.

Wenn die Zwickauer Katastrophe dazu beiträgt, die Erkenntniß von der Nothwendigkeit einer solchen Umwandlung in weiteren Kreisen zu verbreiten- und das scheint uns der Fall zu sein oder gar diesen Umwandlungsprozeß ein Stück vorwärts zu treiben, so soll dies unseren Zorn über die leichtsinnige Preis: gabe von Arbeiterleben einigermaßen dämpfen.

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Leider wird, wie heutigen Tages noch die Dinge liegen, meist aller Fortschritt nur durch Menschenopfer erkauft: heute auf dem mili­tärischen Kriegsschauplatz, morgen auf dem industriellen, über morgen auf den Barrikaden.

Sache des Sozialismus ist es, dem ruhigen, friedlichen, unge hinderten und unausgesetzten Fortschritt der Menschheit die Bahnen zu ebnen. B.

Die Lage der Arbeiter in Polen . Wenn es im westlichen Europa genug Advokaten, Journa listen und sonstige Leute gibt, welche behaupten, daß es eine soziale Frage gar nicht gebe; so fehlt es auch in Polen an Ver: theidigern der Sache der Bourgeoisie durchaus nicht. Reaktio: näre, Liberale und Radikale, alle Vertheidiger des alten politischen Polen gehen einig mit einander in der Bekämpfung der Sozialisten;

störter Ventilation, und in einem Werk, dessen Bau für schlagende fie behaupten, die Polen hätten nicht nöthig, sich mit der sozia­

Wetter sehr empfänglich ist.

Wäre statt dessen die Arbeit unterbrochen worden, wäre, wie es jeder Fachmann als selbstverständlich finden wird, die Arbeit erst wieder aufgenommen worden, nachdem durch eine mehrstün­dige wiederhergestellte Luftzirkulation die Strecken frei gefegt

len Frage zu beschäftigen und alle ihre Bestrebungen müßten nur auf das einzige Ziel der politischen Emanzipation gerichtet sein.

waren und eine vorsichtige Untersuchung mit der Sicherheitslampe deſſen eindringlicher als lange Reden den Lesern beweisen, daß

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reine Luft ergab, so wäre das Unglüd unmöglich gewesen. Eine höchstens sechsstündige Unterbrechung der Arbeitszeit hätte 89 Menschen das Leben gerettet!

Warum hat man das nicht gethan? Des elenden Geld: gewinnes halber! Der Brückenbergschacht steht finanziell sehr schlecht und zwar schon seit Jahren. Der frühzeitige und heftige Winter war der Kohlenkonjunktur günstig, die Preise stiegen, weil die Kohlen fehlten. Es galt also, die Konjunktur auszu nußen. Wir brauchen Kohlen" war die Losung und so wur den leichtsinnig 89 Menschen in den Tod getrieben.

Nun, die sozialistischen Abgeordneten im sächsischen Landtag werden dafür sorgen, daß die Katastrophe zur Sprache kommt und daß auch die verbrecherischen Fehler aufgebeďt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werben!

Diese neueste Katastrophe hat aber auch wieder die Frage an geregt: wie ähnlichen Unglüdsfällen am besten zu begegnen fei? Die Antwort lautet: Durch Expropriation der Gruben zu Gunsten des Staats! In jener Zwickauer Zusammen­funft erklärten sich sämmtliche Anwesende mit dieser Jdee einber ftanden.

Wenn mit einem Betrieb durch den heutigen Staat auch fei­neswegs unmittelbar ein sozialistischer Zweck erreicht wird, so hat berselbe doch für die Arbeiter große Vortheile und das Prinzip, daß die im Staat repräsentirte Gesammtheit besser be wirthschaften kann, wie irgend ein Privatunternehmer oder eine Anzahl von Privatunternehmern, erlangt eine neue Stüße. Alles, was für den Eisenbahnbetrieb im Großen spricht, spricht selbst verständlich auch für die zentralistische Verwaltung des Kohlen. bergbaus durch den Staat. Dieselbe ist bei diesem um so leich: ter, da sich derselbe nur auf ein verhältnißmäßig fleines Terrain erstreckt.

Es soll nicht Aufgabe dieses Artikels sein, die Vortheile eines zentralisirten Betriebs für den Staat als Unternehmer darzus legen; wir wollen vielmehr kurz die Vortheile hervorheben, die für Leben, Gesundheit und materielle Existenz des Arbeiters dabei herauskommen.

In erster Linie würde die Sicherheit des Betriebs ganz be­deutend gewinnen, weil alsdann alle Grenzen zwischen den ein zelnen Werken aufhören und die Ventilation die denkbar beste werden kann. Sicherheitsmaßregeln, die heute im Einzelbetrieb kaum möglich sind oder nur unvollkommen aufgeführt werden, weil sie zu große Kosten verursachen, könnte der Staat, der mit

Einige, amtlichen Quellen entnommene Ziffern werden in­die wirthschaftliche Lage der polnischen Arbeiter ebenso traurig, wenn nicht trauriger ist, als die der Arbeiter anderer europäischer

Staaten.

Die Entwidlung der Industrie schreitet in Warichau immer mehr voran; das Kapital gedeiht, der Arbeiter aber leidet. Man betrachte nur die folgenden Zahlen:

I. Fabriken und Hüttenwerke Beschäftigte Arbeiter Produktionskosten

II. Werkstätten

Meister

Arbeiter( Gehilfen) Lehrlinge

1878

258 12,381

Rubel 24,181,994 3,636

3,636

6,743 9,240

Rubel 17,845,970

1879 273 12,986 27,228,859 alloudinar 4,3.29 4,329 Vermehrung .Produzenten

um 5475

23,031,636

Produktionskosten Der mittlere Arbeitslohn beträgt 255 Rubel 52 Ropeten jährlich, was ungefähr 1022 Franken( 817, Mart) ausmacht. Die Frage ist nun, wie man um diese Summe in Warschau oder einer andern Stadt Polens leben kann( mit andern Worten: welche Kaufskraft sie besitzt). Wir nehmen als Grundlage un­serer Berechnung eine aus vier Gliedern bestehende Familie.

Eine offizielle Kommiffion veranstaltete eine Untersuchung der Lage der arbeitenden Klassen in Warschau . Nachdem sie 432 Wohnräume besucht, welche sie von 1206 Personen( also 3 auf einen Raum) bewohnt getroffen hatte, kam sie zu folgendem Schluß: 147 Wohnungen", von 468 Personen bewohnt, seien vollkommen unbewohnbar. Für eine Arbeiterwohnung muß trotz dem im Durchschnitt 6 Rubel pro Monat bezahlt werden. Rechnet man hiezu monatlich: Fleisch(/ Pfd. die Person täglich) 4 9. 50 K., Gemüse, Mehl, Käse 6 R, Brod( 3 Pfd. täglich) 3 R. 90 K., Salz, Pfeffer, Fett, Del 3 R., Beleuchtung 1 R. 50 K., Heizung 2 R., so erhält man an nöthigsten Ausgaben für den Monat 26 R. 90 K. und für das Jahr 322 R. 80 K.

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firung einer sozialistischen Partei in Polen ein dringendes Be dürfniß sei?

"

Betrachten wir jetzt die Lage in Galizien , welches nicht einer absoluten Gewalt unterworfen ist, sondern einer fonftitutionellen" Regierung. Die landwirthschaftliche Produktion nimmt stetig ab und von Jahr zu Jahr vermehren sich die Schwierigkeiten der Ernährung des galizischen Volkes Ruthenen und Polen , alle Bauern leiden oftmals Hunger und diese Geißel steht wieder einmal für das neue Jahr in sicherer Aussicht.

Die wirthschaftlichen Bedingungen, unter welchen der Bauer lebt, sind die elendesten. Nach den statistischen Aufstellungen Rapadi's gibt es 653,637 Kleinbefizer, welche fast alle zu glei: cher Zeit Eigenthümer und alleinige Bebauer ihrer Grundstüde find, und welche im Durchschnitt 4 Heftaren pro Familie be fizen, von denen aber nur ertragsfähig sind. Dazu kommt, baß der Mangel an Wegen, welche das Land aufschließen( die 3/4 vorhandenen dienen nur den Interessen der Großgrundbefizer) und das gänzliche Fehlen jeglichen Handels das Land im Zu stand einer fast vollständigen Stagnation erhalten. Der Klein besitzer, der Bauer weiß nicht, wovon er seine Familie ernähren und die Steuern bezahlen soll. Und die letzteren find wahrhaft erdrückend und werden immer erhöht. Erst in jüngster Zeit hat bie Regierung wieder ihre Absicht zu erkennen gegeben, Zuder, kaffe , Petroleum und eine Menge anderer Genußmittel mit einer indirekten Steuer zu belegen.

Hatten die achtzehn noch immer im Krakauer Gefängniß sitzen den jungen Sozialisten Recht oder nicht, wenn sie die Lehren des Sozialismus predigten? Diese Frage stellen, heißt sie be Bult. des Rownosch.

antworten.

Sozialpolitische Rundschau.

-Eine famofe Charakteristik des deutschen Barlamenta rismus fiefert eine durch die ganze Presse gehende Nachricht, der zufolge der nächste Reichshaushaltsetat in Voraussicht der Annahme des Gesezes über die Verlänge rung der Etatsperioden bereite für die Rechnungsjahre 1880-81 und 1881-82 vorgelegt wird! Also so sicher ist die Regierung ihrer Sache, und so wenig hält sie es für nöthig, die einfachste Form zu beobachten, daß sie die gesetz lichen Beirath und Zustimmung" des getreuen Reichstages nicht einmal mehr abwartet, sondern sich gleich selbstständig darauf einrichtet! Nun, uns kann es nur erfreulich sein, wenn die Dinge immer mehr ihres bestechenden und irreführenden Scheines entkleidet werden und sich dem deutschen Volk und der ganzen Welt in ihrer wahren Gestalt zeigen. Es ist die nothwendige Voraussetzung der Verbesserung der Zustände, daß die Unterthanen sich nicht in dem Traum wiegen, voltberechtigte Bürger zu sein, welche Einfluß auf die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten haben. Der Snech: soll wissen und fühlen, daß er Nuecht ist, dann empfindet er erst die Nothwendigkeit, sich seines Herrn zu entledigen. Und wenn man erst den 3wed will. finden sich die Mittel stets.

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Die von der preußischen Regierung so gelungen arrangirte parlamentarische Zwickmühle hat jest gur Abwechslung wieder einmal nach der andern Seite ihre Schuldigkeit gethan. Bei den Zöllen halfen die Ultramontamen mit den Konservativen den Willen der Regierung gegen die Liberalen durchsetzen; bei den Eisenbahnvorlagen überstimmten die Liberalen mit den Konser vativen die Ultramontanen, und jetzt bei der Jnterpellation we gen der Simultanschulen werfen wieder die Ultramontanen ihren Einfluß zu Gunsten der Regierung und gegen die Liberalen in die Wagschale. Und so kann das geistreiche Spiel noch lange

fortgehen und die Regierung durch abwechselnde Grupvirung der

Wünsche durchseßen. Daß die Ultramontanen in der Simul mit ihrer Dienstbereitwilligkeit rivalifirenden Parteien jeden ihrer tanschulfrage die Regierung unterstüßen würden, war übrigens mur natürlich, benn die angefochtene Entscheidung des Ministers war ja in ihrem Interesse getroffen und einen pafsenderen Mis nister als Bismarcke Schwager Buttkammer fönnten sie auch nicht so gleich finden. Und vor allem in der Schulfrage sind sie einander sympathisch; denn in des Ministers Weinung, daß die Schute nicht in das aferlofe Meer einer blos humanitären alb gemeinen Bildung hinausstenere, sondern fest begründet bleibe auf der unerschütterlichen Grundlage, bie aus dem Ewigen ent stammt und in das Ewige zurückführt"- in dieser Meinung, deren nothwendige Konsequenz die Konfessionsschule ist, begegnen fich beide Theile, Es war daher kein Wunder, daß der Kul tusminister eine Majorität von 98 Stimmen erhielt und damit prinzipiell das Tobesurtheil über die Simultanschulen ausgespro chen wurde. Die Reaktion ist eben untheilbar und muß fich auf jedem Gebiet bethätigen. Sie muß Stück um Stück der ges ringer Zugeständnisse, welche ihr vom Zeitgeiste abgerungen wor den waren, wieder abbröfeln, bis das Maß voll ist!

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Die deutsche Presse ist angefüllt mit wahrhaft haarsträus benden Berichten über die Hungersnoth in Oberschlesien . Gesalzene Zuckerrüben, trodene Krautblätter, wässerige und ver faulte Kartoffeln furg Dinge, welche sonst einzig als Bieh futter benügt werden, ja zum Theil nicht einmal zu diesem ge braucht werden können, machen die einzigen Nahrungsmittel von Zehntausenden aus. Ja, die Hungernden wären noch froh, wem sie von diesen effen, bei zur Kraftbildung kaum in Betracht tommenden Nahrungsmitteln" nur genug hätten, während in vielen Gegenden thatsächlich absolut gar nichts mehr vorhanden ist und die Armen vor dem Hungertod lediglich durch die öffent liche Wohlthätigkeit errettet werden fönnen. Unter diesen Um ständen kann es nicht Wunder nehmen, daß der Hungerty typhus immer mehr um sich greift. In Solarnia( Kreis Ra tibor) sind bereits 5, in Alt- Cofel 5, in Nendza 7, in Olsa 10 schwere Fälle konstatirt. Und da die Grundbedingungen für die Entwicklung und leichte Verbreitung der Krankheit durch die schreckliche Ernährungsweise, die mangelhafte Bekleidung und die oft geradezu unglaublich erbärmlichen Wohnungsverhältnisse in vollstem Maße vorhanden sind und eine ausgiebige, dau Diese arithmetische Beweisführung ist schlagend. Ist es unter- ernde Hilfe noch immer nicht eingetreten ist, so wird eine solchen Mißständen noch am Plaz, zu überlegen, ob die Organi-| Masseninfizirung nicht auf sich warten lassen. Mit einem Wort:

Es bleibt demnach ein Defizit von 67 Rubel 28 Kopeken. Und doch sind Kleidung, Schuhe, Wäsche und andere nothwen­dige und unabweisbare Bedürfnisse in der Berechnung noch nicht inbegriffen. Vergeffen wir ferner nicht, daß der Meister oder Arbeitgeber einen Theil des Lohnes für die Krankenkasse zurück hält. Und wie sind diese Kaffen beschaffen! Ein Arzt besuchte einen Kranken, welcher die lächerliche Unterstützung von 30 Ko­peten täglich erhielt!