Wir enthalten uns absichtlich einer Beurtheilung der mit getheilten Urtheile und ihrer Bebeutung und Berechtigung. und Berechtigung. Unsere Genossen werden zu erwägen, die nöthigen Schlußfolge rungen zu ziehen und zu handeln wissen. Daß jeder neue Erfolg, den wir erringen, neue Anfeindung und Verfolgung seitens unserer Feinde hervorrufen muß, ist klar und wir sind darauf gefaßt. Ebenso selbstred end aber ist, daß wir uns dadurch nicht abhalten lassen, immer neue Erfolge, neue Siege vorzubereiten und im Kampfeseifer nicht nachzulassen, bis wir trotz aller Wuth und Gewaltthat unserer Feinde schließlich den letzten glorreichen, gewaltigen Sieg errungen haben werden, der der Macht unserer Feinde ein für allemal den Nacken bricht und aller Verfolgung und Unterdrückung und aller Noth ein Ende bereitet!
leben durch das Elend um. Diese Zahl vertheilt sich folgender- ests an Produktionsinstrumenten als an Leihkapital. Selbstmaßen: 26,000 ältere Männer, welche physiologisch zu früh sterben; 60,000 Kinder, welche unter dem Einfluß des Elends vor Erreichung des 9. Jahres dem Tod verfallen; 60,000 Kinder, welche in den Fabriken und durch die kapitalistische Aus: Kinder, welche in den Fabriken und durch die kapitalistische Ausbeutung gemordet werden; 44,000 erwachsene Arbeiter, welche durch Unfälle bei der Arbeit, durch die Ungesundheit der Werk: stätten, die Unzulänglichkeit der Nahrung, mit einem Wort, infolge der schlecht organisirten und ungenügend gelohnten Arbeit dahin sterben.
Diese Zahlen sind schrecklich, haarsträubend; und doch erreichen sie die Wahrheit noch bei Weitem nicht. Denn richtigerweise müssen auch noch andere durch die heutigen elenden Gesellschafts: einrichtungen bedingten Ursachen der Lebensverkürzung: Kummer und Sorge um die Existenzmöglichkeit, politische und moralische Bedrückung, Beförderung der Verbrechen, Kriege u. s. f., sowie eigentlich niemand oder doch nur eine winzige Minderzahl zur unbeschränkten Erhaltung ihrer Lebenskräfte kommt die Armen nicht infolge ihres Elends, ihrer physischen und geistigen Vernachlässigung, die Reichen nicht infolge ihrer Schlemmerei, Ueberreizung und Unnatürlichkeit mit in Betracht gezogen werden.
Die Gesellschaft des organisirten Massen- der Umstand, daß in der heutigen wahnwißigen„ Ordnung"
mordes.
Die Monatsschrift« Malthusian», bas Organ des malthufia: nischen Bundes in London , bringt eine Arbeit des Arztes Dr. R. Drysdale, welche in der ärztlichen Gesellschaft von London zur Verlesung gekommen ist. Diefes„ Die Sterblichkeit der Reichen und Armen" betitelte Aktenstück enthält Zahlen von großer Be deutung, weshalb wir das Wesentlichste dieses Artikels hier wiedergeben.
Aus sorgfältigen Untersuchungen geht hervor, daß sich die allgemeine Sterblichkeit in den europäischen Staaten im Laufe der letzten Jahrhunderte( infolge der sanitären 2c. Verbesserungen) ansehnlich vermindert hat. Im 16. Jahrhundert war die Lebenswahrscheinlichkeit, d. h. die von der Hälfte der geborenen Bevölkerung erreichten Lebensjahre, in Genf nicht höher als fünf Jahre; die durchschnittliche Lebensdauer betrug also 18 Jahre. Jm 18. Jahrhundert hatte sich die Lebenswahrscheinlichkeit bereits auf 7 Jahre gehoben und betrug die durchschnittliche Lebensdauer 32 Jahre. Diese Bewegung der Verlängerung der menschlichen Lebensdauer dauerte bis zum heutigen Tage fort. Aber wir werden sehen, wie viel Wesen die mangelhafte Orga= nisation der Gesellschaft trotzdem auch jetzt noch untergehen läßt. Der Verfasser der erwähnten Arbeit zeigt auf jeder Seite, daß die Hauptursache, warum sich die Sterblichkeit nicht weit mehr vermindert, in der Größe der Armuth zu suchen, und daß sie allein es ist, welche die zahllosen vorzeitigen Todesfälle verschuldet, wie wir nachfolgend mit Zahlen belegen wollen.
In Frankreich sterben unter den 40-45 Jahre Alten: von 1000 Angehörigen der wohlhabenden Klassen 8.3, von 1000 Armen 18.3; mit andern Worten: es sterben in diesem Alter 2 mal so viel Arme als Reiche. In Paris starb In Paris starb in den Jahren 1817-1836 durchschnittlich: in dem von Reichen bewohnten 2. Arrondissement( Stadtbezirk) einer auf 65, in dem bon Armen bewohnten 12. Arrond. schon einer auf 15.- Josef Garnier berechnet, daß im Jahre 1857 in Manchester die mittlere Lebensdauer in den reichen Stadtvierteln 42 Jahre, in den armen dagegen nur 17 Jahre betrug. Villermé machte Villermé machte vor 30 Jahren eine Aufstellung über die mittlere Lebensdauer der Kinder in Mühlhausen : Darnach betrug dieselbe für die Arbeiterkinder 1/2 Jahr, für die Kinder der Arbeitgeber 46 Jahre.(?) - Edwin Chadwick , der erste Beamte bes Londoner Gesundheits amtes, stellt für London die Sterblichkeit folgendermaßen fest: 11-3 von 1000 aus wohlhabenden Häusern, 38.0 von 1000 aus armen, 50.0 von 1000 aus sehr armen Häusern. Nach Aufzeichnungen des« North London Consumption Hospital»> vertheilen sich die Todesfälle infolge tuberkuloser Krankheiten also: von 1000 Reichen 68, von 1000 Armen 230. Benoiston du Chateauneuf hatte bereits einen Unterschieb bei den SchwindsuchtTodesfällen festgestellt, welche sich in der schrecklichen Verhältnißzahl von 1 zu 6 zu Ungunsten der Armen ausdrüden läßt; auf 1000 Reiche trafen nämlich 9, auf 1000 Arme aber 54 Schwindsüchtige
Diese herzzereißenden Zahlen könnten genügen, um zu beweisen, daß die Noth und die Hungerlöhne die Hauptursachen der angezeigten Todesfälle sind. Aber die neuerlich von Charles Ansell gesammelten statistischen Angaben sind noch weit beweiskräftiger. Der genannte Statistiker hat sich in seiner Stellung als Ver: waltungsbeamter der nationalen Versicherungsgesellschaft seit längerer Zeit der mühevollen Arbeit unterzogen, genaue Angaben über die Lebensbedingungen von nicht weniger als 48,044 Kindern der besser gestellten Klassen Englands zu sammeln. Diese Kinder gehörten den Familien von Rechtsgelehrten, Geistlichen, Adeligen, mit einem Wort, dem sogen.„ guten Stand"( der Gentry ) an. Diese Familienftatistik stellt nun fest, daß die Sterblichkeit im ersten Lebensjahre folgende ist: von 1000 Kindern von Reichen 80-45, von 1000 Kindern Armer 250.00, von 1000 Kindern von Armen anderer Städte 350.00. Jm Alter von 1-5 Jahren findet Ansell folgende Sterblichkeit: 46.84 auf 1000 Kinder Reicher, 113-69 auf 1000 Kinder Armer.
In der Altersklasse von 20-40 Jahren ist das Verhältniß fast das gleiche: von 1000 Reichen starben 125.52, von 1000 Armen 144.17. Ebenso im Alter von 40-60 Jahren: 147,74 Reiche, 168,76 Arme. 1873 starben in England und Wales 368,179 Menschen unter 60 Jahren. Ansell berechnet nun aber, daß wenn die Sterblichkeit der ganzen Bevölkerung die gleich günstige wie die der oberen Klassen gewesen wäre, nur 226,040 gestorben wären. Demnach hat die Armuth in einem einzigen Jahre allein in England nicht weniger als 142,130 Menschenleben vorzeitig vernichtet! Auf Neu- Seeland erhöhte sich der Lohn um ein Bedeutendes, merkwürdigerweise ohne von einer entsprechenden Preissteigerung der Lebensmittel begleitet zu sein. Die Folge war, daß sich die Anzahl der Geburten schnell auf 41 von Tausend erhob und die der Todesfälle dagegen auf die unglaublich geringe Ziffer von 12 vom Tausend senkte. Hätte England infolge vernünftiger gesellschaftlicher Einrichtungen eine gleich niedrige Sterblich teit, so würden in einem einzigen Jahr 230,000 Leben weniger der Vernichtung anheimfallen!
Dies die kurze, aber treue Zusammenfassung der interessanten Arbeit Dr. Drysdale's.-
Zur Vervollständigung seien hier noch einige von der« Egalité» mitgetheilte Zahlen des Dr. Bertillon hinzugefügt. Demnach tommen in Frankreich jährlich 190,000 Menschen
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Aber lassen wir das; es genügt ohnedem schon. Denke nach. arbeitendes Volk! Deine Herren können diesen organisirten Massenmord nicht ableugnen; aber sie finden ihn rechtmäßig und unvermeidlich zu ihrem Vortheil nämlich und sie wollen die heutige Ausbeutergesellschaft, von welcher jener unzertrennlich ist, verewigen. Du, Volk, erhältst, nährst, fleidest Deine Beherrscher, bau'st ihnen Paläste und Burgen und Land: häuser, deckst ihre Tafeln mit den Leckereien aller Zonen, hältst fie in Sammt und Seibe, bereitest ihnen Lust und Freuden ohne Zahl, machst sie zu irdischen Göttern um den Preis Deiner Menschenrechte und Menschenwürde. Und zum Dank dafür morden sie Dich. Wie lange wirst Du das noch dulden?
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Was thun?
Neue Folge. V.
Nach dem Gesagten kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß in unserem Staate eine Verringerung der Produktion infolge mangelnden Exportes auf keinen Fall, vielmehr eher eine Ver größerung der Ausfuhr und infolge dessen der Produktion eintreten wird. Damit fällt aber auch der weitere Einwand, daß im ( isolirten) sozialistischen Staat alle jene Industrien, welche Gegen( isolirten) sozialistischen Staat alle jene Industrien, welche Gegenstände der Behaglichkeit, des Wohllebens, des Luxus hervorbringen, infolge mangelnden Absatzes zu Grunde gehen und so eine große Anzahl von Arbeitern brodlos werden. Denn aus den oben angegebenen Gründen werden die Produkte dieser Art-natürlich soweit eine Geschmacksveränderung nicht eintritt, welcher die kollek tive Produktion aber mindestens ebenso gut Genüge leisten kann, als die private vom Ausland wie bisher fortbezogen werden. Ferner darf nicht vergessen werden, daß der inländische Konsum einer ganzen Reihe derartiger Erzeugnisse sich wesentlich steigern wird, da infolge der bedeutend verbesserten Lage des Volkes viele solche Produkte, welche bisher nur den Reichen zugänglich waren, in den allgemeinen Gebrauch übergehen werden. Sollte aber wirklich der eine oder andere Industriezweig, welcher außerordentliche Luxusgegenstände erzeugt, infolge eines Konsumstreiks der erbitterten ausländischen Reichen und völligen Absatzmangels im Innern aufhören, so wäre wenig Schade darum; die bisher in diesen Branchen beschäftigten Arbeiter gingen einfach zu einem andern Produktionszweig über, in dem sie ihre Arbeitskraft in für die Menschheit nüßlicherer Weise als bisher verwenden würden.
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Soweit unser Staat als Er porteur. Was nun den Import betrifft, so kann die von unserm Staat einzunehmende Stellung feinen Augenblick verkannt werden, sobald man sich daran erinnert: daß er allein importirt und die Vertheilung der Einfuhr besorgt. Durch diese Thatsache werden für uns die beiden Formen des internationalen Verkehrs, um welche sich heute alle Welt auf's Hißigste streitet, Schutzzoll und Freihandel, vollkommen hinfällig. Eine private Einfuhr findet in unsern Staat überhaupt nicht statt, weder mit noch ohne Einfuhrzoll; für sich selbst aber braucht der Staat doch keinen Zoll aufzustellen. Der Verkehr zwischen unserm Staat und dem Ausland, resp. der sozialistischen und nichtsozialistischen Produktion, wird in weit einfacherer und unmittelbarerer Weise regulirt. Die größte Gefahr neben der Konkurrenz billigerer für unsere Produktion besteht ausländischer Erzeugnisse auf dem Weltmarkt, wovon schon die Rede war darin, daß das Ausland gewisse auch von uns erzeugte Produkte so billig herstellt, daß dieselben trotz des Transportaufschlages uns noch billiger zu stehen kommen, als die eigenen und dadurch unserer Produktion eine gefährliche Konkurrenz machen. In diesem Falle wird nun unser Staat zweierlei Mittel zu ergreifen haben. Entweder die Ursache, warum jene Produkte so billig geliefert werden können, ist eine dauernde, nicht durch Veränderungen in der Herstellungsart zu hebende, also an gewisse Lokalitäten, Naturschätze 2c. gebundene; in diesem Fall wird der Staat die unvortheilhaft gewordene Produktion aufgeben und die bisher darauf verwendeten Kräfte anderweitig besser verwerthen. Oder die Ursache ist eine vorübergehende, veränderliche, z. B. außerordentlich niedriger Lohn,( Sklaven, Kulis); dann wird das betreffende Produkt entweder ganz vom Jmport ausgeschlossen oder, soweit es zugelassen wird, sein Verkaufspreis dem des einheimischen Produktes vollkommen gleichgestellt. In letzterem Falle wird, da unser Staat selbverständlich keinerlei indirekte Besteuerung kennt, das einheimische Produkt allerdings im Preise sinken müssen, aber ein Verlust wird daraus doch nicht entstehen, da die Minderbezahlung des einheimischen Produktes durch die Ueberbezahlung des eingeführten ausgeglichen wird.
Unser Staat duldet nichts Fremdes, nach anderen als seinen Lebensbedingungen Existirendes in sich, denn er ist kein Haute beliebig verändernder zusammenhangsloser, ihre Verbindung Kräfteatome, sondern ein lebendiger Organismus; was in ihn eingeht, muß sich seiner Materie assimiliren.
Noch einer wirthschaftlichen Verbindung zwischen unserm Staat und dem Ausland ist zu gedenken, bei der es sich allerdings nicht um Forterhaltung, sondern um schleunige Lösung handelt. Diese Verbindung ist der Privatbesit von Authern ( Privaten und Staaten) in unserm Staat und perremheit. In uno
verständlich ist dieser Besitz hinsichtlich seiner Beschränkung, bezw. Aufhebung ganz denselben Gesetzen unterworfen, wie der der Inländer. Und insofern diese ausländischen Privateigenthümer Bürger unseres Staates werden, werden auch in Betreff der ihnen zustehenden Entschädigungsrente ganz die gleichen Bestimmungen playgreifen. Anders aber verhält es sich mit Jenen, welche Ausländer bleiben. Vor allem ist natürlich die Genußmittelrente außerhalb unseres Staates schon aus praktischen Gründen nicht anwendbar. Ferner ist aber ein andauerndes Schuldverhältniß unseres Staates zum Ausland überhaupt unzulässig, da jede wie immer gestaltete Zinszahlung eine Abhängigkeit, eine Knechtschaft ist. Aus beiden Gründen wird die Entschädigung dieser ausländischen Privateigenthümer, behufs sofortiger Beseitigung ihrer Besitzrechte, eine einmalige und zwar in Geld- baar oder( aus. ländischen) Effekten auszahlbare sein. Ob diese Entschädigung in der vollen Rückzahlung des Dargeliehenen, resp. des Besitzwerthes, besteht, oder nach welcher Maßgabe sonst dabei verfahren wird, dafür werden wohl konkrete Verhältnisse maßgebend sein, die sich jeder Vorausberechnung entziehen.
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Es bleibt mir noch übrig, Einiges über die allgemeinen Beziehungen des isolirten sozialistischen Staates zu den übrigen Staaten, oder vielmehr, da ein jeder vor ihnen wie Plato schon von den griechischen Staaten sagte aus zwei Staaten besteht, dem der Reichen und dem der Armen, zu dem Volk einer und den Privilegirten anderseits zu sagen. Daß unser sozialistisch organisirter Staat, der jedem seiner Bürger volle politische und soziale Gleichberechtigung und eine ökonomische Existenz sichert, welche in andern Staaten nur wenige bevorzugte Prozente der Bevölkerung haben,- der seinen Angehö rigen durch Beseitigung der Knechtschaft und Ausbeutung in jeder Form erst die wirkliche Freiheit und damit die wahre daß dieser Staat Menschenwürde und Lebensfreudigkeit gibt, auf alle zum Bewußtsein ihrer Lage gekommenen Völker eine immense Anziehungskraft ausüben wird: darüber wird unter Vernünftigen wohl keine Meinungsverschiedenheit herrschen.
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Die erste am wenigsten bedeutende Folge dieser Attraktionskraft wird ein starker Zuzug ausländischer Arbeiter in unsern Staat sein. Der sozialistische Staat kennt keine Unterschiede der Nation oder Rasse jeder Mensch hat in ihm gleiche Rechte, wie er gleiche Pflichten hat; unser Staat hat daher gegen die Einwanderung neuer Bürger prinzipiell selbstverständlich gar nichts einzuwenden. Und doch wird er gezwungen sein, dieselbe wesentlich zu beschränken. Nehmen wir an, es herrsche im Ausja vielleicht land oder einem Theil desselben ein Nothstand, bedarf es dessen gar nicht einmal und genügt schon die allgemeine Sehnsucht der ausländischen Arbeiter nach den Zuständen in unserm Staat, um eine massenhafte Einwanderung in letzteren zu veranlassen. Unter diesen Verhältnissen würde die Gefahr entstehen, daß schließlich in unserm Staat weit mehr Menschen vorhanden sind, als er ausreichend ernähren kann. Diese Gefahr abzuwenden ist demnach eine Existenzbedingung für unsern Staat. Nebst der Erhaltung seiner Existenz wird durch die Beschränkung der Einwanderung aber noch ein anderer, ebenso wichtiger Zweck erreicht: es ist ein Sporn für die an der Einwanderung Ge hinderten, die in unserm Staat gesuchten besseren Zustände in ihren eigenen Ländern einzuführen.
Gegen den„ Militarismus".
In Nro. 14 des„ Sozialdemokrat" befindet sich ein Artikel, betitelt „ Der Militarismus ", mit dessen Grundgedanken sich die Redaktion selbst nicht einverstanden erklärt hat und den auch die große Mehrzahl der Genossen nicht theilen dürfte.
Der Verfasser hat zunächst unzweifelhaft recht, wenn er sagt, daß die Soldatenwirthschaft nur der Ausfluß einer Politik ist, welche in der Herrschaft des Kapitals, in der ökonomischen Organisation der heutigen Gesellschaft, ihr wahres Wesen hat. Und auch die Konsequenz dieses Satzes ist gewiß richtig, daß nämlich der Druck der Militärbudgets ein winziger sei im Verhältniß zu dem Elend, das die kapitalistische Wirthschaft erzeuge. Von diesem richtigen Standpunkt ist ja auch die deutsche Sozialdemokratie immer ausgegangen; der Kampf gegen den Militarismus, den die„ Demokraten " zu ihrer Hauptaufgabe machen, hat ihr ja immer erst in zweiter Linie gestanden. Und außerdem ist der Hauptgrund, aus dem die Sozialdemokratie den Militarismus bekämpft hat, eigentlich immer der Wunsch gewesen, mit dem stehenden Heere die stärkste Waffe der Reaktion zu vernichten; die ökonomischen Gründe" gegen den Militarismus gingen nebenher, als ein freilich berechtigtes und der Wahrheit gemäßes Agitationsmittel.
Soweit könnte man also mit dem Schreiber des betreffenden Artitels in Nro . 14 einverstanden sein. Wenn derselbe aber dann weiter behauptet, daß unter den obwaltenden Verhältnissen der Militarismus noch gewissermaßen eine Wohlthat für die Völker sei, und wenn er diese Behauptung damit begründen will, daß im Falle einer ganzen oder theilweisen Aufhebung der stehenden Heere die entlassenen Soldaten nur durch ihre Konkurrenz die Arbeitslöhne niederdrücken, die Zahl der Arbeitslosen vermehren und dadurch das ganze Elend noch viel schlimmer machen würden, so muß man doch fragen: wenn dieser Fall wirklich einträte, wäre denn das so schlimm für unsere Sache? Würde nicht dann die jetzt schon große Unzufriedenheit riesige Dimensionen annehmen, würden nicht hunderttausende von Proletariern endlich über ihre Lage aufgeklärt und in unsere Reihen getrieben werden? Ja, würde vielleicht nicht gerade im Handumdrehen ein plötzlicher Ansturm den morschen Bau des heutigen Staates in Trimmer werfen? Freilich könnte für kurze Zeit das Elend noch größer werden, aber wir wären doch wahrlich nicht schuld daran, und es bleibt doch immer wieder wahr: je größer das Elend in einem bereits revolutionär gewordenen Volke war, desto näher ist die Stunde der Erlösung.
Es könnte nach Abschaffung des Militarismus aber auch ein ganz anderer Fall eintreten, der nämlich, daß durch staatliche und private Thätigkeit ein industrieller Aufschwung einträte und die entlassenen Soldaten binnen Kurzem untergebracht wären. Dieser Fall ist mir sogar Erörterung hier zu weitläufig und auch zwecklos wäre. Dann würde wahrscheinlicher noch, als der vorhin besprochene, aus Gründen, deren zunächst großer Jubel im Lande herrschen, bis die Ueberproduktion 2c. wieder ihre guten Wirkungen gethan hätten und in einigen Jahren der schönste Krach wieder da wäre. Und dann wäre eben Alles beim Alten. Die wenigen guten Jahre könnten aber der Sozialdemokratie auch recht sein, denn bei besseren Geschäftsverhältnissen haben die Arbeiter mehr Verdienst, mehr freie Zeit und weniger Furcht vor Entlassung aus der Arbeit, da sie dann ja leicht wieder Stellung finden. Sie agitiren dann mehr und furchtloser, sie haben mehr Zeit und Mittel, sich um politische und soziale Fragen zu kümmern, wie ja auch die Erfahrung gelehrt hat, daß die Sozialdemokratie in den guten Jahren nach dem Kriege das stärkste Wachsthum gehabt hat.
Sodann würde die nothwendige Folge der Abschaffung der stehenden Heere die Freigebung der Presse, des Vereins- und Versammlungsrechtes sein, da man ja keine Macht mehr hätte, diese zu unterdrücken. Gerade darum aber, weil die bestehenden„ Autoritäten" durch Verminderung oder Abschaffung des stehenden Heeres sich selbst den Todesstoß versetzen wirden, werden sie auch niemals gutwillig darauf eingehen und die ganze Debatte unsere jeits über diese Frage scheint somit ziemlich gegenstands