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diese parlamentarischen Mannesseelen" nicht erwehren. Die Debatten über Zoll, Militär, Sozialisten und andere dergl. " famose" Gesetze haben zur Genüge zur Erstarfung des genannten Gefühls beigetragen.
Wahrlich, es wäre an der Zeit, diesem schmachvollen Treiben ein Ende zu machen. Dem Volt wird endlich klar werden, daß man eben nicht Feigen von einem Dornstrauch sammeln, nicht von einem Liberalen, Konservativen oder Zentrumsmann Fürsorge für die Wohlfahrt des Volkes erwarten kann. Die mit dem Schutzzoll hervorgerufene Vertheuerung der nothwendigsten Lebensmittel haben dazu die passendste Illustration geliefert. Es ist eben alles dieses ein Produkt der seit Jahrzehnten über jede freiheit: liche Regung hereingebrochenen Reaktion. In feinem Staat könnte eine Volksvertretung sich mit so beispiellosem, verdammenswerthem Gleichmuthe über die wichtigsten Lebensfragen der Nation hin: wegsetzen, wie gerade in Deutschland bei dem„ Volke der Denker"! Durch unerhörte Lasten wird der Kleinbürger bedrückt und aus: gesogen, und Alles dem gierigen Vielfraß Militarismus" in den Rachen geworfen. Und zu diesem einzig dastehenden Ausbeutungssystem sagt unsere Volksvertretung in sklavischer Unterwürfigkeit ihr„ Ja“ und„ Amen". Pfui!
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Doch Geduld! Gerade dieser unerhörte Terrorismus, diese systematisch betriebene Aussaugung des Volkes und die dadurch bedingte Abnahme des Nationalwohlstandes ist es eben, was mit unwiderstehlicher Gefräßigkeit den Boden unternagt, auf dem die absolute Gewalt ihren Altar errrichtet hat. Riesig schnell geht es abwärts und läßt das überraschte Auge eine Kluft schauen, in welcher diese ganze zermorschte Gesellschaft ihr Grab finden wird. Die Sozialdemokratie aber wird ihre Erbin sein.
Damit dies aber recht bald geschehe, ist es unsere Pflicht, thatkräftig mit Hand anzulegen. An uns ist es, der großen Maffe des Volkes flar zu machen, was sie sich von jenen Par teien zu gewärtigen hat, welche neben schönem, wohlklingendem Phrasengedrechsel von Freiheit und Gerechtigkeit, noch nichts noch nichts weiter gethan haben, als immer und zu jeder Zeit die Interessen des Volkes ihren eigenen Interessen unterzuordnen und so der Reaktion bewußt oder unbewußt Schergendienste zu leisten. Mag man uns Anarchisten, Umstürzler, Wühler 2c. nennen haben für diese kleinlichen Wuthausbrüche einer erbosten Gegnerschaft nur ein mitleidiges Lächeln. Weil sie den Anfang vom Ende ihrer Aera herannahen sehen, suchen sie uns in ihrer Ohnmacht mit ihrem Gift anzugeifern. Thörichtes Beginnen! Wenn große Thaten ihre Schatten vorauswerfen, so können wir mit Bestimmtheit sagen, daß das Ende dieser verruchten Mißwirthschaft in nicht zu weiter Ferne ist, daß bald dem geknechteten Proletariat die Erlösungsstunde schlägt zum Heile der Menschheit!
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Sehen wir daher, daß uns dieser große Augenblick nicht unvorbereitet finde. Seien wir auf dem Damm; schaffen, wirken, wühlen wir! Ja, wühlt bis der Boden untergraben ist, auf dem die politische und ökonomische Tyrannei ihren Thron aufgeschlagen hat, bis sie fallen wird, um unter ihren Trümmern all die alten Traditionen und Ungerechtigkeiten, all den jahrtaufende alten Wust von Bedrückung und Ausbeutung zu be graben und einer besseren Zeit der Freiheit und Gleichheit, des besseren Menschenthums die Wege zu bahnen!
Sozialdemokratie und Christenthum.
Es ist einmal nicht anders, und darum muß es offen ausgesprochen werden; das Christenthum ist der ärgste Feind der Sozialdemokratie. Das Kapital ist der Sozialdemokratie nur feindlich wegen seiner kommunistischen Tendenzen. Die Monarchie bekämpft im Sozialismus nur seine demokratischen und republikanischen Bestrebungen und würde sich unter Umständen gern mit der bloßen Existenz ohne Gottesgnadenschwindel begnügen, greift auch sogar zum Staatssozialismus als letztem Rettungsanter. Das Christenthum dagegen ist dem Sozialismus nicht bloß deswegen feindlich, weil er atheistisch, sondern auch deshalb, weil er republikanisch und kommunistisch ist.
Das Dogmenchristenthum, wie es in den heutigen Kirchen und Pfaffen zum Ausdruck gelangt, ist monarchisch und muß monarchisch sein, weil es mit der Person des Monarchen den nützlichen Gottesgnadenthumschwindel treiben kann, und weil ihm in der Monarchie in jeder Weise mehr Vortheil erblüht, als in der Republik . Darum sieht es auch in jedem Anhänger der Republik einen Untergraber seiner Privilegien und seiner ganzen faullenzenden Existenz, den es aufs beste hassen, denunziren und verfolgen muß, trotz aller schönen Gebote von Nächstenliebe 2c. Das Kapital hingegen ist in dieser Beziehung viel duldsamer, es ist entweder gleichgültig gegen die Monarchie oder geradezu selbst republikanisch. Und wenn auch die heutigen Republiken ebenso ausbeuterisch sind, wie die Monarchie, so bezeichnen fie doch einen Fortschritt gegenüber der letzteren, schon deswegen, weil es in ihnen feinen Gottesgnadenschwindel mehr gibt und somit ein unheilbarer Riß in den Autoritätsschwindel überhaupt gemacht ist. Das Christenthum ist aber der Sozialdemokratie auch deswegen feindlich, weil sie kommunistisch ist, ebenfalls aus guten Gründen. Die Sozialdemokratie will auf diesem Wege Noth und Elend aus der Welt schaffen, das Christenthum aber braucht Noth und Elend ganz nothwendig zu seiner Existenz. Das klingt parador, ist aber dennoch wahr.
beim Lumpenproletariat populär machte, und sie braucht daher beim Lumpenproletariat populär machte, und sie braucht daher| nothwendig Bettler und Kranke, um sich in Ansehen zu erhalten. Kein Wunder also, daß die Vertreter des Christenthums unsere Partei auch deswegen hassen, weil sie einen Zustand schaffen will, in dem Niemand mehr Almosen nöthig hat. Was sollen denn da auch wohl die wohlhabenden alten Jungfern und Weiber mit ihrer Zeit anfangen, wenn sie keine Armensuppen mehr kochen und keine Kranken mehr mit Bekehrungsversuchen quälen könnten? Das Christenthum hat aber noch einen andern Grund, die Sozialdemokratie wegen ihrer kommunistischen Tendenzen anzufeinden.
hat eine Sadje
Wie man weiß, hat eine Sache feine ärgeren Feinde, als solche, die ihr einst angehört haben und von ihr abgefallen sind; die Apostaten sind wie die verächtlichsten, so auch die gefährlichsten Gegner. Theils um ihr böses Gewissen zu übertäuben, theils um sich bei einem neuen Herrn beliebt zu machen, suchen sie ihre einstigen Freunde zu vernichten. Das Christenthum ist aber ja auch so eine Art Apostat des Kommunismus, also auch daher die tödtliche Feindschaft.
So feindet also das Christenthum die Sozialdemokratie nicht allein wegen ihrer atheistischen, sondern auch wegen ihrer kommu nistischen Bestrebungen an und wir hätten eigentlich alle Ursache, es noch heftiger zu bekämpfen, als Kapitalismus und Monarchie, wenn nicht zum Glück eine innige Wechselbeziehung bestände zwischen den drei Seiten des öffentlichen Lebens, also zwischen den religiösen, politischen und gesellschaftlichen Einrichtungen, wie sie heute in Gestalt von Christenthum, Monarchie und Kapi talismus vorhanden sind.
Das soll heißen, daß alle drei so eng mit einander verbunden, so von einander abhängen, daß der Kampf gegen eins von ihnen zugleich auch gegen die beiden andern gerichtet ist und daß mit einem alle drei über kurz oder lang fallen müssen.
Da aber die Kritik der staatlichen und gesellschaftlichen Zu stände jetzt im deutschen Reiche sehr erschwert, dagegen die Verbreitung von atheistischen Ideen noch verhältnißmäßig ungehindert ist, so möge sich jeder Genosse, dem sonst die Hände gebunden sind, wenigstens bestreben, atheistische und naturwissenschaftliche, besonders darwinistische Schriften und Anschauungen zu verbreiten. Mögen auch bornirte Bourgeois, die selbst an nichts mehr glauben, es nicht begreifen, es bleibt nichtsdestoweniger wahr:
Wenn Gott aus den Gehirnen der Menschen vertrieben ist, so fällt auch das Gottesgnadenthum, und wenn der Himmel im Jenseits als eine große Lüge erkannt ist, so suchen die Menschen sich den Himmel diesseits aufzurichten.
Wer also das Christenthum bekämpft, bekämpft dadurch zugleich Monarchie und Kapitalismus .
Noch einmal die Pariser Affäre.
Die Londoner Freiheit" brachte in ihrer Nr. 19 einen Leitartikel, in welchem sie dem„ Sozialdemokrat" vorwirft, daß er, anstatt die französische Regierung für die Ausweisung der deutschen Sozialisten zu brandmarken, diese in Schutz nehme und die Ursache der Ausweisung auf die Handlungsweise der sog.„ Sozialrevolutionäre" abwälze. Wer nun den Sozialdem." liest, der wird wissen, daß derselbe nicht blos die Handlungsweise der französischen Regierung gebrandmarkt, sondern auch das unverantwortliche Schweigen der französischen radikalen und sozialistischen Presse scharf getadelt hat. Wenn er aber nebenbei einzelnen Herren scharf auf die Finger klopfte und sie ermahnte, aus den Affairen, welche der Ausweisung vorausgingen, eine Lehre zu ziehen, so war das nur vollfommen gerechtfertigt. Da nun aber die Freih." den Artikel des„ Sozialdem." als aus lauter Verleumdungen und Denunziationen bestehend" bezeichnet, so halte ich es für meine Pflicht, die Vorgänge etwas eingehender zu beleuchten, und stelle es der Redaktion des" Sozialdem." anheim, beliebigen Gebrauch von diesen Zeilen zu machen. Es wird dadurch auch zugleich die einzige Echtheit, Klugheit und Ehrlichkeit der Most'schen Anhängerschaft einige Streiflichter erhalten.
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Seit mehreren Jahren hatten sich die deutschen Sozialisten in Paris in öffentlichen Lokalen frei zusammengefunden, um gemeinsam ihre Zeitungen zu abonniren und sich über sie intereffirende prinzipielle Fragen zu unterhalten. Durch die bekannte Annonce von 1878, in welcher Sozialisten, die die Ausstellung besuchen wollten, ein„ Andiehandgehen" versprochen war, wurden wir zuerst durch die Polizei belästigt. Und zwar glaubte die französische Polizei vielleicht durch Bismarck in die Frre geführtdaß jenes Unterstützungs- Komite, in welchem verschiedene Sprachen gesprochen wurden, der Urheber des damals geplanten internationalen Kongresses sei. Gen. Karl Hirsch war bekanntlich das unschuldige Opfer jener Affaire, mit deren Ende sich auch die Polizei eine Zeitlang zurlickzog. Mit Zaded's Ankunft stellte sich dieselbe jedoch wieder ein. Zugleich nahm auch die Mosterei ihren Anfang und Zadeck spielte schon damals wie heute den agent provocateur für die zugleich mitgebrachten Geheimspiel. Dieses Subjekt, welches nicht blos die Parteikasse in London beschwindelte, sondern auch dort, wie in Deutschland , zahlreiche Privatschulden der gemeinsten Art hinterließ, und außerdem von Dresden aus wegen Unterschlagung steckbrieflich verfolgt war, wurde sofort von mir mit Hülfe eines Londoner Freundes als Schwindler entlarvt. An eine Ausstoßung konnte man jedoch nicht denken, da seine Freunde die Majorität hatten und er ja ein ausgezeichneter Vertheidiger des Most schen Treibens war. War man doch sofort bei der Hand, mich des Parteihasses und eines gefälschten Briefwechsels zu beschuldigen, woran natürlich kein wahres Wort war. Zadeck durfte also ruhig sein sauberes Handwerk fortsetzen, und zwar unter dem Schutze der sogen. Sozialrevolutionäre", welche sich einen Hauptspaß daraus machten, ihn fortwährend für Most ins Fener springen und uns auf den Leib geheizt zu sehen, weil man wohl wußte, mit welchem Abschen wir vor dem Menschen zurückweichen. So hatte er freies Feld für sein Metier und als er einmal die Attentäterei glorifizirte und für die Ermordung des Kaisers Propaganda machte, wurde unsere Entrüstung mit höhnischen Phrasen über unsere Ansicht und mit Zustimmung für Zadeck beantwortet. Zadeck wurde dadurch natürlich ermuthigt, und packte in einer späteren Versammlung noch besser aus; mit Pathos erklärte er, jeden anwesenden Polizisten niederschießen zu wollen wie einen tollen Hund", zu welcher Heldenthat nicht nur die„ Sozialrevolutionäre", sondern auch die beiden andern anwesenden Polizisten( Zadecks Borgesetzte) laut Beifall flatschten!
Die Absicht aller dieser Handlungen Zadeck's lag klar auf der Hand. Er hatte die Rolle, Hochverrath und Majestätsbeleidigung zu provoziren, die Zusammenkünfte der Sozialisten als solche zu kompromittiren und unbedachte Leute zu gleichem Vorgehen zu reizen, damit dieselben bei etwaiger Rückkehr nach Deutschland der Polizei zum Opfer fielen; denn bekanntlich sind Hoch- und Landesverrath, wie Majestätsbeleidigungen, selbst wenn sie im Auslande begangen werden, in Deutschland strafbar nnd können bei etwaiger Rückkehr der betr. Personen geahndet werden ( siehe dens 4 des Reichsstrafgesetzbuches). Trotz alledem ließ man Zabeck gewähren,*) und ich behaupte, er wäre noch heute nicht als Polizist er
Wie eine so blödsinnige Religion, wie es das Christen: thum, ist, überhaupt nur bei der gänzlichen Verkommenheit der Menschheit vor 2000 Jahren Wurzel schlagen und sich ausbreiten konnte, so hat es seither auch immer mehr dahin gestrebt, Noth und Elend nicht etwa aus der Welt zu schaffen, sondern dieselben für seine Zwecke und zum Deckmantel für seine sonstigen Sünden und Verbrechen auszunuzen. In seinen ersten Anhängern freilich nahm das Christenthum einen besseren Anlauf, indem es ben nacktesten Kommunismus auf seine Fahne schrieb. Als man aber diesen bald als unausführlich erkannte und sich dann später die Reichen und Mächtigen der Erde aus Politik dem Christe.:thum zuneigten, wurde der ursprüngliche Kommunismus bald vergessen und verleugnet, obwohl kommunistische Stellen noch in den Schriften der Kirchenväter und ersten Päpste keine Selten heit sind. Man organisirte als Nothbehelf die Almosenpflege, und Machthaber und Reiche benutzten dann diese Gnadenmittel, um sich den Schein der Frömmigkeit und wohl gar noch der Popu- lutionsmachereipolitit à la Most bekämpft, und auf das gefährliche und provokatorische larität zu erwerben. Die Almosenspenden waren seitdem das einzige, wodurch sich die Kirche bei wenig denkenden Menschen und
*) Herr Most sucht in seiner Erkommunikations- und Berleumdungswaffe, der Freih." darzuthun, als ob ich„ Alles mitgemacht" und auch an dem Worte„ Sozialrevolutionär" teinen Anstoß genommen hätte. Diese Behauptung wundert mich gar nicht. Wenn Kinder Dummheiten begangen haben, sehen sie sich ängstlich nach Mitschuldigen um. Die pariser Genossen aber wissen, daß ich stets und ständig die Attentats- und Revo
Treiben Zaded's und Anderer hingewiesen habec. Hätte ich es aber damals gewagt, Baded öffentlich als Polizeiagent anklagen, so wäre es mir sicher schlecht ergangen, indem ja seine ganze Haltung von seinen Freunden als echt demokratisch und revo
flärt, wenn wir uns nicht von den Zusammenfünften in der rue de la Bastille zurückgezogen hätten. Man hätte den Kampfhahn zu gerna konservirt. Nachher jedoch wurde er zunächst auf den Inder gesetzt und später als Polizeispion bezeichnet.
Doch war damit nicht das Geringste erreicht, denn wenn man später beikam und sich offen an der Wahl des Redakteurs der Freih.", wie auch über den Ausschluß der zweiten Sektion des Kom. Arb.- Bild.- Ver. zu London , betheiligte, so denunzirte man sich ja dadurch selbst der. Theilnahme an einem außerhalb Frankreichs domizilirten Zentralverein! Und, als ob man die Polizei noch recht darauf aufmerksam machen wollte, wurden diese Abstimmungen obendrein öffentlich in der Freiheit" bekannt gemacht!*) Wahrlich, da konnte man Zadeck entbehren( der ja überdies längst Ersatz hatte), und über so gescheidte Leute durfte sich die Polizei ins Fäustchen lachen.
Und er will leugnen, daß sich unter den sog. Sozialrevolutionären zwölf Theilnehmer am B.'schen Klub befunden, und daß sich Lehmann unter den Delegirten befand? Zu verwundern wäre es nach all dem Vorangegangenen freilich nicht, aber wir werden im Nothfalle aufzu warten vermögen. Vielleicht sprechen wir darüber noch eingehender.
Die sogen.„ Sozialrevolutionäre" nennen ferner die Durchprügelung Lehmann's in der Versammlung vom 18. März ein Bravourstück. Mir scheint es das Gegentheil zu sein. Man konnte das, was Lehmann wußte und seinen Chefs mitgetheilt hatte, nicht mehr aus ihm herausprügeln; und wenn man ihn selbst todtgeschlagen hätte, so hätte man dadurch nicht die Polizei vertilgt. Andrerseits aber hätte man sich aber wohl sagen können: wenn sich Bismarck und Andrieux Polizisten halten, dann werden sich dieselben auch zu schützen wissen und die Folgen sind bekannt. Es fällt mir nicht ein, zu behaupten, daß nicht Bismarck auch ohnedem früher oder später Ausweisungen 2c. erwirkt hätte, ja der Sozialdemokrat" hat sogar ganz recht, wenn er sagt, daß noch weit Schlimmeres hätte entstehen können( was übrigens möglicherweise auch so nicht ausbleibt); aber whaber den Vorwand zur gegenwärtigen Ausweisung haben die Herren„ Sozialrevolutionäre" geliefert und zwar insonderheit durch die freilich nicht unverdiente, aber unbesonnene Durchprügelung Lehmanns in einer offenen Versammlung. Mag man sich da gegen sträuben wie man will jeder vernünftige Mensch wird es einsehen. Wenn daher der„ Sozialdem." den Leuten den Rath gab, aus den Vorkommnissen eine Lehre zu ziehen, so war er dazu vollkommen berechtigt. Das„ Verleumdungs"-Gezetter der Freiheit" ist daher lächerlich. Ebenso das„ Denunziations " Geflunker. Wie! Kann denn der Sozialdem." etwas denunziren, was Herr Lehmann und die Polizei viel besser wissen, indem man sie ja selbst zu Eingeweihten gemacht hatte? Und was die Beschreibung der Durchprügelung L.'s im„ Sozialdem." anbelangt: Hat man nicht selbst Alles bis ins Kleinste hinein überall ausgeplaudert und sich noch obendrein damit gebrüstet? Man muß vor allen Dingen selbst den Mund halten können, bevor man ein Recht hat, andere Leute Denunzianten zu nennen. Das können aber jene Leute nicht. So schreibt der Herr Ehrhardt in der " Freih." ganz offen:" Auf der Bastille werden wir uns nicht mehr versammeln, aber die Meisten wissen schon, wo wir Ersatz finden." Er macht also die Polizei selbst aufmerksam, und das, Wo" wird sie um so leichter finden, als sie nur einige Dutzend Nachforschungen zu machen braucht, was bei der Menge der Geheimspitzel wohl nicht so schwer ist. Hat sie nun einen Theilnehmer erwischt, und läßt sich darauf à la Zadeck und Lehmann einführen, um ihr Spiel aufs Neue zu treiben, dann hat natürlich der Sozialdem." die Schuld. Und solche Stolperfritze" wollen der Gesammtpartei, in welcher sich tausende alter, erfahrener Sozialisten befinden, Zwangsregeln aufdiktiren!
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Natürlich wird mich Herr Most nun als„ Autoritätsschleppenträger" bezeichnen, aber wenn 3000 berliner Sozialisten, sowie alle alten ham burger Parteifreunde in der Freiheit" beschimpft und verlästert werden, dann muß ich es mir auch schon gefallen lassen. Herr Most weiß übrigens sehr gut und ebenso alle pariser und londoner Genossen daß das gerade Gegentheil von dieser Behauptung der Fall ist; aber wer Herrn Most nicht in seinem verbrecherischen Treiben gegen die Partei unterstützt, der wird gemißhandelt.
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Was aber die strenge Konsequenz anbetrifft, denen sich Herr Most und mit ihm seine Anhänger rühmen, so steht es damit leider ebenfalls sehr heißt es in der Freih." traurig aus. Jeder Sozialist wußte, auch vor dem Ausnahmegeset, daß die Dinge so kommen würden, wie sie jetzt liegen"... und:„ Wir akzeptiren auch die Verschwörung zur Erreichung unseres Zieles." Was sagt nun aber derselbe Herr Most in seiner Broschüre„ Die soziale Frage: Zurückgewiesen ist der Vorwurf verschwörerischer Gewaltthätigkeit leicht mit wenigen Worten, weil er auf einer geradezu mathematischen Unmöglichkeit fußt. Die Sache ist einfach die: So lange die sozialistische Idee von einer Minderheit eines Volkes verfochten wird, fann sie selbst mit der größten Gewaltthätigkeit nicht durchgefochten werden, weil die Gewalt der feindlichen Mehrheit Siegerin bleiben müßte; sobald dagegen die große Mehrheit aller Kulturvölker sozialistisch denkt, ist die Gewaltthätigkeit überflüssig, da auf die Dauer kein System aufrecht erhalten werden kann, von welchem die Mehrheit der Menschen nichts wissen will. Damit ist auch die Aufgabe der modernen Sozialdemokraten gegeben; sie haben nicht die Gewalt zu predigen, sondern die Geister für sich zu gewinnen... Nicht Ihre Fäuste, sondern Ihre Köpfe reklamire ich!"
Und heute?!
Brüssel, 9. Mai.
J. Voß.
,, Ausschreitungen" der preußischen Polizei.
Eine zeitgemäße Erinnerung. ( Schluß.)
Einer der schlagfertigsten Führer der Demokratie in der preußischen Nationalversammlung war der Abgeordnete für Berlin , Geheimer Obertribunalrath Waldeck, ein Volfsmann im wahren Sinne des Wortes, wie schon seine sechsfache Wahl zum Abgeordneten beweist. Waldeck war der Verfasser der bekannten Anklageschrift der Nationalversammlung gegen das Ministerium Brandenburg- Manteuffel auf Hochverrath; er stimmte für Steuerverweigerung und unterzeichnete nach der Sprengung der Versammlung die Proklamation an das Volk vom 27. November 1848. Am 16. Mai 1849 erfolgte plötzlich die Verhaftung Waldecks. Darob lautes Frohlocken und Jubeln bei den rachedurstigen Kreuzzeitungsrittern, großes Erstaunen bei dem redlich denkenden Theil des Volkes; letzteres beruhigte sich indeß, als es den Grund der Verhaftung erfuhr. Nie ist die Niedertracht plumper, mit so viel Ungeschicklichkeit zu Werke gegangen, als hier.„ Waldeck steht im Verdacht, Mitglied eines geheimen hochverrätherischen Komplotts zu sein, welches bezweckt, die bestehende Ordnung umzustürzen und an deren Stelle die rothe Republik einzuführen," so lautete die Anklage gegen Waldeck, die sich vornehmlich auf einen Brief stützte, den der in die Schweiz entflohene Abgeordnete d'Ester an einen Juden Ohm geschrieben haben sollte, worin Waldeck als Eingeweihter in gewisse hochverrätherische Pläne bezeichnet war. Dieser Brief stellte sich aber sehr bald als eine Fälschung heraus, geschmiedet von Ohm selbst, und zwar im Auftrag und für Rechnung des Postsekretärs Gödsche, der sich wiederum als Agent der Kreuzzeitung " und als Polizeispion entlarvte. In öffentlicher Gerichtsfizung wurde erwiesen, daß Ohm und Gödsche während der Voruntersuchung mit dem Polizeipräsidenten von Hinckeldey in sehr regem Verkehr standen, daß dieser Verkehr thunlichst geheim gehalten wurde und daß Hinckeldey , als er einst von einem Besuch überrascht wurde, seine anwesenden beiden Geschäftsfreunde versteckte. Am
lutionär", die meinige als fortschrittlich" verrufen wurde. Was aber die Benennung Sozialrevolutionär" anbelangt, so ist dieselbe, so lange noch nicht die Trennung stattgefunden( Anfang November 1879) nie offiziell gebraucht. In Anträgen und Resolutionen hieß es stets:„ Die deutschen Sozialisten" 2c. Wenn aber einzelne Leute sich schon damals so nannten, so hatte ich natürlicherweise nichts einzuwenden.
*) Die ganze Abstimmung war übrigens eine grobe Schwindelei. Nicht etwa, daß man eine Versammlung einberief und nach reiflicher Diskussion abstimmte, o, nein, das hätte ja eine verflucht fleine Stimmenzahl ergeben. Darum ließ man Listen zirkuliren, auf die jeder beliebige seinen Namen schreiben und auf die gestellten Fragen „ Ja“ oder„ Nein" hinzufügen konnte. Man fonnte sich aber auch noch längere Tage nach der Versammlung unterschreiben und wie daher die 78 JaStimmen und nur eine verneinende in die Liste hineingekommen sind, das wissen diejenigen, welche jene echt ,, freiheitlich- demokratisch- revolutionäre" Handlung verübten