.ummerten sich nicht um die Geiseln und mordeten weiter. Darauf| Volk, der Herz und Hirn auf dem rechten Flecke hat? Und
hin ward in der Kommune der Antrag gestellt, einige der Geiseln
als Repreffalien erschießen zu lassen, damit Thiers sehe, daß die Pariser Ernst machten. Damals erklärte der so schmachvoll verlästerte Raoul Rigault wörtlich:" Ich meine, daß wir auf die Mordthaten der Versailler mit Bestrafung der Schuldigen, nicht aber der ersten Besten antworten müssen; ich gestehe, lieber wollte ich noch Schuldige entrinnen lassen, als einen einzigen Unschuldigen verurtheilen, wie dies bei der Entscheidung durch das Loos geschehen würde." Dies schlug durch. Keiner der Geiseln wurde ein Haar gekrümmt und so lange die Kommune bestand, vergoß sie außer im Kampf keinen Blutstropfen.
Die
Der eingehegte, unablässig gehegte Löwe ermattete. Armee der Versailler war Dank des Vorschubs, den Fürst Bismard ihnen leistete, allmälig auf 120,000 Mann gebracht worden, das dreifache der vertragsmäßig festgesetzten Stärke. Am 9. Mai unterzeichnete Bismarck in Frankfurt den definitiven Friedensvertrag, dessen erster Paragraph lautete:„ Die franzöfifche Regierung zahlt die erste halbe Milliarde Kriegs: entschädigung dreißig Tage nach der Unterwerfung von Paris ".
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Am 20. Mai wurde der Vertrag ratifizirt; als Fürst Bismarck am 22. durch Weimar fuhr, sagte er auf dem dortigen Perron: Wir haben die Versailler nach Paris hineingelas sen; sie mögen zusehen, ob sie sich darin halten." Am 21. waren die Versailler, unterstützt von Verräthern, im wobei die deutsche Armee Innern, in Paris eingedrungen ihnen in jeder Weise behilflich gewesen. Das Morden en masse begann nun: Heidenmüthig vertheidigte sich das Proletariat, acht Tage lang dauerte der furchtbare Todeskampf. Am 28. Mai, genau zwei Monate nach Proklamirung der Kommune, fiel die letzte Fahne des Proletarials auf dem Père Lachaise ; 10,000 Kommunekämpfer waren auf der Barrikade gefallen zum mindesten die dreifache Zahl Verwundeter und Gefangener war von den Siegern niedergemacht worden, dazu viele Weiber und Kinder im Ganzen 50,000 Menschen.
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Dreißig Tage später zahlte Thiers getreulich an Bismard die stipulirten 500 Millionen- 10,000 Franken per Kopf. Das Blutgeld wars verdient!
Die französischen Proletarier aber und ihre Brüder in der ganzen Welt mögen jene Tage und ihre Ereignisse nie vergessen und sich vor allem stets der Worte erinnern, welche General Gallifet( der heute der Freund Gambetta's und Kommandant deffelben Paris ist, welches vor neun Jahren der Schauplatz seiner mörderischen Schandthaten war) in jenen Tagen in seiner Proklamation an die Truppen sprach:
Krieg ohne Waffenstillstand und ohne Mitleid!" ( Nach dem„ Volksstaat".)
Volt! Wir, Deine Freunde, sind heute gezwungen, unsere Worte an Dich in Deine Hände zu schmuggeln; denn für das Volk und seine Rechte darf in Deutschland heute kein offenes Wort geschrieben werden. Ein schädliches Ausnahmegefeß, das die Mächtigen und Reichen zur Niederhaltung des Volkes gemacht haben, unterdrückt jede freigesinnte Zeitung, Schrift und Rede, um der Lüge und dem Verrath an den Volks- und Menschen rechten besto freieren Spielraum zu lassen. Wo immer Einer ehrlich und mannhaft in Schrift oder Nede für das mißhandelte Bolt eintritt, ihm seine Lage zum Bewußtsein bringt und ihm die Mittel zur Besserung derselben zeigt, den Mächtigen und Reichen ihre Unterdrückungen und Schandthaten vorhält und sie zur Ein und Umkehr auffordert: ben nennen sie einen verfluchten Sozialdemokraten, einen Räuber, Theiler, Familienzer störer, Reichsfeind und Königsmörder; die rohe Faust der Schergen legt sich auf ihn, man schleppt ihn von der Polizei zu Gericht, steckt ihn in den Kerker, und die Mastbürger ver höhnen und die Pfaffen verfluchen ihr... Zu List und Schleichen, zur Verborgenheit und Heimlichkeit sind des Volkes Freunde und Vorkämpfer heute gezwungen; gleich Verbrechern müssen sie des Tages Licht scheuen, während die wirklichen Verbrecher, des Boltes Schinder und Blutsauger, stolz auf dem Thron fitzen! Aber das Volk wird seine Männer auch im Dunkel erkennen und ihre Worte auch verstehen, wenn sie im aufgezwungenen Gewande der Gegner auftreten...
Wie wäre es auch anders möglich! Braucht man denn wirklich ein Gelehrter, ein Studirter zu sein, um zu verstehen, wo das Bolt der Schuh drückt? Fühlt das nicht Jedermann aus dem
Feuilleton. Revanche.
Episode aus den Tagen der Kommune. Von Leon Cladel .
Ohne Ruhepause dem Ansturm der Versailler Truppen ausgesetzt, hatten die Unbeugsamsten der Kommunalisten, die auf den Père- Lachaise geflüchtet waren, die, welche den Untergang ihrer theuersten Hoffnungen nicht überleben wollten, die ganze Nacht durchgekämpft, im Anfang Einer gegen Zehn, am Morgen Einer gegen Hundert. Endlich wurde der Eingang in den Kirchhof erzwungen und die Brigaden Vinoy's ergossen sich über die Stätte der Todten, in deren Mitte, aufgehißt über einer Art von Blockhaus, von Kugeln durchlöchert, das lezte rothe Banner der Kommune flatterte. Ein letztes Mal gilt es zu kämpfen und dieses Mal im hellen Lichte des Tages. Durch Laufgräben und Brustwehren mit einander verbunden, würden die Gräber, welche den Föderirten als Deckung dienten, ein festes und vielleicht uneinnehmbares Bollwerk gebildet haben, wenn es nicht an Munition und Artillerie gefehlt hätte; aber die wenigen Geschütze, die dorthin gebracht waren, hatten nicht einen Mann zur Bedienung und nicht eine Kartätschenladung mehr; die letzten Kanoniere waren getödtet worden, als sie ihren letzten Kanonenschuß abgefeuert, in demselben Augenblick, wo der letzte Sonnenstrahl auf dieſe Bestegten fiel, welche sich hier zusammengefunden hatten, um zu sterben auf diesem geheiligten Fleck Erde , wo ihre Väter und Größväter schliefen. Es war acht Uhr Morgens.
Ein dumpfer Trommelwirbel und der Kommandant dieser Handvoll unbezwinglicher Rebellen, der es unternommen hatte, sich als Parlamentär zu dem kommandirenden General der regulären Truppe zu begeben, erschien zu Pferd vor einer der Oeffnungen des Blockhauses.
" Ohne Bedingungen und fünfundzwanzig Minuten Frist!" berichtete er, nachdem er abgestiegen und indem er sich mit dem Elbogen auf eins der falt und unnütz gewordenen Geschütze stützte, die ihre leeren Schlünde den zweihundert Meter entfernt im Hinterhalt liegenden Belagerern zeigten.
doch streiten sich die alten Parteien: Konservative, Nationallibe rale, Ultramontane, Fortschrittler, Unitaristen, Föderalisten, Freihändler und Schutzöllner, und wie sie sonst alle noch heißen mögen, im Reichstag und in der Presse jahraus jahrein herum. Aber all diese Fürsten und Grafen, diese Minister und Gene rale, Beamten und Advokaten, Fabrikanten und Rittergutsbefizer, Bürgermeister und Pfaffen, die an der Spiße der alten Parteien stehen und in der angeblichen„ Volksvertretung" das große Wort führen: was wissen sie von des Volkes Leid, von seinen Be dürfnissen und Sorgen? Sind sie je für sich und um ihre Fa milie in Kummer um das tägliche Brod gewesen? Haben sie je Noth und Hunger gelitten? Hat man ihnen je für unbezahlte Steuern das letzte Hab und Gut weggenommen? Haben sie je die Kraft ihrer Knochen, die Arbeit ihrer Hände an wucherische Ausbeuter verkaufen müssen? Nein und abermals nein! Sie leben alle ohne die tausend täglichen Sorgen des Handwerkers, des Lohnarbeiters, des Bauers; denn das gute Volk muß sie alle ernähren und erhalten... Wozu wäre denn dieses, rohe"," gemeine", dumme" Volk da, als um den Fußschemmel für die Spitzen der Gesellschaft, für die Herrschenden Klassen zu bilden, für sie zu arbeiten, Noth und Entbehrungen zu ertragen? Nein, die herrschen den Parteien, die Mächtigen und Reichen, wissen von den Bedürfnissen des Volkes nichts! Das kann nur der, welcher selbst zum Volk gehört und mit ihm lebt und denkt und arbeitet! Wüßten die Großen aber auch, was das Volk braucht so könnten,
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ſo wollten sie ihm boch' entrecht nicht helfen; benn ſonſt würden sie ihre eigene Schmaroßer Existenz auf's Spiel setzen, sie würden ihrer eigenen Vorrechte, ihrer eigenen Macht und Herrlichkeit Todtengräber sein. Uebertriebener Reichthum auf der einen Seite ist nur durch Armuth auf der andern, Bevorrechtung nur durch Rechtlosigkeit möglich. Die Freiheit kann nicht neben der Knechtschaft bestehen. Deßhalb sind die Großer und Reichen und vom Volk Lebenden des Voltes nothwendige Gegner und Feinde und werdens bis zum Ende bleiben...
Ebendarum und weil diese Politik auch der Ungelehrteste begreift, liegt es klar auf der Hand was das Volk zu thun hat. Die Lage ist einfach und klar diese: Auf der einen Seite stehen die herrschenden Klaffen: der Adel, die Pfaffen, die hohen Beamten, die Fabrikanten, die Großhändler, großen Gutsbesitzer, Geldleute, kurz alles, was Macht, Reichthum, Ansehen und Einfluß besitzt und immer noch vergrößern will. Und auf der andern Seite steht das Volt, die große, überwiegende Masse der Bevölkerung, die alle Werthe und Reichthümer schafft, alle Arbeit verrichtet, alle Lasten trägt, alle Dienste leistet und doch weder Wohlstand und Macht befißt, sondern von jener Handvoll " Herren" ausgenüßt und kommandirt wird! Ist das recht? Soll das immer und in Ewigkeit so bleiben! Jeder Vernünftige wird mit Nein antworten! Denn was nüßen uns denn alle gewal: tigen Kulturfortschritte unserer Zeit, die großen Erfindungen und Entdeckungen, der sich immer weiter ausdehnende Handel und Verkehr, die Durchstechung von Landengen und Gebirgen, die was nüßt das alles, wenn wir, das fortschreitende Bildung Volk, dadurch unsere wirthschaftliche und politische Lage nicht nur nicht verbessern, sondern stetig verschlechtern?
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Oder befinden wir uns heute wirthschaftlich besser als früher? Im Gegentheil: die Geschäfte gehen immer schlechter, der Arbeitslohn sinkt immer mehr, die Arbeitslosigkeit will kein Ende nehmen, die Preise der Lebensmittel steigen immer mehr, die Steuern und der Militärdienst wachsen ins Unabsehbare, Konkurse und Bankrotte, Zahlungsunfähigkeit, Pfändungen, wirth schaftlicher Ruin, wohin man blidt; Tausende und Zehntausende früher auskömmlich lebender kleiner Geschäftsleute, Handwerks. meister, Bauern werden durch Geschäftsmisere ,, Schwindel und Steuerdruck in die besitzlose Klasse, ins Proletariat hinabgeschleu bert, und die Massen verarmung macht riesenhafte Fortschrittte! Nur noch wenige Jahre, und es wird unter den 42 Millionen Deutschen nur mehr eine halbe oder viertel Million Menschen geben, welche allen Reichthum und alle Macht in ihren Händen vereinigen, während die übrigen Millionen eine gleichmäßige befiz- und machtlose Masse sind.
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faum das Maul aufthun, ohne daß man ihm empfindlich darauf schlägt, Versammlungen und Vereine sind dem Volk verboten, die Presse verschließt sich seinen Klagen, die Landtage und der Reichs tag , diese angeblichen Volksvertretungen", thun das Gleiche und sie und die Regierung hören nur die Großen und Reichen! Belogen und betrogen haben die Herrschenden das Volk zu allen Zeiten, und belügen und betrügen und mißhandeln es noch heute, und heute gerade am allermeisten und allerschändlichsten! Das Volk ist heute rechtloser und verachteter denn je! Es ist Nichts, während es doch Alles sein sollte! Ja Alles, denn die sogen.„ höheren Klassen" find Nichts ohne es, weil aller Reichthum und alle Macht vom Volt allein kommt. Soll das Volk immer nur für fürstliche, adlige, pfäffische und fapitalistische Schmaroßer schaffen? Nein! Wenn es nicht in Elend und Ohnmacht verfommen soll, muß es seine an geborenen Rechte zur Geltung bringen und denen, welche unverschämter Weise seine Herren spielen, und sie in seine Hände nehmen, um sie zu seinem Vortheil, zum Wohl der Gesammtheit zu benutzen, um vermittelst ihrer eine Staats- und Gesellschaftsordnung einzuführen, welche allen Staatsangehörigen gleiche Rechte und gleiche Pflichten gibt, welche jedem die Früchte seines Fleißes sichert, welche jedem ehrlichen Arbeiter die Möglichkeit einer menschenwürdigen Eristenz gewährleistet und das Volk wirthschaftlich und politisch zum Herrn seiner Geschicke macht!
Und das Volk kann das leicht; es braucht nur zu wollen.
Denn wer könnte sich mit ihm an Straſt meſſen, jo bat es einig ist? Freilich, da liegt der Hacken! Denn während die Unterdrücker und Aussauger des Volfes über ihre Interessen mit sich im Klaren und untereinander einig sind, herrscht im Volk leider noch immer die größte Unwissenheit, Beifahrenheit und Uneinigkeit.... Die einen halten die Regierung, die andern die Pfaffen, die dritten die Liberalen, die vierten die Fortschrittler für ihre Freunde; wieder andere, die es wohl einschen, daß die Herrschenden alle nichts tauger, legen die Hände in den Schooß und meinen, daß sie doch nichts ändern könnten u. s. f. Und diese Uneinigkeit allein ist es, welche den Feinden des Voltes die Macht gibt! Raffe Dich auf, o Volt, erkenne Deine unerträgliche Lage, wende Dich ab von all' den Betrügern, die Dich so lange genaurt, höre feinen mehr an und begreife, daß die Hilfe nur von Dir selbst kommen kann. Höre auf Deine einzigen Freunde, auf Deine muthigen Vorfämpfer, höre auf die Sozialdemokraten! Warum unterdrückt, warum verfolgt man diese, warum ferfert man sie ein, warum macht man sie mundtodt? Weil sie das Volk befreien und ihm den sichern Weg aus seinem Elend und seiner Ohnmacht zum Glück und zur Freiheit zeigen! Höre deshalb aufmerksam auf ihre Worte, lese ihre Schriften.
Höre auf diese Deine Freunde, vereinige Dich mit ihnen und sei überzeugt, daß Dein Elend nur mit Abschaffung der politischen und wirthschaftlichen Bevormundung, Beherrschung und Ausbeutung ein Ende nehmen kann. Schließe Dich zu diesem Zweck allerorten fest zusammen, sammle Dich zu einer festgegliederten, unwiderstehlichen Macht und bereite Dich so vor auf den Tag, wo Du Deine alten Rechte nicht zurück bitten, sondern gebieterisch zurückfordern wirst. Und ist der Becher Deiner Leiden zum Ueber fl eßen voll und bist Du bereitet: dann fordere die Herrschenden und Neichen auf, ihre unrechtmäßige Macht nieder und in Deine Hand zu legen; und wenn sie sich dessen weigern, so zwinge sie dazu! Denn beim Volk wohnt Alles Recht und der Allgemeinheit Wohl ist das höchste Gesetz!
Handle so, o Volk, dann ist die Zeit Teiner Erlösung nicht ferne!
Hellroth oder blaẞroth.
101011
Geschichte einer jozialistischen Flugschrift. Die Genossen erinnern sich wohl noch einer in Nr. 13 enthaltenen Warnung vor einer gegnerischen, auf frechen Bauernfang berechneten Sudelschrift, welche der reaktionäre Buchhändler Hermann Leuschner in Magdeburg unter dem betrügerischen Titel:„ Der Sieg der Sozialdemokratie oder die Idee Deutschland als Republik . Von einem Parteifreunde" herausgegeben hat.
Ebenso verhält sich's in politischer Beziehung. Was haben die alten Parteien und die Regierungen dem lieben Volk nicht schon alles, an Freiheiten und Rechten versprochen, wenn sie feiner Hülfe bedurften, wie z. B. beim 1870/ 71er Kriege?! Und was hat das Volk dann bekommen? Was war der Dank? Mehr denn je regiert der Gendarm und das Beamtenthum, die Lande behörden und die Reichsregierung und über allen der allmächtige Schandblatt, macht, daß Ihr Arbeiter Revolution, verlangt. Glaubt Ihr
Bismarc
in die kleinsten Dinge mischt sich und kommandirt
die Polizei; das Volk aber darf zur Wahrung seiner Interessen
Jeder hörte diese düsteren Worte„ Ohne Bedingungen!" Das væ victis aller Bürgerkriege, wehe den Besiegten! Und fühlend, daß die Stunde gekommen, für die Ueberzeugung zu sterben, zu der sie sich, die Waffen in der Hand, bekannt hatten, stießen seine Kampfgenossen wie aus einem Munde den Ruf aus:„ Es lebe die Kommune!" Und dröhnend braufte der Ruf durch die Stadt des Schweigens und der Todten! ,, Verlest die Namen, Bürger, und zählt die Patronen."
Und der Mann, welcher den Trümmern der drei Föderirten- Bataillone, die unter seinem Befehl standen, das Recht des Stärkeren hatte verkünden müssen, kreuzte die Arme über die Brust und beobachtete, während man die von ihm angeordnete doppelte Auszählung vornahm, faltblütig seine Waffenbrüder, die unerschrocken waren, wie er und wie er zum Tode verurtheilt.
Er war noch nicht alt, 40 Jahre höchstens, von hohem Wuchs, jeurigem Blick, fester Haltung, mit den Händen des Arbeiters, das dichte Haar schwarz, und kurz geschnitten und der Schnurrbart weiß wie Schnee. Er trug das Käppi der Legionsführer mit vier Tressen. Ein weißes Taschentuch mit Blutflecken bedeckt, war um seinen Kopf geschlungen. Vor fünf Tagen, während der Kanonade von Neuilly war er unter der Porte Maillot von einem Granatsplitter getroffen worden. Eine Stimme ruft:
,, Dreihundert Mann, davon zweihundert und sieben verwundet und tausend Patronen!"
,, Also dreiundneunzig Kampffähige, antwortete er und zehn Patronen für jeden"; dann auf seine Uhr sehend, fügte er hinzu:" In einer Viertelstunde, Bürger, werden die Versailler hier sein, bereite sich jeder von Euch, mit Ehren zu sterben!"
Nachdem sie vergeblich Alles gethan, um den Sieg zu erringen, waren die Föderirten zum Sterben bereit, von einem achttägigen Kampfe erschöpft, von einer regnerischen Nacht erstarrt, bleich, mit Koth besudelt. Die jüngeren, diejenigen, welche während des preußischen Kriegs in die Marschbattaillone der Nationalgarde eingereiht waren, je mit einem jener langen Mäntel von kastanienbrauner, eisengrauer oder dunkelgrüner Farbe bekleidet eine sonderbare Uniform, in welcher unsere Milizen fremden Kohorten gleichen, die älteren ehemalige Bürgergardisten der seßhaften Bataillone, die während der Belagerung den Dienst auf den Wällen und
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Dieses eben so plumpe als gemeine Machwerk begann mit einigen sympathisch flingen sollenden Phrasen, um gleich auf der zweiten Seite den reaktionären Bockfuß zu zeigen. Nur der Schnaps, heißt es in diesem vielleicht, daß Euch mit einer Revolution geholfen wäre?" Was versteht Ihr denn überhaupt von Revolution und von der Politik im Allgemeinen?
in den Straßen versehen hatten, meist in der altgewohnten Uniform der Bürgerfoldaten mit den drei Farben Frankreichs : blauen Waffenrock mit weißen Metallknöpfen, blauen Beinkleidern mit breiten scharlachrothen Streifen, weißen Kamaschen und blauem Käppi mit rother Borde so furchtbar und prächtig in ihren blutigen, kothbespritzten, zersetzten Kleidern rüsteten die Föderirten sich allesammt, Greise, Männer, Jünglinge zu dem letzten Kampfe! Diejenigen unter ihnen, welche zu schwer verwundet waren, um mitkämpfen zu können, wurden in die Todtengewölbe getragen, welche sich im Bereiche des Blockhauses befanden; diejenigen, denen ihre verhältnißmäßig leichten Wunden noch ein Gewehr abzuschießen erlaubten, postirten sich in den Gräben oder hinter den Brustwehren, welche die Zugänge zu dieser armseligen, in der letzten Nacht hastig errichteteten Zitadelle vertheidigten; die dreiundneunzig unversehrten Männer endlich umgaben schweigend ihren Anführer. Festen Blicks und stolz erhobenen Haupts, erwarteten sie, auf ihre Flinten gestützt, unerschütterlich den Feind, Franzosen , ach! wie sie und wie sie Proletarier!
,, Halt! Wer da?"
Auf diesen Zuruf erfolgte feine Antwort; dann schmetterte ein Pariser Trompeter in die von der aufsteigenden Sonne erhellte Luft. Auf dieses Alarmsignal eilte der Legionsführer nach dem Punkte, woher es ertönt war und sah sich dort einem Weibe gegenüber, welches zwei Schildwachen nach dem Blockhaus geleiteten.
" Du!" rief er, indem er sie sofort erkannte," Du?" Halb nackt, ganz außer Athem, die blauen Augen funkelnd, das Geficht weiß wie Wachs, das weiche, wellige Haar über Busen und Schultern fallend, machte sie schwankend Halt und indem sie die kleine Last, die sie, in einem wollenen Unterrock gewickelt, auf den Armen trug, sacht an sich drückte, sagte sie endlich: Ja, ich bin es, ich komme, um mit Dir zu sterben, Çardoc." Cardoc, der nicht eine Miene verzogen hatte, dessen zusammengepreßte Lippen aber die innere Bewegung verriethen, schloß sie schweigend in seine Arme, und diese beiden Liebenden, diese beiden Gatten hielten sich leidenschaft lich umschlungen und durchlebten in einer einzigen Minute ihr dahingeschwundenes Glück.
( Fortsetzung folgt.)